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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 31.01.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-01-31
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110131021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911013102
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911013102
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-01
- Tag 1911-01-31
-
Monat
1911-01
-
Jahr
1911
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Bezugü-Pret» O, »«ch «H«, träger ,»i bv«dtl»«rk S««l ttZltch t»« Hau« -evrachi: W i»»«tl.. L.7V^U «rrteULHrl Sei uuiern Filialen ». «n» »ah»est«0en ad,«dal» 7» «aaatl., R.R2 oierrrsiLbrl. Varch dt, V»N: laaerhald Lauliwiand« und der draschen Kolonie, oienelitdrt. US» ^ss, ««»all. 1LH au«tchl. P,ftd«sl«0grld. .ferner « Belgien, Ttnemark. den Donaullaalea, Italien. Lurrwdnrg, Niederlande, Nor» »earn, Leslerreich Ungarn, Nutzland, Schwede», «chwe», i». Spanien. In allen übrigen «lasten nur direkt durch dl« Bel<dätt»tt«ll« d«. Blakte« erd«.Uich. Da« Leipziger tagedlan erl-deuu '«»al ltglich, Sonn, n Aeleriaa« nur m^tgen«. Lvoane ^enl-Ännadm«! Auguüa«platz 8^ der unleren Trägern. AUialen. Spediteur«» und Lnaahnletzellen. ton»»e Po Sä »ter» and Briefträger». Eta,»lv«rta»I«pre>« »er viorgen- «uägad« 1V der »tdendiudgad« NedakNvn and Geschiktäkekl« Iodanniegasft s. Ser,»«!»«, lET k4«ä. Abend-Ausgabe. KiMger T ggrbl alt Handelszeitnng. Amlskkatt des Aales und des Nolizeiamtcs der Lladt Leipzig. Sszetgeu-Pret- l«r Interar, «ne reivv, und Umgedung dt, ögeipalken, dl) allo breit, IZetikzeO !L ch, dl» 7« oaw breit, N»N»m»»«l» I von »uewärr» «teklame» t-Tl- ^ss: Inlerat« »»» Beddrve» -» «milia>en Teil du 7« mi» brrit» Bekir»«!, <o «tz. glelcha rssnieigen <nn B adoorichriike» an» l» »er Sbendauegad« >u> preii« «rdogt. btadali nach Tarn. BeUagegedüdr ä o. Dauiend «xtl. Boltgedudr. ,>«tterletlk» Nuiträge kännen nicht ,urüL- gezogca werden. ?iür da» cricheinen an beMmmten Lagen und Plätzen wir» l«n« alaranN« übernommen klnzeigen-itnnadme: Auguttutzplatz kT bei iämtlichen .Zilialen u. alle» Äi>i>»nce»> Expeditionen de» Ja» und üullaade«. Haapt-Milial» Berlt»! Tart Du«äe« o«»/»ugt Baor tzotduch- dandlun, Luyowll,an, lüi Klei vdo» Vl. «r «ltB-. Haupl.^tltal« Lrridea: Leeur tzc < t tTeleptzon UiTL). Nr. 3l. Vienswg, üen 31. Isnilsr lSll. l05. Jahrgang. Rückkehr ües Srvnprlnzen. In den heutigen Vormittagsstunden konnten wir durch Aushang folgende Nachricht verbreiten: Berlin, 31. Januar. (Telegr.) Mit Rücksicht auf die in Ostafien einge tretenen gesundheitlichen Verhältnisse hat der Reichskanzler sich veranlaßt gesehen, bei dem Kaiser zu beantragen, daß die Reise des Kronprinzen in diesem Jahre in Kalkutta ihren Abschluß finde. Der Kronprinz wird demgemäß von Kalkutta die Heimreise antreten. Den Höfen in Bangkok, Peking und Tokio, die alle herzliche Einladungen gesandt hatten, ist das B e - dauern über diese durch unvorhergesehene Er eignisse herbeigeführte Aenderung der Reisedispo sitionen ausgesprochen worden, ebenso den Nieder landen und den Vereinigten Staaten von Amerika, die ebenfalls auf dem Reise plan standen. Wir haben eine derartige Meldung schon länger erwartet, da die Nachricht über die unheimlich rasche Ausbreitung der Pest auch in den Gebieten, die für den Vesuchsaufenthalt des Kronprinzen mit vorgesehen waren, immer bedrohlicher lauten. Aus verschiedenen Gründen ist es sehr zu bedauern, daß der Neiseplan des Kronprinzen nicht vollständig zur Ausführung gelangen kann, denn es erscheint uns fraglich, ob in einem der nächsten Jahre das noch nachgeholt werden kann, was jetzt im Hinblick auf die gesundheitlichen Verhältnisse in Ostasien aufgegeben werden muß. Die Reickstagsüelmtte über die Rejchslsnüe unü üie frsnziMlche prelle. (Von unserem Pariser Mitarbeiter.) I,. Paris, 29. Januar. Die Reichstagsdebatte über die elsaß-lothringische Verfassung wird in der französischen Presse sehr ausführlich kommentiert. Die systematische Hetze, die in letzter Zeit von den meisten Pariser Blättern betrieben wurde und die nicht ohne Schuld an den bedauerlichen Vorgängen in Metz war, wurde mit einem Schlage eingestellt; die Straßburger Spe zialkorrespondenten des „Matin" usw. scheinen Wei sung erhalten zu haben, während einiger Zeit weniger „Zwischenfälle" zu drahten: so sehen die Besprechun gen der Reichstagsreden Delbrücks, Bethmann Holl wegs, des Abbes WctterlS usw. „objektiver" aus. Wie „objektiv" sie im Grunde sind, wird man aus den untenstehenden Zitaten feststs'llen können; alle wur den auf dieselbe Note abgestimmt, die Berliner Dis kussion habe ergeben, daß Elsaß-Lothringen sich nie mals dem Deutschen Reiche einoerleiben lassen werde. Die „Lanterne" sagt: „Nichts Dauerndes kann auf der Gewalt aufgebaut werden; das bemerken die Deutschen heute. Das Experiment, das sie mit einem neuen Regime versuchen wollen, beweist, daß ihr Werk gescheitert ist. Würden die annektierten Lande nach vierzig Jahren erobert sein, weil die Bewohner selbst ihre Zustimmung gegeben hätten, dann gäbe ihnen Deutschland heute die Freiheit. Sie wird ihnen verweigert: das ist der Beweis, daß noch nichts erreicht ist. Das neue Regime wird nicht mehr Erfolg wie das alte haben, und dies deshalb, weil in unterer Epoche mit einem Volk nicht mehr wie mit einer Viehherde verfahren werden kann. Das Ver brechen gegen das Recht wird unauslöschlich bleiben. Es wird erst wieder gutgemacht werden durch die Wiederherstellung des Rechts." Die ebenfalls radikal-sozialistische „Aurore" meint: „Der Kanzler läßt bei seiner Erwähnung der jüngsten Zwischenfälle in Metz und Dörnach und in seiner Antwort auf die Bemerkungen des Abg. Vonderschcer über die Vertretung im Bundesrat durchblicken, daß er keineswegs geneigt ist, das Land auf das Niveau der übrigen Staaten zu erheben. Einen Anschein von Unabhängigkeit und Freiheit, aber in Wahrheit Fortdauer der jetzigen Situation, das ist es. was Herr von Bethmann Hollweg bringt. Elsaß-Lothringen bleibt direkt unter derZuchtrute der kaiser lichen Verwaltung, und man weiß, was das bedeutet." Die reformsozialistische „Petite - Republique" schreibt: „Welchen Vorteil kann das Deutsche Reich wohl von einem regionalen Patriotismus haben, der nicht bestimmt ist, in dem großen kaiserlichen Patrio tismus aufzugehen? Welchen Erfordernissen ent spricht vom deutschen Standpunkt dieser Begriff eines kleinen Vaterlandes, das nicht bestimmt ist, eines der Stücke des großen zu werden, und dem man eine Autonomie gibt, die es in Gegensatz zum Reich bringt und es ihm unterwirft, statt daraus ein Organ wie die andern zu machen? Läßt das nicht vermuten, daß die elsaß-lothringische Frage schwieriger zu lösen ist, als der deutsche Imperialismus annimmt?" Der „Radikal" sagt: „Das Elsaß will seine Auto nomie, sieht aber die Möglichkeit der Durchführung nur in der Form einer Republik Elsaß- Lothringen. Es will weder ein Regentum, noch einen Hohenzollern, wovon die Alldeutschen träumen. Es will die Anerkennung seiner Autonomie durch Deutschland, sein« Gleichberechtigung in der Bundes ratsvertretung. Ls hat Bedingungen zu stellen, keine von den Deutschen hinzunehmen; es braucht sich nichts verzeihen zu lassen, sie aber müssen sich die Annexion verzeihen lassen. Wenn das El saß ins Reich eintritt, will es dies mit den frei gewählten Institutionen tun, als demokratische Re publik, entsprechend den Wünschen und Bestreben seines Volkes und seiner Rasse. Andernfalls wird es auf keines seiner Rechte und auch nicht auf seine Hal tung verzichten. Es ist für Frankreich er ne große Freude, eine seiner Provinzen immer seinem alten Eerechtigkeits- und Freiheitsideal treu bleiben zu sehen." Dav „Journal" behauptet nach einer ausführlichen Besprechung des Verfassunasprozektes: „Die Reichs tagsabgeordneten werden sich vlelleicht damit zu frieden geben, aber gewiß nicht di« Elsaß- Lothringer." Der nationalistische „Eclair" schreibt: „Die Reichstagsdebatte ist um so peinlicher, als sie nur zum Nichts führen kann (?) und nur sinnlose Pläne durcheinander wirst. Ein notwendiger Schluß drängt sich immer nach diesen endlosen Debatten auf, Elsaß-Lothringen bleibt verurteilt, ein Kriegsbollwerk zu sein. Folglich wird es nicht über sein Los verfügen können, solange die Gefahren eines Konfliktes Angelegenheit des Generalstabs bleiben werden. Der Gesichtspunkt der Offiziere, die vom Reich mit seiner rücksichtslosen Verteidigung be auftragt sind, läßt sich nicht mit den moraliHen und materiellen Bestrebungen eines Volkes vereinbaren, das nicht befragt wird, selbst wenn man versichert, daß es besser regiert werden soll." Der Berliner Korrespondent des «Echo de Paris" versichert zum Schluß seines Neichstagsberichts, daß auch nach dem Tod« der Abg. Preiß und Wetter!« die iungen elsässischen Generationen sich erinnern wer den, weil sich nach einem Naturgesetz die inferiore Rasse niemals die überlegene assimilieren könne. (!) politische Nachrichten. Nochmals Pater Loyson an den Prinzen Max. Prinz Max von Sachsen hat auf den offenen Brief, den ihm der ehemalige Pater Hyacinthe Loyson schrieb und den wir in der Morgennummer vom 11. Januar veröffentlichten, ein« Antwort ge geben, auf die Loyson jetzt in der „Revue Moderniste Internationale" erwidert. Was der Prinz ihm ge schrieben hat, ist aus der Erwiderung selbst zu ersehen. Loyson schreibt an den Prinzen: „Ihre Antwort besteht in einem einzigen Punkte: Sie laden mich ein, Ihrem Beispiele zu folgen und mich zu den Füßen desjenigen nieder- zu werfen, den unsere gemeinsamen Freund« in den orientalischen Kirchen „den Patriarchen des alten Rom" nennen und der für Sie der souveräne unfehlbare Oberpriester, der absolute Herr über die Gewissen und, wi« man im Vatikan sagt, „Gott auf Erden" ist. Ich babe niemals zu den Beleidigern des Papstes gehört, ich gehöre aber ebensowenig zu seinen Anbetern. Wenn mir mein Gewissen einige Irrtümer auf diesem Gebiete oorwirft — und ich habe deren manche in verschiedenen Fragen während meines langen Lebens begangen, denn „Irren ist mensch lich , wie Sie selbst richtig sagen —, so werd« ich, wrn» die Jrrtü>i«r schutvhaf» full). de» der Wahrheit und GerechttAkeit dafür um Verzeihung bitten. In den Fällen aber, wo dre Irrtümer unfreiwillig waren, werd« ich mich bemühen, sie vor den Menschen wieder gut zu machen; ich werde öffentlich sagen, daß und in welchen Punkten ich mich geirrt habe, an welchen Zeichen ich meine Irrtümer erkannte und in welcher Weise ich sie zurüchunehmen gedenke. Das hat der heilige Augustin in seinem schönen Buche „Retractio- nes" getan; er tat es aber nicht auf Befehl römischer Kongregationen, die es da mals noch nicht gab, sondern auf Verlangen seiner frei und ehrlich befragten Vernunft und seines Gewissens." Der Brief hat folgende Nachschrift: „Gestatten Sie noch ein Wort in bezug auf einen Text, Len Sie zitieren: „Es ist menschlich, in Irrtum zu verfallen, aber es ist teuflisch, in Irrtum zu verharren." Dieser Satz bezieht sich hauptsächlich auf die päpstlichen Irrtümer, nicht allein in bezug auf die orien talischen Kirchen, sondern noch in vielen andern Dingen, Rom verharrt darin, obschon sielängstals Irrtümer nachgewiesen snd." Hansabund und Reichstagswahlen. Aus einer uns durchaus zuverlässig erscheinenden Quelle hatten wir die Nachricht erhalten, der Gesamt vorstand des Hansabundes habe für alle Reichstags- wayltreise, in denen nur eine liberale Kandi datur bestehe, deren Unterstützung beschlossen, wolle sich aber in allen übrigen Wahlkreisen neucral ver halten. Dazu hat das Berliner Bureau Les Hansa bundes Berliner Zeitungen folgendes geschrieben: „An dieser Behauptung ist kern wahres Wort. Seit Gründung des Hansabundes ist ein solcher Beschluß von irgendeinem Verwaltungs körper des Hansabundes weder gefaßt, noch zum Gegenstand einer Erörterung gemacht worden." Die ^.Deutsche Tageszeitung" bemerkt dazu, daß sie fälschlicherweise als Quelle der berichtigten Notiz angegeben, und daß die Richtigstellung unter der Spitzmarte „Bündlerische Entstellung" an die Berliner Presse gesandt worden sei. Das genannte Blatt weist darauf hin, daß es die betreffende Notiz dem Leipziger Tageblatt unter Quellenangabe ent nommen hat, und kritisiert infolgedessen die Art der Berichtigung des Hansabundes. Auch wir bedauern, daß dieses Quellenzitat dem Berliner Bureau des Hansabundes entgangen ist, weil sich dadurch den Gegnern des Hansabundes eine willkommene Ge legenheit zu neuen Angriffen auf dessen Kampfes- weise geboten hat, die begreiflicherweise auch aus genutzt worden ist. Die Presse und die deutsch-englischen Verhältnisse. London, 31. Januar. (Tel.) Auf dem Festmahl des Internationalen Journalistenoerüan- des hielt gestern der Generalpostmeister Samuel eine Rede, in der er di« Ueberzeugung ausdrückte, daß vermutlich nichts geeigneter sei, mit Leichtigkeit den internationalen Verkehr zu beben, als die Herab setzung der Gebühren für Preßtele gramme. Die Zeiten, wo Kriege zwischen großen Nationen als unvermeidlich angesehen wurden, seien glücklicherweise vorüber. Vor 25 Jahren sei Frankreich von einigen Leuten als Eng lands Erbfeind und Deutschlairü als engster Freund angesehen worden, während jetzt die Verhältnisse bei- nahx umgekehrt erscheinen könnten Aufgabe der Joupira listen sei es, tede Gelegenheit «ahrzu- nehmen, um die Anzeichen gegenseitigen guten Willens, der erfreulicherweise ietzt zwischen England und Deutschland im Wachsen begriffen sei, beson ders wahrzunehmen. Sicherlich gäbe es wenig Fragen, die den Mitgliedern der gegen wärtigen Regierung mehr am Herzen lägen als eine andauernde, ausgesprochene Verbesserung der Beziehungen zwischen England und seinem deutschen Nachbar. Sus Leipzig unü Lmgegenü. Leipzig, 31 Januar. Wetterbericht der Kgl. Sachs. Landeswetterwarle zu Dresden. Voraussage für den 1. Februar. Schwache westliche Winde, heiter, sehr kalt, meist trocken. Pöhlberg: Starke Schneedecke bis Annaberg, M, Sein eigener Sohn. Roman von R. Ottolengui. (Nacvvruck verbaten.) Tupper wollte das Medaillon eben dem Richter übergeben, da erregte etwas, als er es eben zuklappen wollte, seine Aufmerksamkeit. Er betrachtete es ge nauer, ließ es in die Tasche gleiten und fragte: „Ich glaube. Sie sagten, es gehöre Ihnen, Fräu lein Lewis?" „Jawohl, obschon ich es seit einiger Zeit nicht mehr hatte." „So? Wie kommt das?" „Ich glaubte, es verloren zu haben, aber jetzt sehe ich, daß mein Onkel es an sich genommen haben mußte/ „Können Sie bestimmt sagen, daß es Ihnen ge hört? Trägt es Ihren Namen oder irgendein Zeichen, an dem Sie es erkennen würden?" „Nein, es trägt keinen Namen, aber ich weiß, daß es mir gehört; wre Sie sehen, hat es ein ganz charak teristisches Aussehen. Man hat mir gesagt, daß es meine Mutter speziell für mein Miniaturblldnis an fertigen ließ, und es ist, außer in der letzten Zeit, solange ich mich erinnern kann, stets in meinem Be sitze gewesen." Tupper besann sich ein« Weile, sagte aber dann nichts weiter über den Gegenstand. Auch verlor er kein Wort über jenen Zettel, da er auf einem anderen Wege darauf kommen wollte. Daher sagte er: „Nunmehr, Fräulein Lewis, wollen wir zu der Zusammenkunft jenseits des Flusses zurückkebren,' wenn Si« gestatten. Haben Sie Herrn Marvel ge troffen — doch nein, das haben Sie ja schon zu gegeben. Ging er mit Ihnen über den Fluß zurück?" „Nein. Er begab sich nach Epping. Dies kam Barnes verdächtig vor angesichts der Tatsache, daß er Marvel in Portsmouth getroffen hatte; er erinnerte sich jedoch an die Aussage John Harrisons, daß er Marvel am Morgen nach dem Morde in Epping getroffen hatte. Tupper fuhr fort: .^Glauben Sie, daß er sogleich nach der Zusammen kunft mit Ihnen dorthin zurllckgekehrt ist?'^ Virginia war sehr vorsichtig geworden, jetzt wo die Fragen von ihrem Geliebten handelten. Sie er widerte: „Wie kann ich diese Frage mit Sicherheit beant worten?" „Wissen Sie dann", fragte der Anwalt, ohne auf ihre Frage einzugehen, „wissen Sie, ob er über den Fluß ging und das Haus besuchte, nachdem Sie sich von ihm getrennt hatten?" „Ich denke nicht, da ich ja selber in dem Boot zurllasuhr!" „Wollen Sie damit sagen, daß Sie ihn nicht mehr gesehen haben, nachdem Sie ihn am Ahornbaume verließen?" „Jawohl." „Warum sollte er denn über den Fluß zurück gegangen sein?" fuhr Tupper in seinem Verhör fort. „Warum glauben Sie denn, daß er das getan haben soll, Herr Anwalt?" „Ich glaube nicht, ich weiß es!" „Sie können es nicht wissen, es wäre denn, Sie haben ihn gesehen, und das ist nicht möglich!" „Fräulein Lewis, es lag Schnee auf dem Boden und aus seinen Fußspuren im Schnee weiß ich nicht allein, daß er den Fluß überschritten hat, sondern auch. Laß er das Haus durch dieselbe Ture wie Sie betreten hat. Natürlich kann ich nicht wissen, wie weit er im Hause gewesen ist, da hier unglücklicher weise kein Schnee lag." Virginia schwieg, und trotzdem ihre Gesichtszüge sich nicht veränderten, war es klar, daß sie in Ver legenheit kam. „Nunmehr", fuhr der Anwalt fort, „erhebt sich die Frage; warum hat Herr Marvel zu so später Stunde noch Ihr Haus besucht? Sie behaupten, ihn nicht ge- sehen zu haben. Hat er vielleicht Ihren Onkel auf- gestcht, in der Hoffnung, sich wieder mit ihm aus- zusöhnen? Wenn ich recht verstehe, bildete die» das einzige Hindernis für Ihr» Verbindung, nicht wahr?" „Daß Herr Marvel mein«n Onkel um diese Stunde aufgesucht haben soll, ist albern. Sie sagten, er sei ins Haus gekommen. Ich zweifle daran, aber selbst, wenn es wahr sein sollte, ist etz nicht viel näher- litvcnder, daß er mich zu sprechen suchte, und diese Absicht ihn ms Haus führte, auch wenn er mich dann tatsächlich nicht mehr zu so später Stunde zu sehen bekam?" „Wenn dem so ist", bemerkte Tupper, „warum be kam er Sie nicht mehr zu sehen?" Virginia machte eine klein« ungeduldige Be wegung und antwortete: „Ich legte mich nieder, sobald ich nach Hause kam, und hörte niemand mehr nach mir hereinkommen. Darum zweifle ich an Ihrer Theorie, da ich einen sehr leichten Schlaf habe." Nunmehr führte der Anwalt ein gewagtes Ma növer aus. Er nahm das Papier, das Barnes im Empfangszimmer gefunden hatte und faltete es so zusammen, daß nur die Hälfte des Satzes sichtbar war. Hierauf näherte er sich Virginia, hielt es ihr plötzlich vor üie Augen und jagte: „Haben Sie das je gesehen?" Diese Bewegung war so unerwartet, daß Vir ginia alle Vorsicht vergaß. Beim ersten Anblick stieß sie e;nen kleinen Schrei aus unü fuhr instinktiv mit der Rechten nach ihrer Tasche. Sofort aber hatte sie ihre Selbstbeherrschung wiedererlangt und antwortete ganz ruhig: „Nein, niemals!" „Ich glaube es Ihnen, denn wenn Sie es gesehen haben würden, wäre es mir nie in die Hand gefallen. Jetzt bitte, nehmen Sie es und sehen Sie es genau an/ Sie tat dies und sagte sodann: „Es sieht aus, wie meines Onkels Handschrift, und es scheint, daß er uns den Namen des Mörders mitteilen wollte." „Richtig, und noch mehr: er machte einen zweiten Versuch, und der ist gelungen. Fräulein Lewis, das zwe! re Papier ist in Ihrem Besitze!" „Sie irren sich", erwiderte sie kalt. „Nein, ich irre mich nicht. Ich behaupte, daß Sie es nicht allein an sich genommen, sondern auch in Ihrem Besitze haben, in diesem Augenblicke, in Ihrer eigenen Tasche!" Virginia antwortete mit einem verächtlichen Lächeln. „Hören Sie. Fräulein Lewis", bemerkte Tupper, „es Kat keinen Sinn zu leugnen, was ich sage. Ich habe Ihnen eine Falle gestellt, und sie sind trotz all Ihrer Vorsicht hineingegangen. Als ich Ihnen den Zettel zeigte, wußte ich wohl, daß Sie keine Ahnung von seinem doppelten Vorhandensein hatten. Daher war es meine Absicht, zu leyen. wie dieses Manöver auf Sie wirken würde, da ich dachte, daß Sie bei seinem Anblick glauben würden, es sei das andere Papier. Wie ich erwartete, befürchteten Sie sofort, Sie möchten es verloren haben und griffen instinktiv nach Ihrer Tasche!" „So?" war ihre einzige Antwort, wobei sie mit d:n Achseln zuckte. Tupper sah sie einen Augenblick an und sagte sodann, ohne ein Auge von ihr zu wenden, mit er hobener Stimme: „M an rufe Walter Marvel herei n!" Vierzehntes Kapitel. Es gibt Leute, die ihre Nerven so gut in der Gewalt Hoden, daß sie ihnen beinahe jede Anspannung zumutcn können, ohne befürchten zu müssen, sich zu verraten. Virginia Lewis gehörte zu diesem Schlag von Menschen. Aber es gibt höchstwahrscheinlich keine Kraft in der Natur, die nicht auch einmal versagen könnte: und dies war auch bei diesem so außer ordentlich Willensstärken Mädchen der Fall, sie hatte tapfer, ja erfolgreich diese schwere Probe be standen, bis zuletzt das Unerwartete alle ihre Selbst beherrschung mit einem Schlag« vernichten sollte. Nichtsdestoweniger war sie im Gegensatz zu ihrer Freundin Alice Marvel nicht bereit, ohne Schwert streich den Rückzug anzutreten, und wenn sie auch beim Aufrufen ihres Geliebten bis ins Innerste er schrocken war, wie jeder sehen konnte, glich sie doch einem geängstigten Tiere, welches zwar den Todes- streich erwartet, das aber trotzdem bereit ist, sein Leben so teuer wie möglich zu verkaufen. Als sie trotzdem aufrecht den werteren Verlauf der Dinge er wartete, nahm sie die Bewunderung aller Anwesenden in Beschlag, was von keiner geringen Bedeutung war. wenn man sich erinnert, daß zwölf derselben das Ge richt bildeten. Ein peinliches Schweigen herrschte im Saale, als man den nächsten Zeugen erwartete. End lich trat er ein, und als Virginia ihn erblickte und nun sicher wußte, daß dies kein Kniff war, um sie zu erschrecken und dadurch zur Aussage dessen zu zwingen, was sie zu verheimlichen entschlossen war, konnte sie einen Schrei nicht unterdrücken und sank halb ohn- mächtig in den nächsten Sessel. Aber gleich darauf zeigte sie wieder eine entschlossen« Miene, die dem forschenden Blicke Barnes' und der andern Trotz bot. Marvel warf rasch einen Blick auf sie und nahm mit fest zusammengepreßten Lippen vor der Zeugen bank Platz. Nachdem er erzählt, wie er an dem Spätherbst nachmittag sinnlos vor Wut auf Lewis geschossen, fuhr Tupper fort: „Haben Sie nicht Drohungen gegen Herrn Lewl» ausgestoßen, als Sie das Gut verließen?" „Vielleicht!" antwortete Marvel. „Es wäre nur natürlich gewesen!" „Wohin gingen Sie an jenem Abend, als Sie das Gut verliehen?" „Nach Hause natürlich." „Aber wie kam es, daß Ei« nicht dort waren, al» man Sie am Tage darauf dort suchte?" ,Hch war verzweifelt und vom Verlauf der Dinge angeekelt; und in meiner verzweifelten Stimmung stand ich sehr früh auf und ging jagen/ „Kehrten Sie nach Hause zurück?" „Ich war den ganzen Tag auf der Jaad und kehrte dann nach Epping zurück, wo ich ein Haus besitze." Marvel erklärte ferner, daß er am folgenden Tage
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