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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 06.06.1914
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-06-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140606021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914060602
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914060602
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-06
- Tag 1914-06-06
-
Monat
1914-06
-
Jahr
1914
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Aden- > Ausgabe kü« e«»p»>, "»» vor«»»« »u«h «ns«« r«»a« » UN» «p«»«t«u« ,mol täglich Io» tzan» »«»rocht, «onotUch,.««.. «I»rt«I»hrttch r.75 m. s«t »« <v.fth»st,st«u«, uns.ru Ztttnl«» «n» s»u,„»«st«ll«n adg«h»U: monatlich 1M., »i.rt.liShriich 3 M. v"ch,»>» v»str loa.rtzal» d«utschiao». ua» »«« »«utsch.n ,»i»ni«n monatlich 1^» M., vi«rt«ij»hriich 4.34 m.. au»schU«KUch poftd.st.Uarl». Vas Leipzi-rrTageblatt erscheint werktags rmal, Sonn- u. Zeiertagsimal. ö«a Nachbarort«» un» »«n »rt«n mit «Ia«n«n Mairn wir bt« Nb«n»au»gabr noch am sidrn» »«, erschein«»» in» hau» a«li«s»rt. vrrlln«Nrbatttoa: 2a ü«n2«lt»n 17, k«n»spr«ch-Nnschlust: Moabit 7r.447. HmrdelsSeituns /lnrtsblLtt desRoctes und despoUseuuntes der Stadt Lerpzrs Nröattion un» »«schSftostrU«: 1»hannl»goss« Nr.». » Z«rnspr«ch»stnschluS Nr. 14-4L 14-43 un» 14-44. ISS. Jahrgang lür 2ns«rat« au» Leipzig un» Umg«dung »i« /»UAklALtlpkkls» » ispaltig«p«titzrii«L3 Pf., »>« Nrklamerril«IM., von auswärts 30 Vs., N«kiam«n t.r» M., nl«in« Nn,«Ig«n Si.p.Mz«»« nur ro ps.b.wi«»«rhoi.Nab.,2ns«rat« von S«I>Sr»«n Im amtlich«« T«tl »i« p«ttt- zrtl« 30 ps. S«schäft»oaz»ig«n mit piohvorschrist >m pr«is« rrhSht. Nabatt nach Laris. S«iiog«n: ch«samtausi.3M.»a»Laus«n» au»schl.p»stgi-ühr. stnr«ig«n-si»nahmr: pohannisgass«», bri sämtlich«» ;ilial«n »«» L«ipzig«r Lag«dlatt«» un» ollen flnnon<«n-rxpr»ition«n »«» 2n- un» siuolan»««. ch«schäst»strll« sür Srrlln u. »i« pr.Vraabrndurg: vir«ktionwaU«rZli«-«l, Srrlln w. 10, Margarethrnstrayr ». ;«rnspr«ch»stnschluS: Liitzo« »471. Nr. 283. Lllnimbenü, »en S. Zuni. ISl4. Das wichtigste. * In Durazzo werden eifrige Borberei tungen für den Entscheidungskampf ge troffen. (S. bes. Art.) * Nachdem der Bauernbursche Tomsics einen Bauern und dessen Kran getötet hatte, verschanzte er sich auf dem Kirchturm von Groß- höflenbei Oedenburg und verletzte von dort noch 14 Personen, darunter 4 tödlich. (S. Nachr. v. Tage.) Vas albanische Lbaos. o Berlin, 5. Juni. An Berliner amtlichen Stellen fährt man fort, die albanischen Dinge mit einiger Zuver sicht zu betrachten. Man verweist darauf — was ja in der Tat der Kall zu sein scheint —, daß trotz der wenig bundesbrüderlichen Sprache der österreichischen und italienischen Presse die beiden Regierungen den ernsten Willen zeigten, die Wirren einträchtig und Hand in Hand mit einander zu lösen. Und man glaubt darüber hinaus aus den Erfahrungen des vorigen Jahres den Analogieschluß wagen zu können, daß, wenn damals sich aus dem Zusammenprall aller Bal kanstaaten kein Weltbrand entzündete, Heuer — — bei dem ungleich geringeren Anlaß — um so viel leichter ein schiedlich-sriedlicher Ausweg zu finden sein müßte. Es ist ja auch richtig, daß Oesterreich und Italien, wenn sie widereinander das Schwert zögen, wie immer der Handel aus- gingen mehr auf- Spiel setzen und schließlich mit geringerem Ertrag zu rechnen hätten, als wenn sie von dem Bemühen nicht abließen, die Auf gaben, die sie sich gemeinsam gestellt haben, nun auch gemeinsam zu lösen. In dieser Auf fassung, die nebenbei, wie wir glauben möchten, ohne jeden Optimismus angestellt wird, ist nur eines nicht mit in Anschlag gebracht: die Er hitzung der Bolksleidenschaften. Man vergißt für gewöhnlich, wenn man so die üblichen Drei bundsversicherungen über sich ergehen läßt, wie in Wahrheit die Dinge im Trentino und im Festungsviereck aussehen und welchem Feinde in Wirklichkeit das System von Befestigungen gilt, das einem schon bei einer flüchtigen Auto fahrt durch jene Landstriche auf Schritt und Tritt auffällt. An den Stellen, die es in erster Reihe angeht, vergißt man das im Moment vielleicht nicht mehr. Aber wie die Tinge liegen, kann Deutschland im Augenblick kaum mehr tun, als hüben und drüben zu Frieden und Bei trägen zu reden, und das geschieht sicherlich. Im übrigen bemüht man sich hier jedenfalls red lich, die Einmütigkeit der Mächte aus dem Reiche der Idee, um nicht zu sagen der Fiktion, in das der Wirklichkeit zu überführen. Mit wel chem Erfolge, läßt sich vorläufig schwer sagen. Man verhandelt eben. Verhandelt, nachdem der Plan einer Intervention aufgegeben worden ist, über die Entsendung von Kriegsschiffen nach Durazzo. Auch der scheinen sich Schwierigkeiten entgegenzustcllen; die Haltkng Frankreichs bleibt unklar und hinterhältig, und seine Berufung auf Rußland, das mit dabei sein müsse, obschon cs ja an der Abordnung des Detachements sich nicht beteiligt hat, sieht Ausflüchten, ja fast einer verhüllten Weigerung verzweifelt ähnlich. Und was wird aus dem Prinzen Wied, der sich Fürst, der sich König gar heißt? In Berlin hat inan den Aufstieg des Potsdamer Gardeosfi- ziers zu den albanischen Würden nicht über mäßig gern gesehen. Man hat ihn nicht er muntert, und so darf man vielleicht folgern, daß man die Aussicht auf eine mögliche Lösung sich nicht durch Rücksichten auf ihn wird allzusehr versperren lassen. Im übrigen wird man den Fürsten Wilhelm natürlich halten. Aber wir meinen doch: nur, solange er sich selber hält. In dem Aufstand allem sieht man für ihn noch keinen Grund, die Flinte ins Korn zu werfen. Man sagt sich: Fürst Wilhelm sitzt in Durazzo nicht als Erwählter des albanischen Volkes oder besser: der albanischen Statzrme, sondern als Vertrauensmann und Mandatar der Mächte, und solange die ihm ihr Vertrauen nicht entziehen, liegt für den Fürsten kein Anlaß vor, der selbst gewählten neuen Heimat, deren heißes Klima er doch wohl unterschätzte, den Rucken zu kehren. Den einen Einwand könnte man immerhin gegen diese Darstellung erheben, daß sie die Dinge vorwiegend juristisch anschaut und die ultima rstio regum, die bisweilen auch das letzte Aus kunftsmittel der Völker ist, nicht recht in Be tracht zieht. . . So bleibt aus alledem nur der Schluß: noch herrscht in, um und über Albanien das Chaos. Wir sind seit dem vorigen Jahr kaum einen schritt vorwärts gediehen: weit eher taten wir verschiedene zurück und die europäische Diplo matie mit ihrer Neigung, sich neuerdings mit Augenblicks- und Verlegenheitslösungen zu be- gnügen, hat wieder eine Schlappe erlitten. . .. O- An neuen Meldungen über die Lage in Albanien verzeichnen wir folgende: Durazzo im Verteidigungszustand. Durazzo, 6. Juni. Um jeder Gefahr entgegen» treten zu können, hat der Platzkommairdant Oberst leutnant Thomson Verfügungen getroffen, um die Stadt in d«en Verteidigungszustand zu setzen. Die Höhen nördlich und westlich der Stadt sind mit Eeschlltzgräben und anderen Verteidigungs werken versehen worden. Die den Führern zur Ver fügung stehenden Streitkräfte sind nach Ansicht hie siger maßgebender Kreise genügend, um eventuell einen Kampf gegen die Aufständischen mit Aussicht auf Erfolg durchführen zu können. Die Vorbereitungen zum Kampf. London, 0. Juni. Ueber die Lage in Durazzo meldet der Sonderkorrespondent des „Daily Tele graph": Sofort nach der Verhängung des Belage rungszustandes wurden drei Batterien von je mehreren Gebirgsgeschützen schußfertig gemacht und auf die Hügel vor Durazzo gerichtet, die von den Rebellen besetzt gehalten werden. Ein österreichischer Ingenieur von den Skodawerken ist fortgesetzt damit beschäftigt, Läe Leute in der Bedienung der Ge schütze zu unterrichten, doch bezweifelt man, daß man in so kurzer Zeit Artilleristen zur Bedienung der Geschütze wird ausbilden können. Man nimmt an, daß 2000 Mann Truppen genügen werden, um den Widerstand der Rebellen zu brechen und ganz Albanien in einem Zeitraum von 14 Tagen zu unter werfen und zur Ruhe zu bringen. Dies ist auch die Meinung der Militärsachverständigen und der Regie- rung. Doch wird andrerseits darauf verwiesen, Naß die Malissoren schlechte Soldaten sind und am 23. Mai ein Feldgeschütz und zwei Schnellfeuer kanonen einfach vor d«em Feinde zurückgelassen haben. Zwischen dem Palais und den Vorposten werden Telegraphendrähe gespannt, und von den Vorposten aus wird auch die Artillerie das Feuer eröffnen. Ueberall hört man Hammerschläge ertönen. Die Be völkerung glaubt, daß, wenn die Befestigungen fertig sind, der Bürgerkrieg in den nächsten Tagen beginnen wird, von dessen Ausgang es abhängt, ob Fürst Wilhelm weiter Herrscher bleibt oder nicht. Der Rat Italiens. Rom, 6. Juni. Wie hier verlautet, erteilte Italien dem Fürsten von Albanien den freund schaftlichen Rat, seine Entschließungen und Verhand- lungen möglichst in Uebereinstimmung mit dem Standpunkt der Kontrollkommission zu bringen, die Europa vertrete. Wie d«er Fürst den Rat ausgenommen hat, ist nicht bekannt. Indessen wird die Entsendung von Waffen und Munition nach Alessio als Beweis dafür ausgesaßt, daß die Regie- rung an dem Plan, die Aufständischen anzugreifen, festhält. Panik in Durazzo. Wie«, 5. Juni, Die „Albanische Korrespondenz" meldet ausDurazzo: Nach Verhängung des Be lagerungszustandes über die Sadt brach unter den hier lebenden Italienern eine Panik aus; sie sind sämtlich geflüchtet. Die drei Möglichkeiten. In Wiener unterrichteten Kreisen rechnet man für die nächste Zukunft mit drei Möglichkeiten: 1. Der Fürst läßt sich in Verhandlungen mit den gemäßigten Elementen unter den Aufständischen ein und versucht hierdurch eine Spaltung unter denAufständischen herbeizuführen — was nicht wahrscheinlich ist. 2. Der Fürst ergreift die Offensive mit den ihm ergebenen Truppen — diese Maßnahme hängt aber auch von vielen anderen Dingen ab, erscheint aber annehmbar; oder 3. der Fürst verläßt Durazzo und schlägt seine Residenz in einer anderen Stadt Albaniens auf. Dieser Fall könnte deshalb an der Lage und der weiteren Aufstandsbewegung etwas ändern, weil sich hier ein großer Teil der Bevölkerung aus An- hängern Essad Paschas rekrutiert, aber auf die Um gegend von Durazzo beschränkt. Vas neue franzöfisthe Kabinett. Vioianis Werben um Bourgeois hat zu keinem Erfolge geführt, da dieser wahrscheinlich ein binden des Versprechen über die Aufrechterhaltung der dreijährigen Dienstzeit durch das Kabinett nicht er langen konnte. Vioiani hat nun selbst das Mini sterium des Aeußern übernommen, während im übrigen die vorgeschlagene Ministerliste mit einer Ausnahme unverändert geblieben ist. Poincarä hat den Eintritt des Senators Dupuy in das Kabinett gewünscht, und Vioiani ist diesem Wunsche gern nachgckommen. Das neue Kabinett findet im großen und ganzen eine gute Presse. Wir ver zeichnen folgende Meldungen: Ein ausgesprochen linksradikales Kabinett. Paris, 0. Juni. Wenn auch d«urch den in letzter Stunde erfolgten Eintritt des Senators Jean Dupuy in das Ministerium die Besetzung ein zelner Portefeuilles eine Abänderung erfahren wird, so kann doch nicht der geringste Zweifel bestehen, daß Vioiani seine Absicht, ein ausgesprochen linksradikales Kabinett zu bilden, mit Erfolg durchgcführt hat. Loon Bourgeois hat zwar seine Weigerung mit Gesundheitsrücksichten begrün det, aber man führt dieselbe allgemein darauf zurück, daß die von Vioiani und Messimy vereinbarte Formel über die dreijährige Dien st- ze i t ihm unannehmbar dünkte. Dagegen wird vie Ablehnung C o m b e s' in der Tat nur in per sönlichen Rücksichten zu suchen sein. Der ehemalige Ministerpräsident hat seinen radikalen Freunden, die in ihm als Mitglied des Kabinetts Vioiani eine wertvolle Bürgschaft des Programms von Pau er blickten, erklärt, daß der Gesundheitszustand seiner Gattin ihn für längere Zeit von Paris fernhalte. Seine Gattin, fügte Combes hinzu, habe ihm mkt Scheidung gedroht, falls er in das Ministerium ein trete. Von den Mitgliedern des Ministeriums haben sich im Parlament und vor ihren Wählerst sechs für das Dreijahresgesetz, drei da. gegen und vier für dessen Abänderung aus gesprochen. Die Anhänger der Einkommen- steuer mit kontrollierter Erklärung sind in diesem Ministerium in der weitaus überwiegenden Mehrheit. Die Stellung zum Dreijahresgesetz. Paris, 5. Juni. Vioiani und seine Mitarbeiter haben die Form der M i n i st e r e r k l ii r u n g über das Militärgesetz vereinbart. Die Regierung wird darlegen, daß das Militärgesetz seinem Geist und Wortlaute nach an gewendet werden muß. Das Kabinett wird in der militärischen Vorbereitung * der Jugend fortfahren und Maßnahmen Vor schlägen, die geeignet sind, die Stärke der Armee zu erhöhen. Erst wenn diese Maßnahmen durchgeführt und ihre Wirksamkeit bewiesen sein wird, wird man daran denken dürfen, ob die äußeren Umstünde cs gestatten, die Dauer des Militärdienstes herab- z u s e tz e n. Die Beurteilung in der Pariser Presse. Paris, 0. Juni. Der „Radical" beurteilt das Kabinett sehr freundlich, indem er u. a. schreibt: Die Kraft führender Männer liegt oft mehr in der Konzentration aller Energie auf einen Punkt; in wessen Innerem sich alles zu einer Einheit zn- sammenschließt, der gewinnt auch andere für seine Ziele. Heinrich Friedjnn g. pariser Kunstbries. Paris, 5. Juni. Von unserem Pariser Mitarbeiter wird ge schrieben: Der Louvre modernisiert sich. War es schon der akademischen Kunst ein Dorn im Auge, daß Manets Olympia ein Ehrenplatz eingeräumt wurde, hat sie jetzt das Unvermeidliche hinnehmen müssen: eine ganze Legion von Impressionisten und Neo-Impres sionisten hält ihren Einzug. Das alte Hausgesetz ves Louvre verbietet, daß Werke vor Ablauf von dreißig Jahren nach dem Tode ihrer Urheber zur Ausstellung gelangen. Aber schon wiederholt wurden durch Ge setzesbeschluß Ausnahmen gemacht, wenn es sich um testamentarisch überlassene Kunstsammlungen Han- delte. Graf Jsakc de Eamondo knüpfte an sein Legat die Bedingung, daß seine Kunstschätze im Louvre nicht zerstreut, sondern im Gesamtbild vor geführt würden. Schon andere Millionäre hatten zur Verewigung ihres Namens Aehnlick-cs verlangt, und mit geringerer Berechtigung. Camondos Samm- lung füllt jetzt eine Saalflucht im Obergeschoß, zu dem gar ein ebenfalls testamentarisch vorgesehener elektrischer Aufzug hinaufführt sim Palast Lud wigs XIV.!). Durch zwei Räume mit hervorragenden Werken des Mittelalters und der Renaissance, darunter als Elanzstück eine „Kreuzigung" des Donatello, so wie mit chinesischen Schätzen der Ming-Epoche, gelangt man zu der Manet-Kollektion, zur „Lola de Valence", die Baudelaire besang, und auf der Schwarz und Rosa zur reizvollsten Sinfonie abgestimmt sind. „Am Klavier", Porträt der Frau Manet», ,/Zmeig weißer Pfingstrosen", „Rote Pfingst rosen" und der mit erstaunlichen Mondscheinwirkun- I gen erfüllte „Hafen von Boulogne" sind erlesene z Werke des Neuerers, dessen Gedanken nicht nur in der französischen Kunst so einschneidende Verände- rungen zur Folge hatten. Von Claude Monet sieht man in vierfacher Ausführung die „Kathedrale von Rouen", die im Wasser flimmernden „Nympheas", den „Karren im Schnee" usw., von Degas die berühmte „Tanzschule", das „Ballett foyer der rue Le Peletier", „Die Wäscherinnen", „Die Absinthtrinker" und andere ausgetiftelte, schlichte Arbeiten, die nach dem heutigen Kurs der Pariser Kunstbörse zusammen über eine Million wert sein müssen. Weiter sind alle „Ahnen" des Impressionismus vertreten: Delacroix init „Pserdekamps" und „Arabische Reiter", zwei schön ausgesührte Bilder, Ingres mit Zeichnungen, Daumier mit seinen bekannten „Kartenspielcrn", Gavarni mit „Opern bällen'. Corot mit „Die Malerin", Tezanne mit dem erstaunlichen „Haus des Gehängten in Auvers", Sisley mit seiner klassischen „Uebevschwemmung" und reizenden Landschaften, Pissaro mit dem nicht minder poetischen „Rauhrcif in Auvers", Jong- kind mit der unausbleiblichen „Holländischen Mühle" usw. — der ganze Gencralstab der neuen Schule triumphiert. Man darf sagen, daß diese Sammlung sich sehr gut den historischen anpaßt, selbst dem Mobiliar des 18. Jahrhunderts keinen Abbruch tut, dem sechsfachen Gobelin-Wandschirm, der der Pompadour Entkleidungsszenen verdeckte, den Kom moden, die von den großen Jnncnkünftlern geschaffen wurden, die oft deutsche Namen trugen wie Nie ener, Schluß usw., dem sächsischen Porzellanhuno. der ein Meisterstück Meißens ist, dem Eobelinmobiliar aus dem Königszimmer zu Versailles. . . Vergessen wir nicht Fragonards keckes „aufgehobenes Hemd" Watteau? ungenierte „Nackte" und Prudhons von Licht und Schatten umspielte Studie „Kaiserin Jo'ephine" — dis Sammlung Camondo verdient den Besuch- sie wurde gestern vom Präsidenten Poincarä feierlichst eröffnet. Eine andere interessante „Inauguration" fand gestern statt. In den Galeries des Artistes modernes. Rue Caumarnn, erösinctc der italienische Botschafter Tittoni die von der „Leipziger Illustrier ten Zeitung" veranstaltete Ausstellung der Stift- und Rötclzeichnungen seoerino Rappas, dem zwei der größten französischen Künstler, Albert I Bartholome und Albert Bcsnard, Paie standen. Der in den sechziger Jahren im piemon- tosischen Andorno - Lacciorna geborene Seoerino Rappa erwarb sich als Holzschnitzer in Argentinien und England mühsam sein Brot, bis er nach Paris zu Alexandre Charpentier kam, der sein ungewöhn liches Talent als Porträtzeichner entdeckte und ihn auf den Weg wies, wo er mit Mühen und nur von wenigen gekannt, den Grad künstlerischer Vollkom menheit erreichte, der ihm heute soviel ehrenvolles Lob einbringt. Der französische Staat kaufte für das Luxembourg-Museum eines der reizvollsten und charakteristischsten Frauenbildnisse, das die so perchn- liche Technik Rappas veranschaulicht. Zwei große Kunstoersteigerungen beenden die Pariser Saison der Bildenden Künste Gestern wurde die Sammlung Crespi auseinandergesprengt — hun dert italienische Bilder gingen wie warme Semmeln ab — für 1200 000 Franken! Wedels-Hamburg und Friedländer für das Berliner Museum kämpften mit den Amerikanern, erfololos. Zurückgehaltcn wurden die Hauptstücks, ein Michelangelo (?) „Madonna" für 130 000 Franken, ein Vinci (Schule) „Die Jung frau des Ave Maria" für 141 000 Franken, ein Trip tychon von Oggionno und ein „Ecce homo" von Solaris; nach Amerika gehen Ferrari „Pieta" für 50 000 Franken, nach Italien Francia „St. Barbara" für 53 000 Franken, Gianpretrino für 01 OOii Franken und Lotto „Heilige Familie" für 26 000 Franken. — Viel bedeutender wird dec Verkauf der grogen Samm lung des Marquis de Biron werden, die in großer Zahl Studien, Bilder. Skulpturen und Möbel des 18. Jahrhunderts, dann auch Kunstschätze des Mittel alters und der Renaissance enthält. Garl l.akm. Kunst UN» Wissenschaft. * Amtliche Nachrichten der Universität Leipzig. Eine frühere Mitteilung über Personalveränderung an der Universitätsbibliothek ist dahin zu ergänzen, daß der Volontär Dr. Curt Blaß als wissenschaft licher Hilfsarbeiter an die Stadtsammlungen in Dresden übergetreten und daß als Volontär bei der Universitätsbibliothek Cand. jur. Edgar Richter angenommen worden ist. * Leipziger Kunstverein. Die Verbindung für historische Kunst hält, wie bereits berichtet, am 12 und 13. Juni ihre 35. Hauotoersammlung ab. wozu der Leionoer Kunstverein die Verbindung einaeladen hat und ihr seine Räume zur Verfügung stellt. Gleichzeitig mit den Sitzungen der Verbindung wird eine Ausstellung von führenden Meistern der Gegen wart stattfinden, aus der die Verbindung Kunst werke ankauft. Die Räume des Kunstvereins bleiben während der Tagung der Verbindung für historische Kunst geschlossen. Vom 14. Juni ab ist die Aus stellung den Mitgliedern des Leipziger Kunstvereins zugänglich. * Eine Lessing-Gedenktafel am Warenhaus. Zur Erinnerung an die Büste, die der Verein sür die Geschichte Berlins am Hause Königsgraben 10 im Jahre 1870 hatte anbringen lassen, hat jetzt Herr Oskar Tietz an seinem Warenhause, Königsgraben, eine Gedenktafel errichtet. Das Original der Büste mußte vor einigen Jahren beim Abbruch des Hauses entfernt werden. Das Lessing-Museum in der Brüderstraße nahm es in Verwahrung. Die Gedenk tafel trägt das Reliefbild Lessings mit der Inschrift: „Hier stand das Haus, in dem Lessing 1765 Minna von Barnhelm beendete. Die Stadt Berlin 1913." Die frühere Fassung gab das Jahr 1767 an und lautete „dichtere" statt „beendete". * Geheimrat Hermann gestorben. Der Königs berger Physiologe Geh. Medizinalrat Professor Ludimar Hermann ist gestern nachmittag im Alter von 76 Jahren gestorben. * Kleine Kunstchronik. Der technische Leiter des Münchner Künstlertheaters, Herr Robert Schleich, wurde in gleicher Eigenschaft für das Mannheimer Hoftheater verpflichtet — Ein nach dem Urteil des Landestonscrvators Dr. Eradmann sehr wert voller Bilderfund ist in W t b l i n g e n beim Abbruch eines alten Hauses gemacht worden. An einer Wand fand man übertünchte Hol,tafeln und unter der Tünche Gemälde in gotischem Stil, die vielleicht zur Zeit der Bilderstürmerei aus dem Ulmer Münster entfernt wurden. Die eine Tafel stellt die Geburt Christi, die zweite die Anbetung der drei Weisen, die dritte die Darstellung Christi und die vierte den Tod Mariens dar. — Das Preisgericht für den Wett» bewerb zur Erlangung von Modelstkizzen zu einem Kaiser-Wilhelm-Denkmal in Krefeld hat, wie man uns mitteilt, dem Bildhauer S. B. Schreiner (Köln) mit dem Architekten F. Brantzky (Köln) den ersten Preis von 1500 »l, den zweiten Preis von 1O0O dem Bildhauer G. Grasegger (Köln) zuerkannt. Da aber keiner der Entwürfe sür geeignet erachtet wurde, soll unter den fünf Preisträgern noch ein engerer Wettbewerb stattflnden.
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