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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 06.06.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-06-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140606019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914060601
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914060601
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-06
- Tag 1914-06-06
-
Monat
1914-06
-
Jahr
1914
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Sette 2. Nr. 2S2. Morsen«Nusqsve Leipziger Tageblatt. Sonnadenü. S. Hunt ldl4. i ——— )os«»B»r«nntni» de» Kabinetts zum Drei. ahre»ges«tz verlangt. Diese Forderung war Viviani wenig willkommen, denn er wollte, wie erinnerlich, sich Freunde und Feinde des Gesetzes dadurch geneigt machen, daß er zwar unbedingt für das Dreijahresgesetz, gleichzeitig aber auch für entsprechende Milderungen eintrat. Dies letztere wollte Bourgeois offenbar vereiteln, und Viviani hat deshalb nach einem neuen Aus gleich der Gegensätze sucken müssen. Man meint letzt, er werde in seiner Regierungserklärung sagen,, daß der dreijährige Dienst nicht angetastet werden soll, daß das Kabinett jedoch die Absicht hat, dem Parlament Entwürfe vorzulegen, die die militärische Vorbereitung der Jugend vor ihrer Einziehung zu den Fahnen und die gründlichere Ausnutzung der Reserven organisieren sollen. Rach Verwirklichung dieser Entwürfe, und vorausgeletzt, daß die aus wärtige Lage es gestattet, könne man die Mög lichkeit ins Auge faisen, eine Erleichterung der Militärlast anzubahnen. Das Organ der geeinigten Radikalen, der „Radical", fährt fort, Herrn Viviani das Gewissen zu schärfen. Das Blatt schreibt: „Es gibt nur ein mögliches Re- gierungsprogramm, es ist das von Pau. Eine einzige Mehrheit ist lebensfähig, es ist jene, die entschlossen ist, dieses Programm anzuwenden. Wendet man sich an die Gegner oes Programms um Unterstützung, so wäre das eine Herausforderung und würbe die Hinneigung zur Rechten bedeuten, selbst wenn Herr Viviani zur Stunde Neigungen dieser Art empfinden würde, wollen wir doch nicht glauben, datz er bei ihnen verharrt. Er steht noch am Scheidewege. Wenn er keinen politischen Selbstmord begehen will, kann er nicht den Weg gehen, der zu den Mittelparteien führt." Vie Wirren in Mbanien. Fürst Wilhelm geniesst bei den Aufständischen in Mittelalbanien wenig Sympathie, und sie lehnten ihn deshalb vollkommen ab. Wahrscheinlich hat sein bisheriges Verhalten ihnen das Vertrauen geraubt, daß er ihre Lage jemals bessern werde, und sie er hoffen von jedem anderen Fürsten in dieser Be ziehung mehr. Vielleicht ändert sich aber ihre An sicht, wenn sie sehen, dass der Fürst einmal Ernst macht und gegen sie vorgeht, wie cs nach anderen Meldun gen den Anschein l>at. Durch ein festes Auftreten wird Fürst Wilhelm sich am schnellsten Achtung er werben. Nicht ohne Bedeutung ist auch ein Artikel von Hanotaux im „Figaro", der für eine Unter stützung der österreichischen Politik in Albanien und damit indirekt auch des Fürsten eintritt. Wir ver zeichnen folgende Meldungen: Aus „Zartgefühl" für den Fürsten ... Rom, 5. Juni. Aus Zartgefühl hat die internationale Kontrollkommission nach dem Schei tern ihrer Verhandlungen mit den Aufständischen dem Fürsten verschwiegen, daß die Aufständischen den Fürsten aus rein persönlichen Grün den, nicht aber deshalb ablehnen, weil er Christ ist. Sie erklärten ausdrücklich, das; auch ein Christ ihnen recht wäre, nur müßt« er ihnen die (bewähr für die Achtung ihrer Rechte, Sitten und religiösen Geriihle bieten. Belagerungszustand in Durazzo. - 'Der holländische Oberstleutnant Thomson hat am Donnerstag, wie bereits gemeldet, den Be lagerungszustand über Durazzo verhängt. Die NUNO Mann Prenk Bib Dodas, Bairam Zurs und Issa Boletinis in Alessio sowie die 2000 Süd albanier von Akif Pascha Elbassan und Asis Pascha Brioni in Berat und die in Durazzo eiugetrosfenen lUUO Mirditen samt den Leuten aus Kossowo bereiten offenbar eine Einschliessung der Auf ständischen vor. Zum Schutze der Stadt Durazzo wurden Laufgräben gezogen und verschiedene Batte rien ausgestellt. In den Verhandlungen der Bauern mit der Kontrollkommission war nur vom Fürsten die Rede. Irgendwelche A g r a r f o r d e r u n g e n brachten die Bauern nicht vor, auch nicht die auf Be seitigung der Beis. Die „Sille" der Malisiore«. Durazzo, ü. Juni. („Agcnzia Stefani".) Die Verhängung des Belagerungszustandes erfolgte auf Beschluss des Ministerrats, der ferner beschloß, die Malissoren sofort gegen die Aufständischen zu schicken, die Ausführung dieses Beschlusses jedoch verschob, um die Ereignisse abzuwarten, und angesichts der Weigerung einiger Malissoren, die Aufständischen zu bekämpfen. Die eingeängstigte Bevölkerung flüchtet auf die abführenden Dampfer. Die Lage ist fortgesetzt ernst. Eine französische Stimme für Oesterreich. Paris, 5. Juni. Herr Gabriel Hanotaux er örtert heute im „Figaro" Frankreichs Interessen im Adriatischen Meere und das Verhalten, das sic ihm einerseits gegen Italien, anderseits gegen Oesterreich-Ungarn oorschreiben und gelangt zu be merkenswerten Schlüssen. Er will, dasz Frankreich sich den Wünschen der Dcnaumonarchie in Albanien nicht Italien zuliebe widersetzt und schreibt: „Es wäre für uns sehr gefährlich und schwierig, ein Hindernis der Ausdehnung Oesterreich-Ungarns nach dem Süden hin zu werden. Wir haben wahrlich Besseres zu tun, als uns vielleicht auf Jahre hinaus in die albanischen Angelegenheiten verwickeln zu lassen. Mag auch eine Ausdehnung Oesterreich- Ungarns im Mittelländischen Meere Unzuträglich keilen haben, so würde sic doch unseren Interessen keine unmittelbaren Nachteile zufügen. Oester reich-Ungarn ist eine durchaus sichere und zuverlässige Macht. Sein Ehrgeiz beschränkt sich auf seine unmittelbare Nachbarschaft. Seine politische Verfassung und seine Volksoerhültnisse sind eine Hemmung für Entwicklungen in die Ferne, es ist für niemand eine Gefahr. Ein starkes Oesterreich- Ungarn ist eine europäische Notwendig keit, es mildert und zügelt gew.sserinaszcn den bru talen und eroberungssüchtigen Germanismus." Diese Liebenswürdigkeit gegen Oesterreich Ungarn ist neu, sie hat bisher der der Erörterung der Balkan frage in der verantwortlichen französischen Presse ziemlich vollständig gefehlt. Das Liebeswcrten um Italien war viel häufiger als Verbindlichkeiten gegen Oesterreich. poliMette Ueberliettt Freiherr von Hammerstein-Loxten gestorben In der vergangenen Nacht ist in Loxten der ehe malige preußische Landwirtschaftsminister Freiherr von Hammerstein-Lorten gestorben. Ernst Freiherr von Hammerstein-Loxten wurde am 2. Oktober 1827 in Loxten am Teutoburger Wald geboren, studierte in Göttingen die Rechte und trat dann in hannoverschen Staatsdienst ein. 1860 war er vortragender Nat im Ministerium des Innern und gehörte der Ersten Kammer der hannoverschen Ständeversammlung an. Nach der Annexion Han novers durch Preußen wurde er 1867 zur Dis position gestellt. Er spielte von La an eine hervorragend». der Provinz Hanuover,- vor allen Dingen als Mitglied des Provinzial landtage», und Vorsitzender des Provinzialausschusses. 18-2 tumbe er Lanorat des Kreises Bersenbrück im westlichen Hannover und 1888 Landesdirektor der ganzen Provinz Gleichzeitig war er Vorsitzender des Deutschen Landwirtschaftsrates und stellver tretender Vorsitzender des preußischen Landesökono miekollegiums 1801 enolgte seine Ernennung zum preußiichcnLandwirtschastsminijter. Er trat als solcher energisch für die Hebung der Landwirtschaft ein und bekämpfte alle Monopolbestrebungen aus dem Gebiete des Eetreidehandels, insbesondere den Antrag Kanitz, das Scheitern der preußischen Kanalvorlage führte 1!lO1 seinen Rücktritt herbei. Hammerstein hatte sich wiederholt für diese eingesetzt und als sie in der Kommission des preußischen Abgeordnetenhauses keine Zustimmung sand und der Landtag daraufhin ge schlossen wurde, nahm er am 6. Mai seinen Abschied. Er lebte seitdem auf seinem Besitz Loxten. Hausweihe -es Vereins Deutscher Ingenieure. Der Verein Deutscher Ingenieure weihte am Freitag vormittag sein neues Heim in Berlin, einen vierstöckigen vornehmen Sandsteinbau in der Sommerstraße, gegenüber dem Reichstagsgebäude, ein. Den Haupteiugang krönen die Statuen von Leibniz und Guericke. Zahlreiche Medaillons berühmter deutscher Ingenieure, darunter Siemens, Borsig, Schichau und Krupp, schmücken die ganze Fassade. In der F e st v e r s a m m l u ng bemerkte man u. a. als Vertreter des Reichskanzlers und des Staats sekretärs Dr. Delbrück den Ministerialdirektor Dr. Lewald vom Reichsamt des Innern, den Kriegsminister. Konteradmiral Schrader als Vertreter des Staatssekretärs v. Tirpitz, Ministerial direktor Luscnsky als Vertreter des Händelsministers sowie Vertreter des österreichischen, englischen, argen tinischen und chinesischen Verbandes deutscher Inge nieure und zahlreicher befreundeter Vereine. Nach einem Festgejang des Männerchors des Berliner Be- zirksvereins Deutscher Ingenieure sprach Diplom ingenieur Fehlert die Begrüßung und den Dank und übergab die Schlüssel an den Vereinsvorstand. Im Namen des Reichskanzlers und des Staats- fekretärs Dr. Delbrück wünschte Ministerialdirektor Dr. Lewald dem Verein weitere Erfolge. Die Reichsverwaltung danke ihm für die Förderung des deutschen Wirtschaftslebens und verspreche, daß sie den starken Arm staatlicher Macht ihm immer draußen in der Fremde zur Verfügung stellen werde. Für den preußischen Handelsminister sprach Ministe rialdirektor L u s e n s ky über das Zusammenwirken des Vereins mit der preußischen Handels- und Ge- werbeoerwaltung. Es folgten zahlreiche Glück wunschansprachen. Der Rektor der Technischen Hoch schule zu Hannover gab bekannt, daß die Technische Hochschule zu Hannover dem Baurat Taake-Han- nover, dem „führenden deutschen Ingenieur und er folgreichen Baumeister", die akademische Würde eines Dr.-Jng. h. c. verliehen habe. Reichsrat Dr.-Jng. Oskar von Miller, der Vorsitzende des Vereins, sprach den Dank des Vereins für alle Glückwünsche, Gesckxenke und Ehrungen aus und schloß mit einem Hoch auf den Kaiser. Es folgte ein Rundgang durch das Haus, das auch in seiner inneren Einrichtung einen außerordentlich gediegenen und vornehmen Eindruck macht. Vie Erhebungen über -en Rückgang -er Heburtenziffer in VeutjHlan-, die im preußischen Ministerium des Innern veranstaltet worden sind, haben zu dem Ergebnis geführt, daß ein Her untergang der Gebär- und Zeugungsfähigkeit nicht die Ursache des Geburtenrückgangs ist, sondern daß allein wirtschaftliche Gesichtspunkte eine Rolle beim Geburtenrückgang spielen und die zunehmende Ehelosigkeit ebenfalls ihren Teil dazu beitrage. Gesetzliche Maßnahmen zur Hebung der Geburtenziffer werden unter dirsen Um ständen keine Erfolge zeitigen. Nur eine weitum fassende Aufklärungstätigkeit und eine polizeiliche Ucberwachung des Handels mit Abtreibungsmitteln können helfen. Daß das deutsche Volk nicht entartet -Auvhc bü ng s- listen für die Rekruteneinstellung. Man hat seit Jahren die Bedingungen für die Tauglichkeit erwei tern können und kann jetzt an den Ersatz eiMhke Anforderungen stellen, auch die durchschnittliche Körpergröße hat zugenommen. Man hat weiter wahrgenommen, daß gerade die finanziell leistungs fähigen Kreise der Bevölkerung dem Anwachsen der Geburtenziffer entgegenarbeiten. Das Sinken der Geburtenziffer ist übrigens nicht neuen Datums, schon seit mehr als 20 Jahren hat man statistisch fcstgestellt, daß die Geourtenziffer sinkt. In Deutschland merkte man weniger davon als in den romanischen Ländern. Kein Staat kann sich aber rühmen, vom Sinken der Geburtenziffer unberührt geblieben zu sein, vielleicht mit Aus nahme von Bulgarien und Rumänien vor den Bal- tankricgen dieses Jahrhunderts. Eine Gefahr bildet der Rückgang der Geburten für Deutschland noch lange nicht, denn es ist erwiesen, daß die jetzige Nachkommenschaft lebensfähiger ist, was das Arteigen der mittleren Lebensdauer bei uns zeigt. Auch die Zahlen des Geburtenüberschusses beweisen, daß es in Deutschland noch recht gut mit dem Nach wuchs steht. Jugendpflege und Gesundheitspslege werden dazu führen, daß kein Volk Europas uns durch Las Ausstelgen der Geburtenziffer überflügelt. Der Geburtenrückgang ist eine allgemeine Erschei nung, die nicht aufgehalten werden kann. Aus ver schiedenen Gründen wird man sie nicht einmal be dauern können. Die Hauptsache bleibt, eine gesunde, kräftige Nachkommenschaft zu schaffen, auch in den unteren Ständen, die jetzt durch aroßen Kinderreich tum, aber durch vielfach kranke Kinder sich auszcich- nen. Nicht die Zahl macht es, sondern die innere Kraft eines Volkes. Ein Volk, das trotz erheblicher Vermehrung seines Heeres noch 08 000 taugliche junge Männer zurückweisen muß, weil es sie im Heere nicht unterbringen kann, steht nicht auf dem Aussterbeetat. Deutscher Reich. * Esperantovereinigung deutscher Lehreroereine. Auf einer von der Elperantovereinigung sächsischer Lehrer, Abteilung des Sächs. Lehrcrvereins in Kiel cinberufenen Sondersitzung beschloß man, die bisher aus Sachsen beschränkte Vereinigung auf das Reich auszudehnen unter dem Namen Esperanto- Vereinigung deutscher Lehrer. Der Sitz ist in Dresden. O * Die künftigen Schwiegereltern des Prinzen Oskar beim Kaiserpaar. Zur Frühstücks afel beim Kaiserpaar im Neuen Palais waren am Freitag ge laden die Kronprinzeisin, Prinz und Prinzessin Eitel Friedrich. Prinz und Prinzessin August Wilhelm, Prinz Oskar. Staatsminister Graf v. Äassewitz mit Gemahlin und Tochter, der Braut des Prinzen Oskar, sowie der Hausminister Graf v. Eulenburg. * Der Vaterländische Frauenverein hielt am Freitag mittag im preußischen Abgeordnctenhause in Berlin seine 18. Mitgliederversammlung ab, die sehr gut besucht war. Anwesend waren n. a. die Kronprinzessin als Vertreterin der Kaiserin, Prinzessin Heinrich, Gräfin von Jtzcnplitz, Vereins vorsitzende, Gchcimrätin Noeldschen, stellvertretende Vorsitzende, Staatsminister v. Moeller, Herzogin von Ratibor, Prinzessin Elisabeth von .Hohenlohe-Schil lingsfürst, Fürstin Bentheim, Frau Kriegsminister v. Falkenhayn. Der Tomchor sang Psalm 100, Komposition von Otto Nicolai. Ter Wortführer, Staatsminister Dr. v. Moeller, begrüßte die Kron prinzessin und gedachte der Toten des letzten Jahres. Ter Schriftführer des Hauptvereins, Oberverwal tungsgerichtsrat Kühne, erstattete ausführliche Mit teilung über die Rote-Kreuz-Sammlung und ihre Bedeutung für KriegSvorbercitungen der Note-Krcuz- Vercinigungen. Der Geschäftsführer, Oberstabsarzt a. D. Dr. Fried heim, gab in dem Rechenschafts bericht einen allgemeinen Ueberblick über die außer ordentliche Entwickelung des Frauenvereins- Dfe Mitgliederzahl beträgt rund 592000. Neben dem großen Erweiterungsbau des .Krankenhauses.. des IweigvereiirS Frankfurt (Mmrr) stiüdknc Neüsfrun düng eines Säuglings-Cecilienhcims des Zweig- vcrcins Hannover und das Hohenlohe-Schwcstcrnhcim Walchensee des Provinzialvereins Berlin hervorzu heben. Frau Dr. Fried ent ha l-Nicolassec sprach über die Fürsorge für die aus dem Säug lingsheim entlassenen Kinder. Mit dem Gesang des Tomchors „Ich hebe meine Augen auf", von Albert Becker, wurde die Sitzung geschlossen. — Ter Ver sammlung war am Donnerstag abend ein von etwa 400 Vercinsmitglicdcrn besuchter Bcgrüßungsabend in den Erfrischungsräumen des Abgeordnetenhauses vorausgcgaugen. * Subventionen für Lastkraftwagen. Wie die „Leipz. Ztg." von unterrichteter Seite hört, wird die vrittes Leipziger Sach-Zest. II. In dem gestern mittag im Großen Gewandhaus wale siattgefundcnen Chor- und Orchester- tonzert führte Johann Sebastian Bach seine Ge meinde hinaus in die Weltlichkeit. Den Eingang bildete die C-Dur -Sonate für Orgel. Unter ihresgleichen die fünfte der Zahl »ach, ist sie für Pedalklavier mit zwei Manualen ge rächt. Bach verfolgte mit diesem, aller Wahrschein lichkeit nach 1727 vollendeten Zyklus von „Trios", wie die Kompositionen ihrer strengen Dreistimmigkeit halber auch genannt werden, zugleich einen instruk tiven Zweck. Er schrieb sie, wie Forkel zu berichten weiß, als Vorübung zum Orgelspiel für seinen Sohn Wilhelm Friedemann, der bald darauf als Organist »ach Dresden ging. Diese wie die übrigen drei- iätzigen Sonaten weisen viele verwandtfckrastliche Züge auf mit jenen für Violine allein, nur daß in ihnen in weit strengerem Maße als dort die Drei stimmigkeit gewahrt erscheint. Als das Pedalklavier abkam, begann man sie für das Orgelspiel zu ver wenden. Der Form nach schließen sie sich der italieni schen Kammerjonate an und geben wiederum den Be weis für ihres Schöpfers immer Neues hervor bringende Phantasie und vielseitige Gestaltungslunst, die auch einem anscheinend vielleicht an sich weniger bedeutenden Thema gegenüber nie versagt. In mitten zweier lebhaft bewegter Sätze findet sich ein Largo, das ganz eigenartig improvisatorisch anmutet und wohl für manchen Hörer als der wertvollste Teil des Ganzen gelten mag. Zu den bekannteren und vornehmlich in den letzten Jahrzehnten wieder mehr zu Auf- und Annahme ge langten Werken Bachs gehören die sogenannten Brandenburgischen Konzerte, deren sechs im Jahre 1721 vollendet vorlagen und dem Mark grafen Christian Ludwig zugesandt wurden. Sic sind, wie Bach sie bezeichnete, Konzert« für mehrere In strumente. Das speziell hier in Frage kommende ist für Violine und Orchester bestimmt und enthält außer den drei Hauptsätzen noch einen aus einem Menuett und einer Polacca bestehenden Anhang, der sich fast ausnimmt wie der wohlverdiente Lohn nach adge- leistcter ernster und schwerer Arbeit. Die Eigentüm- lichkeit dieses wie aller Brandenburgischen Konzerte beruht in dem Prinzip des gruppenweisen Musizie rens, in der wechselseitigen Ablösung der teilnehmen- den Faktoren und wieder ihrem vorübergehenden Zu sammenschlüsse. Im ersten Satz ist alles impulsiv br- wegt, dabei die Korrespondenz der Tonarten in aller Konsequenz fcstaehalten und die leichte Uebersicht allerorten gewahrt. Der zweit« Satz ist «in D-Moll» Adagio von wunderbarer, die Empfindung des Hörers ohne weiteres ergreifender Schönheit. Es »enthält ein Stück jener großen und tiefen mensch lichen Persönlichkeit, wie sie sich später eigentlich erst bei Mozart und vornehmlich bei Beethoven zu vollster subjektiver Freiheit gesteigert vorfinden sollte. Ebenso eigentümlich wie das Klangkolorit ist auch L'e Stimmführung der einzelnen Instrumente und von trostlos pessimistischem Anhauch überhaupt die allgemeine Stimmung. In einem grellen Kon- nast zu dieser steht inhaltlich und ausdrucksgemäß der folgende, wieder in schnellem Zeitmaß gehaltene Satz, der aufs neue alle vorhandenen Kräfte zusammen- nimmt und in grandiosem Jubel das Werk zu Ende führt. Die noch angefügten Tänze, die man mit dem Bachbiographcn Spitta als Forderungen der Zeit an sehen darf, stehen mit dem Konzert selbst in kaum einem Zusammenhang. Poll schöner und von seelischer Innigkeit durchtränkter Musik ist das Menuett, das in seiner Ruhe weniger einem Tanz als vielmehr etwa einem feierlichen Reigen gleicht. Als drittes Jnstrumentalwerk erschien das A-Moll-Konzert für Klavier, Violine und Flöte mit Orchester. Der Eingangsfatz ist eine Umarbeitung eines Präludiums und einer Fuge in der gleichen Tonart für Klavier allein. Aber nur ein Meister wie Bach vermochte auf solche Art etwas bereits Gesagtes nochmals, und zwar zu weit be wegterer, innerlich unendlich gesteigerter und stets kraftvoller sich äußernder Mitteilung zu bringen, die in dem abschließenden dritten Satze sich wenn irgend möglich noch mehr, und zwar in beinahe moderne Empfindungen auslöiender Art aufs Uederraschcndste betätigt. Auch der langsame Satz dieser Komposition ist einem bereits oorlkindencn Werk entnommen. Er stammt aus der D Moll-Orgclsonate zu drei Stim men und ist in seiner neuen Gestaltung vielleicht in noch verstärktem Maße ein die reinste menschliche Empfindung widersp'egelndes musikalisches Gebilde. Zwischen den Jnstrumcntaloorträgen standen zwei Vokalnummern. In gewissem Sinne neu mochte das Dramma per mustca: „Hercules auf dem Scheidewege" anmuten. Bach übernahm diese 1788 für die Geburtstagsfeier des sächsischen Kur prinzen komponierte Feslkantate als einzelnen T->il mit neu unterlegtem Tert später in das W^ihnackis- oratorium. Die«e Musik selbst ist hinlänglich bekannt und, in gewissem Abstande von der Matlhäu- paf'ion beurteilt, auch volkstümlich geworden, so daß für diesmal von einer analy'ischen Skizze Abstand ge nommen werden darf. Die „Handlung" ist eben falls lnkannt. Hercules, d. h. der Kurprinz, hat auf feinem Lebensweg die Wahl, der Tugend oder dem Laster nachzufolgen. Selbstredend bekennt sich „der holde Friederich zur Nachfolge der ersteren, und der Erdkrei» ist daro4» entzückt. Von rein geschichtlicher Seite bot es ohne allen Zweifel Interesse genug, sich Bachs Werk auch einmal wenigstens in seiner text lichen Originalgestalt vorführen zu lasten. Aber Picanders Reime sind doch recht elend und machen es auch Dem Gutwilligen schwer, sich in Len Geist der Zeiten zu versetzen", der solch geschmacklos unpoetisches Zeug ans Licht beförderte. Was die Uebertragung ins Weihnachtsoratorium anbelangt, so pflichten wir Albert Schweitzers Meinung bei daß es nämlich un glaublich erscheine, wie derselbe, stets auf charak teristischen musikalischen Ausdruck ausgehende große Meister dort seiner Komposition einen fremden Tert aufzwang. Noch sei Erwähnung getan der Profan kantate ..Weichet nur, betrübte Schatten" für eine Solosopranstimmc, die Bach anläßlich einer Hochzeits feier auf den annehmbaren, den Wechsel zwischen Winter und Frühling schildernden Text eines un bekannten Poeten schrieb. Das Ganze besteht aus je vier Rezitationen und Arien, denen eine Gavotte zum Beschluß dient. Bachs Musik atmet idyllische Heiterkeit und Ruhe im Bewußtsein gesicherten seeli schen Besitzes. Sie ist ein Stück tief empfundener und mit reichen Mitteln wiedcrgegebcner musikalischer Liebeslyrik und zeigt wiederum des Altmeisters Kunst der Charakteristik, die hier n. a. auch willkommen« Anregung findet in der Schilderung einzelner Natur vorgänge. Die Vorträge dieser Matinee lösten den lebhaf testen, mehrere Male geradezu enthusiastischen Beifall aus. Schon mit Zeichen warmer Sympathie emp fangen, bot Prof. Karl Straube mit dem Städti schen Orchester in Bachs F Dur-Konzert eine hervorragende Leistung. Straffer Rhythmus herrschte im ersten und dritten Satze, stille Beruhigung war die Signatur des Andante, das am Schlüsse eine merk würdige Uebcrraschung bringt mit dem dumpfen Pizzikato der Bässe und den darausfolgenden iera- phUchen Klängen des Streichorchesters. Gewichtig, teils auch scherzhaft gaben sich dann Menuett und Polacca nebst deren stark wirkenden, immer sein ab gewogenen Kontrasten zwischen Holzblä ern, Hörnern und »treichern, überall icdoch biedere Vergnügtheit und alles fein mit Permtssion und Wohlanstand. Die Solovioline, die sich weniger konzertant als gleich unter gleichen ausnimmt, fand in Konzertmeister E. Wöllgandts Person den erwünschtesten Ver treter. Der Künstler hatte darauf Gelegenheit im A-Moll-Tripelkonzert sich nochmals auszuzeichnen. Ihm gleich taten es Prof. Jos. Pembaur am Blüthner und Maximilian Sibwedler, dessen schöner, voller und dock) kantabiler Ton jenem der Kollegen standhielt. Die Reproduktion dieses Kon'erts war von größtem Erfolg begleitet. Prachtvoll klangen di« drei Soloinstrumente zusammen, höchst anziehend Hr Kontrast gegen das Orchester. Als einleitende Znftrmnentalnummer diente Bachs C-Dur-Orgelsonate. Quentin Marvaaren spielte sie auswendig und begegnete allgemeiner, warmer Zustimmung. Viel Anziehungskraft ging vom Largo aus, diesem Zwiegesang der Manuale, dazu der Baß das einfache Fundament bietet. Der Künstler bewies tüchtiges Können und musikalischen Geschmack, der sich u. a. auch zeigte in der mit Inhalt und Dreistimmig keit der Sonate wohlharmonierenden relativ ein fachen Registrierung. Eine hervorragende Leistung wußte Gertrude Foerstel Larzubieten mit der Solokantate: „Weichet nur, betrübte Schatten", die sie zu vollster Entfaltung ihrer gesamten stimmlichen und musikalisch künstlerischen Qualitäten veranlaßte. Die Sängerin gab feinste Detailarbeit, in der Phöbus- arie blendende Koloratur und vieles nach Verlangen mit dem Ton lebhaftester Empfindung und geistiger Durchdringung, also daß man sie mehrere Male dan kend hervorrief. Starker Beifall setzte nach dem so genannten musikalischen Drama ein; cs mochte ebenso sehr dem Werl und dem Bachverein, den Solisten und vornehmlich dem verdienstvollen Dirigenten gel ten. Auch dem trefflichen Orchester wie den Solisten B. Unken st ein und F. Heintsch (Viola), A. Eleißberg und W. Heinze (Oboe). Als Herkules (mit Altstimme) gewann Emmi Leisner die Hauptehren, und besonders ihr wundervoller ge sanglicher und verinnerlichter Vortrag mochte man chem als Schutz und Wehr dienen gegen den degoutablen Text. Bon prachtvoller, rein musika lischer Wirkung war u. a. das Duett: „Ich bin dein", an dem Dr. M. Römer teilnahm, der sich zudem auch im Rezitativ und besonders in der Koloratur arie: „Auf meinen Flügeln" rühmlich hervortat. Eine treffliche Ergänzung fand das Solistenensemble durch Gertrude Foerstel und Dr. W. Rosen thal, und der Bachvercin sang mit Frisch« und Hingabe den schönen Eingangs- und jubelnden Schlußchor. m. Das zweite Konzert im aroßen Ee» wandhaussaale war auf den Kammerton ge stimmt. Wieder galt es einen Blick zu werfen auf Bachs ausgebreitetes Schaffen, das sich gestern abend von weltlicher und geistlicher Seite zeigte. Die H-Moll-Suite für Flöte und Streichorchester machte den Anfang. Die sieben kleinen Sätze bieten wundervolle Musik. Des Meisters urlcbenoige musikalische Ausdrucksweise und tiefgründige Melodik überdauerte di« Jahr hunderte, und warm berührt heute noch Bach, in sich gekehrte», unbekümmerte» Musizieren, da» zy»
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