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Mtttelalterltcke kebearmlttelpolirei. Die LebenSmittelpolizel ist in Deutschland nicht eine Einrichtung von gestern und heute — schon früh zeitig wurden von Reichs wegen Versuche unternom men, Preise für die wichtigsten Lebensmittel festzu setzen. Allerdings waren diese Versuche nur verein zelt. Schon Karl der Große setzte auf der Frankfurter Synode im Jahre 7S4 für die verschiedenen Getreide sorte« Preise fest — und zwar allgemeine, für das Reich gültige und besondere für die königlichen Güter, die natürlich niedriger gehalten waren als die erste ren. Eine» ähnlichen Versuch machte Friedrich Bar barossa im Landfrieden von 1152. Danach sollte nach Mariä Geburt ei« Graf mit sieben kundigen Män ner» de» Preis der wichtigsten Getrctdesorten für das jeweilige Erntefahr festsetzen. Wer höhere Preise ver langte, sollte als FrtedenSbrecher bestraft werden. Allerdings bliebe« diese Verordnungen meist nur gutgemeinte Versuche, da es an der Stärke der deut schen Zentralgewalt fehlte. Aber es blieb wenigstens -er Gedanke, -er diesen Verordnungen zugrunde lag, erhalte» für die Nachwelt. Es waren daher die Städte, die den Gedanken aufnahmen und ihn mit -en ihnen zur Verfügung stehenden höheren Macht mitteln in einer einheitlichen Preisfestsetzung mit Er folg durchführen konnten. So wurden damals in vie len Städten behufs Möglichkeit der Festsetzung eines genauen Brotpreises unter behördlicher Aufsicht neu geerntetes Getreide verbacken, die Güte geprüft und ein gerechter Preis fürs Brot festgesetzt. Auf öffent lichen Brotwaagen konnte das Brot jederzeit nachge wogen werden und zu leicht befundenes Brot wurde beschlagnahmt und unter die Armen verteilt. Aehnlich war es mit dem Ein- und Verkauf des Fleisches. So mußten die Viehhändler Gesundheits atteste beibringen über das von ihnen eingekaufte Vieh. In einer 1494 von Fürstbischof v. Bibra in Würzburg erlassenen Marktordnung heißt es: »Wenn jemand fremde Schweine hereinbringe und kaufe, sie aber nicht besehen laste, sollten die Geschworenen solches melden.* Der Verkauf finnigen Fleisches war z. B. in Würzburg verboten, in anderen Städten wie der erlaubt. Noch weiter ging Gera, woselbst nicht einmal betnbrüchtges Vieh geschlachtet werden durfte. In einer »Metzlerordnung und Satz in Würzburg" aus dem Jahre 1557 heißt es: »So soll kein Meister seine Knechte, Jungen, Weiber oder Mägde mit kran kem, schadhaftem, bei,»brüchigem Vieh, es sey von Rind, Schwein, Kalb, Schaf, Bock, Geiß, nicht umgehen, kau fen, schlachten, abziehen, verkaufen oder sonsten an wenden, sondern solches und alles abgestorben Btehe, es sey auf'm Felde, in -er Stadt oder in den Häusern abgangen, demnächsten an die unsauberen Oerter zu tragen oder zu führen befahlen, bey der Straff von 10 Gulden und Niederlegung des Handwerkes" (Scha- rold, Zunftchronikj. lieber die Qualität des zu ver kaufenden Fleisches wird ebendort folgendes bestimmt: »Die Metzger solen sich in Allweg befleißigen, gutes, gesundes und zeitiges Biehe und keine Kälber, die nil 4 Wochen alt, ungefährlich zu kaufen und zu feilem Kauf hereiuzubringen und sich vor blätterigtcn, räu digen Hümmel» und Schafen, auch pfinnigen Schwel lten verhüten und derer wissentlich nicht hereintreiben oder verkanfen nnd die pfinnigen Schweine allein in -er dazu bestellten Bank verkaufen, bei Strafe von 10 Gulden oder nach Gestalt -er Sachen bei Niederlegung des Handwerks". Finniges Fleisch durfte also als nicht gesundheitsschädlich verkauft ,verden, wenn mich nur auf -er Freibank. Das war -er Fall in Ulm, Eßlingen nnd Bamberg, wo nach dem Stadtrecht von Druck und Berlaa von Lanaer u. winterlich. Riesa. — stkr 1328 solches Fleisch verkauft werden durste, wenn aus drücklich dieses als pfinniges Fleisch bezeichnet wurde. Die Ulmer waren ganz gescheit: sie bestimmten seiner zeit, daß jeder, -er finniges Schweinefleisch ohne be sondere Angabe verkaufe, kein anderes Fleisch ver kaufen dürfe, bis er das minderwertige Fleisch ver kauft hatte — eine gutgemeinte Verordnung, die leicht ins Gegenteil umschlagen konnte. Die Vorschriften der Lebensmittelpolizei des Mit telalters erstreckten sich auch auf die Schlachtaufficht. Biele Städte schufen zur Erleichterung dieser Schlacht aufsicht Schlachthäuser, so Augsburg die »Metzig" 1276. In kleineren Orten schlachteten die Metzger, wie dies heute ans dem Lande noch vielfach der Fall ist, auf offener Straße. So heißt es im Weistum des Klosters Nonnberg i. I. 1451: „Item, es sollen die Fleischhacker offenbar schlagen auff der Gassen und man soll das Fleisch beschawwn, und wer pfinnigs fleisch hat, der soll ein strohens kränzel auftragen". Ferner bestimmten über -en Fleischverkauf Würzburger Ver ordnungen: „Es soll kein Metzler, Weib oder Knecht etnigerlei Fleisch zu dem andern Fleisch hauen und zulegen, sondern ein jedes zu seinem gesetzten geld verkaufen und niemanden mit unbescheidenen Wor ten dahindrängen oder sonsten bereden, daß er ihres gefallenes Fleisch nehmen müsse" usw. (Würzburger Metzlerordnung von 1557. j Die Kontrolle der Gewichte wurde auch damals schon eifrig betrieben. Die Metzger und Bäcker muß ten ihre Gewichte eichen lassen: »Das Gewicht auf- ztehen und alle Steine abwägen und probieren." Die Gewichte wurden dadurch wieder »gerecht gemacht", daß sie von -em Rotschmied mit einem Zeichen — dem Druidenfuß — versehen wurden. Die Brot- und Fleischpreise wurden in Würzburg vierteljährlich neu festgesetzt, je nach den Verhältnissen auf dem Gctrcide- nnd Fleischmarkt; so bestimmte es damals Bischof Julius von Würzburg i. I. 1584. Auch Lebensmittelfälschunge« wurden zu dama liger Zeit streng bestraft. So heißt es in einer Ver ordnung aus dem Jahre 1481: „Jeder Mann und Frau, -te verwäfferte Milch verkauft haben, erhalten einen Trichter in den Hals geschoben und so viel Was- sermtlch wird hineingegossen, als ohne Lebensgefahr möglich ist." Wer verfälschte Butter verkanfte, wurde an den Pranger gestellt, die Butter auf seinen Kopf gepreßt nnd dann mußte er so lange in der Sonne stehen, bis die Butter aufgelöst war. Da gab cs immer großen Zulauf an Menschen, Hunden nnd Katzen, die sich an der aufgelösten Butter dclekicrtcu. Wer aber gar faule Eier verkaufte, dem ging es besonder« schlimm. Sie kamen an den Schandpsahl und die Straßenjugcnd erhielt die beschlagnahmte Ware zur freien Verwendung. Man kann sich vorstelien, daß eS sich die Jagend damals nicht zweimal sagen ließ, wen» es galt, den Missetäter mit faulen Eiern zu traktie ren. Die fortgeschrittene Kultur hat im Laufe der Jahrhunderte diese Sitte doch znm Schwinden ge bracht, wenn es auch Leute geben mag, die auch heute noch Verfechter jener Sitte sind, die dem Käufer fau ler Eier das Recht gab, diese dem Händler an den Kopf zu werfen. Hiermit schließe ich meine Ausführungen. ES sollte daraus hervorgehcu, daß schon vor Jahrhunder ten der Versuch — z. T. auch mit Erfolg — gemacht worden ist, der heutigen Lebcnsmittelpolizei Grund und Boden zu verschaffe« — wenn auch mit Mitteln, die vielleicht auch heute manchmal noch angebracht wären, aber doch in unsere überknltivierte Zeit nicht mehr passck H. Str. -te Redaktion verantwortlich: Heinrich Ublemann Riesa. AlStter zur Uflege der Kämatlieke, der Aenxatsorschvvg und des Aeimatschutz«. »-scheint A poan^ostr Folz« «I» Bell«« ,mu «ch« La^-latt wckrr »itivicknn, de« Gerrdw Heimatvu-s«« in «eG. «r. 47 Ates«, SS. vklnber LRR Oer „Vöunüerüoktor" Arno» kokimanu. kia sSchsirch« RrkkMnrütLditä vor S50 Z atmen. Vos Raster SchaMi«. Ich bt» beruffen allenttzalb« Kan machen viel heilsamer Satt» Frisch Wunde» zu heyl« mit Gnaden Vergleich Beinbruch vnd alt Schaden Frantzosen heyln / -en Stare« stech« De» Brandt leschen v«d Zän außbrech« Vergleich Balbier» / Z,vagen »ud Schern Auch Aderlässen ihn ich gern. Man schreibt den 18. Juli t« Jahre de» Heils 1578. St. Margaretes-Jahrmarkt tn der alte« Berg hauptstadt Freiberg. Heiß strahlt vom wolkenlosen Himmel dte Julisonne über Gerechte und Ungerechte, die in dichtgedrängter Menge »an -er Setlerine ecke" die Schaubude des „wvtbenampten Meisters Simon Hoffman«, steiuschneiderS, wundt vnd Augen arztes aus Oschatz" umsäumen. Auch wir treten näher, um zu erfahren, daß diese» fremden Meister» Kunst schon manche« Schwerkranke« auf früheren Jahr märkten in Freiberg und anderen Städte« -es Landes geheilt habe. Währenddessen beginnt auf dem von dik- bauchigen Fässern getragenen hohen Podium dcS Meisters „kurzweiliger" (»ehilfe, -er Hanswurst, feine „Arbeit", die die Aufmerksamkeit -es Publikums auf ihu lenken nnd es auf das Auftreten seines Herrn vvrberctten soll. Und als dieser selbst dann hervor tritt, selbstbewußt und seines Erfolges sicher, kommt Bewegung in die harrende Menge, und eS beginnt ein Schieben und Drängen nach vorn, -aß man be fürchtet, das ganze „Sprechzimmer" müsse in Trüm mer gehen. Mächtig schallt sein Baß über die ge spannt lauschende Menge in das Gewühl der Straße: „Wo! her / wer hat ein bösen Zan Denselben ich außbrechen kan On ivehtagn / wie man gebiert die Kinder Auch hab ich Kramschatz nicht destminder Petroltum vnd Wurmsamen Tl>riacks*j vnd viel Mückcnschammen Hab auch gut Salb» / für Flöh vnd Leus, Auch Pulver für Ratz« vnd Meuß" rhertak war ein uralte» «ad sehr beliebte» «rz- »eimittel tu Form von «atwerge, da» gege« alle möglichen Leide» helfen sollte. Jq, reden kann dieser Reister, das, nicht jeder der Marktschreier drüben auf -em alten Markte ihm Lari« glüchkommt, nnd »ie »ersteht er eS, die Zuhörer von der Heilkraft seiner »rote« Salbe", -ie iu Huu-erte« von BüchSchen auf dem Tisch iu -er Ecke in Reih ««- Slted aufgestellt ist, zn überzeuge«! Seine Gehilfe« Haden noch vollauf mit -em Verkauf dieses Wunder mittels zu tu«, al» der Meister schon längst i« seiner »Praxis" beschäftigt ist, zu der sich -ie Patiente» in langer Reihe drängen. Näher tretend, könne» wir ihn in seiner Tätigkeit als „Zanbrecher, wnndt o»d augeuartzt, stei«sch«eider v«d »urmdoctor" bewun dern. Auch den Inhalt der an den Wänden nnd Ouerstangen aufgehängten, mit schwungvollen Schrist- zeiche» beschriebenen Pcrgaiuentböge« könne« wir jetzt entziffern: Zeugnisse »der »Kundschafte«" »on Behörden und hochgestellten Persönlichkeiten aus ver schiedene« Städten sind es, -ie in beredter Sprache -c» Meisters Kunst verherrlichen. — In -es Rats überfüllter Trinkstube nehmen nur 1 Stunde später i« unmittelbarer Nähe »on zwei Männern in lange« bis an die Knöchel reichende« Talare« an einem schweren Eichentifche Platz. So können wir hören, wie -er eine recht unwillig und ab fällig über -ie herumziehenden Volksärzte nnd ThcriakSkrämer im allgemeine« u«d über de« Stein schneider Sinwn Hoffmann im besonderen berichtet. Der Schenkknecht teilt nns auf unsere Frage nach dem Namen und Stand unserer Tischnachbarn mit, -aß wir »der Sta-t Physici", Dr. FranciscuS Knobloch «n- Dr. Gregorius Heiland, vor uns haben. Da wird uns -er herablassende To» -er Rede des erstere« mit einem Schlage klar: für diese gelehr te« u»d wohlbestallten Herren „Doctores der Artzney" waren und blieben eben Leute wie Simon Hoffmann nur marktschreierische Kurpfuscher «nd Eharlatane, deren ganzes Auftrete« «nr auf Betrug und Ausbeu tung -es Publikums berechnet war. — Unser Heinnveg führt uns wieder an Sims« Hoffmanns »Sprechzim mer" vorüber, da» jetzt rutzh und verlasse« -asteht. Was wird wohl jetzt der Meister tun? Wird er t« seiner Wohnung noch einem Patienten den Bruch