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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 25.01.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-01-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110125011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911012501
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911012501
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-01
- Tag 1911-01-25
-
Monat
1911-01
-
Jahr
1911
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Pfarrer D. wurde Priefterhochmut vorgeworfen. Der Aufsatz erregte unter der Bevölkerung, wie es im Ur teile heisst, grosse» Aergerni». In einem weiteren Aufsätze des genannten Blattes nannte Welker den Pfarrer D. ein Scheusal im Priesterkleide. und die Priester überhaupt Heuchler und Pharisäer. Das bischöfliche Ordinariat in Limburg Karte wegen des ersten Aufsatzes Strafantrag wegen Beleidigung des Pfarrers D. gestellt. Hierauf schrieb der An geklagte an das bischöfliche Ordinariat einen Brief, in dem er es zum Bezüge von „Es werde Licht" und zur Mitarbeit — Zeile 5 Pf. — aufforderte. In diesem Bries« hat das Gericht ein« Beleidigung des bischöf lichen Ordinariat» nicht erblickt. Professor Harnack bezeichnete die vom Angeklagten geführte Sprache als die in der Streitliteratur seit dem 18. Jahrhundert üblickx; auch in wissenschaftlichen Werken trete diese Sprache zuweilen hervor. Der Angeklagte wolle leine religiöse Auffassung unbedingt zur Geltung bringen, ohne sich der Beschimvfuna und Beleidigung bewusst zu sein. Da» Gericht hat sich ihm angeschlossen und nicht Vergehen nach 8 166, sondern nur Beleidigung des Pfarrer» D. angenommen. Gegen das Urte.l hatten der Staatsanwalt und der Angeklagte Revision einaeleat. Der erstere verwies darauf, dass in dem Urteile selbst das Angebot von 5 Pf. Ho norar pro Zeile eine freche Verhöhnung genannt lei. Dadurch habe der Angeklagte seine Verachtung und Geringschätzung ausdriicken wollen. — Das Reichs gericht hob auf beide Revisionen das Urteil a u f und verwies die Sache an das Landgericht zurück. Die Revision des Angeklagten erschien insoweit beachtlich, als nicht geprüft sei. ob der Angeklagte in Wahr nehmung berechtigter Interessen gehandelt habe. Wege» Morde» ist am 10. Dezember v. I. vom Schwurgericht« Plauen der Reisende Hubert Ritzen zum Tode verurteilt worden. Er hat am Morgen des 2. Mat 1910 der aus Russland stammenden 28 Jahre alten Kellnerin Emilie Heinrichs mit einem Rasiermesser die Kehle durchschnitten. — Gegen das Urteil halte er Revision einaeleat. Die er hobenen Beschwerden bezogen sich lediglich auf pro zessuale Vorgänge. So rügte er u. a. die Ablehnung seines Antrages, drei Aerzte über leinen Geistes zustand und «inen Friseur über seine Ohnmacht im Laden zu vernehmen. Da Gesetzesverletzungen nicht nachzuweisen waren, erkannte das Reichsgericht auf Verwerfung der Revision. Königliche» Schwurgericht. l Leipzig 24. Januar. Unterschlagungen i« Amte. Angeklagt war der 32 jährige Landbrtefträaer Emil Max P. in Wurzen, der eine Anzahl Postanweisungsgelder in einer Eesamthöhe von über 800 unterschlagen und die entsprechenden Eintragungen in sein Bestellbuch unterlassen hat. Er war geständig, suchte sich aber mit mißlichen Familienverhältnissen zu entschuldigen, auch habe er ein Darlehn von 200 zuruckzatlen müssen und nicht gewußt, woher er das nötige Geld nehmen solle. P. ist flüchtig geworden. Als das Geld ausgeaeben war, stellte er sich der Polizei. Unter Zubilligung mildernder Umstände wurde der Angeklagte zu ernem Jahre Gefängnisstrafe und zweijährigem Ehrenrechtsverluste verurteilt. Ebenfalls wegen Amtsnnterschlaguna hatte sich der 21 Jahre alte Postgehilfe Hermann Erich H. aus Leutzsch zu verantworten, der beim dortigen Post amts angestellt war und von Anfang Mai bis zum 13. Juni v. I. drei Postanweisungen über 39, 50 und 200 unterschlagen bat. Als am 30. Mai von München au» wegen der 200 telegraphisch an gefragt wurde, hat H. das Telegramm nicht ab gegeben, sondern er eingesteckt. Dann hat er sich 200 .ck verschafft und dieses Geld nach München ge schickt. Der Angeklagte wurde zu acht Monaten Gefängnisstrafe verurteilt. Königliche» Landgericht. ** Leipzig, 24. Januar. Unter der Anklage de« Wuchers. (Fortsetzung.) Die Verhandlung gegen den ehemaligen Privat dozenten Dr. phil. Albert Carl August Dahms wurde heute fortgesetzt. Es begann die Zeugen vernehmung. Der erste Zeuge war der Gastwirt L. aus Naunhof, der angab. daß er zu jener Zeit, als er mit Dr. Dahms durch einen Agenten E. in Verbindung getreten lei, sich in einer ..dummen Klemme" befunden habe. Der Agent G. habe ihm gesagt, eine gewisse Summe müsse er schon zahlen, bei Dr. Dahms liege auf dem Tische Papier und ein Bleistift, dann könne er, L., 200 oder 300 schreiben. Für wen dieses Geld bestimmt sein sollte, habe G. ihm nicht gesagt. In die Geldklemme sei er eigent lich durch seinen Vetter W. gedrängt worden, der seine Hypothek ausgezahlt haben wollte, W. und G. hätten dann auch dre Verhandlungen mit Dr. Dahms in die Hand genommen und zu Ende geführt. Daß Dr. Dahms llOO^t an dem Geschäft verdient haben solle, davon habe er keine Kenntnis gehabt. Er sei in einer Lage gewesen, in der er froh gewesen sei, überhaupt Geld zu bekommen. Auf die Frage des Vorsitzenden, ob er dem Dr. Dahms Mitteilung von seiner ungünstigen Lage gemacht habe, antwortet der trüge, daß er sich daran nicht mehr erinnern könne. Dr. Dahms habe ihm versprochen, die Hypothek aus längere Zeit stehen zu lasten, er habe seine Gast wirtschaft wegen Zwistigkeiten mit seiner Frau aber doch nicht halten können und habe dafür ein Hausgrundstück eingetauscht. Der Agent G. bekundete als Zeuge, daß er zu L. davon, daß er, L., etwas schreiben müsse, nichts ge äußert habe; L. habe ihm für die Vermittelung 100 versprochen, er habe dem L. aber noch 20 leihen müssen und er habe von L. weder die 100 ck be kommen, noch seine geliehenen 20 .ck Demgegenüber hält L. seine Aussagen aufrecht, er habe ein Akzept Uber 150 ausstellen müssen und das sei nachher auch eingelöst. Der Angeklagte sagt dazu, daß in seiner Gegenwart nichts geschrieben worden sei. Der Agent G. bestreitet, daß L. ihm über seine Zwangs lage aufgeklärt habe, er habe also davon auch dem Dr. Dahms keine Mitteilung machen können. Dann wird der Glasermeister P. aus Wahren als Zeuge aufgerufen, der Hauptzeuge in dem zweiten Anklagesalle. Er suchte SllOO al» zweite Hypothek und veriprach in seinem Inserat 200 Damnum. Auf das Inserat meldete sich der Angeklagte. Dr. Dahms hat 5600 ausgezahlt und verlangte eine Entschädigung von 400 al» Vergütung und zum Ausgleich des Kursverluste» für die Papiere, die er zur Anschaffung des Geldes verkaufen müßte. P. hat über diese 400 quittiert, und zwar so, als ob er die Summe als Darlehen erhalten hätte. Es sollte nicht so aussehen, als ob Dr. Dahms die 400 ver dient hätte. Diesen Vorschlag will der Zeuge ge macht haben, damit ein gewisser H., der die erste Hyvothek verschafft hatte, von der Entschädigung nichts erfahren sollte. Die an Dr. Dahms gezahlte Entschädigung hält der Zeuae beute nicht mehr für unverhältnismäßig hoch, früher hat P. sich fo ausgedrückt, als ob ihm der Gewinn des Dr. Dahm» denn doch etwa» zu hoch erschienen fei/ Der Zeuge meintz daß er die 6000 auch an- anderweit habe bekommen können, aber Dr. Dahms sei sehr zugänglich und entgegenkommend gewesen. Mit den Hypothekenzinsen ist P. im Rückstände ge blieben, da hat Dr. Dahms mit Zwanasversteige- rung gedroht, P. hat ikm 200 ck geboten, Dr. Dahms hat 1000 .ck verlangt für Zinsen und Kosten, dann werde er warten und schließlich hat ein Herr C. oa» Grundstück erstanden und Dr. Dahms ist voll ausgezahlt worden. Der Angeklagte bemerkt hierzu. daß er infolge eine» unangenehmen Vorfall» mit Herrn P. nicht» mehr mit ihm zu tun haben wollte: er habe alle Angebote von selten des P. strikte abgelehnt, auch keine 1000 verlangt, sondern die Sache kurzweg seinem Rechtsanwälte übergeben. Al» Sachverständiger wurde sodann Bankdirektor Dr. Helm vernommen, besten Gutachten dahin geht, daß bezüglich de» ersten Anklagefalles, das Geschäft mit dem Gastwirt L. betreffend, ihm keine hiesige Bank bekannt sei, die derartige Geschäfte mache, damit befaßten sich nur Privatleute. Die Geld suchenden müßten oft „viel Nachlassen". Er hab« ge hört, daß die Summen des Verlustes oft sehr koch gewesen seien; der Verlust sei bei solchen Hnpotheken- erwerbungen für die Geldsuchenden eigentlich Voraus- etzung, die Höhe der Prozente könne der Sachver- tändige aber nicht angeben. 2m Jahre 1907 lei Geld chwer zu erlangen gewesen, sehr schwer aus zweite und dritte Hypotheken. Ueblich sei, die Prozente von der Hypothekensumme abzurechnen, nicht von der gegebenen Summe. Für zweite Hypotheken stehe der Zinsfuß schon seit vielen Jahren auf fünf Prozent Minimum, höchstens 6 Prozent, höhere Sätze seien dem Gutachter nach nicht vorgekommen. Eine Provision sei bei solchen Hypothekenvermittelungen zu zahlen, wenn von Verlust geredet werde, dann meint man stets Verlust am Kapitale. Bei Hypo thekenbanken sei es seit Einführung der Talonsteuer üblich, eine Abschlußpromsion von 0, bis 2 Prozent ,u zahlen vorher sei da» nicht so allgemein ge bräuchlich gewesen. Der Gerichtshof verkündet den Beschluß, daß ein Mitglied der Firma Vieweg hier als SachoerstSnotger noch geladen werde, der über die Usancen auf dem Gebiete der Hypothekenvermttteluna vernommen werden soll. Don der Vereidigung des Zeugen P. wird abgesehen und dieser entlassen. Zur Sprache kommt das Geschäft des Angeklagten Dr. Dahms mit dem Rechtsanwalt B. Beide waren an einem Grundstücke beteiligt, da» zur Subhastation kam, ehe es fertiggestellt war. Da es vorauszusehen war, daß Dr. Dahms mit seiner dritten Hypothek von 48M ausfiel, so suchte man thn da durch zu interessieren, daß man ihm für 20000 ^l eine -wette Hypothek von 25000 bestellte, um die Bauaelder zu erhalten. Diese Trans aktion hat Rechtsanwalt B. nicht als eine Be wucherung aufsasten können und sich auch dem Dr. Dahms, der Bedenken zeigte, gegenüber in diesem Sinne ausgesprochen. Der Staatsanwalt Dr. Oer tel macht den Zeugen darauf aufmerksam, daß er früher auf dem Standpunkte gestanden bade, er befinde sich in einer Zwangslage infolge seiner Bürgschaft an dem Grundstücke. Aus dieser Zwangslage heraus habe er sich dann auch mit der Transaktion wohl oder übel abaefunden. Er habe befürchten müllen, daß die Hypothek, für die er gebürgt habe, bei einer zwangsweisen Versteigerung ganz ausfallen werde. Der Zeuge meint, daß er allerdings dringend Geld nötig gehabt habe, aber er habe es auch von anderer Sette schließlich erhalten können. Das Opfer, da» er gebracht bade, könne er nicht als ein über mäßiges anseyen und er habe das auch damals nicht getan. Der Angeklagte Dr. Dahms bemerkte, daß er die 20000 nicht aus seinem Vermögen bade geben können, sondern nur mittels seine» Bankkredit» und dieser Kredit sei ihm zu jener Zeit gekündigt worden. Bankdirektor Dr. Helm stellt fest, daß Ende 1907 der Diskontsatz der Rqichsbank 70, ge wesen ist, nicht 8'/,. wie es der^vngetlagte be hauptet bat. Aus dem Gutachten des Sachverständigen Die- weg ist mitzuteilen, daß derselbe der Ansicht ist, daß nach den Gepflogenheiten des Handels mit zweiten Hypotheken er selbst das Dahmssche Geschäft mit dem Glaser P. so nicht gemacht hätte, das Damnum sei außergewöhnlich hoch. Bei zweiten Hypotheken müsse allerdings oft ein Damnum gegeben werden, man könne sogar sagen, daß ohne Damnum kaum noch Geld auf zweite Stellen zu bekommen sei. Diese Art der Geldhergabe habe sich besonders in den letzten zwei Jahren entwickelt. Dieses Damnum be ziffert sich jetzt im allgemeinen auf 3 Prozent samt Vermittlerprovision, der volle Betrag der Hypothek aber werde eingetragen und müsse auch verzinst werden. Die Grenze zwischen berechtigtem und unberechtigtem Damnum zu ziehen, das sei indessen sehr schwer. — Staatsanwalt Dr. Oertel stellte fest, daß Dr. Dahms ein Dutzend Grundstücke besitze, die er alle in der Zwangsvollstreckung erstanden habe. Daraus sei der Schluß zu ziehen, daß er sie zu Speku-. lationszwecken erstanden habe. Dem Sachverständigen ist bekannt, daß Dr. Dahms nicht selten mit seinen Geschäften zu Schaden gekommen ist. Der Duchhandlungsaehilfe B. hatte ein Grund stück in Naunhof; die Regelung der Sicherungshypo- theken machte ihm Schwierigkeiten, und er trat mit Dr. Dahms durch ein Inserat in Verbindung, der 3250 .ck gewährte, wofür auf besten Namen 3800 als feste dritte Hupotbek eingetragen worden sind. Der Zeuge ist der Ueberzeugung, daß ihm trotzdem ein großer Vorteil erwachsen sei, da er die Last der Sicherunashypotheken los geworden sei. Der Gewinn des Dr. Dahms sei ihm nicht hoch erschienen, er habe aber selbst von sich aus 500 .ck angeboten, da er die Erfahrung gemacht habe.daß solche Geschäfte mitOpfern verbunden «eien. Die 50 .ck mehr habe er dann noch be willigt, weil Dr. Dahms darauf hingewiesen habe, daß ihm durch sofortige Beschaffung des baren Geldes noch besondere Spesen entständen. Früher hat der Zeuge angegeben, daß er nur notgedrungen sich zu solchen Bedingungen verstanden habe, weil ihm ein Gläubiger mit Subhastation gedroht habe. Als B. mit seinen Hypothetenzinsen gegen Dr. Dahms im Rückstände blieb, mußte er nach seiner Angabe sich noch zum Versprechen der Zahlung von Bankzinsen bequemen. Das berechnete B. sich auf 11 Prozent. Das Grund stück ist aber zur Zwangsversteigerung gekommen. Ob Dr. Dahms befriedigt wurde, weiß der Zeuge nicht. Der Angeklagte führt hierzu aus, daß B. ihm nie gesagt habe, er befinde sich in einer Notlage, B. habe die Sache ihm vielmehr so dargestellt, als ob die Geldhilfe ihm aroße Vorteile bringe. Der Fall Sch. stellt sich nach der Zeugenvernehmnng folgendermaßen dar: Der Zeuge Gl., der Buchhalter der Firma Sch., meint, da» die Firma fortlaufend in Schwierigkeiten gewesen sei. Sch. hat von Dr. Dahms ein Darlehn von 3l100 .ck erhalten, zu 5 Pro zent zu verzinsen, hat zwei Dreimonatswechsel über 2000 und 1300 .ck geben müssen, hat aus Dr. Dahms eine Sicherungshypothek über 3300 eintragen und ihm noch weitere Vorteile gewähren müßen. Der Zeuge nimmt an. daß Sch. sich in be drängten Verhältnissen befunden habe, daß er von anderer Seite kaum am Hilfe zu rechnen hatte; Der Angeklagte legt Wert darauf, festzustellen, daß nachher bei der Prolongation der beiden Wechsel die 300 mehr fallen gekästen und die Prolongations wechsel aus 2000 und 1000 .ck ausgestellt worden find. Der Zeuge kann nicht sagen, ob die 300 inzwischen von Sch. bezahlt find, er hält da» aber nicht für wahrscheinlich. Der Zeuge Sch. selbst ergänzt diese Aussage noch dahin, daß er mit Dr. Dahm» auch noch einen Sicherungskauf über Lithograpbtesteine und einen Mietvertrag über 30 abgeschlossen habe. Er habe aber Wechsel decken müssen und habe nirgends Geld bekommens aber Dr. Dahms habe er davon nichts gesagt. Der Ver mittler habe von vornherein erklärt, er, Sch-, müsse recht tief in den Beutel greifen. Von dem Angeklagten wird die Sache so dargestellt, als ob die:B0 ein Gewinnanteil für ihn sein sollten an einem Geschäfte, da» Sch. mit dem ge währten Darlehen machen wollte. Sch. erklärte, daß da» nur eine Fiktion gewesen sei, die nachher auch noch in der Korrespondenz festgehalten wurde. Nach einer anderthalbstündigen Paule wurde die Verhandlung mit der Vernehmung des Gastwirt» W. fortgesetzt, dem der Angeklagte für 6000 .ck eine Hypothek von 6500 adaekauft hat, Dr. Dahm» bat sich eine Vergütung von 250 zahlen lasten, wofür W. einen Wechsel gegeben haü den er nür zum Teil bat bezahlen können. Dazu, die Hypothek aus längere Zeit stehen zu lassen, hat Dr. Dahms sich nur unter der Bedingung verstehen wollen, daß der Zinsfuß erhöht werde. Daß er sich in einer Notlage befinde, davon hat W. dem Dr. Dahms nichts gesagt, die Zwangs versteigerung konnte W. nicht abwenden, da er von anderen Gläubigern gedrängt worden ist. Abgesehen von der Wechselschuld ist Dr. Dahms mit seiner For derung voll befriedigt. Der letzte zur Verhandlung stehende Anklaaefall betrifft den Gutsbesitzer Br. in Schkorbitz, der durch einen Agenten G. von Dr. Dahms ein Darlehen von 4000 .ck aus genommen hat. G. proponierte ihm, er solle sowohl an thn wie auch an Dr. Dahms je 500 .ck Vergütung zahlen. Es kam dem Br. in erster Linie darauf an, Dr. Dahms al» Teilhaber für sein Kohlenwerk zu gewinnen, das er zu erweitern beabsichtigte. An Dr. Dahms hat der Zeuge 500.ck zahlen wollen und auch dadurch gezahlt, dag er auf 4000 .ck nur 3500^ bekommen hat. Zuerst verlangte Dr. Dahms 6 Proz., dann wurden 5 Proz. festgesetzt, Br. hat die Zinsen nicht aufbringen tonnen, da» Grundstück wurde sub- hastier.. Aus dem Gebaren des Dr. Dahms hat Br. die Ueberzeugung gewonnen daß es ihm nur darauf angekommen ler, seine, de» Schuldner», Notlage auszubeuten. Di« Anzeige sei erfvlat. weil er Wucher al» vorliegend angenommen und „seine Mitmenschen habe schützen" wollen. Der Agent G. stellte in Ab rede, daß Br. ihm gesagt habe, wegen der Mißernte habe er Geld nötig; er habe selbst vielmehr an nehmen müssen, daß da» Darlehn zur Vergrößerung des Kohlenwerkes dienen solle. G. wurde vom Ge richte nicht beeidigt. Die Frau Dahms bekundete als Zeugin, daß Br. von der schlechten Ernte nichts gesagt habe, als sie ihren Mann zur Besichtigung des Br.schen Anwesen» begleitet habe. Auch Frau Dahms wurde nicht vereidigt. Da auf die anderen Zeugen verzichtet wurde, so war die Beweisaufnahme geschloffen. Um 6 Uhr abends begann Staatsanwalt Dr. Oertel mit seinem Plädoyer, in dem er einleitend ausführte, daß e» ein seltener Fall sei, daß sich ein frühere» Mitglied einer akademischen Körperschaft wegen eines ehrenrührigen Veraehen» vor dem Strafgericht zu verantworten habe. Nachdem die Anklaaebehörde zuerst erwogen habe, ob die Anklage auch Aussicht auf Erfolg bade, steh« er letzt auf dem Standpunkte, daß der Angeklagte überführt sei. Dr. Dahms zahle zu jenen Menschen, die sich an ihrem Wohlstände nicht genügen lasten, sondern dahin streben. schnell reich zu werden. Diese Leute fragen nicht nach der sittlichen und moralischen Seite der Geschäste, ihnen ist lediglich maßgebend der klingende Erfola. Der Angeklagte sei Wege geangen, wie sie wohl nur Güterschlächter und Jobber zu gehen pflegen, die sich aber für einen Mann von seinem Stande und seiner Bilduna nicht geziemen. Mit Ausnahme eines einzigen Falles sei überall der Tatbestand des Wuchers erfüllt. Die akademische Lehrtätigkeit des Angeklagten scheine eine nur geringe gewesen zu sein, sonst würde er keine Zeit gehabt haben, solche Geschäft«. Besichtigungen und so weiter zu erledigen. Der Angeklagte habe einen Hang zu Wucher gezeigt und diesen Wucher gewerbs mäßig betrieben. Da Dr. Dahms Kenntnis von der Notlage der Geldsuchenden gehabt habe, die Leistungen und Gegenleistungen in einem auffälligen Miß verhältnisse gestanden hätten, io sei der Angeklagte wegen gewerbsmäßigen Wuchs«»» angemessen zu bestrafen. Das Urteil « gegen den Angeklagten lautete auf vier Monate Gefängnis, 600 Geldstrafe oder weitere 40 Tage Gefängnis und zwei Jahre Ehren- rechtoverlust. Oie Unruhen sm Veüülng. * Berlin, 24. Januar. (Drahtnachricht.) Im Weddingkrawall-Prozeß, der seit dem 16. d. M. vor der ersten Strafkammer des Land gerichts HI verhandelt wird, beantragten heute die Staatsanwälte wegen Teilnahme am Aufruhr gegen einen Angeklagen ein Jahr drei Monate Gefängnis, gegen 14 andere Angeklagte wegen Teilnahme am Aufruhr, resp. Beleidigung, Widerstandes gegen die Staatsgewalt, Aufreizung zu Gewalttätigkeiten usw. Gefängnisstrafen von einem bis zehn Monaten; gegen einen Angeklagten Freisprechung. Die Staats anwälte beantragten ferner, den Angeklagten die volle Unt.^suchungshaft anzurechnen. refitlschte KntlquUsten. s. Münster, 24. Januar. Der Aälscherprozeß gegen den Kunsthändler Hei mann und den Assistenten des Münsterländifchen Lan- deskonservarors Victor Batteux hat, wie schon mit geteilt wurde, gestern vor der zweiten Strafkammer des hiesigen Landgerichtes begonnen. Unter den Sachverständigen befinden sich der Direktor oes Kgl. Kunstgewerbemuseums in Berlin Otto o. Falke, Ler Direktor des Hamburgischen Museum» für Kunst und Gewerbe Justus Brinkmann, der Direktor -es Kunstgewerbemuseum» Köln Lreutz. der Direk tor der Provinzialmuseums Hannover Brüning, Dr. WoNenberg vom Lepkeschen Kunstauktions Hause in Berlin, Dr. Schlegel mann (München), Baurat Meyer (Kassel), Kunsthändler Linke (Hannover). Ueber 100 Zeugen sind geladen. Als psychiatrische Sachverständige sind Pros. Dr. Stein und Prof. Koppen anwesend, und zwar mit Rück sicht darauf, daß der Angeklagte Heimann in der UntersuHungsbaft Geisteskrankheit simuliert hat. Der Anklaaeveschluß lautet auf Betrug, Urkunden fälschung, Diebstahl und Beihilfe dazu. Bei der Vernehmung weist der Vorsitzende die An geklagten darauf hin, oaß sie bisher immer geleugnet hätten; um eine milde Strafe zu erzielen, sollten sie lieber gestehen. — Angekl. Heimann: Ja, Herr Richter, ich will aussagen, was ich weiß. — Angekl. Batteur: Gestehen kann ich nicht, da ich mich nach jeder Richtung hin unschuldig fühle. — Es wird so dann mit den Angeklagten die Entwendung bzw. Unterschiebung der hölzernen Heiligenfigur er örtert. Di« Figur wucdr im Jahre 1909 entwendet und am IS. Mcn desselben Jahres durch eine Kopie ersetzt. Da, Ortainal wurde am 15. Mai einem Alt händler t» Münster anaeboten, der die Figur aber nicht kaufte. Der Angeklagte Heimann ist dann mit der Figur nach Frankfurt gefahren »nd hat sie dem Grafen Merveldt sowie den Kunsthändlern Knappe in Frankfurt und Linke in Hannover ange boten. Er oerlanate 6500 ^l, und hieran scheiterte der Ankauf. Schließlich wurde die Figur bei der Verhaftung Heimann» unter feine« Sofa in Papier eingewickelt zwifchen anderen Altertümern oorgefunden. Der Angeklagte Heimann erklärt, daß er die Figur am» Batte», bekommen habe. Dieser habe ihm erzählt, di« Figur gefall« ihm f» aut. tzotz er ein« Kopte anfertige» taffen »ächt«, um sie feiner Frau zu schenken. Heimaun sollt« diele Kopie durch Bildhauer anfertigen lassen. Die» geschah auch. Ihm fei in der Erinnerung, daß er da» Original an Batteuz zurückgab, er könne sich daher nicht erkläre«, wie di« Kopie in» Museum kam und da. Original bei ihm gefunden wurde; e» mülle ein« Verwechslung vorgekommen sein. — Der Angeklagte Batteur«- klärte, daß er die Figur lediglich zur Herstellung einer Kopie hergegeben und sie dann in einem Paket wieder zurllckgetragen habe. E» sei möglich, daß Heimann die beiden vertauschte, ob mit Absicht oder au- Zufall, lasse er dahingestellt. Jedenfalls sei er der Meinung gewesen, daß die echte Figur wreder ins Museum gelangt fei. Der Angeklagte Batteux erklärt weiter, daß er seit 14 Jahren der Ankaufskommisfion des Museums nngehöre und seit dieser Zeit auch Heimann kenne. Er habe niemals verdacht gegen dielen gehabt, als ob er etwa Unregelmäßigkeiten begehen könnte. — Aus die Frage, ob zwischen ihm und Heimann unerlaubte oeschäftliche Beziehungen bestan den. erklärt der Angeklagte Batteux: Nein. — Dorsi: Wir haben aber Notizbücher zur Hand, au, denen em reger geschäftlicher Verkehr zwischen Ihnen beiden hervoraeht. Sie haben ihm auch Geld verschafft. — Angeksi Batteux: Das habe ich getan, weil er sich in einer schlechten Lage befand. — Vors.: Er hat ja auch den Manrfestationseid geleistet. — Angekl. Heimann: Jawohl, weil ich kein Vermögen mehr besaß. — Vors.: Sind nicht aber bei Ihrer Der- haftunq 60 000 bet Ihnen gefunden worden? — Angekl.: Davon weiß ich nichts. — Es wird dann der Angeklagte Heimann ebenfalls über die An fertigung der Kopie vernommen. Batteur habe ihn ersuwt, die Kopie auch zu bemalen, er se( aber mit dem Muster des Kleides nicht recht fertig geworden.— Vors.: Wie sind Sie aber dazu gekommen, von der Figur die Binde wcgzumeißeln und eine neue an- zuorrngen? — Angekl.. Das geschah im Auftrage von Batteux. — Vors.: An der Kopie ist aber die alte Binde angebracht worden. — Angekl.: Da muß ein« Verwechslung vorgekommen sein. — Dors.: Sie sind dann mit der Figur nach Frankfurt gereist und haben sie dort zum Kauf angeboten. Den Herren ist ausgefallen, daß sich auch ei» neuer Sockel unter der Figur befand. Sie sollen dabet auch er klärt haben, daß es sich um ein wertvolles Original handle. — Angekl.: Davon weiß ich nichts. — Hierauf wird der Leiter des Bischöflichen Museums in Munster Rektor Schulte über die Art und Weise vernommen wie dir Aussicht im Museum ge handhabt wird Der Zeuge erklärt, daß schon wie derholt Diebstähle im Museum vorgekommen seien, aber einen eigenen Schließer zu halten, dazu seien kein« Mittel da. — Dorsi: Ist gegen Batteux ein mal Verdacht entstanden? — Zeuge: Nein. Der Zeuge hat im Jahre 1909 dem Angeklagten gestattet, Photographien von der Figur herzustellen. Ob er ihm auch erlaubte, eine Kopie herzustellen, weiß der Zeuge nicht mehr. — Der folgende Zeuge ist der Provinzial konservator Baurai Ludorff. Er bekundet, daß er mit dem Angeklagten Batteux im allgemeinen zu frieden war. Er hatte auch keinen Anlaß, seiner Tätigkeit Mißtrauen entgegenzubringen. Ans die Frage, ob er das Alter und den Wert der -olzfigue abschätzen könne, erwidert der Zeuge, das könne er nicht. — Vors.: Sie können uns also auch nicht an- gsben, wie hoch das Vermögen des Bischofs durch die Entwendung des Originals geschädigt wurde'.' — Zeuge: Nein. Ueber Heimann als Kunsthändler vermag der Zeug« nicksts Ungünstiges auszusagen. — Zeuge Antiguitotonhändler Kramer (Kassel) er- iniri; daß der Wert der Fißur sich nur schwer fest-' stellen lasse. Es handle sich da manchmal um Lieb- baberpreise. Der verlangte Preis von 6500 sei ziemlich reichlich. (Fortsetzung folgt). Spart. WInierlper». 8 Witterungsbericht aus dein Badischen Schwarzwald. Mltgetcttt vom Internationalen öffentlichen Verkehrsdur u Berlin, Unter den Lin den 14, 24. Januar: Feldberg: Schneehöhe 90 cm, Skibahn gut, Rauhreisi leichter Nebel, —10 Grad.— Triberg: Schneehöhe 15—25 em, Ski-und Rodelbahn tadellos, klar, —7 Grad. ' * Bericht vom Greifenstein vom 24. Januar: Ost wind, 3 Gr. Kälte, schöne Winterlandschaft, vorzüg liche Rodelbahn (1500 Meter). Lnftschiffahrt. Ein Uebrrlandsluq mit S Passagieren wurde von dem garman-Pilolen Wey mann von dem Lagerfeld« von Lhalons aus nach Bethens ausgeführt. Weymann legte die Strecke ohne jeden Zwischenfall in 27 Minuten zurück. Es ist dies der erste Ueberlandflug von 4 Personen in einer Maschine. H Flugwoche Gotha-Weimar. Mitte Februar wird nach den vom Deutschen Luftschifferverband am Sonntag in Gotha gefaßten Beschlüssen eine Flug- woche Gotka-Wermar veranstaltet. Die Ueberlandslüge werden von der Luftschiff Halle in Gotha nach Weimar durch die namhaftesten deutschen Flieger ausgefübrt werden. Die Ortsgruppe Weimar der sächsisch-thüringischen Verein» für Luft schisfahrt hat die erforderlichen Arbeiten auf sich ge nommen. — I» San Francisco hat auf dem dortigen Flug felde der Aviatiker Vermelle den amerikanischen Dauerrekord mit 3:39: 49'/, geschlagen. Der bisherige Rekord, der von Welsh gehalten wurde, betrug 3:11:55. — Probeflug eines Militär-Zweidecker». Auf dem Döberitzer Militär-Flugplatze machte am Mon tag nachmittag der Pilot König mit dem von den Albatros-Werken für die Militärverwaltung ae- lieferten Zweidecker sFarman-Typ) die vorgeschriede- nen Abnahmeflüge. Mit einer Belastung von 160 tz« (statt eines Passagiers war ern 80 tz^ schwerer Sandsack an Bord) stieg die neue Maschine leicht bis 450 m Höhe. Es wurden drei Flüge von insgesamt 3 Stunden 7 Minuten Dauer mit nur 2 Minuten Unterbrechung zwischen erstem und zweitem und zweitem und drlttem Flug ausgeführt. * Verbrannter Flugapparat. Aus Ko pen Hag en wird der „B. Z. a. M. gemeldet: Auf unaufgeklärte Weise geriet am Montag plötzlich der Motor des Aviatikers Svends en während eines Fluges auf dem dänischen Aerodrom auf Amager in Brand. Der Flieger, der ftch in geringer Höhe befand, tonnte herabspringen. Die Feuerwehr wurde alarmiert. Der Doifln-Zweidecker verbrannte vollständig. Zehn Minuten später stieg Evendsen mit einer anderen Flugmaschtne wieder auf. Wassersport. * Der Leipziger Ruderverei« von 1876 hält am Sonntag, den 29. Januar, nachmittags t Uhr in seinem Bootshause seine ordentliche General versammlung ab. A Der alljährliche Achtermatch Oxford-Tambrib-e wird am 1. April ausgerubert werden. Di« Mann schaften haben da» Training bereits anf-enomme«.
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