Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 02.02.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-02-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110202011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911020201
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911020201
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-02
- Tag 1911-02-02
-
Monat
1911-02
-
Jahr
1911
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
BezuflS-PrriS Stebaktto» »ab Aeschifttktever I«haan>»gas>« v. S«nchM»ch«» t4ÜV!^ 14«^ I4«4. v»rch dt, D,Ur t»«rh«ld Le»>!ch)and« und d« »«M-« Kolonien »ierirliLhri. it.td ««all. IL* audlchl. PostdesieUgtld. i^rner in vel-ien, Dänemark, den Donaaliaate«, Italien, Uarrmdur», Stiederlaad«, »tor- «eae» Oqierrmch-Ungar», dtadlnad, tzchioede». Schwei, ». Svaniä». I» «L« übrigen Staaten onr dirrtt durch die «tieichälttlieU» de» Blatt« erhälllich. Da« Leipziger Dagedlan erichenu «»ul täglich. Sann»». Aettriag« «a ««gen». Ldonnement-iännahm« > L»g»lt»«vlatz 8, det nntere» Drägern, Filialen, Spediteur« mrd Lnnahmeiltllen, iowt« jjolräouero «d Bneiträger». Morgen-Ausgabe. Np ügcrTagtblalt Handelszeitung. Amlsvlatt ies Rates und des Vokizeiamtes der Lta-t Leipzig. Anzeige« Preis M girieren «u» rewiig unr umgedung di» Sgeivniien, bl) a>a> »rein Lenk,eil» >b ch. dt» 74 au» »reite itteklam«etl« I NO, ««wart« D) «teaame» l.!ä) J»terakr »»» Bebdrden -» «milichen Den »t« ?« lNto »rett» Benrretl» äD Getchäit«an,eigen <n« S agoorichrtiie» and m der Ldenbau«gal>» >in Lreii» -rtzätzt. litadari nach tarck iveilagegedudr L aä o. Damen» exkl. Lostgedudr. ffetlerteilk« ilnikrag« können nicht ,uräck» oerogen werden. Zür da« trnbelneo an deilimmtrn lagen unt Llägen wir» kein« Garantie übernommen. Anzeigen, «nnadmei Auguit»«platz 8, da lämklichen Filialen u. allen Lnnonee» Sgpedittonen oe« gn» u»d Luilanoe«. H»»pt.HtIt»l, Berit», Carl Dnnite» prreogt Bade HosbUi^ ^ndlung LuyowstiaN« 10. Olel-vdon Vt. <ir «Olli. Haupt ätltalr Lre«brar keeltr «ge «, l tlelepdon 4621). Nr. 33. vonnerslng, üen 2. /edrusr iSll. los. Ishrgsng. Dss Wichtigste. « Der Reichstag nahm am Mittwoch im drit ter Lesung das Wertzuwachssteuergesetz mit 199 gegen 93 Stimmen bei 20 Stimmenthaltun gen an. In der weiteren Debatte beschäftigte man sich mit der Impffrage (S. Reichstagsber.) * In der württembergischen Zweiten Kammer gab der Kultusminister eine Er klärung über die Stellung der Regierung zum M o - der nisteneid ab. (S. d. bes. Art.) * In Stuttgart fand gestern die Bestattung des Geh. Kommerzienrates v. Kröner statt. sS. Letzte Dep.) » In London wurde Eduard Mylius, der den König von England der Bigamie be schuldigt hatte, zu 12 Monaten Gefängnis verurteilt. (E. d. bes. Art.) * Der französische Kriegsminister, General Brun, erklärte die Allianz mit Rußland militärisch für wertlos, seitdem dessen Grenze gegen Deutsch land von Truppen entblößt sei. (S. Letzte Dep.) * Der Lloydexpreß Hamburg — Genua konnte nur durch die Geistesgegenwart des Lokomotiv führers Conzen vor einem folgenschweren Zusammenstoß bewahrt werden. sS. Tageschr.) * Die Pest greift in Ostasien trotz aller Gegen maßregeln rasend um sich. Kiautschau ist bisher noch f r e i v o n d e r S e u ch e. (S. Tageschr.) Der Slempnermeitter. Kaisers Geburtstag ist am Hofe ganz in den herkömmlichen Formen verlaufen. Ein reicher Regen von Orden und Ehrenzeichen ist nieder gegangen. Zahlreiche Preußen dürfen sich seit dem 27. Januar mit einem höheren Titel schmücken als bisher, und einige Herren sind auf Grund besonderen Allerhöchsten Vertrauens zu Mitgliedern des Herren Hause sauf Lebens zeit berufen worden. Bei dieser Klasse von Ehrungen stößt man auf einen Namen, eine Standesbezeichnung, bei der man stutzt. Man traut erst seinen Äugen nicht, aber es stimmt: der Klempnermeister Harry Plate aus Hannover ist aus besonderem Vertrauen auf Lebenszeit ins preußische Herrenhaus berufen worden. Der Klempnermeister ins Herrenhaus. Das war doch früher nicht? Solche Be rufungen trafen bisher regelmäßig die Ange hörigen anderer Stände. Die fünf anderen Männer, die diesmal berufen wurden, ent sprechen dem alten Brauch: ein Eeneralfeld- marschall, ein Generaloberst, ein Generalleut nant, ein Konteradmiral und Rittergutsbesitzer und, in dem Mediziner Professor Waldeyer- Berlin, ein Gelehrter. Auf die Angehörigen dieser Stände war das Allerhöchste Ver trauen bisher fast ausschließlich be schränkt: Hohe Beamte und Militärs, reiche Gutsbesitzer, ein paar Gelehrte, und, allerdings, der eine oder andere Industrielle. Daß ein Mann, der nicht „zur Gesellschaft" gehört, sich den erlauchten, edlen und sehr geehrten Herren sder alte Kaiser pflegte an Stelle dieses letzten, steifen Papierwortes landesväterlich von „lieben" Herren zu sprechen) von der Ersten Kammer des Landtages gesellen dürfte, ist bis her noch nicht vorgekommen. Soll das jetzt anders werden? Man lächelt, denn wenn die Absicht besteht, das jetzt anders werden zu lasten, so wirkt dre Art, mit der diese Absicht verwirklicht wird, etwas sehr zaghaft. In seiner „Zukunft" hat Maximilian Harden auch ein „Rezept" zur Umgestaltung des preußischen Herrenhauses gegeben. Der Rat bestand darin, vierzig Preußen zu berufen, von denen dreißig Industrie, Gewerbe und Handel angehörten, die übrigen zehn Tech niker, Handwerker und auf höhere Betriebs posten gelangte Lohnarbeiter wären. Gleich zeitig müsse eine Novelle zur Verfassung dem Landtage vorgelegt werden, die den Körper schaften der Industrie und des Handels das Recht der Präsentation einräumte. Wir führen diesen Vorschlag an, nicht, weil wir meinten, er sei bis in alle Einzelheiten hinein vollkommen; vielmehr, um zu zeigen, welche ver gleichsweise radikalen Neuerungen ein durch aus nicht immer radikaler Politiker wie Harden hier für notwendig hält. Und in der Tat, wenn man von dem selbstverständlichen Satze ausgeht, daß die Struktur des preußischen Herrenhauses der Struktur des preußischen Staates entsprechen müsse, dann ist der richtige Zustand nicht mit ein paar Berufungen zur lebenslänglichen Mitgliedschaft, geschweige denn mit einer einzigen herzustellen. Die Zusammensetzung der Ersten Kammer des preußischen Landtages wirkte schon, als die regelnde. Königliche Verordnung vom 12. Oktober 1854 erging, richtig mittel alterlich. Seitdem sind fast zwei Mensches alter ins Land gegangen. Nie ist die Verordnung auch nur im unbedeutendsten Detail abgeändert worden. Und so soll heute noch dem Lande Preußen ein Ealarock passen, der vor einem halben Jahrhundert der tiefst- greifenden wirtschaftlichen, sozialen und poli tischen Veränderungen bereits herzhaft nach der agrarisch-feudalen Seite hin verschnitten war. Eine kurze Betrachtung ist lehrreich. Dem Herrenhause gehören an: Die großjährigen preußischen Prinzen, die Chefs des Fürsten hauses Hohenzollern - Sigmaringen und der insgesamt 22 früher reichsständischen Familien, die in Preußen ansässig sind; die schlesischen Fürsten und Standesherrcn sowie alle im Jahre des Heils 1847 mit Virilstimmen begabten oder an Kollektivstimmen beteiligten Fürsten, Grafen und Herren der acht Provinziallandtage; endlich 114 adlige Familien, denen dieses Recht beson ders verliehen wurde. Bis hierher haben wir cs also mit rein feudaler Gruppierung zu tun. Das Bild wird nicht geändert dadurch, daß die Inhaber der vier großen Landesämter auf Lebenszeit berufen sind; auch nicht durch die weit überwiegende Mehrzahl der mit dem Präsen tationsrecht zum Herrenhause begabten Ver bände: drei Domstifte, acht Verbände ritter- gutssässiger Grafen, sechzehn Verbände durch großen Familienbesitz ausgezeichneter adliger Geschlechter, sechsundfünfzig Verbände des alten und befestigten Großgrundbesitzes mit neunzig zu Präsentierenden; das ergibt abermals 121 Berechtigte (auf Lebenszeit), deren Berechtigung auf feudalen oder agrarischen Gründen beruht. Das Bürgertum dagegen zählt volle 59 Be rechtigte: die Vertreter der 10 Landesuniver sitäten und die von 49 Städten (ein charak teristisches Detail: Groß-Berlin, das drei millionenschwere, hat ganze zwei Vertreter: den Oberbürgermeister von Berlin und den von Charlottenburg; das rheinisch-westfälische Jn- dustrierevier dagegen doch acht). Immerhin haben auch die staatsmännisch nicht gar sehr erleuchteten Köpfe, die 1854 Friedrich Wilhelm IV. berieten, gefühlt, daß diese Ordnung der zum Herrenhause Berechtigten gar zu starr sei. Man hat deshalb einen be weglichen Faktor offen gelassen, der schon für die Möglichkeit eines notwendigen Pairs- schubs unentbehrlich war: der König kann aus besonderem Vertrauen einzelne Personen auf Lebenszeit berufen. Hierin lag die Handhabe, mit der eine nach großen Gesichtspunkten arbeitende Staatskunst das Herrenhaus jeweils der Struktur Preußens hätte anpassen und an gepaßt erhalten können. Eeschah's? Ein Blick in die Matrikelliste des Herrenhauses zeigt, daß die (1911: 62) Mitglieder aus Allerhöchstem Vertrauen so ausgewählt wurden, daß der feudal-agrarische Charakter des Herrenhauses nicht gemildert, sondern verstärkt wurde, und daß das Herrenhaus insbesondere noch regierungsfrommer wurde, als es seiner Struktur nach ohnehin schon ist. Was wollen die paar Industriellen und Gelehrten besagen gegenüber all den alten Militärs und Beamten? Jetzt scheint das Herrenhaus mit einem Tropfen modernen Oels gesalbt werden zu sollen. Ein Handwerksmeister ist für würdig befunden worden, dem Herrenhaus auf Lebens zeit anzugehören. Man darf diese an sich recht erfreuliche Berufung als willkommenes Zeichen dafür hinnehmen, daß Vie den König von Preußen beratenden Staatsmänner der fort geschrittenen Zeit Zugeständnisse zu machen sich verpflichtet fühlen. Freilich ist mit der Be rufung des hannoverschen Klempnermeisters erst ein ganz schüchterner Anfang in dieser Richtung gemacht worden. Bleibt Herr Harry Plate allein, dann wird er bald die engen Grenzen seiner Wirkungsmöglichkeiten spüren. Deshalb kann man nur wünschen, daß der preußische Ministerpräsident noch ein paar tüchtige Schritte weiter vorwärts geht. Das wird dem preußischen Staate nur förderlich sein. LernlprechnedensnMülle imü Sie Sebührenrekarm. Die in der Budgettommission verschwundene Fernsprechgebührenordnuna wird auf Wunsch der Regierung noch in dieser Woche einer erneuten Beratung unterzogen werden. Da Konservative und Zentrum nicht abgeneigt sind, den Entwurf, an dem nichts davon zu merken ist. was Handel, Industrie und Landwirtschaft, was Presse. Anwalt, Arzt, Hand werk und Kleinhandel und auch der private Groß stadtverkehr von dem unentbehrlichen modernen Ver kehrsmittel beanspruchen müssen, in seiner verkehrs feindlichen Fassung in zweiter Lesung zu verab schieden, möchten wir in letzter Stunde noch ein Wort für die Inhaber von Nebenanschlüssen einlegen. Möglicherweise will ihnen die „Reform" gänzlich den Garaus machen. Nach den vorliegenden Bestimmungen können Teilnehmer, die die Pauschgebühr Zahlen, in dem auf dem Grundstück ihres Hauptanschlußes befind lichen Wohn- und Geschäftsräumen anderer Per sonen oder in Wohn- und Geschäftsräumen auf anderen Grundstücken für sich und auch für andere Personen bis zu fünf Nebenstellen errichten und mit ihrem Hauptanschluß verbinden' lasten. Die In haber der Nebenstellen sind zum Sprechverkehr mit dem gesamten Orts- und Fernnetz befugt. Von dieser Einrichtung machen kleinere Geschäftsinhaber oder Private und solche Personen Gebrauch, die wenig telephonischen Verkehr haben, einen Fernsprecher aber nicht entbehren können. Da für ihren Geschäfts betrieb oder ihre sonstigen Verhältnisse ein eigener Anschluß meist zu teuer ist, helfen sie sich damit, daß mehrere von ihnen einen Hauptanschluß und Neben stellen zusammen nehmen und dadurch die wesentlich billigeren Kosten gemeinschaftlich tragen. Der Hauptanschluß muß bej jedem Anruf der Zweigstellen nach dem Amte umschalten und erhält von den Nebenstelleninhabern gewöhnlich eine mäßige Vergütung für seine Mühewaltung, wodurch wieder sein Telephon bedeutend billiger wird. Weder der Telearaphenverwaltung noch den Teilnehmern er wachsen aus der jetzigen Berechnung Schwierigkeiten, da gesetzmäßig der Inhaber des Haupttelephons für alle aus der Benutzung der Leitung ent stehenden Gebühren haftbar bleibt. Nach einem neuen Tarif in der vorgelegten Fassung wird sich dies aber für die vielen Inhaber von Nebenstellen jmLeipziger Fernsprechnetz gänzlich än dern, ja man muß sogar befürchten, daß ihre Existenz als Telephoninhaber, die sie auch im Teilnehmerbuch führen, endgültig aufhören wird. Da nach dem neuen Tarif der Hauptstelleninhaber entweder jedes Gespräch einzeln mit 4 Pfennig bezahlen oder die Gesprächs-Pauichgebühr entrichten soll, würde er zur Wiedererlangung seiner Auslagen gezwungen «ein, für jeden feiner Nebenanschlüsse ein Konto über die verlangten Verbindungen zu führen, um am Quartalsende die Rechnung über die Gespräche dem Nebenstellenbesitzer vorlegen zu können. Er würde weiterhin genötigt sein, täglich zu beobachten, ob das Amt auf seinen Anruf eintritt, ob die Neben stelle nur ein oder mehrere Gespräche anmeldet, ob die gewünschte Verbindung auch ausgesührt oder wieder getrennt wird usw., damit er später weder zuviel, noch zuwenig berechnet. Abgesehen davon, daß solche Berechnung äußerst zeitraubend, umständ lich und meistens ungenau ist, wird es danach an Meinungsverschiedenheiten über nicht zur Ausführung gekommene, falsche, zu früh getrennte und dergl. Verbindungen nicht fehlen. Noch schwieriger wird die Berechnung sich gestalten, wenn der Hauptstelleninhaber die neue Gesprächs - Pauschgebühr bezahlt und nach Empfang der Rechnung für das abgelausene Quartal den Nebenstellen eine gleich mäßige oder beliebige Gebühr für ihre Gespräche anrechnen wollte, über die er Notizen usw. über haupt nicht geführt hat. Man möchte nicht an nehmen, daß der neue Tarif eine gänzliche Be seitigung der Nebenanschlüsse für andere Per sonen von vornherein beabsichtigt hat, den noch würde er in der Praxis ganz darauf hinausgehen. Denn einmal würde die jetzige Jahres gebühr von 30 Mark für amtlich hergestellte Neben stellen dadurch um das Doppelte und Dreifache er höht, daß nach dem vorliegenden Tarif außerdem noch eine Gesprächsgebühr von 4 Ps. lür jede Ver bindung zu entrichten ist, und andererseits wird der Hauptstelleninhaber durch die notwendig werdende Geiprächskontrolle und Notierung io belastet, daß sich Personen zur Uebernahme von Anschlüssen mit Nebenstellen überhaupt nicht bereitfinden lassen werden. Viele halten sicherlich auch die zu erwar tenden Differenzen bei der Gejprächsberechnung ad, Nebenstellen für andere einzurichten und zu bedienen. Auch hier zeigt sich der vorgeschlagene Tarif in so ungünstigem Lichte, daß man über sein Verschwinden in der Kommiision leine Träne vergossen haben würde. Gerade die im Resormoorschlag geforderte Berechnung jedes einzelnen Ortsgesprächs bedeutet eine Rückständigkeit und Verkehrserichwerung, die auch der Reichsoost noch manche Sorge machen wird. Es sollten deshalb die Parteien mit allen Mitteln dahin streben, daß eine gestasfelte Pauschgebühr, wie sie jetzt besteht und sich bewährt hat. außer der Grund- und Gesprächsgebühr unbedingt bei behalten bleibt. Für die Taufende von Nebenstellen inhabern handelt es sich geradezu um Sern oder Nichtsein — als Teilnehmer am telephonischen Ver- kehr und im Fernsprechnetz. Der verstimmte Wühler. Die „Sächs. Natl. Korr." schreibt: Die sozialdemokratische Presse feiert im voraus das große Fest der „Abrechnung." Täglich verab reicht sie den Lesern den vollen Kelch, in dem das bewährte Gemisch von Haß und Begeisterung brodelt. Sie weiß aber, daß es durchaus nicht genügt, die eigenen Anhänger mit Siegeszuversicht zu ersüllen. Sie rechnet auf die Masten der Versttmmten im Lände. Sie fordert auf, diesen Leuten klar zu machen, daß es gar kein besseres Mittel zur Ent ladung ihres Grolles gibt, als — den sonaldemo- kratischen Stimmzettel. Diese Spekulation ist nichts Neues, doch diesmal sind die Vorbedingungen für ihr Gelingen — wer könnte das leugnen? — beionders günstig. Sollen wir von neuem die Schuldfrage aufwerfen, von neuem untersuchen wer die größten Fehler machte, die Regie rung, der Reichstag, die Parteien? Wir müßten sattsam Bekanntes wiederholen. Politiiche Ver stimmung wird am besten überwunden durch politische Arbeit. Bassermann hatte wohl recht, als er jüngst in einer Rede von einer guten Wirkung der letzten großen Auseinandersetzungen sprach. Es sind viele Tausende von Staats bürgern, die einen politischen Dämmerzustand ihrer Nerven oder ihres Magens wegen bevorzugen, aus ihrer Bequemlichkeit ausgerüttelt worden. Mancher hat eingesehen, daß das politische Leben denn doch etwas Wichtigeres ist als eine mehr oder weniger unterhaltsame Veranstaltung, die dem Ehrgeiz der Parteien dient. Der Parteisinn, das Bedürfnis nach dem Zusammenschluß Gleichgesinnter, die politische Tatkraft sind gestärkt worden. Darin liegt eine gewisse Gesundung, so übel sich auch das augen blickliche Gesamtbild ausnehmen mag. Diese Be lebung des politischen Nervs würde auch das beste Mittel sein, um die große Zahl der Verstimmten zu mindern, aber es handelt sich ja leider nicht bloß um eine volitische Verärgerung. Die Maste der Verstimmten, von der hier geredet wird, hat an den großen politischen Streitigteilen der letzten Zeit kaum besonders Anteil genommen. Es handelt sich um Tausende von Wählern, die sich von Berufs und Standes wegen benach teiligt und verletzt fühlen, die auf die Verbesserung ihres Einkommens hofften und enttäuscht wurden. Schlimm genug, wenn ihre Klagen berechtigt sind. Wer kann es ihnen verübeln, wenn sie sich zummmen- tun, über ihre Lage beratschlagen und ihre For derungen stellen? Aber nur zu oft sieht man, daß dabei ein gänzlich falscher Weg eingejchlagen wird. Statt den Blick zu schärfen für die großen Zusammenhänge, schließt man sich förmlich ab, tagt im engsten Berufskreise und bewegt sich mit seinen Gedanken immerfort um einen Sckmerzenspuntt. Man schilt auf die Regierung, den Reichstag und die Parteien, und stellt schließlich mit einer gewissen Schadenfreude fest, daß man — mit Recht tief ver stimmt ist. Besonders schlecht geht es dabei den Parteien. Sie werden nicht bewertet nach dem, was sie im ganzen geleistet haben, nicht nach ihren allgemeinen Absichten und Zielen; sie werden ab geurteilt nach irgendeinem, oft ganz untergeordneten Punkte des Standesinteresses. Man verbeißt und verbittert sich und droht schließlich mit direkter oder indirekter Unterstützung der Sozialdemokratie. Als wenn damit irgend etwas geholfen oder ge bessert wäre. So kommt es, daß man von sonst ehrenwerten, gutgesinnten Männern die Meinung hört, es könne nichts schaden, wenn einmal der „rote Schrecken" im Reichstage greifbare Gestalt bekäme. Nichts törichter! Nur die politische Unreife kann so sprechen. Die Verstimmten, die so sprechen, vergeßen ganz, daß sie, um berlinerisch zu reden, „mittenmang" sind und an den politischen und wirtschaftlichen Folgen einer Störung des Staatslebens mitzutragen hätten. Oder glauben sie, daß mit dem Einzug von rund 100 Sozialdemokraten sofort die Erfüllung ihrer eigenen Sonderwünsche nahegerückt wäre, oder gar schon die allgemeine Glückseligkeit ge währleistet sei? Nichts wird eintreffen als Das leipziger Tageblatt erscheint täglich zweimal kostet frei Haus durch Träger 90 Pfennige, durch die Post bezogen (44 Pfennige monatlich. Täglich steigende Auflage. vorzügliches Insertionsorgan.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite