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industrie die schlimmsten Folgen haben. Hoffentlich wird sie, wie sie die verschiedenen Krisen in ihrer Entwicklung überwunden hat, auch die Folgen des alles erschütternden Krieges überwinden. Dazu sind vor allem erforderlich Sparsamkeit mit Material und Kraft, äußerste Ener gie und freudige Schaffenskraft, klarer Blick für das Notwendige von Seiten der Arbeitgeber wie von Seiten der Arbeitnehmer und fester Wille zur Tat. Dr. J. K. Schn. Wie deckt Deutschland seinen Bedarf an Kammgarnspinnerei-Maschinen? „ Eine Anregung für unsere Textilmaschinen-Fabriken. Von Einern erfahrenen Fachmann der Kammgarnspinnerei ging uns die folgende Anregung zu, der wir gern Raum geben, da sie geeignet erscheint, unsere Textilmaschinenfabriken zur Aufnahme eines wichtigen Spezialmaschinenbaues zu veranlassen. Die Schriftltg. Die deutschen Kämmereien und Kammgarnspinnereien, die seit Ende des vorigen Jahrhunderts einen ungeheuren Aufschwung zu verzeichnen haben, danken dies neben ihrem Unternehmungsgeister und der Tüchtigkeit ihres Personals nicht zum Wenigsten dem vorzüglichen Maschinen materiale, das aus dem Elsaß stammt. Als Lieferanten’ sind zu nennen die Maschinenfabrik vorm. F. J. Grün in Gebweiler, die Elsässische Maschinenbau-Gesellschaft in Mülhausen i. Els. Jund Schlum berger & Co. in Gebweiler. In Deutschland selbst gibt es mehrere Maschinenfabriken, die Maschinen für Streichgarnfabrikation herstellen; auch solche, die Krempel-, Wasch- und Zwirnmaschinen, Weifen usw. für Kammgarnspinnereien bauen. Für die wichtigsten Maschinen, vor allem für die Vorbereitungs-Maschinen besitzen die genannten Firmen im Elsaß gewissermaßen ein Monopol, welches ihnen keine deutsche Maschinenfabrik bis jetzt streitig zu machen versucht hat. Nach Lage der Sache sind wir jetzt auch in dieser Hinsicht auf die Gnade Frankreichs angewiesen und müssen heute froh sein, überhaupt Ma schinen und Ersatzteile für die genannten Maschinen aus dem Elsaß zu er halten. Die Fabriken sind durch den Wiederaufbau Belgiens und Nord frankreichs stark in Anspruch genommen, sodaß ihnen vorläufig auf Jahre für deutsche Bestellungen nur wenig Zeit übrig bleiben wird. Infolge der hohen Einfuhrzölle und des niedrigen Standes unserer Valuta ist es ja auch fast unmöglich, von dort Maschinen und Ersatzteile zu beziehen. Man wird jedoch noch immer gezwungen sein, von dort zu kaufen, trotz der lang fristigen Lieferzeiten, weil man gewisse Gegenstände anderwärts noch nicht haben kann. Um nun diesen Kalamitäten aus dem Wege zu gehen, gibt es’zwei Möglichkeiten. Die eine Lösung wäre, die Elsässischen Maschinenfabriken errichten in Deutschland Filialen, wie sie solche früher schon in Frankreich hatten für den Bedarf der französischen Fabriken. Die zweite und für uns wertvollere Möglichkeit wäre, die deutschen Maschinenfabriken be nützten die günstige Gelegenheit und ließen sich den Bau von Vorbe reitungsmaschinen für die Kammgarnspinnerei angelegen sein. Ein Konsortium deutscher Spinner könnte die Sache mit finanzieren helfen, da sie ja als Verbraucher die größten Vorteile davon hätten. Sollte sich dies nicht ermöglichen lassen, so müßten von staatswegen Mittel bereit gestellt werden, da am Anfang zum Experimentieren viel Zeit und Geld er forderlich ist. Es wäre wünschenswert, daß sich die interessierten Kreise mit diesem Probleme eingehend beschäftigen, damit dieser Industriezweig endlich auch im neuen Deutschland Boden fassen könnte. Die elsässischen Fa briken die auch Russland, Amerika usw. mit ihren Maschinen beliefern, bekämen dann recht bald eine scharfe Konkurrenz zu spüren, und es könnten auch diese Länder für den deutschen Markt erobert werden. Hoffen wir, daß diese Anregung vom Staate gefördert wird und ein gehende Unterstützung findet, damit auch auf diesem Gebiete am Wieder aufbau unseres Vaterlandes tatkräftig gearbeitet wird. Josef Schildknecht, Gera-Zwötzen. Die Lage der schweizerischen Seidenindustrie. Die schweizerische Seidenindustrie hat sich, einem Bericht der „Schweiz. Bl. f. Hand u. Ind.“ zufolge, in ihren verschiedenen Zweigen von den Er schütterungen, die auf den Waffenstillstand folgten, und den Schwierigkeiten der ersten Übergangszeit verhältnismäßig rasch erholt. Es kam ihr dabei zustatten, daß es sich bei dieser Neuorientierung zum guten Teil darum handelte, die infolge der wirtschaftlichen Sperrmaßnahmen der kriegführenden Länder aufgegebenen alten Beziehungen wieder aufzunehmen. Während der letzten Spanne des Krieges und bis vor einigen Monaten waren der schweizer ischen Seidenweberei insbesondere der englische und französische Markt ganz oder teilweise verschlossen und auch die Ausfuhr nach Kanada und den anderen überseeischen Ländern auf ein Mindestmaß zurückgegangen. Dafür hatte sich ein bedeutendes Geschäft mit der Kundschaft in Deutschland und Osterreich-Ungarn entwickelt, das jedoch infolge der Valuta-Schwierig keiten rasch ein Ende nahm. Als Absatzgebiet von Bedeutung haben sich die vier nordischen Staaten entwickelt, auch die Aufnahmefähigkeit der Schweiz ^o,^LF 8tlegei, 4r *"\ ch . dem Wegfall der englischen und französischen g lerungsA orschnften fanden sich die englischen und französischen Kunden in großer Zahl ein und gaben in der Schweiz gern wieder ihre Be” Stellungen auf. Freilich trat im Geschäft mit Frankreich sehr bald eine Ernüchterung ein, da sich infolge der Kursverhältnisse die Verkäufe nach diesem Lande äußerst schwierig gestalteten. Dagegen kommt die Ausfuhr nach Kanada allmählich wieder in Gang. Auch läßt sich eine bemerkens werte Steigerung der Verkäufe von schweizerischen Seidengeweben nach den Vereinigten Staaten von Nordamerika ftststellen. Die Beziehungen zu der Kundschaft in den drei skandinavischen Staaten und Holland, die während des Krieges einen bedeutenden Aufschwung genommen haben, konnten auch weiterhin in erheblichem Umfange aufrechterhalten werden. Die Verkäufe nach diesen Ländern bieten einen gewissen Ersatz für die fast völlige Ein stellung der Ausfuhr nach Deutschland, den Staaten der ehemaligen öster reich-ungarischen Monarchie und den Ländern des Balkans. — Während zur zeit der Geschäftsgang hinsichtlich der Herstellung befriedigend genannt werden kann, läßt die Lage der Ausfuhr- und Kommissionsfirmen der Seiden branche eher zu wünschen übrig. Diese Häuser, die namentlich in der Stoff industrie als bedeutende Käufer der schweizerischen Erzeugnisse auftreten und vorwiegend das Geschäft mit den ehemaligen Zentralmächten pflegten, sind infolge der Ausfuhrschwierigkeiten in ihren Absatzmöglichkeiten einge engt, ohne ausreichenden Ersatz finden zu können. So günstig sich auch die Lage der schweizerischen Seidenstoff- und Bandindustrie, wie die der Beuteltuchweberei und der Nähseidenzwirnerei zurzeit darstellt, so unsicher erscheint die Zukunft. Die Neuordnung der Handelsbeziehungen zwischen den einzelnen Staaten wird zu einer wesentlichen Erhöhung der Zölle führen, die für das schweizerische Seidengewerbe als ausgesprochene Ausfuhrindustrie nachteilige Folgen haben kann. Während über die künftige internationale wirtschaftliche Lage und insbesondere die Ausfuhrverhältnisse noch keine Klarheit herrscht, zeichnen sich die Produktionsbedingungen im Sinne einer Schlechterstellung der Schweiz gegenüber dem Auslande immer deutlicher ab. Mit Ausnahme der Vereinigten Staaten, deren Seidenindustrie als Kon kurrent auf dem internationalen Weltmarkt kaum in Frage kommt, werden in der Seidenindustrie keines Landes so hohe Löhne gezahlt, wie in der Schweiz. Wenn dieser Umstand gegenüber dem Auslande noch nicht stärker in Erscheinung getreten ist, so ist dies neben der Güte der schweizerischen Waren und der Zuverlässigkeit der Lieferungen nicht zum wenigsten dem Umstande zuzuschreiben, daß infolge Mangels an Rohstoffen, der mißlichen Transportverhältnisse und der zum Teil noch herrschenden Desorganisation bei einzelnen der bisher kriegführenden Staaten die volle Leistungsfähigkeit der ausländischen Seidenindustrie noch nicht erreicht und gesichert ist Die Gesthfißslnje in den Fabrik-Bezirken. ?J (Jeder ganze oder auszugsweise Nachdruck der nachfolgenden Originalberichte ist nur unter vollständiger Quellenangabe gestattet.) Zur Lage im Geraer Industriebezirk. (Von unseremXGeraer Mitarbeiter.)] Gera, 20. Dezember. Wenn man die Preise, zu denen die jüngsten Aufträge hereinge nommen worden sind, mit dem bisherigen Preisniveau vergleicht, so kann man sich des Gedankens nicht erwehren, daß wir mit zunehmender Schnellig keit einem Abgrund zutaumeln. Während man mit dem Anfang des Herbstes noch ein stetiges, wenn auch ziemlich schnelles Indiehöhegehen der Preise feststellen konnte, so findet diese Steigerung heute in von Woche zu Woche immer größer werdenden Sprüngen statt. Zweifellos ist hierzu der Absatz nach dem Ausland die treibende Kraft, da sich hierbei ja die Verdienstmöglichkeiten ins Ungemessene steigern lassen infolge des niedrigen Standes der Markwährung. Dieser Abfluß nach dem Ausland wird sich auch durch die Bestimmung des Valutaaufschlages nicht unterbinden lassen, zu dem sich die Fabrikanten verpflichtet haben, da es sich doch nicht bei jedem Verkauf feststellen läßt, wo schließlich der Verbrauch der Ware stattfindet. Wir glauben mit Sicherheit annehmen zu können, daß wir einen Stillstand erst dann bekommen werden, wenn unsere Preise so hoch sind, daß sie unter Berücksichtigung des Standes unserer Valuta mit den Welthandelspreisen so ziemlich auf eine Stufe zu stehen kommen. Im Verlaufe der letzten Wochen hat sich eine geradezu wilde Kauflust eingebürgert, die wohl auch darin ihren Grund haben dürfte, daß beim Publikum die Absicht besteht, sein flüssiges Geld in Gebrauchsgegenständen anzulegen und sich hierin reichlich einzu decken, soweit diese Objekte nicht in den Rahmen dieses oder jenes Steuer projektes fallen. Lieber zahlt das Publikum unsinnige Preise als irgend welche Steuern. Diesem Umstand ist es in erster Linie mit zu verdanken, daß jetzt so überaus hohe Preise am Markte sind. Soweit es den Fabrikanten möglich war, Material heranzuschaffen, ist die Ware hieraus auch schon zum größten Teil wieder verkauft. Auf zu er wartendes Material aber Verkäufe abzuschließen, ist nicht mehr möglich, da ja bis zu dessen Hereinkommen und bis zur Fertigstellung der Ware hieraus die Preise inzwischen wieder gestiegen sind. In Wolle werden die Eingänge leider immer geringer, sowohl in qualitativer wie quantitativer Hinsicht; dagegen sind die Zufuhren in Stapelfaser-Mischgespinsten teilweise im Zu nehmen begriffen. Als drittes ist noch Sorma zu nennen, welches Material aber ebenfalls nur in immer kleiner werdenden Mengen hereinkommt. Schließ lich ist noch Kunstseide zu nennen; aber auch hierin wird der Bedarf in keiner Weise gedeckt, die Eingänge sind so gering, daß kaum von einem nennenswerten Umsatz gesprochen werden kann. Einen guten Teil der Beschäftigung bilden noch immer die Reichs- Männerstoffe. Leider hat sich aber dieser Artikel immer mehr und mehr zu einem Sorgenkind herausgebildet, da erstens einmal das Material hierzu nicht so eingeht, wie vorgesehen war. und dann, weil eben infolge dieser Ver zögerung die Herstellungskosten durch die inzwischen auf allen Gebieten gestiegenen Unkosten wesentlich höher geworden sind, als ursprünglich an genommen wurde. Aus den neuerdings eingegangenen Materialien hat man in der Hauptsache Hosenstoffe herstellen können; der Streifen spielt hierbei eine große Rolle, und zwar in der Hauptsache der Bindungsstreiten, während" Einscherungen nur ganz vereinzelt vorgesehen sind. Leider sind aber duio