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Wochenberichte Nr. 14. XXII. Jahrganf. Leipzig, 3. April 1907. Handelsblatt der Leipziger Monatschrift für Textilindustrie Herausgeber und Eigentümer: Theodor Martin in Leipzig Die jeschäjtslage in den fabrikbezirken (Jeder ganze oder auszugsweise Nachdruck der nachfolgenden Originalberichte ist nur mit unserer Genehmigung gestattet.) Organ der Norddeutschen Textil-Berufsgenossenschaft. Organ der Sächsischen Textil-Berufsgenossenschaft. Organ der Vereinigung Sächsischer Spinnerei-Besitzer. 1‘rämiicri auf der Weltausstellung in Chicago 1893 mit der Preismedaille. Prämiiert auf der Landesausstellung in Troppau 1893 nüt der goldenen Medaille- Fernsprech-Anschluss: No. 1058. Telegramm-Adresse: Textilmartin, Leipzig. Redaktion, Expedition, Verlag: LEIPZIG Brommestrasse 9, Ecke Johannis-Allee. Zur Lage im Geraer Industrie-Bezirk. (Von unserem Geraer Korrespondenten.) [Nachdruck verboten.) Gera, 30. März 1907. Mit dem Eintritt des Osterfestes ist das Engros geschäft für Winter 1907 zu einem gewissen Abschluß . gelangt, und es läßt sich jetzt einiger maßen erkennen, nach welcher Seite hin Erfolge erzielt werden konnten. Was wir schon vor 14 Tagen sagten, hat auch weiterhin seine Bestätigung ge funden: Das Geschäft läßt sich ganz zu friedenstellend an. Man darf doch eben nicht vergessen, daß gerade für Gera die Sommersaison seit langer Zeit viel günstiger ist, wie ja schließlich auch das Publikum für Sommersachen größeren Be darf hat als für Winterware. Bei Durchsicht der bis heute vorliegenden Or ders fällt zunächst auf, daß das Ausland noch nicht recht vertreten ist; einige Firmen haben zwar schon namhafte Aufträge, aber im ganzen genommen fehlen wohl noch mehrere Länder gänzlich, während die anderen oft nur Anfangsorders erteilten. Es sind vorläufig erst die Nachbarländer, die Schweiz, Österreich, Russland, sowie Rumänien und England, die Bestellungen abgaben. Amerika, wie überhaupt der Ubersee-Export, steht noch im Hintergründe; wir glauben aber, daß sich nach dem Feste auch von dieser Seite regere Beteiligung zeigen wird. Vorläufig sorgen die aus dem Engrosgeschäft hervorgegangenen Aufträge ausreichend dafür, daß die rege Beschäftigung, die in unseren Betrieben herrscht, auch noch weiterhin andauern wird. Be sonders günstige Ergebnisse konnten die Reisenden aus Süddeutschland und der Rheingegend mitteilen; in Norddeutschland dürfte deshalb auf der Detailtour, die unmittelbar nach dem Feste be ginnen soll, ein größeres Geschäft zu erwarten sein. Fachblatt für die Wollen-, Baumwollen-, Seiden-, Leinen-, Hanf- und Jute-Industrie, für den Garn- und Manufakturwarenhandel, sowie die Tuch- und Konfektionsbranche. nur geringem Begehr. Einfache sowie zwei fache Wefte fanden bei steigenden Preisen noch einigen Absatz. In Creweigarnen lag das Ge schäft ruhig, doch konnten auch deren Preise voll behauptet -werden. 2/32 Mohairgarne begegneten nur geringer Nachfrage; auch bei diesen Gespinsten sind die Preise als fest zu bezeichnen. In Mohairs (starken Nummern für die Krimmerfabrika tion) war das Geschäft bei festen Preisen .ohne Bedeutung. In Streichgarn-Melangen sowie Mungo-Melangen (besonders in den letzteren) erreichten die Umsätze nach dem lebhafteren Ge schäft während der Vorwochen nur eine mäßige Höhe. In Shoddygarnen wurden nur Aufträge kleineren Umfanges bei unverändert festen Preisen erteilt. Wollene Strickgarne waren bei an dauernd festen Preisen vernachlässigt. In Fancy garnen ging nicht viel um. Vigognegarne lagen bei nur kleinen Umsätzen sehr fest in den Preisen. In baumwollenen Garnen, wie Doubles, Waters, Mules etc., hat das Geschäft wieder etwas nachgelassen, aber die Spinner halten bei ihrer enormen Beschäftigung wie schon seit langer Zeit fest auf Preise. so laufen auch der Es sind natürlich ausgeprägte Sommerstoffe, die jetzt begehrt werden, Grenadines, Eoliennes, Ausbrenner, Batiste und leichte Satins. Selbstredend wollen die Auftrag geber die jetzt noch beorderten Sachen sofort haben; in vielen Fällen wird sieh das kaum machen lassen, da so gut wie nichts auf Lager ist. Im übrigen ist die Situation im Sommergeschäft kaum gebessert worden; es ist immer noch viel Ware im Rück stand, und wenn, wie es scheint, der Frühling nun endlich einzieht, da werden wohl manche Annul lierungen, die bis jetzt nur Pressierungsdrohungen waren, zur Wirklichkeit gemacht werden. Es ist recht bedauerlich, daß die Verhältnisse so liegen, daß der Fabrikant bei bestem Willen nicht kann. Wir wollen nur hoffen, daß für nächsten nicht wieder die gleiche Kalamität eintritt. liefern weil er eben erst so spät die Garne bekam. Winter Die Zur Lage des Garnmarktes. (Von unserem Berliner Korrespondenten.) [Nachdruck verboten.] Berlin, 30. März 1907. Die bereits in unserm letzten Bericht gemeldete Ruhe im Garngeschäft des hiesigen Platzes hielt auch während der letztverflossenen Berichts wochen an. Die hiesigen Konsumenten sind für ihren Hauptbedarf auf längere Zeit gedeckt und bei den jetzigen stark erhöhten Preisen sehr zurück haltend. Diejenigen Konsumenten, welche sich nicht reichlich eingedeckt haben, kommen vielfach in Ver legenheit und selbst da, wo man sich rechtzeitig eingedeckt hat, werden Klagen laut, daß die Spin nereien in zahlreichen Fällen mit Lieferungen im Rückstände sind, hauptsächlich unter der Begrün dung, daß sie Schwierigkeiten haben, die nötigen Arbeitskräfte zu erhalten. Von den Wollmärkten lauten die Nachrichten weiterhin sehr fest, und es ist eher noch eine Befestigung der Preise von Merinowollen und Crossbredwollen einge treten, aber die Umsätze haben wieder nachgelassen. Auf den Kammzugmärkten konnten die Preise für nahe Monate noch anziehen. Die Umsätze in effektiver Ware erreichten nur eine mäßige Höhe. Kämmlinge und Wollabfälle lagen auch weiter hin fest in den Preisen, während die Umsätze keinen größeren Umfang annahmen. Auf den Baumwoll märkten konnten die Preise von nordamerika nischer Baumwolle sich nicht behaupten, da bei dem teuren’ Geldstand und den panikartigen Rück gängen auf den Fondsbörsen auch die Baumwoll preise nachgeben mußten; in den letzten Tagen trat jedoch wieder eine Befestigung der Preise ein. — Im eigentlichen Garngeschäft waren die Um sätze ohne Bedeutung. Drei- und vierfache Zephyrgarne liegen bei kaum erwähnenswerten Umsätzen weiterhin fest in den Preisen; bei starker Beschäftigung und der festen Preislage der Roh materialien halten die Spinner sehr fest auf Preise; die in 2/48 weichen Kammgarnen erzielten Um sätze waren ohne Bedeutung, doch sind auch deren Preise als durchaus fest zu bezeichnen. In feineren Kammgarnzwirnen (2/64, 2/80 usw.) haben die Spinner die Preise noch weiter erhöht und fordern für diese Gespinste bei neuen Abschlüssen Liefer zeiten von sechs Monaten und mehr; die Konsu menten dieser Garne sehen vorläufig von weiteren Einkäufen ab. In Trikotkammgarnen (ein fachen Kammgarnen auf Bobinen) sowie in einfachen Kammgarnen im Strang (26/1-fach bis 40/1-fach) lag das Geschäft ruhig, doch haben deren Preise keinesfalls an Festigkeit eingebüßt. Melierte Kammgarne wurden nur in kleineren Quantitäten bei noch anziehenden Preisen gekauft. Rohe Streichgarne lagen sehr ruhig, konnten aber ihren erhöhten Preisstand voll behaupten. In rohen Streichgarnen auf Kops waren sowohl die Preise wie die Umsätze unverändert. In Unter schußgarnen aus Mungo-Material, deren Preise sehr fest liegen, hat das Geschäft wieder nachgelassen, ünterschußgarne aus Shoddy- Material waren bei unverändert festen Preisen in Was nun die Stoffe betrifft, die sich der günstigsten Aufnahme der Kundschaft erfreuten, so steht Satin zweifellos an der Spitze. Sie bewegen sich in der Preislage von 1.80 bis 3.00, in 100 und 110 cm Breite. Bei den besseren Qualitäten wurde auch meistens die größere Breite gekauft. Gerade in Satin ist sehr viel Dispositions ware bestelltworden; wenn davon auch ein namhafter Teil für schwarz bestimmt ist, so kommt doch auch noch viel auf couleurt. Die Bevorzugung der besseren Qualitäten zeigt sich auch in Tuch, und die Preislagen von 2.50 Mk. an bis zu 4.00 Mk. pro Meter sind die gangbarsten. Wenn diese Erscheinung zur ständigen Gewohnheit zu werden verspricht, so ist niemand froher als der Fabrikant, weil er viel mehr Schwierigkeiten hat, bei dem jetzigen Stand der Wollpreise billige Ware zu fabrizieren als teurere, und weil er die Billigkeit nur durch Herabsetzung der Breite und Verwendung geringeren Materials erreichen konnte. Der Fabrikant hat diese Usancen nur ungern angewandt und begrüßt es mit Freuden, wenn er durch die Nach frage in Stand gesetzt wird, die für Gera zur Standard- Markege wordenen, altberühmten reinwollenen Stoffe wieder in gleicher Vollkommenheit, wie früher, her zustellen. Auch in Tuch sind größere Breiten vor gezogen worden, z. B. 110, 115 und 120 cm, und es sind hierin ebenfalls verschiedentlich Orders auf Disposition erteilt worden. Der dritte Artikel, der eine starke Meinung für sich hat, ist Mohair. Hat Mohair schon im Sommergeschäft eine große Rolle gespielt, so glaubt man doch, daß Mohairs für Winter noch größere Bedeutung gewinnen. Die bekannten Bindungen, Mohair-Satin, Mohair- Ripse, Mohair-Cords, Mohair-Crepes und Mohair- Serges, stehen in gleicher Weise in der Gunst der Abnehmer, doch treten die Streifendessins in letzter Zeit hervor und erzielen sehr guten Absatz. Was die Preislagen anbetrifft, so hat man sich auch hier bestimmt für die besseren Qualitäten aus gesprochen; der Preis von 3—4 Mk. ist der am stärksten verlangte, 100—HO cm ist die gefragteste Breite. Die meiste Beachtung erwarben sich die Mohairs im Berliner Engrosgeschäft. Was die Sommersaison anlangt, i noch täglich kleinere Bestellungen ein, Export hat einige eilige Orders gegeben.