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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 02.02.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-02-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110202011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911020201
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911020201
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-02
- Tag 1911-02-02
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Monat
1911-02
-
Jahr
1911
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Nr. 3ä. lOS. Jahrgang. eine Verschärfung des politischen Kamps zustandes und damit eine Erschwerung, wenn nicht eine Lahmlegung der Arbeitsfähigkeit des Reichstages. Dabei weiß jeder, der Augen hat zu sehen und Ohren zu hören, daß es eine sorte von Staatsrettern gibt, die den „roten Reichstag" mit Sehnsucht erwartet, um endlich mit einer strammen Rückwärtskonzentrierung einsetzen zu tönnen. Man nennt das gemeinhin die Reaktion. Das allgemeine und gleiche Wahlrecht seht ein gutes Mas; von politischer Reise voraus. Es seht voraus, daß der einzelne Wähler weih, was er will. Er soll nach Ueberzeugungön handeln. Der verstimmte Wähler, der da glaubt, der Stimmzettel sei aut genug, um seinem Kroll Luft zu machen, gleichviel ob er den politischen Zustand verschlechtern hilft, handelt wider sein staatsbürgerliches Gewissen. Er macht sich selbst Unehre und würdigt das Wahl recht tief herab. ZUM Silvelterdriel ües Papstes. Aus Berlin wird uns berichtet: Zn Regierungs und Parteikreiscn wird die durch den Silvesterbrief geschaffen« Lage auf das ernsteste erwogen. Ob Interpellationen im preußischen Abgeordneten haus eingebracht werden, ist noch nicht sicher. Wahr scheinlicher ist, dah die Frage bis zum Kultusctat zu rückgestellt wird. Zn den liberalen Kreisen des preußischen Parlaments ist man sich darüber einig, mit aller Energie die Forderung zu vertreten, dah hin fort katholische Geistliche, die den Moder niste neid geschworen haben, nicht mehr als Lehrer für andere Unter richtsfächer in den Gymnasien, als hauptamtliche Kreisschuli nspektorcn oder als Letter von Lehrerseminaren und Pädagogien zugelassen werden. Auch in Württemberg ist man von dem Ernst der durch den Papstbries geschaffenen Situation erfüllt. Zn der Mittwochsihung der wilrttembergischen Zweiten Kammer erklärte der Kultusmini st er: Die Staatsgewalt könne an der päpstlichen Verfügung über den Modernistcneid nicht achtlos vorüber gehen. Das ^lotu proprio habe in Universitätskreisen das grösste Interesse hervorgerufen. Für den Staat handelt cs sich in erster Linie um die Frage, welche Wirkung die päpstlicl)« Verfügung auf die wissenschaft lichen Arbeiten an der Universität ausüben werde. Da nach dem Erscheinen der I^nc^olicm pnsoonäi der Bischof von Rottenburg die Erklärung abgeg'ben hatte, dasi die Vorschriften in der Enzyklika auf die staatlichen Universitäten keine Anwendung tänden, habe er nach dem Erscheinen des Hsotu proprio an genommen. dich auf diese neue Verfügung dasselbe zu treffe. Die Richtigkeit dieser Entscheidung habe der Bischof bestätigt. „Ls ist aber", fuhr der Minister fort, „nicht zu verkennen, dich für die Zukunft Schwierigkeiten erwachsen können. Wenn auch die Lehrfreiheit bist der katholisch-theologischen Fakul tät bisher gewissen Schranken unterlag und mit Rück sicht auf den Zweck der Ausbildung von Dienern der Kirche stets unterliegen wird, so wird doch die Be- schränkungder freien Forschung durch die Gebundenheit, die der Modernisteneid auferlegt, sür die Zukunft eine Verstärkung erfahren, welche die Frage aufwirft, inwieweit sie mit der Grundlage unserer Universitäten vereinbar ist. Der -Staat wird sich nicht leicht dazu entschließen, auf die Ausbildung der Geistlichen bei staatlichen Universi täten zu verzichten und sie. ag rztn kirchlich«. Anstalten zu verweisen. Aber auch die Kirche hat einInter - esse daran, daß ihre Diener die F U h l u n g mit dem geistlichen Leben der Gegenwart nicht verlieren. Das Schreiben des Papstes an den Erzbischof von Köln ist allerdings geeignet, die an sich schon gespannte Lage in bedauerlichem Maste zu verschärfen. Wir wollen jedoch auch dieser Kundgebung gegenüber Ruhe und Kaltblütigkeit bewahren." Zu diesen schönen Eigenschaften könnten sich vor allen Dingen noch Entschlossenheit und Tatkraft ge sellen, damit endlich einmal das Notwendige geschieht. Gin enylilcher MajeltMsbeletülgungs- Prozeh. * London, 1. Februar. lTel.) Heute begann das Prozcstverfahren wegen Ver leumdung des Königs gegen den Angeklagten Eduard Mylius vor dem Lord-Oberrichter, Lord Alverstone. Der Saal ist von Zuhörern dicht besetzt, unter denen sich auch Minister Churchill befindet. Die Krone wird durch den Attorneygeneral, Sir celpzlger Tageblatt. Donnerstag. 2. Februar ISN. Rufus Isaacs, den Solicitorgeneral, Sir John Simon, sowie die Juristen Rowlatt und Muir vertreten. Auf Lord Alverstones Frage, ob er durch einen Rechtsbeistand vertreten sei, antwortete Mylius, er werde sich selber verteidigen. Er ersuchte dann, ihm die privaten Briese zurückzugeben, deren Beschlagnahme eine grobe Rechtsverletzung sei. Der Richter lehnte das Ersuchen ab. Mylius fragte weiter, ob der König als Ankläger anwesend sei; er wünsche seine Anwesenheit, weil jeder Ange klagte berechtigt sei, seinem Kläger vor dem Ge richtshöfe gegenübergestellt zu werden. Der Richter erwiderte, der König könne nicht auf gefordert werden, vor dem Gerichtshöfe zu erscheinen. Rufus Isaacs erklärte, es handle sich um eine Verleumdung, die die Ehre de» Königs an greife und darauf berechnet sei, ihn in der Achtung aller rechtlich Denkenden herabzusetzen. Er betonte, dast keine Klage gegen die republika nischen Gesinnungen des Angeklagten erhoben sei. Die gerichtliche Verfolgung sei eingeleitet, weil der Angeklagte behauptete, dast des Königs Ehe mit der Königin eine schmachvolle Bigamie sei, ein Verbrechen gegen die Kirche. Der Angeklagte habe ferner behauptet, der König habe 189t» in Malta die eine Tochter des Admirals Seymour geheiratet. Als er 1892 Thronerbe geworden sei, habe er sie und ihren Spröhling ver lassen, um die Prinzessin Martha, Fürstin von Teck, zu heiraten. Mit erhobener Stimme erklärte Isaacs, die Geschichte sei von Anfang bis zu Ende ein Gewebe von Unwahrheiten. Im weiteren Ver lauf der Verhandlungen kündigte Rukus Isaacs an, er werde Admiral Semnour und seine Tochter Nirs. Napier, die einen Marineoffizier geheiratet habe, als Zeugen vorladen und werde den Beweis führen, dast die Tochter des Admirals dem Könige nur zweimal im Leben begegnet sei, einmal als Kind von acht Jahren, das zweite Mal bei einem Emp fange, niemals aber in Malta. Admiral Seymour sagte aus. er habe zwei Töchter gehabt. Die ältere habe 1899 den Kapitän Rapier geheiratet, die jüngere sei 1895 gestorben. Letztere sei niemals verheiratet geweien und habe niemals mit dem Könige gesprochen. Der König sei überhaupt nie in Malta gewesen, als seine Töchter dort gewesen seien. Mrs. Napier habe den König bis 1898 nicht getroffen. Frau Napier sagte aus, sie habe im Jahre 18S9 geheiratet. Sie sei sieben oder acht Jahre alt ge wesen, als der König auf der „Britannia" gedient habe. Sie sei zuerst im Jahre 1893 nach Malta ge kommen, fünf Monate nach der Bermähluna des Königs. Der Vertreter der Behörden von Malta legte da» Eheregister von 1886—1903 vor. Es ist keine Ehe eingetragen, bei welck-er der Familienname der Vermählten Seymour ist. Der Privatsekretär des Königs Sir Arthur Bigge erklärte, dieser habe ihn im August 1910 in einem Briefe zum Demen- tteren des Gerüchts von der morganatischen Ver mählung ermächtigt. Nach wetteren Verhandlungen wurde der Ange klagte Mylius für schuldig befunden und zu zwölf Monaten Gefängnis verurteilt. Nach der Urtcilsverkündiaung sagte Js aacs, er sei von dem Könige ermächtigt worden, öffentlich zu erklären, dah er niemals vermählt gewesen sei austcr mct der Königin, und dast er sich niemals irgend einer Trauungszeremonie unterzogen hätte auster mit der Königin. Der König würde der aerichtlichcnVerhandlungbeigewohnt haben, um entsprechendes Zeugnis abzulegen, wenn er nicht von den juristischen Beratern der Krone das -Gutachter-orhaUsu-hätte, dast dies der Konstitution wider s p r e würde. 1 M.IM -- - Deutsches Selch. Leipzig, 2 Februar. * Der erweiterte Ausschuh des Landevkulturrates hielt vor einigen Tagen unter dem Vorsitze des Geh. Ockonomicrates Dr. Hähne! sKuppritz) eine Sitzung ab, in der u. a. auch über die Bedarfsvoran- sihläge des Landesverbandes sächsischer Geflügel züchtervereine. des Bienenwirtschastlichen Hauptver eins, des sächsischen Fischereivereins und des Landes verbandes sächsischer Kaninchenzüchtervcreine für das Jahr 1911 beraten wurde. Die Voranschläge wurden befürwortend an das Ministerium des Innern weitergegeben. Weiter nahm der Ausschuh Kenntnis von dem Berichte über die Prüfung der Rechnung der Dullenvcrsichcrungskasse, worauf Beschlüsse über verschiedene Anträge, Erinnerungen usw. gefaßt wurden. Bezüglich der Buchführung der Kon trollvereine wurde beschlossen, darauf hinzu wirken, dast alle Kontrollvereine ein einheit liches System einführen, und zwar soll den Vereinen das für sächsische Verhältnisse am ge eignetsten erscheinend« System der Provinz Branden burg vorgeschlagen werden. Der Landeskulturrat will die Kosten der ersten Anschaffung der Formulare sowie der Unterweisung der Beamten übernehmen. Ferner soll dem Ministerium des Innern vor- geschlagen werden, in jeder einzelnen Amtshaupt mannschaft 5 Prozent der angekörten Bullen zu prämiieren. Die Prämie, für di« ein Betrag von 30 in Aussicht genommen wird, soll jedoch erst dann zur Auszahlung gelangen, wenn nach Verlaus eines Jahres ein« einwandfreie Hal tung sestgestellt werden konnte. * Die elsaß-lothringische verfassungsfrage, mit deren Beratung vor wenigen Tagen im Reichstag begonnen worden ist, bildet den Gegenstand eines Vortrages, den Superintendent Klingemann aus Essen heute Donnerstag, den 2. Februar, in der Orts gruppe Leipzig des Alldeutschen Verbandes halten wird. Alle diejenigen, die sich genauer über die Verfassungsfrage unterrichten wollen, seien daher besonders auf den Vortrag hingewiesen: er findet abends 8', Uhr im Hotel Palmbaum, Gerberstraste, statt. Gäste sind willkommen. * Der Schulausschuh des Nationalliberalen Lan desvereins trat am 29. Januar in Dresden zu einer zweiten Sitzung zusammen Auf Grund einer von Seminardirektor Dr. Seyfert in Zschopau aus gearbeiteten Zusammenstellung von Leitsätzen wurden die Verhandlungen ein gutes Mast gefördert. Ueber das Ergebnis der Beratungen wird, sobald ein Ab schlag erreicht ist, berichtet werden. Die nächste Sitzung soll rm Februar stattfinden. * Zur Landtagoersatzwahl im 23. ländlichen Wahlkreise. Der Kandidat der nationalliberalen Partei, Baumeister Unger-Mölkau, stellte sich der Wählerschaft am 26. Januar in Holzhausen- Zuckelyausen und am 31. Januar in Gun- dorf-Vurghausen in öffentlichen, gut besuchten Versammlungen vor. Er entwickelte in ruhiger, sach licher Weis« sein Programm und erntete am Schluffe seiner Ausführungen lebhaften Beifall. In der an- jchliestenden Debatte sprack-en in Holzhausen wie in Burghausen je ein Herr für die Fortschrittliche Volks partei unter Hervorhebung der beiden liberalen Parteien gemeinsamen Gesichtspunkte. Von national- libraler Seite traten die Herren Direktor Stölzel, Lehrer Kästner sowie Schindler entschieden für die Wahl des Kandidaten Unger ein. Die Ver sammlungen stimmten auch diesen Rednern zu. Don sozialdemokratischer, ebenso von konservativer Seit« stellten sich in beiden Versammlungen keine Redner. * Zum Fall Langhammer wird uns aus Chemnitz geschrieben: „Der Nationalliberale Verein für Chem nitz saht« zum Fall Langhammer eine Entschließung, worin er zunächst das Bedauern ausspricht, dast ihm gegen den vom Landesvorstand der nationalliberalen Partei geforderten Ausschluß des Herrn Langhammer aus dem Verein kein Rechtsmittel zustehe. Mit Rücksicht auf Herrn Langhammer verzichte er darauf, di« Streitfrage noch einmal aufzurollen, dankt dem Genannten für die geleisteten Dienste und drückt die Erwartung aus, daß es ihm möglich sein werde, auch fernerhin mit Herrn Langhammer Hand in Hand zu gehen, von dem er hoffe, dast er als Abgeordneter der nationalliberalen Sache sich noch nützlich erweisen werde." * * Der Kaiser konferierte am Mittwochvormittag im Auswärtigen Amt mit dem Reichskanzler und Staatsjekretär v. Kiderlen-Wächter. * Die K^onorinzenreise und die Budgetkommif- sion. In der Vudgetkom Ekf f IVn des Reichs- ctages wurde am Dienstag von den Vertretern mehre rer Parteien der Wunsch ausg«iprochLN^Ütt_K prinz möge gebeten werden, vor der Heimkehr die östlichen Kolonien zu besuchen. Staats sekretär Tirpitz führte daraufhin aus: Dom Stand punkte seine, Refforts erscheine feder Besuch in d«n Deutschen Kolonien, der wahrschernlich auch schon für einen späteren Zeitpunkt in Aussicht genommen war, als nützlich und wünschenswert. Sodann legte der Staatssekretär entschieden Verwahrung gegen die abfällige Kritik der Kronprtnzenrelse durch den sozialdemokratischen Redner ein, der u. a. aus- führte: „Es sei ein Glück, dast die Neffe schon jetzt abgebrochen werde, die Chinesen und Malaien hätten doch erst im Vorjahre den Abgeordneten Esercke gesehen." * Schifsahrtvabgaüen und Handelskammer. Die Handelskammer Mainz hatte unterm 23. Dezember an den preußischen Minister der öffentlichen Arbeiten sie Bitte gerichtet, daß die den Mitgliedern der Reichs tagskommission in Aussicht gestellte Denkschrift zu dem Gesetzentwurf betreffend Schiffahrtsabgaben auch den Handelskammern übermittelt, bzw. daß diese Denkschrift überhaupt der Oef- fentlichkeit zugänglich gemacht werde, damit die Handelskammern und sonstigen Beteiligten vor der Spruch- Spruch- Loofs Weiterberatung de, Gesetzentwurf» in der Kom mission zu der Denkschrift Stellung nehmen könnten. Darauf ist unterm 28. Januar der Handelskammer folgender Bescheid von dem Minister zugegangen: yDa» der 19. Reichstagskommission vorgelegte weiter« Material zu dem Gesetzentwürfe betr. den Ausbau der deutschen Wasserstraßen und die Er hebung von Cchiffayrtsabqaben ist lediglich für die Beratungen in der genannten Kommission, nicht für die Oeffentlichkeit bestimmt. Hiernach bin ich nicht in der Lage, dem Wunsche um Ueberlaffung jenes Materials entsprechen zu können. (gez.) v. Breidenbach." Die Zahl der Freunde der Cchiffahrtsabgaben dürste durch diese Antwort nicht vermehrt werden. * Der Fall Jatho. Nach der freikonseroativen Post" würde eine Maßregelung des Kölner Pfarrers Jatho einen Massenaustritt aus der Lan deskirche in Köln wie in andern Städten Rheinlands und Westfalens zur Folge haben. „Wir können eine solche Erregung nur auss äußerste bedauern, können nur bedauern, dast ein Pfarrer, dessen außerordentlich oersönliche und religiöse Wirkung auf feine Gemeinde über alle Zweifel erhaben lst, vor den Kadi geschleppt wird, daß sich hier nicht auf anderm Weste ein moffus viveircki finden und Her stellen läßt. Wir zweifeln nicht daran, daß das kirch liche Spruchkollegium schon in Anbetracht der zweifel los bedeutenden und segensreichen kirchlichen Wir kung des Mannes nicht zu einem Ketzer gericht ausarten wird, sondern sein Urteil durch die religiöse Persönlichkeit des Mannes, auf die es im kirchlichen Leben ankommt, und durch die un mittelbare Wirkung, die von ihr ausgegangen ist, be stimmen läßt." Dl« Befürchtung der „Post" scheint übrigens zu weit zu gehen. Jatho hat vom Ober kirchenrat sechs Fragen vorgelegt bekommen und wird sie unumwunden beantworten. Dom Oberkirchenrat, in dem Julius Kaftan, der Schüler Ritschls, waltet, ist es schon Zweifelhaft, ob er dann das kollegium einberust. Sollte er es aber: im kollegium sitzen fortschrittliche Theologen wie und Adolf Harnack. Äuslsnä. Oesterreich-Ungarn. * Aus den Delegationen. Der Ausschuß der öster reichischen Delegatton für auswärtige Angelegen heiten nahm da» Budget de» Aeusteren sowie eine Resolution betreffend die Unterstützung des Abrüstungsvorschlage» de» Präsidenten Taft an und lehnte einen Antrag auf Aufhebung der österreichischen Botschaft beim Vatikan ab. — Der Marineaurschuß der ungarischen Delegation setzte die Beratung de» Marrnebudgets fort. Ministerpräsident Graf Khuen-Hedervary er klärte, die Stärkung der Flotte bezwecke die eigene Sicherheit. Europa kenne die Friedenspolitik Oester reich-Ungarns und würde an den Bau von neuen Schiffen, mit dem man nur den Westmächten lang sam Nachfolge, keine Kombinationen knüpfen. Der Marinekommandant Graf Montecuccoli be tonte, die im Dau begriffenen Schlachtschiffe würden gewiß für lange Zeit moderne Schiffe bleiben. Ein langsame» Bautempo sei nicht ratsam. Frankreich. * Der Syndikatssekretär Durand hat durch seigvZ Vertreter Meunier an den Präsidenten Fallidres ein Schreiben gerichtet, in dem er für die A u f h e der über ihn verhängten Tod e ss? r ä f e seinen Dank ausspricht, nochmals seine Unschuld beteuert und um seine sofortige Entlastung bittet, damit er die Revision seines Prozesses wirksam betreiben könne. Griechenland. * von der französischen Militcirmiffion. Aus Athen wird gemeldet, der französische General Ey- dur, der mct der französischen Militärmffsion dort eingetroffen ist, um da» griechische Heer zu reorgani sieren, wird wahrscheinlich zum Befehlshaber einer Division ernannt werden, sobald die Kammer die hierzu erforderlichen Sonderschritte eingeleitet hat. Marokko. * Spanisch - französische Reibereien. Aus Tanger wird gemeldet: Mehrere französische Geschäfts- und Kaufleute, denen trotz eines regelrechten Paffes von der spanischen Behörde verboten worden war, in Melilla an Land zu gehen, haben bei den französischen Konsularbehörden in Malagga Be schwerde erhoben. Wilhelm Trübner. Wilhelm Trübner, der morgen seinen 60. Geburtstag begeht, zahlt zu den anerkannten Führern unserer modernen oeul>chen Malerei. Allein es ist ihm schwer geworden, im deutschen Kunstleben Nch die Stellung zu erringen, auf die er nach ,einer Begabung und seinen Leistungen wohl Anspruch er heben durfte. Wie so viele Künstler der Renaissance, ist auch Trübner einer Familie von Goldschmieden entsprungen, und künstlerische Interessen spielten lebendig ichon in seine Iugcndjahre hinein, die er in seiner schönen Vaterstadt Heidelberg verlebte. Don entscheidender Bedeutung aber ward, daß er in Heidel berg in Berührung mit Anselm Feuerbach trat, der seine dorr lebende Stiefmutter zu besuchen pflegte. Der Zweifel des Vaters, ob er seinem Sohn« die Wahl der Künstlcrlaufbahn gestatten könne, be seitigte Feuerbach, indem er dringend dazu riet. Feuerbachs künstlerischer Einfluß ist später in Trübners Kolorit und auch in der Wahl von Stoffen, wie der „Digantcni'chlacht", noch erkennbar geblieben. Der junge Trübner studierte nun zuerst an der Akademie zu Karlsruhe, dann an der zu München: den Künstler aber, an den es ihn drängte, sich anzu schließen, sand er nicht am Strande der Isar, sondern in dem stilleren Stuttgart. Es war dies Hans Canon, -essen Werke ihn auf der Münchener Aus stellung von 1869 neben denen Leibls so anzogen, daß er zu ihm nach Stuttgart ging, um bei ihm zu arbeiten. In der Schule dieses gediegenen Koloristen hat Trübner einen guten Grund für alle seine Leistungen gelegt. Was Canon begonnen hatte, setzte dann Leibl fort. E» war im Sommer 1871, al» Trübners Freund Lang von einem Ausfluge Leibl nach Bernried mitbrachte, wo die beiden in Gemein schaft mit dem heute so geschätzlen Stillebenmaler Carl Schuch damals hausten. Sogleich interessierte sich Leibl für Trübners Schaffen, das er hochstellte, und es begann nun ein anregender Verkehr zwischen dem jüngeren Künstler und dem schon reiferen Leibl. Mit Korrigieren gab sich Leibl allerdings nicht ab. wohl iber hielt er mit seinen Ansichten im persönlichen Umgänge auf Spaziergängen nicht zurück. Der Einfluß Leibl» ist wohl der stärkst« ge wesen, den Trübner je erfahren hat, und e« besteht heute wohl Einstimmigkeit darüber, die Werke aus jener Zeit Trübners als die besten Leistungen der Leidl-Schule. wenn man die des Meisters selbst aus nimmt, anzuerkennen. Als der Kreis sich aus ver schiedenen Ursachen auflöste, war es dann Thoma, an den sich Trübner anschliestcn durfte, und diese vier „großen Könner". Feuerbach. Canon. Leibl und Thema, sind nach Trübners eigenem Geständnis das Gestirn gewesen, unter dem sein Schaffen sich ent wickelt hat. Reisen nach Italien, nach Belgien. Paris und London trugen zu seiner ferneren Ausbildung bei, allein trotz emsigen Schaffens blieb der Erfolg seiner Werke im ganzen und großen spärlich. Für die An erkennung der ibm verwandten Geister, wie Leibl, Schuch und Victor Müller, ist Trübner wiederholt in hingehender Weise tätig gewesen. 1896 übersiedelte er nach Frankfurt a. M.. wo er wieder mit Thoma in persönliche Beziehungen treten konnte, und nun be gann die Anerkennung seines Schaffens nach und nach zu wachsen. Den Fünfzigjährigen begrüßte bereits Martin Greif als „kühnen Meister voller stolzer Schaffenslust", 1903 wurde Trübner als Professor an die Akademie in Karlsruhe berufen, und heute steht sein Ruf fest, obgleich das Urteil über die Werke feiner letzten Periode auch bei seinen Freunden noch weit aus einandergeht. Bekanntlich hat Trübner die tiefe Tonalität seines früheren Kolorits mit einem derben und flächigen Vorträge vertauscht, bei dem er starke Farben unverbunden nebeneinander setzt. Viel Aus sehen haben die in dieser Art gemalten Reiterbildniffe deutscher Fürsten von seiner Hand hervorgerufen. Trübner Kat sich üvrigcns nicht nur als Künstler, sondern auch al» Schriftsteller versucht. Er selbst hat die Grundzüge seines Lebens geschildert und sich über die Lag« der heutigen Kunst und über brennende Fragen de» künstlerischen Leben» wieder- holt in Aufsätzen und Flugschriften ausgesprochen. Unter dem Titel „Personalien und Prinzipien" sind diele seine literarischen Leistungen bei Bruno Ccffsirer in Berlin erschienen, und auch au» ihnen wird, ebenso wie aus Trübners Bildern, ein kräftiger männlicher Geist erkennbar, der sich hohe Ziele setzt und voller Begeisterung für das als recht Erkannte eintritt. 8. k'. Denkmäler -er Schreibkunst. Mit der zunehmenden Freude der heutigen Gene ration an künstlerischen Schöpfungen mannigfacher Art mehrt sich auch wieder das Interesse an Len wert vollen und einzigartigen Lverken der alten Buch malerei und früheren Dokumenten der Schreibkunst. Und so sehen wir denn, Laß bedeutsame, jedoch lange Zeit, mitunter wohl gar Jahrhunderte hindurch un beachtet gebliebene Werke Lieser Art, die zum Teil vergessen und verstaubt in irgendeinem Bibliothek winkel sich befanden, aufs neue ans Tageslicht ge zogen werden, um durch den Inhalt und künstlerischen Wert ihrer Ausstattung unsere Gelehrten zu be schäftigen. Künstlern und Kunstfreunden Anregung zu Studien und künstlerischen Genüssen zu bieten. Diesem Forjcherdrang, dieser Freude am Schönen Rechnung tragend, hat es sich besonders die bekannte Verlags- und Antiquariatsbuchhandluna von Karl W. Hiersemann in Leipzig zur Aufgabe ge stellt. di« Publikationen solcher Werke herauszugeben. Es fei hier unter anderen nur auf di» hochinter essanten Ausgaben des in der Heidelberger Bibliothek befindlichen Blockbuches fOo<i«L kalat. «orrn. 438), welches eine Totentanz-Bilderserie auf 27 Blättern von etwa 1465 enthält, auf „Die Regensburger Buch malerei des 10. und 11. Jahrhunderts" von Georg Swarzenski, sowie ferner auf „Die Bilderhandschrift des Sachsenspiegels", herausgegeben von Karl von Amira, hingewiesen. Als neueste Ausgabe dieser literarhistorisch und künstlerisch wertvollen Werke des antiken Buchwesens ist zu verzeichnen die ..^lonu- rnertta prffrioograpstica vinffobonensia", Denkmäler der Schreibkunst aus der Handschriftcnsammlung des Habsburg-Lothringischen Erzhaules. unter Leitung de» Direktors der K. K. Hofotbliothck Josef Ritter von Karabacek herausgegeben von Rudolf Beer. Die erste Lieferung dieser in großem Stil angelegten Publikation enthalt 16 originalgetreue Nachbildungen aus dem Wiener „Hilarius-Papyrus" soock. 2160) und 10 in Gold- und Farbendruck hergestellte, gleichfalls dem Original entsprechende Reproduktionen aus dem „Psalter Karls des Großen" soock. 1861). Das Schicksal der Handschrift ist dunkel, bekannt ist nur. daß der italienische Grammatiker Dulcitins sie kurz nach ihrem Entstehen durchgesehen hat. Schein bar hat sie den italienischen Boden nicht früher ver lassen. als bis sie vom Grafen Camillo Colloredo dem Kaiser Josef Ü. zum Geschenk gemacht wurde. Der „Goldene Psalter Karls des Großen", oock. 1861 loliro. Dstvolog. 652), welcher aus 161 Per gamentblättern in der Größe von 120 sin den mittleren Lagen 122) X 192 »uv besteht, von denen Fol. 4—158 dem ursprünglichen Kodex angehören, ist von vorzüglicher Beschaffenheit und enthält auster dem Psaltertext noch «ine Vorrede und zwei Widmungs gedichte. Letztere besagen, daß „r-ex Oarolus" den Psalter an „Haffrian pap»/' gesendet und »er Schreiber Dagulf da» Werk seiner Hand dem König Karl dargebracht hat. Nach Schumachers Unter suchungen ist anzunehmen, dast König Heinrich IV. als Knabe in den Besitz des päpstlichen Psalters gekommen und von diesem Regenten in den sechziger Jahren des 11. Jahrhundert, durch Schenkung an den Bremer Erzbischof Adalbert gelangt ist. Um die Mitte des 17. Jahrhunderts taucht dann die überaus wertvolle Handschrift, die eines der schönsten Schriftdenkmäler der frühkarolingilcben Periode bildet, in der Privat bibliothek des Kaisers Leopold I. auf. der als einer der eifrigsten Bibliophilen de» habsburgischen Kaiserhauses gelten darf. Auf welche Weise der Psalter nach Wien gelangte, ist bis jetzt nicht aufzu klären gewesen. Die ehemaligen Einbanddeckel, zwei geschnitzt« mit vier figürlichen Darstellungen versehene, jetzt im Louvre befindliche Elfenbeintafeln, schmücken leider diese, herrliche Werk nicht mehr. Die Mehrzahl der Blätter weist ein« durchweg in Gold ausgeführte zierliche Unzialschrift auf. Die Anfangsbuchstaben der Strophen sind aus nicht allzu stark hervortretenden Initialen gebildet. Dazwischen finden sich mehr oder weniger reich verzierte, ungemein farbig und kolo ristisch wundervoll durchgeführte Blätter vor. auf denen die Schrift außer auffallend großen Initialen kräftig entwickelte Kapitälbuchstaben zeigt. Der hervorstechende Eindruck de» Goldenen Psalters ist der des Prächtigen, der aber niemals eine aufdringliche Wirkung annimmt, sondern immer von einem hohen künstlerischen Empfinden verklärt er scheint und darum in feiner Eigenart einen so un beschreiblichen Zauber au»Sbt. Lnaot
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