Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 09.06.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-06-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140609016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914060901
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914060901
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-06
- Tag 1914-06-09
-
Monat
1914-06
-
Jahr
1914
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Morgen - Ausgabe kür Leipzig un» Vorort» Surch unser« Tküger V*AU Avprei^ n. UN» SpeSitrure rmai täglich in« hau« g.drachti monatlich 1.2S M., virrtrllShrlich Z.7S M. Sei Ser Geschäftsstelle, unfern Ztliaien unS ftusgadestellen adgehoit: monatlich im., vierteljährlich ZM. vurch Sie poft: innerhalb VeutfchlanS, unS -er -rutschen ftolonleu moaatllch I^S M., vierteljährlich 4.S0 M., ausschließlich postdefteUgel». va« Leipziger Lagedlatt erscheint werktags Lmai, Sonn- u. Zeiering» »mal. Sn Leipzig, Sen Nachbarorten unS Sen Orten mit eigenen Zillalen wir- Sie flden-ausgabe noch am ftdenS Se» erscheinen» in« hau» grliesert. Serliner N-Soktionr In Sen Leiten >7. Zernsprrch-ftnschluß: Moabit Nr. 447. HmrdelsFeiturrs /trntsblockt des Rates und des poll.reüuutes der Stadt Leipzig SeSaktion uoä Geschäftsstelle: Johannisgaff« Nr.». S Zernsprech-ftnschluß Nr. I4S42, I4S43 unS I4S44. ISS. Jahrgang siir Inserate au» Leiprig un» Umgebung Sie /inzeigenpre^e. ifpalttg°p»N«ieiI»2rpf.,S>»N,k!ame,»Ne>M.. von auowärts ro Pf-, Neklamrn 1.20 M., »lein« ftnzeigen üiepetitzril« m» 20ps.d.wieü«rhoi.Nab.,Inseral« von SeborSen im amtlichenTeil Sie Petit zeile SS Pf. Geschäftsanzeigen mit plaNvorfchrift im Preise erhöht. Nabatt nach Tarif. Sellagen: S: amtaufl.rM.Sa»Tauf«nS ausschl.postgeduhr. ftnzeigen-ftnnahme: ^ohannisgajser, bei sämtlichen Malen Se» Leipzig»« Tageblatt«» unS allen ftnnonrcn-expeSitionen Se» In- unS fluslanSe». Geschäftsstelle für Serlin u. Sie pr. SranSenburg: virektionWalterZlirgel, Serlin W. io, Margaretkenstraße S. Zecnsprech-ftnschluß: LüNow 447t. Nr. 287. Das wichtigste. * Das preußische Abgeordneten haus nimmt heute, Dienstag, nach der Pfingst- pausc seine Arbeiten wieder ans. (S. Dtschs. N.) * Der Verein Deutscher In ¬ genieure ist iu Bremen zu seiner dies jährigen Tagnng znsammengetreten. (2. Dtschs. Reich.) * Der Vvm Präsidenten Poincars nrit der Kabinettsbildung beauftragte Parlamentarier Ribot hat sich über die Annahme des Auf trages noch nicht entschieden. (S. bes. Art.) * Die albanische Regierung hat sich be reit erklärt, die schuldigen holländischen Offiziere zu entlassen. (S. des. Art.) * Huerta hat den Befehl, Tampico zu blockieren, zu rück genommen. (S. bes. Art.) Zur deutsch - französischen versiänöigungs - Konferenz. Von Dr. Gerhart Bollert, M. d. R. Ueber die Zusammenkunft von Basel haben sich bisher von deutschen Parlamen tariern vornehmlich nur die fortschrittlichen geäußert. Es wird unsere Leser inter essieren, mit welchen Eindrücken ein natio nalliberaler Abgeordneter von der Ver ständigungskonferenz zurückgetchrt ist. Un sere eigne Auffassung haben wir in der Morgenausgabe vom 3. Juni dargelegt. Tic Tage von Basel liegen hinter uns. Am Pfingstsonnabend sind die parlamentarischen Ausschüsse der deutsch-französischen Verstündi- gungskvnfercuz zusammengetreten, um über Masiiiahi.i.'il zu beraten, die das angestrebte Ziel verwirklichen sollen. ES fehlt in unserer Partei nicht an Män-> nern, die einer solchen Kundgebung skeptisch, wenn nicht direkt ablehnend gegenüberstehen. Sie befürchten, das; solche gemeinschaftliche Kon ferenzen Parlamentariern nicht die genügende Vertiefung bieten, um großen völkerbewegenden Problemen nachzugehcn. Andere glauben, daß die Zeit überhaupt und insbesondere die gegen wärtige Lage unserer auswärtigen Politik nicht dazu angetan sei, um Fragen der Kultur und Humanität zu behandeln. Man kann solche Ge danken und Empfindungen verstehen, braucht ihnen aber nicht so weit Raum zu geben, um sich abseits aller Verstündigungsversuche zu stellen. Nimmt man diejenige Stellung dazu ein, die eine kühlere Erwügnng vorschreibt und das Bewußtsein, daß die Politik noch immer wie seit alters von sehr realen Faktoren be stimmt wird, so ist ein gemeinschaftliches Zusa in menwirke n rn ernster Arbeit dur ch- aus möglich und in Basel auch tatsächlich geleistet worden. Die Konferenz in Basel hat die Berner Konferenz des Jahres 1913 fortgesetzt. Waren da mals bei dem ersten Zusammentreffen die fran zösischen Parlamentarier in der großen Uebcr- zahl, so stellten diesmal die deutschen Abgeord neten die Mehrheit. Hinter den deutschen De putierten stand fraktionsmäßig geschlossen die fortschrittliche und sozialdemokratische Partei, da zu tommen etwa -10 Abgeordnete des Zentrums, 9 Elsaß-Lothringer und einige Mitglieder der n a t i o u al li be r a le n Partei. Der größere Teil des Deutschen Reichstages will daher der be wußten Mitarbeit zum Zwecke der Verständigung mit Frankreich sich nicht verschließen. Diese Stimmung wird in beiden Ländern kein Staats mann unbeachtet beiseite tun können. Es war überraschend, wie schnell in Basel der beiderseitige vorhandene gute Wille, posi tive Vorschläge zu machen und einen Weg zu gegenseitiger Verständigung zu finden, zu prakti schen Resultaten führte. Man ist zunächst viel leicht unter dem Drucke historischer Vorurteile geneigt, die heiklen Fragen (Elsass-Lothringen, Fremdenlegion usw.) für unüberwindlich zu hal ten, so daß man aus der Diskussion für beide Teile keine Annäherung, sondern eine Entfrem dung erwartet. Jedoch haben die Franzosen hier in beachtenswerter Weise Sinn für historische Wirklichkeit gezeigt, indem sie auf der Berner Konferenz in der Resolution erklärten, daß gemäß dem Willen des elsaß-lothringischen Land, tages die beiden Kulturvölker um Elsaß-Loth- ringen keinen Streit führen dürften, und daß die Verständigung zwischen den beiden Völkern der einstimmig ausgesprochene Wunsch des aus dem allgemeinen Stimmrecht hervorgegangenen Parlaments von Elsaß-Lothringen sei. Auch diesmal sind die französischen Deputierten in die Verhandlung eingetreten in der Ucberzeu« gung, daß eine'Verständigung ohne jede Erörte rung der elsaß-lothringischen Frage möglich und notwendig sei, und aus diesem Bewußtsein her aus haben die Verhandlungen einen befriedigen den und verheißungsvollen Lauf genommen! Dienstag, üen 9. Juni. In der Resolution, die einstimmig in der ge- meinschaftlichen Sitzung beraten und angenom men wnrde, ist zunächst der Beschluß enthalten, einen R a ch richtendicn st zu organisieren, da mit Deutsche und Franzosen gegenseitig unter richtet werden über den wahren Sachverhalt der Ereignisse, die allzuoft durch tendenziöse Besprechungen und leidenschaftliche Erörterungen entstellt werden. Das Komitee hat damit sein bisheriges Ar beitsfeld, das lediglich auf rein parlamentari schem Gebiete sich bewegte, auf das Feld der Publizistik ausgedehnt. Es ist kein Zweifel, daß hier viel Gutes geschehen kann und nach geholt werden maß. Jeder törichte Hetzartikel eines Winkelblättchens oder unkontrollierte und unkontrollierbare Reden werden von gewissen Kreisen hüben und drüben eifrig gesammelt und finden ihren Weg in die Oesfentlicyteit. Wenn auf beiden Seiten der ehrliche und ernste Wille zum Frieden betont und vor aller Welt erklärt wird, daß in Deutschland und Frankreich die erdrückende Mehrheit des Volkes, insbesondere auch die Kreise vvu Besitz und Bildung, keine rachsüchtigen Empfindungen hegen, so muß bei behutsamem und vorsichtigem Ausbau des Wer kes mit der Zeit der Erfolg sich einstcllen. Man ist in Basel aber noch weiter gegangen. Wenn bisher die Schweiz uns ihre Gastfreund schaft erzeigt hat, die auf die Verständigung zwischen beiden Ländern angewiesen ist, so ist nunmehr in Aussicht genommen, den neutra len Boden zu verlassen und ans dem Boden des „Erbfeindes" selbst die nächste Zu sammenkunft zu veranstalten. Es sollen an dem gleichen Tage und noch in diesem Jahre in Deutschland und Frankreich zwei i n t e r p a r l a m e n t a r i > ch e V e r s a m in l u n- gen veranstaltet werden, an denen in jedem der beiden Länder die auf dem Boden der Konfe renz stehenden Abgeordneten teilnehmen werden. Begreiflicherweise wird man mit Paris und Ber lin nicht den Ansang machen; das erscheint auch nicht nötig. Ein ungeschicktes draufgängerisches Vorgehen kann hier nur Keime, die einer zar ten Pflege bedürfen, zertreten und zuschanden machen. Di' F anzosen hacei u ifere .Einladung, zu uns zu tommen, freudig angenommen, uno wir haben gewiß keine Veranlassung, einem Be such in Frankreich uns ablehnend gegenüber zu stellen, unser deutsches Geistesleben ist bis in seikie feinsten Verästelungen hinauf mit französr'- scher Kultur durchtränkt — eine notwendige Folge des Umstandes, daß die französische Sprache seit Jahrhunderten die Sprache des HofeS und der eleganten Welt gewesen ist und vielfach noch heute ist. Preußeu hat bis zu den Zeiten der Reichs gründung iu traditioneller Freundschaft zu Ruß land gelebt. Diese Freunoschaft ist seit dem Erstarren Deutschlands und insbesondere seit dem Berliner Vertrage nicht ohne schwere Störung geblieben. Niemand wird leugnen, daß gerade jetzt die Stimmung bei unserem östlichen Nach bar viel zu wünschen übrig läßt. Man kann fragen, ob vielleicht nach dem Wil len der Weltgeschichte die traditionelle Freundschaft zu Rußland das Korrelat zu der traditionellen Feindschaft mit Frankreich darstellt. Wäre es der Fall, so erscheint heute aussichtsvoller denn je eine engere Fühlung nahme mit Frankreich auf der Grundlage einer freundschaftlichen, aus gegenseitiger Hochachtung sich aufbauenden Politik. Der Gedanke der Ver ständigung marschiert. Es erscheint ausgeschlos sen, daß die auswärtige Politik heute sich mit der gemeinsamen Ucberzengung des Volkes in Widerspruch setzt. Wir find gewiß keine Phan tasten; manche Unebenheit, manches Mißverständ nis wird noch aus dem Wege zu räumen sein. Aber die Tagung in Basel hat unzweideutig be wiesen, baß der ehrliche Wille stärker ist als alle Unvernunft. vor einer präfl-entenkrisisl Die von uns in kurzen Zügen bereits im gestrigen Morgenblatt gekennzeichnete Verworren heit der innerpolitischen Verhältnisse Frankreichs wird durch folgenden Brief unseres Pariser U.-M i t ar b e i te rs in allen Teilen bestätigt und durch weitere Mitteilungen ergänzt: Paris, 7. Juni. „Die Ministerkrisis, die durch d»rn freiwilligen Rücktritt des Kabinetts Doumergue hervorgeruicn wurde, hat sich durch das Scheitern des Kabinetts Biviani zu einer nationalen Krisis aus. gewachsen. Frankreich ist heute in zwei Lager ge spalten, in ein patriotisches, militaristisches und recht chauvinistisches und in ein sozialistisch-radikales, das in der dreijährigen Dienstzeit den Triumph der Re aktion erblickt, dem Rüstungswahnsinn ein Ende be reiten und sein Vertrauen in internationale Frie denshoffnungen sehen möchte. Die Lage ist schlimmer wie vor den Neuwahlen, unentwirrbar, und man hat das Gefühl, daß, wenn nicht ein Wunder geschieht, allein irgendwelcher Staatsstreich, und wäre cs auch nur eine Verkündung „persönlicher Macht" des Präsidenten, die Lösung bringen kann. Von allen Seiten drängen die staatserhaltendcn Elemente Raymond Poincarv zu energischem Eingreifen. Cs wird ein gewaltiger Druck auf ihn ausgeübt, damit er keinerlei Abschwächung des Militärgesetzes zuläßt. Woran scheiterte Vioiani? Offiziell, weil er sich nicht mit den geeinigten Radikalen über den W o r t. laut der Regierungserklärung in Hin- sicht auf Vie dreijährige Dienstzeit einigen konnte. In Wahrheit aber, weil er dem Präsidenten der Republik bestimmte Versprechungen über diesen Wortlaut machen mußte und weil er daran nicht mehr rütteln durste. Während der Beratung der neuen Minister erfolgte ein wahrer Sturmlauf auf Viviani. Der Generalissimus Jofsre hatte zwar dementieren lassen, er habe irgendwen beauftragt, von seiner Demission zu sprechen; aber es war ein öffentliches Geheimnis, daß er entschlossen ist, mit großem Gestus seinen Zweimaster und Degen weg» zuwersen, wenn auch nur das Prinzip der dreijähri gen Dienstzeit angetastet werden sollte. Aus Peters burg hatte man den Nachfolger Delcassts, Botschafter Pal6ologue, eigens nach Paris kommen lassen, der Viviani das Haus einlief, um ihm mit seinem sofortigen Rücktritt zu drohen, falls die Regierungs erklärung eine Abschwächung des Militürgesetzes an kündige, und der versicherte, daß dies das Ende des Zweibundes wäre! Diesmal wird nicht dementiert, das „Petit Journal" des früheren Ministers des Aeußern Pichon bestätigt ausdrücklich diese diplo matische Erpressung des Quai d'Orsay, dessen Direk tor Palöologue noch vor wenigen Monaten war. Uno um die Panik zu vollenden, standen im ministe riellen Vorzimmer plötzlich Präsident und Direktor der Vanque de France, um zu melden, daß es zum Staatsbankerott käme, wenn nicht unverzüglich die Anleihe ausgeschrieben würde — die Anleihe, von der Radikale und Sozialisten nichts wissen wollten. Der Wortlaut der Formel, die in der Regie rungserklärung stehen sollte, lautet: „Die Negierung wird in kürzester Frist Gesetz entwürfe über die militärische Ausbildung der Jugend und die Neuorganisation der Reserven einbringen, die bestimmt sind, die Defensivkraft einer Nation zu mehren, die stets nur an die Ver teidigung ihrer Ehre, ihrer Heimat und ihrer Freiheiten gedacht hat. Erst nach Annahme dieser Entwürfe, ihrem Inkrafttreten und dem Beweis ihrer Wirksamkeit, die aus ihrer Anwendung her vorgehen müßte, würde eine Regierung, wenn eine Veränderung der auswärtigen Umstände es er laubt, eine Erleichterung der Militärlastcn Vor schlägen können. . . . Die Regierung könnte nicht cinwilligen, auf eine frühere Entlassung der jetzt ünter den Fahnen stehenden Jahrgänge hoffen zu lassen." Diese verwickelten Sätze, die zugleich Gegner und Anhänger der drei Jahre befriedigen sollten, wurden von den Radikalen Justin Eodart und Ponsot ange griffen. Insbesondere wollten sie das Einschiebsel „wenn eine Veränderung der auswärtigen Umstünde es erlaubt", gestrichen wissen. Hierüber kam es zu einer heftigen Debatte. Als die Radikalen einsahen, daß Vioiani sich auf eine Formel hatte festlegen laßen, die nn Widerspruch mit ihrem Programm von Pau stand, und als Vioiani erkannte, er werde den ganzen linken Flügel der Kammer gegen sich haben, ließ er sein Kartengebäude umfliegen und ver zichtete. Paul Deschanel, der am Freitag mit 111 Stimmen erneut zum Kammerpräsident gewühlt worden war, verzichtete dankend auf das Angebot, seine aufgefrischte Beliebtheit bei einem so undank baren Experiment wie es gegenwärtig die Kabinetts bildung ist, zu verlieren. Und Th6ophile Del- cassö konnte nicht gleich ins Elysee kommen, weil ihn ein Furunkel plagt. Ratschlüge aller Art werden erteilt. Bon rechts, Poincarö möge zunächst von seinem verfassungsmäßigen Recht Gebrauch machen und an die Kammer eine Botschaft richten, damit sie vor jeder weiteren Kabinettsbildung eine prin zipielle Abstimmung über die dreijährige Dienstzeit vornehme, und, falls ihr Votum dem Landeswohl zuwiderlaufe, Neuwahlen aussch reiben, die dann allein über die Rüstungsfrage stattfinden und zweifellos eine starke patriotische Mehrheit erbringen würden. Zentrumsleute raten, der Präsident möge, wenn Delcasfs nicht wolle, Clemenceau berufen, der überzeugt für die drei Jahre eintritt. Das würde von feiten Poincarc-s ein großes Zugeständnis be deuten, da Clemenceau ihn seit der Wahl in Ver sailles unausgesetzt persönlich angegriffen und den Sklaven der Reaktion genannt hat. Von selten Clemenceaus aber würde es oorausjetzen, daß er ge willt ist. mit einer Mehrheit der Rechten zu regieren! Schließlich verlangen die geeinigten Radikalen, daß Emile Combes mit der Bildung eines reinen Block-Kabinetts, gestützt auf die Sozialisten, betraut, d. h. im vornherein die antimilitaristijche Politik vom Elysee anerkannt wird. Denn Combes hatte in seinem vielbesprochenen Interview des „Radikal" gesagt, die Partei müsse gleich zu Beginn der Legis latur ihren Entschluß erklären, zur zweijährigen Dienstzeit zurückzukehren, allerdings erst nach Durch führung geeigneter Maßregeln. Man darf annehmen, baß der Präsident durch die Berufung Ribots einen letzten äußersten Versuch machen will, ein „Konzentrationsministerium" zu bilden, damit sich die Anhänger der dreijährigen Dienstzeit zählen können. Gelingt dies nicht, dann stehen ernste Ereignisse bevor. Ein Ministerium Combes ist gleichbedeutend mit einer Prä sidenten- oder V e r f a s s u n g s k r i s e." * Im übrigen ist bis zur Stunde, da diese Zeilen geschrieben werden, noch keine Entscheidung gefallen. Der greise Ribot bespricht sich offenbar immer noch mit seinen Freunden und zögert, ohne die Lage da durch zu verbessern. Wir erhalten noch folgende Drahtmeldungen; Pari», 8. Juni. Ribot, der u. a. auch Combes aus gesucht hatte, erklärte, er habe Combes in seiner Eigenschaft als Präsident der Demokratischen Linken 1914. des Senats, nicht um ihm ein Ministerportefcuille» anzubieten, einen Besuch abzestattct. Ich habe übrigens, jagte er niemand ein Portefeuille an geboten und kann es auch noch nichl; denn bevor ich annehme muß ich die Lage prüfen und mit mir selbst ernstlich zu Rate gehen. Die Wirren in Albanien. Die italienische Presse setzt ihren Feldzug gegen die Regierung des Fürsten Wilhelm fort und be mängelt, dcm die Untersuchung der Papiere der ver- hafieten Italiener durch eine albanische Kommission geschehen joll. Die italienischen Korreipondenten werfen deshalb dem italienischen Gesandten Aliotti. den sie zuerst nicht genug loben konnten. Mangel an Energie vor. Die Opfer des Konfliktes mit Italien werden wahrscheinlich die holländischen Jn- struttionsosfiziere sein, die durch andere crietzt werden sollen. Wir verzeichnen folgende Meldungen: Italienische Unzusried nheit. Rom. 8. Juni. Die italienischen Korrespondenten in Durazzo sind über den italienischen Gesandten Aliotti, dessen Energie sie bisher in den Himmel gehoben haben, ungehalten, weil er zugab, daß die dem Obersten Muricchio abgenommenen Pa piere von albanischen Beamten geprüft werden. Nach Ansicht der Korrespondenten hätte der Gesandte die Herausgabe der Papiere fordern und erklären sollen, daß Albanien kein Recht habe, italienische Staatcbüroer zu behelligen. Im übrigen beklagt sich die Presse über die zunehmende M i ß st l m m u n g gegen Italien in Albanien uno die jyileinaiiiche Verdächtigung der Haltung Italiens. „Messagero" lügt aus Durazzo melden, auch im Palais glaube man fest die Mit schuld Italiens an dem gegenwürtigen Auf stande, dessen Ziel nach dieier Auffassung gewesen sei, das österreichfreundliche katholische Element zurückmdrängen und den für Italien gewonnenen Muselmanen das Uebergewicht zu ver schaffen. Fürst Wilhelm habe alle Italiener vom Hofe entfernt und persönlich den Kampf gegen die angeblichen italienischen Ränke ausgenommen. Der holländische Hauptmann Saar setze kein Ver trauen in die Mannszucht, den Gehorsam und die Kampflust der Malissoren, die nur der wechseln den Eingebung der eigenen Führer folgen. Jeden falls würden die mujelmaniichen Stämme nicht gegen die Aufständischen kämpfen. Die Aus söhnung der Aufstänoifchen mit dem Fürsten werde durch das Gesetz der Blutrache verhindert. Die Ersetzung der schuldigen holländischen Offiziere. Durazzo, 8. Juni. (Agenzia Stesani.) Gestern hatte der italienische Gesandte eine Besprechung mit dem Fürsten Wilhelm und den Ministern, die an erkannten, daß der holländische Oberst falsch gehandelt habe, und versprachen, volle Ge nugtuung zu geben. Der italienische Gesandte bestand auch auf Prüfung der Papiere, diese wurde seitens einer gemischten Kommijsion vorgenommen, weil der Gesandte die Haltlosigkeit der Anklage be weisen will. Es heitzt, die holländischen Offiziere, besonders Oberst Thomson, verweigern der albane- sischen Regierung den Gehorsam, weil sie ihr Amt aus dem Mandat der Mächte herleiten, wie es auf der Londoner Konferenz beschlossen worden ist. — Die albanische Regierung richtete an den ita lienischen Gesandten ein offizielles Schreiben, in dem sie die bereits abgegebenen Versicherungen wiederholt, daß sie Italien für die Verhaftung des Obersten Muricchio Genugtuung geben wolle. — Sobald die Kommiffion, die die Papiere prüft, die Schuldlosigkeit Muricchios sestgestellt hat, wird die albanesische Regierung die holländische Regierung um Erfetzung der für den Vorfall verantwortlichen Offiziere ersuchen. Begeisterung in Balona. Balona, 8. Juni. Oberstleutnant Thomson ist zur T e i l n a h m e an der Versammlung der Notabeln hier eingetroffen. Seine Aufforderung zur Bildung eines Freiwilligenkorps gegen die Rebellen wurde mit großer Begeisterung und Ovationen für den Fürsten und die Regierung ausgenommen. Er kehrte darauf nach Durazzo zurück. Heimkehr des Hofmarschalls v. Trotha. Triest, 8. Juni. Der Hofmarschall des Fürsten von Albanien v. Trotha hat sich von Trie st aus wieder nach Albanien begeben. Die Erfüllung der epirotischen Wünsche. Nom, 8. Juni. Die internationale Kontrollkom mission wird sich demnächst nach Korfu begeben zur Durchführung der Verwaltungsorgani» sation in Epirus. Vie verhinderte Slockade von Tampico. Die Amerikaner werden durch ihre Zickzackpolitik in Mexiko von einer Schwierigkeit in die andere gebracht. Offiziell führen sie mit Huerta nicht Krieg, anderseits aber ist es ihnen sichtlich unangenehm, wenn dieser irgendeinen Vorteil erzielt Als seiner zeit die deutschen Schiffe Munition für Huerta landen wollten, suchten die Amerikaner nach einem Vor wand, es zu hindern; da Huerta die Waffenlieferung an die Rebellen durch die Blockade von Tampico unterbinden wollte, erklären sie, daß Tampico ein offener Hafen bleiben müsse, und unterstützen dadurch die Rebellen. Huerta hat nachgegeben, aber seine Neigung zu einer friedlichen Verständigung mit Amerika wird dadurch kaum verstärkt worden sein,. Wir verzeichnen folgende Meldungen: Vorbereitungen der Rebellen. New Pork, 8. Juni. Nach einer Depesche au» Tampico errichten die Rebellen in Erwartung eines Angriffes von Huertas Kriegsschiffen
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite