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Seite 18. Nr. 284. Sonntass-Nusgsüe. Leipziger Tageblatt. Sonntag, 7. Juni 1914. daß es nicht möglich ist? ^ch hörte kürzlich, wie eine eines Unterbeamten, die früher Der. sagte: „Wenn ich gewußt hätte, was viel Arbeit ein kleines Kind macht, Der wurde kirchliche Nachrichten. Lutherkirche: Sonntag V>10 U. Pasl. Dank, A. (SU. B.l: V-12 U. K-Ä.: Past. ZiervS»; Ü N. ders. Dienstag abb 8II Unterrckung mit den konfirmierten Tüchten»: Pafl. Zierow. Mittwoch abd. V'9U. Unterredung mit den konf. Söhnen: Pan. Ziervld. Donnerstag früh 10 U. Wochenkommunion: Past. Pank: abd?. U. Bibelbesprechung: Predigttext des folgenden SonntagS: Pf. v. Jeremia» (in der Lutherkirche). dem billiger und sauberer. Während die cleltrisä>en Klingeln über nur in Wirksamkeit treten, wenn wirklich Gefahr droht, stören die Hunde fort gesetzt die Nachtruhe sämtlicher Hausbe-wobner, denn die Hunde schlagen nicht nur an, wenn Einbrecher kommen, sondern auch wenn friedliche Hausbewohner ihre Häuslichkeit aufsuchcn. Aus diesem Grunde ge hört der Hund nicht ins Haus. Aber auch in den Höfen machen sich die Hunde häufig unangenehm be merkbar. Dcch aber die Menschen ein Anrecht auf ungestörte Nachtruhe haken, ist bereits wiederholt ge richtlich entschieden worden. Es wird daher nur mit Freuden beglicht werden, wenn die Hundehaltung eingeschränkt würde, selbst aus die Gefahr hin, daß der Steuerfäckcl dadurch eine Einbuße erlitte, r. Kabarett Vlumenfäle. Ich habe selten so gerne den heiteren Tempel be treten, den man an der Promenadenstraße der leicht beschwingten Muse errichtet hat, als in diesem Monat, da der Name WoldemarSacksam Kopfe des Programms paradiert. Denn mit diesem Künstler wird die Erinnerung wach an die Zeiten, da das literarische Kabarett die Feinschmecker einer selten servierten geistigen Kost in seinen vom Weih rauch einer neuen Kunst erfüllten Räumen zu be trachtender Andacht versammelte. Da das Alltägliche mit dem Uebcrwurf in der Garderobe abgegeben und da» Neue, um nicht zu sagen das Unerhörte, geprüft wurde auf dichterische und künstlerische Qualitäten. Da das Augenblickliche und das im schnell auflodern den Gefühle Geborene einer Jury von künstlerisch gleichgesinnten Seelen vorlag und manches, das die große Menge (»Banausen" und „Philister" war da» mals das gebräuchlichste Wort!) für Spreu erklärt hatte, als Weizen in die Scheuern gesammelt wurde. An diese Zeiten wird man erinnert, wenn man Woldemar Sacks vor dem Kabarettpublikum des Jahres 1914 sich verneigen sieht. Ein Kontrast für wahr seltsamer Art. Ein Künstler, der so rein gar nichts von dem bringt, das man zu erwarten ge- wohnt ist. Der kein Humorist und noch weniger ein Komiker ist und trotzdem fröhlichere Heiterkeit aus löst als mancher Otto Reuter. Man hat sich damit abgefunden — und auch wirkliche Freunde des Ka baretts haben sich damit abfinden müssen —, daß es in dem Programm eines Kabaretts nicht mehr viel zu reformieren gibt. Nur dem Idealen kann heute eben eine Stätte der Unterhaltung nicht dienen, auch wenn sie die Erbschaft einer zu rein künstlerischen Zwecken ins Leben gerufenen Institution angetreten hat. Die Konzession an den Geschmack des großen Publi kums muß eben gemacht werden. Um so erstaunter wird man sein, daß es trotz alledem auch anders geht. Woldemar Sacks beweist es und beweist zugleich, daß man auch heute noch einer Sache den Stempel der eigenen Persönlichkeit aufdriicken darf, ohne sie des halb um 50 Prozent schlechter gemacht zu haben. Er ist vielleicht der einzige von den heute noch im Ka barett auftretenden Künstlern, die ohne jede Absicht auf die Wirkung produktiv tätig sind, denen der Augenblick wertvoller ist als manche Stunde der Kinder mitzunchmen, das kleinste im Wagen, der inzwischen auf dem Trottoir steht. — Ist die Haus- frau in der Lage, sich ein Mädchen zu halten, wird sie in sehr vielen Fällen trotzdem den frühen Ladenschluß bitter empfinden, denn die meisten Hausfrauen haben trotz des Mädchens viel Arbeit. — Jetzt kann das Mädchen aber nach Erledigung der Hausarbeit gegen 7 Uhr das Abendbrot besorgen und eoent. die Kinder zu Bett bringen Helsen, und dann geht es wohl gern noch in aller Ruhe für die Herrschaft und oft auch für sich die nötigen Besorgungen machen. Das ist natürlich nicht für alle Tage maßgebend, denn jede Hausfrau wird gewiß so oft wie möglich das Mädchen schon früher ausschicken, aber ist nicht man- cher Tag so arbeitsreich, ' Und nun nur noch ein: Jl junge Frau käuferin war, für schrecklich ich hätte noch lange nicht geheiratet/ eben das Gebundcnscin, die tägliche ununterbrochene Arbeit, auch des Sonntags, zur großen Last, weil sie sie nicht gewöhnt war. Man schreibt und spricht so viel vom Geburtenrückgang, der ist auch ein« Folge von der vielen freien Zeit, die viele Menschen in ihrer Jugend gehabt haben. Die Eheleute finden dann den Zwang, den Kinder auserlegen, lästig, und bekommen lieber keine oder höchstens eins. Ist dann das groß, haben die Eltern wieder mehr Freiheit. — Wo gehen die meisten jungen Leute des Abends und Sonntags hin? Doch größtenteils zu Ver gnügungen. Ja, wäre es so wie früher, wo der Prinzipal außer den Gcschäftsstunden noch Einfluß auf leine Angestellten ausübcn durfte, da könnte man wohl noch hoffen, daß bei den jungen Leuten die „Stunden der Ruhe" vernünftigen Inhalt bekommen. Selbstverständlich werden auch viele Angestellte die freie Zeit gut und zu segenspendendem Inhalt be- nutzen. Aber man gönne doch auch der Hausfrau, der Mutter, die wenigen Ruhestunden! Ihr wird bei allen sozialen Bestrebungen sehr oft noch mehr Arbeit aufgebürdet, und sie kommt aus dem Hasten nicht heraus. Vielleicht bitte ich im Namen vieler um Beibehaltung des jetzigen 8-llhr-Ladenschlusses, denn ich kann mir nicht denken, daß nur ich allein den Uebelstand bei einer Acnderung schwer emp finden würde. Hl. Ak. Probe und Ueberlegung. Die aber im tatsächlichen Erfolge mehr erreichen als manche ihrer künstlerischen Antipoden. Sein witziger Geist, sein scharf pointier tes Denken, seine intellektuelle Ueberlegenhett, die er in liebenswürdigem Sarkasmus und beißendem Witz sich offenbaren läßt, gewähren geistiaes Labsal, wie es uns nicht so leicht geboten wird. Von den anderen derzeit in den Blumensälen engagierten Künstlern sei zuerst WaltherSchneider genannt, der über reiche schauspielerische und deklamatorische Begabung verfügt, die er mit viel Geschick in der „Erinnerung an Bismarck" von Carl Busse verwendet. Seine anderen Darbietungen finden ein sehr dankbares Auditorium, nur würde es sich vielleicht empfehlen, die „Hofequipage" wegen Alters allmählich aus dem kabarettistischen Wagenpark auszurangieren. Aus der Hofequipage ist denn doch mittlerweile eine Droschke zweiter Klasse geworden. Giza Terna verfügt über eine weittragende sympathische Alt stimme und über ein sehr realistisches Darstellungs- vermögen, so daß die Lieder „Prost ex" und „Die Tänzerin" in ihr eine sehr gute Interpretin finden. Die Conference ist in diesem Monat Toni Hofer übertragen, der zugleich ein guter Sänger ist und sich in seinen „Rednertypen" als ein äußerst witziger Pa rodist erweist. Ella Rameau ist eine pikante Diseuse, die vor allen Dingen auch Chansons bringt, die wirklich eine Pointe haben, wenngleich das Lied von der Berliner Köchin aus dem Hausschatz des Berliner Metropoltheaters gar nicht mehr aktuell ist. In Lusi Liss lernten wir ein versprechendes Talent aus dem Nachwuchse des Kabaretts kennen, das seine Wiener Lieder mit guter Stimme, sehr viel Gefühl und gutem Ausdrucksvermögen vorträgt. Jo- Hannes Richardy ist selbstverständlich der ge blieben, als den ihn die Leipziger schätzen: ein ge wissenhafter, feinfühliger musikalischer Begleiter am Flügel. -e. Früher Ladenschluß. In l-.'r Nummer 277 vom 3. Juni des „Leipziger lagebl." steht ein Artikel „Früher Ladenschluß", unter- zeichnet „Deutscher Käuferbund. Ortsgnippe Leipzig". Darin wird das Publikum gebeten, sozial zu fühlen, und sich bereitwillig den „geringfügigen" Störungen anzupassen, die ein noch früherer Ladenschluß, als wie er jetzt besteht, nach sich ziehen würde. Ich möchte den Deutschen Känfcrbund bitten, auch mal sozial für andere Menschen, in erster Reihe für die Hausfrauen, zu fühlen. Sehr zu ihrem Nachteil wird sich das ganze Haushaltungswejen durch den „zunächst" geforderten eine halbe Stunde früheren Ladenschluß verschieben. In dem Artikel heißt es: „Man muß sich eben daran gewöhnen, die Ein- käufe früher zu erledigen. Als ob das so einfach wäre? Es gibt sehr viele Gründe, die das wider legen. Sehr viel Hausfrauen haben den ganzen Tag zu arbeiten, den Nachmittag möchten sie gern aus- giebig zum "Nähen, Flicken und dergl. benutzen, im Winter die kurzen Tagesstunden dazu verwenden, cs ist aber auch nötig, daß sic zum Haushalt alles Nötige cinkaufen. Die Zeit dazu wird ihnen nun immer mehr verkürzt, schnell und hastia muß es oft ge- schchon. Ob das ein Vorteil für den Kaufmann sein wird? Hat die Hausfrau kleine Kinder, legt sie diese gewiß erst gern zu Bett, und nach dem Abend- essen, während der Mann zu Hause ist, besorgt sie die Einkäufe für drn kommenden Tag. Wird der i 8-Uhr-Ladenschluß eingeführt, vielleicht in Bälde schon ein 7-Uhr-Schluß, ist sie gezwungen, stets die