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Nr. 25. Sächsische Volkszeitung Seite 5 Oumm Dieser Tage ist in Stockport in England im Alter von 42 Jahren James Kemp gestorbdn, der im Jahre 1915 in Frankreich verivundct worden >var und der seit dem eine Kugel zwisckzen Herz und Lunge im Körper trug. Seine Witwe teilte mit, dah er in die Armee im Jahre 1914 eingetreten und nach Frankreich im Jahre 1915 gekommen ist, wo er nach vier oder fünf Monaten an der Brust verwundet wurde. Ein Arzt erklärte, datz die Kugel in einer Lage gewesen sei, aus der man sie unmöglich durch irgendeinen operativen Eingriff hätte entsernen können. Der Leichenbeschauer sagte, „es sei ganz klar, das; der Feind eine Kugel benutzt hätte, die gegen alle Konvention stehe". Hier liegt der Fall vor, der sich im Kriege tausend mal zugetragen hat. Jede Kugel, die ihre natürliche Flugbahn durch einen Ausschlag verändert hatte, Kain als Querschläger in einen Körper oder in die Erde. Bei dem Aufschlag hatte sich die Kugel schon etwas deformiert, und sogleich entstand der Verdacht, dass ein Dum-Dum- Geschos; vorliege. Manche Geschosse stauchten sich pilz artig auf, namentlich wenn sie auf Stahlplatten gerie ten. Von deutscher Seite wurden niemals Dum-Dum- Keschosse verwendet, und die Kugel, die in der Nähe des Herzens des Engländers Kemp jetzt bei der Leichenschau gesunden wurde, war nichts anderes als ein Querschlä ger. Die Ueberschrift im Daily Telegraph: „Dum-Dum Bullet pear heart" ist daher wenig freundlich: sie ist dumm. Ein so grosses Blatt sollte allmählich wissen, dass man im Jahre 1934 mit Hilfe von Querschlägern nicht mehr in Greuelnachrichten maclM kann. volsckeivistisckes Spielreug Der Qsservatore Romano (Nr. 9) berichtet in einer ausführlichen Schilderung davon, das; die Gottlosen bewegung in Nutzland auch diesmal wieder das Weih- nachtssest zum Anlatz einer verstärkten Betätigung ge nommen habe. Da 16 Jahre koinmunistiscl)er Erziehung noch nicht die Abschaffung der Weihnachtsfeiern in, Fa milienkreis haben erreichen können, ja, nicht einmal die Abschaffung dec Weihnachtsgeschenke, so kärglich und spärlich diese auch ausfallen, so wurden ganz absurde Verbote erlassen. Das Anfertigen und Feilhaltcn von Spielzeugtrompeten und -trommeln wurde in aller Form untersagt, weil beide Spielzeuge zum Militarismus auf- rcizten. Puppen dürfen nicht modisch gekleidet sein und kein Lockenhaar ausweisen, sondern müssen Kleidung noch Art der Bauern und Arbeiter tragen. Die Holz- pserdchen müssen sich eine ähnliche Reglementierung ge fallen lassen: sie dürfen nur air Bauern- oder Fabrik wogen vorgespannt sein. Der unsterbliche Pietrucka (das Gegenstück zum deutschen Kasperle und Kölner Hänneschen) ist mit seinem ganzen Gefolge — dem Nei chen, dem Armen, dem Teufel, dem Priester — verschwun den. Sie sind allesamt ersetzt worden durch kommu nistische Persönlichkeiten, die zum Beispiel Szenen aus einer Fabrik oder aus einem konrmunistisä>en Gemein wesen vorzuspielon haben. Besonders, „geschmackvoll" ist die Ersetzung eines früher sehr beliebten beweglichen Spielzeugs— ein auf dem Anrbotz hämmernder Schmied — durch die Gestalt eines Arbeiters, der auf den Kopf eines Priesters schlägt. Märcl-enbücher, in denen Fürsten, Prinzen, Prin zessinnen oder gar Geistlich als sympathische Persönlich keiten austreten, sind als reaktionär in Acht und Bann getan. Hingegen sind, herausgegeben von Arkodi Gay- dar, in der Etaatsdruckerei zwei Bände gedruckt worden, in denen in den alten volkstümlichen Märchen an die Stelle der Prinzen stets ein junger Kommunist getreten ist, der zu seiner Verfügung ungeheure Reichtümer hat, die er seinem chemischen und physikalisci)en Wissen ver dankt. Dieser junge Kommunist tötet auch die Zauberer, die in den Illustrationen der Bücher stets im Priester gewand abgebildet sind. Die Belohnung sür den Mär- chenheldcn besteht nicht mehr in der Erringung einer Kö nigstochter oder eines grotzen Reiches, sondern in dein Erwerb einer Auszeichnung durch Lenin. Die bolsche- wistischen Zeitungen Klagen wahrscheinlich nicht ohne Grund darüber, das; die neuen Spielzeuge und Bücher in grotzen Mengen in den Lagern des Staates unverkäuflich bleiben, während stramme Sowjetbürger versuckzen, die alten „reaktionären'' Dinge für ihre Kinder zu erwerben. Oie Rede -es Bamberger Erzbischofs „Wir sind zur Mitarbeit am neuen Staat aufrichtig entschlossen" Von der Rede des Bamberger Oberhirten Erzbischof v. Hauck, über die wir bereits vor einigen Tagen ganz kurz berichteten, sind wir nunmehr in der Lage, den ge nauen Wortlaut wiederzugeben. Die Rede verdient es ihrer Wichtigkeit wegen auch außerhalb der Bamberger Diözese beachtet und bekannt zu werden. Erzbischof Dr. von Hauck führte folgendes aus: Wir Geistliche haben die schöne Aufgabe, das Reich Gottes auf Erden auszubaucn, für das Reich Christi des Königs zu arbeiten und die Menschen zum Glücke des ewi gen, himmlischen Reiches Jesu zu führen. Das wird und kann uns nicht hindern, auch treue Bür ger unseres irdischen Vaterlandes zu sein, dasselbe so aufrichtig, so warm und seurig zu lieben, wie es nur irgend jemand lieben kann. Wir erkennen ja darin, datz wir ins deutsche Volk und Vaterland hincingeborcn sind, nicht nur Gottes Willen, sondern eine Gnadcuführuug des Schöpfers. Vaterlandsfcindc kann und darf es daher unter unserer Geist lichkeit nicht geben. Die allgemeine Verachtung seiner Mitbrüder würde einen Geistlichen treffen, der gegen sein Vaterland handeln wollte. Aber auch Staatsseinde gibt es unter der Bam berger Geistlichkeit nicht. Wohl haben Geistliche in früheren Staatsformen auch in Parteien mitgearbeitet, die jetzt zerschla gen sind, aber sie haben es getan im ernsten Streben, ihrem Vaterland nach besten Kräften zu dienen; sie waren von bester Absicht geleitet. Nun ist ein neues Reich entstanden, eine neue Staats form besteht zu recht; das Volk hat sich dafür entschieden. Die Kirche, die jede Staatsform anerkennt, insoweit sie nicht (wie die bolschewistische) dem göttlichen Gesetz widerspricht, hat auch die neue Staatsform in unserem deutschen Vaterland an erkannt; sie hat, rvas mehr ist. mit dem neuen Deutschen Reich ein Konkordat abgeschlossen, um eine schöne harmonische und nützliche Zusammenarbeit von Kirche und Staat zu er reichen. Letzteres hat zu meiner Freude vor kurzem auch der Führer des neuen Deutschlands betont, als er sagte: „Der Abschlusi des Konkordats wie die Gründung der Reichskirche sind nur Wege zu einer nützliche» Zusammenarbeit mit den Konsessionen." Wird es die katholische Geistlichkeit an der Bereitwilligkeit zu solcher nützlicher Zusammenarbeit schien lasten? Sicher nicht; ' die Geistlichen kennen ja das Gebot: „Jedermann unterwerfe > lick der obriakeittiLeu Gewalt! Denn «s aibt kein« Gswalt. , wem» nicht von Gokk; wo eine besteht, ist sie von Golt cmgoe ordnet." Sie werden allo nicht nur aus vernünstiaen Erwä gungen dem neuen Reiche ihre Kraft und ihren Willen zur Mitarbeit am Aufbauwerk zur Verfügung stellen; sie sind durch die Lehre ihrer Kirche dazu streng verpflichtet. In der pasto ralen Anweisung an den Klerus vom 13. Juli v. I. schrieb ich daher: Es ist selbstverständliche Pslicht aller Katho liken, die einmal bestehende Staatsform anzuerkennen, der recht mässigen staatlichen Autorität den schuldigen Gehorsam zu leisten und die aus der Religion suchenden grotzen Kräfte zur Mit arbeit an der geistigen Erneuerung unseres Volkes und zum Wiederausbau unseres Vaterlandes zur Verfügung zu steilen. Diese Pslicht werden die Katholiken, insbesondere die katho lischen Geistlichen um so williger und eifriger erfüllen, als der Reichskanzler in feiner grotzen Neichstagsrede am 28. März 1933 erklärte: „Das aufrichtige Zusammenleben zwischen Kirche uird Staat wird in gleicher Weise dem Wohl der deutschen Na tion wie dem christlichen Glauben förderlich fein." Dem auf richtigen Zusammenwirken von Kirche und Staat ist aber durch den Abschluß des Konkordates freie Bahn geschaffen worden. Der Klerus unserer Erzdiözese wird es sicher nicht an seiner Mitarbeit dazu fehlen lassen. Ich halte diese Worte auch heute vollkommen aufrecht und brauche ihnen nichts hinzuzusetzen. S t a a t s m i n i st e r Wagner hat in der letzten Woche einmal in einer Rede gesagt: „Wir können und wollen nicht verlangen, datz frühere Gegner nun alle Nationalsozialisten werden; aber das fordern wir, datz sie alle ihren Willen und ihre Kraft dem neuen Staat zur Verfügung stellen." Wohlan, wir sind in aller Aufrichtigkeit und in allem Ernst hierzu bereit und entschlossen. Nimmt der neue Staat unsere Mitarbeit mit Vertrauen zu uns an. so wird er sicher in seinem Ver trauen nicht enttäuscht werden. Vertrauen um Vertrauen! Misstrauen, gegenseitiges Mißtrauen wie Misstrauen von einer Seite gegen die andere, hindert das harmonische und nützliche Zusammenarbeiten. Möge diese Quelle der Mißverständnisse und Störungen doch bald ganz versiegen! Sie soll auch durch einzelne Vorkommnisse nicht wieder zum Fließen gebracht wer» den! Möge das Zusammenwirken von Kirche und Staat ein immer vertrauensvolleres, immer harmonisik>er«s und so auch immer wirkungsvolleres und erfolgreicheres für das Wohl des Volkes werden! Das ist mein inniger Wunsch. Ich bin sicher, datz di« ganze Geistlichkeit unserer Erzdiözese mit mir in diesem Wunsche einig ist. Wolle Golt unserem Wunsche di« Erfüllung j geben! Melm LeWliMnier jromsn von Mris stoliöe V2"M08 27. korlgalrunx dlacbckruck verboten „Kammer her, Liebling!" sagte sie. „Setz dich still hier zu Maml; dann darfst du bleiben; sonst nimmt dich Babette wieder mit hinaus." Aber der Junge schüttelte den Kopf: „Geh, Mamerl, ich bleib bei dir. Schau, damit der Aff' dich net beisst? „Welcher Aff' denn, Kind?" fragte Camilla, und sah den Kleinen erstaunt an. „Na der halt, den der Papa mitbringt." „Wie kommst du darauf, Willi?" „Na, die Babette hat doch zur Köchin g'sagt, heut kommt der Herr Hofschauspieler wieder mit'n Affen heim, und dann macht die Gnädige eh' wieder Krach." Das blasse Gesicht Camillas rötete sich bis unter die Haarwurzeln. Wie die Leute tuscheln und klatschen mochten über ihre unglückliche Ehe, die sie trotz allem aufrecht erhielt, weil sie es sich in den Kopf gesetzt, ihrem Vater zu beweisen, daß sie keine Komödiantenehe führe! Dann aber King sie auch immer noch ein wenig an dem liebenswürdigen Lumpen, dem Hofschauspieler Alfons Demarque, der trotz seiner hohen Gage alles, was er verdiente, verspielte und vertrank, und in letzter Zeit kaum noch nüchtern zu einer Probe oder Vorstellung erschien. Ein paarmal war er schon ernstlich von der Intendanz verwarnt worden, aber da viele behaupteten, der Demarque leiste betrunken immer noch mehr als andere Künstler in nüchternem Zustande, so drückte man immer wieder ein Auge zu, wenn er leicht schwankend zwischen den Kulissen dahiugina oder, statt auf sein Stichwort aufzupassen, mit den Statistinnen plauderte und schäkerte. „Er nimmt sich nur noch zusammen, wenn er mit seiner Frau spielt," sagte man. „Sie ist noch die einzige, die ibn ru halten vermag.? Und so war es auch. 'Bor Camilla hatte der Herr Hof schauspieler noch ein wenig Respekt Ein verächtlicher Blick aus ihren großen, kühlen Augen ernüchterte ihn für ge- wohnlich sogleich und ließ ihn sich zusammenraffen . . . Camilla nahm ein Pulver, das neben ihrem Ruhebett auf einem Tischchen lag. Sie mußte ein Gewaltmittel an wenden, um wieder auf die Höhe zu kommen; eine Migräne durch Ruhe und Umschläge zu pflegen, mochte anderen Frauen überlassen bleiben, ihr jedenfalls war es nicht ver« könnt; sie mußte arbeiten und schassen, daß sie den kost- pieligen Haushal» durch ihre Gage aufrechterhielt. Willi hockte sich zu ihr. „Wo ist denn der Aff', Mamerl? Geh, ich möcht ihn gern sehen, wann er kommt." Camilla wurde ärgerlich. „Das sind Dummheiten. Kind, laß dir von den Mädels in der Küche nichts weis machen!" Und als sie sein ent täuschtes Gesicht sah: „Geh hinüber und sieh, ob Papa da ist; ich lasse ihn dann bitten, zu mir zu kommen." Der Junge sprang hinaus, und die Frau erhob sich etwas mühsam. Der Kopf war ihr noch immer schwer, dio Glieder wie mit Blei ausgegossen, ein Schwindelgesühl ver ursachte ihr Uebelkeit. Schrecklich herunter war sie mit den Nerven; wenn nur der heutige Abend erst vorüber wäre! Sie hatte die Königin in der Neuinszenierung des Don Carlas zu spielen; dis Nolle lag ihr nicht recht, besonders da Demarque den Phi lipp gab; er hatte gestern bei der Probe lässig und unordent lich gespielt, und solche Partner liebte sie nicht. Willi kam zurück. Ohne viel Rücksicht, die bei seinen fünf Jahren auch kaum zu verlangen war, stürmte er ins Zimmer. „Der Papa kommt sogleich, grad' wollt er sich schlafen legen." Camilla runzelte die Brauen. Wahrscheinlich war er wieder arg bezecht vom Frühschoppen gekommen. Sie beugte sich zu dem Jungen. „Geb zur Babette. Liebling, und bleibe vorläufig bei ihr; ich brauche sie fetzt nicht," sagte sie ein bißchen hastig, denn sie hörte den schweren Schritt des Gatten im Korridor vor ihrer Tür. Demarque trat ein. Mit einem Blicke sah Camilla an seiner Haftung, befon- vers aber an den Augen, daß er voll des süßen Weines war. Er suchte ein liebenswürdiges Lächeln in sein Gesicht zu zau bern und wollte seine Gattin begrüßen ... da gewahrte er seinen Sohn. „Kind meines Herzens," rief er pathetisch, „komm her und gib dem Papa ein Busserl!" und schon hatte er den Jun gen erfasst, auf den Arm gehoben und schwankte nun leiclst mit ihm hin und her. Dem Kleinen machte das Spaß: er jauchzte auf, und das Gebot der Mutter vergessend, rief er: „Paperl, zeig mir schon jetzt den Affen." In Camillas Augen kam ein zorniger Glanz. „Setz' das Kind hin!" herrschte sie den Gatten an. „Und du, Willi, tu, was ich dir gesagt habe." Der Herr Hosschauspieler ließ den Jungen von seinen Armen gleiten. Der war zwar beleidigt, verließ aber rasch das Zimmer. Wenn Manu so sprach, war nicht mit ihr zu spaßen. „Du bist wieder betrunken." sagte sie mit verächtlichem Blick, als sie allein waren „Es vergeht jetzt kaum noch ein Tag, an dem du nicht in diesem Zustand helmkommst." „Aber Frauerl, wer wird denn so häßliche Worte ge brauchen! Betrunken . was heißt das . . ich brauche das Wcinerl, um meinen Genius auziifenern." Er war ihr nahe gekommen und versuchte, den Arm nm sie zu legen; aber sie wandte sich von ihm ab. „Laß das! Die gegenteilige Wirkung bat das Trinken auf dich. Du hast gestern miserabel gespielt." Er wippte aus den Zehenspitzen hin und her, vielleicht, um das leichte Schwanken zu verbergen. „Ich bin der große Demarque," sagte er prahlerisch, „ich kann spielen, wie ich will!" „Rede keinen Unsinn! Der Regisseur war verzweifelt, er ist verantwortlich für die Neueinstudierung." „War ja erst noch Probe." sagte er verdrießlich. „Heute abend wird es schon besser gehen." Sie wandt« sich seufzend ab; er ging ihr wieder nach. „Sei doch gut. Weiberl." sagte er zärtlich, sie aber hatte ein Blatt Papier vom Tisch aenommen und hielt es ihm Lin. I - (Fortsetzung solgt )