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Sommer 1SS3 Der Juni ist vergangen, Der Juli kam heran. Mit Hoffen und mit Bangen Fängt dieser Sommer an. Die Bäume fruchtbehangen, In Reife steht das Korn, Die Rosen leuchtend prangen — Doch keine Rose ohne Dorn. In schicksalhaften Wehen Liegt zinser Vaterland, Ein Neues will entstehen, Das Alte hält nicht stand. Wie Mott will, soll's geschehen! Wir beten alle gleich: Mag frei und groß erstehen In neuer Kraft das alte Reichl y. vrrrcirn un<l Umgebung Eröffnung der Vogelwiese Sonnabend mittag hat traditionsgemäß die Dresdner Vogelwiese begonnen. Tie Abschußvögel sind an den Stangen aufgezogen worden. Der große Vogel mißt 4 Meter in der Höhe und 2,50 Meter in der Breite, sein Gewicht beträgt etwa 2 Zentner. Buden und Zeltstadt auf der Vogelwiese ist nun ebenfalls vollständig aufgebaut und dürfte so heute abend das Ziel für Tausende von Besuchern bilden. Hoffen wir, daß die Witterung, die gestern nachmittag noch einmal mit Regengüssen aufge wartet hat, sich nun endgültig bessert, damit sowohl die Besucher wie die Standinhaber der Vogelwiese in der kommenden Woche voll auf ihre Rechnung kommen. Oer Aufbau der Rechtsfront in Gachsen Im Überfüllten Saale des Vereinshauses in Dresden er- solgte am Freitagabend die Konstituierung der Deutschen Rechts front in Sachsen, die sämtliche Richter, Staatsanwälte, Vermal- tungsbeamte, Volkswirte und Referendare umfaßt. Der Leiter der - Gründungsversammlung. Rechtsanivalt Dr. Leupold, konnte u. a. Iustizminister Dr. Thierack, Finanzminister Kamps, Arbeitsminister Dr. Schmidt, den Leiter der Staatskanzlei Mi nisterialdirektor Dr. Güntl)er, Kreishauptmann Ministerial direktor Dr. Schettler und den Landesleiter des Bundes Na tionalsozialistischer Deutsclier Juristen für Sachsen-Thüringen, Rechtsanwalt Dr. Kluge, begrüßen. Dr. Leupold umriß sodann di« Aufgaben der Deutschen Rechtsfront dahin, für die Schaffung «Ines deutschen Rechtes mitzuarbeiten und mitzukämpfen in dem Sinne, wie es der Innenminister in einem Begrüßungsschreiben gekennzeichnet hatte, „ein dem deutsck-en Volksempfinden ent sprechendes Recht" zu schaffen. Iustizministcr Dr. Thierack gab seiner Freude Ausdruck, daß die Bildung der Rcchtsfront in Sachsen in so kurzer Zeit gelungen sei. Mit dem Wort „Gleichschaltung" sei viel Unfug getrieben worden. Es sei darunter nicht zu verstehen, daß man einen nationalsozialistischen Vorstand wähle, sondern der einzelne Mensch sei innerlich gleichzuschaltcn. So lange er. der Minister, auf seinem Posten stehe, garantiere er für die Unabhängigkeit der Richter. Die Gesetze würden in Zukunft ohne Parlament geschaffen werden. Der Minister schloß mit der Bitte um die Mitarbeit aller Ju risten am Aufbau des neuen Staates. — Für die Verwaltungs- suristen sprach Finanzminister Kamps, der ausführte, die Praxis müsse weitgehend daran Mitarbeiten, daß die Gesetz gebung dem Volke wieder verständlich wird. Fahrt zur Priesterweihe im Bauhner vom Die Erteilung der heiligen Priesterweihe ist eine ergrei fende Feier. Nicht allzu oft haben Katholiken Gelegenheit, dieser tiefbedcutsamen Zeremonie der heiligen Weihe beizu wohnen. Der Primizsegen eines Neuqeweihten Ist ein Paar abgelaufene Sohlen wert, sagt die Volkssrömmigkeit. Gute Priester zu haben ist für ein Volk eine große Gottesgnade. Aus den Gebräuclien und Gellten unserer hl. Kiräie bei der Ertei lung der hl. Priesterweihe erkennt man am besten die Würde und Heiligkeit des katholischen Priestertums. Die Priesterweihe ist eines der sieben von Christus ein gesetzten Sakramente. Die heilige katholisä-e Kirck^ ist die treue tverwalterin der Sakramente. Nur zu bestimmten heili gen Zeiten hat sie das Sakrament der heiligen Priesterweihe erteilt. Besonders die Ouatembcrtage und-die Samstage vor dem Passionssonntag und vor Ostern und die Festzeit der Apo stel sind solä>e Zeiten. Zur Vorbereitung aus die heilige Feier schreibt die Kiräie dem Weihenden und dem Geweihten Fasten vor. Prüfungen gehen den Weihen voraus. Es ist strenge Vor schrift der Kirä>e, die Person, ihr Leben, ihre Kenntnisse in der Wissenschaft und ihre Eignung vor der Erteilung des Priester amtes zu prüfen. Jeder Unfähige und Unwürdige wird mit Sorgfalt ferngehallen. Uns Katlwliken bietet sich jetzt Gelegenheit, einer solch feierlichen Weih« beizuwohne». Am 3 0. Juli wird im Hohen Dome zu Bautzen die heilige Priesterweil)« gespendet. Aus die sem Anlaß veranstaltet der Katholische Reisedienst des Volks vereins Dresden-A. eine Sonderfahrt nach Bautzen. Es ist fol gendes Reiseprogramm vorgesel)«»: Abfahrt 0.45 Uhr am Schloß übergang der kath. Hofkirche. Direkte Fahrt nach Bautzen. Teilnahme am Gottesdienst und der heiligen Priesterweihe im Hohen Dom zu Bautzen. Anschließend Besichtigung des Dom stiftes, des Nicolai-Friedhofes und des Kolpinghauses. Gemein sames Mittagessen. Weiterfahrt nach dem Priesterseminar in Schmochtitz. Kurz Nachmittagsandacht in der Karste des Se- miiiares. Gemeinsame Kaffeetafel. Hiernach Rückfahrt über Bischofswerda nach Dresden. Ankunft in Dresden, Wiener Platz gegen 19 Uhr. Die Teilnahmegebühr beträgt 7,25 M. Karlen gibt es n u r im Vorverkauf bis spätestens 27. Juli in der Buchhandlung Beck, Neumarkt, bei dem Vertrieb katholischer Zeitschriften, Schumannstraße 31 und in der Feinbäckerei Peter, Königstraße 8. Sterbefälle in Dresden In der Zelt vom 13. Juni bis 30. Juni Franz Hcrlitzc, Kaufmann, 58 Jahre, gest. 13. Juni, Struve- straße 8. — Valeska Kobley geb. von Schramm, Prof.-Wwe., 81 Jahre, gest. 14. Juni, Weinbergstraße 96. — Albert Kaßner, Amtsdiener, 67 Jahre, gest. 15. Juni, Feibergcr Straße 101. — Charlotte Heyman», Vermieterin, 37 Jahre, gest. 17. Juni, Wiener Platz 2. — Albi» Patzelt, Böttger, 51 Jahre, gest. 17. Juni, Wurzener Straße 17. — Heinrich Knobloch, Direktor, 62 Jahre, gest. 18. Juni, Tolkewitzer Straße 3. — Hermann Meißner, Muscumsausseher, 68 Jahre, gest. 20. Juni, Ammanstraße 87. — Franz Büttner, Polizeihauptwachtmcister i. R., 69 Jahre, gest. 21. Juni, Zwinglistraße 40. — Georg Dimpfelmeier, Kellner, 47 Jahre, gest. 22. Juni, Kleine Frohngasse 2. — Franziska Pfafsenba'ucr geb. Regner, Steinmetzwilwe, 55 Jahre, gest. 23. Juni, Schillerplatz 10. — Gertrud Dierschke geb. Wendler, Stein gutdrehersehesrau, 28 Jahre, gest. 23. Juni, Ischler Straße 3. — Jacob Waurick: Oberpostschasfner, 61 Jahre, gest. 24. 6., Dürer- straße 55. — Alfred Llidwig, Hobler, 29 Jahre, gest. 24. Juni, Moritzburger Straße 21. — Agathe Tietze geb. Weiß, Markt- helserswitwe, 69 Jahre, gest. 27. Juni, Iosephinenstraße 21. — Josef Palkoska, Echuhmachermeister, 63 Jahre, gest. W. Juni, Hellerauer Straße 19. : Akademischer Gottesdienst Sonntag, 10 Uhr im Iosephinenstist. Donnerstag, Chorprobe, Neichsplatz 3. Freitag abend, Schloßstratze 32, Ausspracheabend. : Deutsche Iugendkraft, Dresden. Der für Montag, 3. Juni geplante Werbeabend muß umstände halber bis auf tveiteres verschoben werden. Dresdner Polizeibericht Reisezeit und Einbrecher. Dio Reisezeit wird erfahrungs gemäß von verbrecherischen Elementen wahrgenommen. Sie rechnen an diesen Tagen mit der Abwesenheit von Geschästs- und Wohnungsinhabern und nützen die günstige Gelegenheit zu Diebstählen aus. Wohnnugsinhaber, deren Wohnungen nicht ge nügend gesichert sind, werden aus die beim Kriminalamt Dres den eingerichtete Beratungsstelle zum Schutze gegen Diebstahl und Einbruch hingewiesen. Die Beratungsstelle ist Montags und Donnerstags von 12 bis 15 Uhr geöffnet. Auskünfte und Be ratungen erfolgen kostenlos. Einbruch in eine Fleischerei. In der Nacht zum 23. Juni haben Einbrecher einer Fleischerei in der Poststraße einen Be such abgestattet und zirka 150 Psund frisches Schwcinesleisch gestohlen. Sachdienliche Angaben erbittet Kriminaldienststelle Löbtau, Tharandter Straße 5. Amtliche Belanntmachungen Die Aufwertungs- (Mietzins-) Steuer für den Monat Juli 1933 ist bis zum 5 Juli 1933 zur Vermeidung der sich aus dem Zahlungsverzug ergebenden Folgen beim Stadtsteueramt cinzuzahlen Bis zum Fälligkeitstage hat der Hauseigentümer diejenigen Mieter, die unter die Verordnung des Ministeriums des Innern über Gehaltszahlung vom 7. August 1931 fallen, namhaft zu machen, falls sie die fällige Mietzinszahlung nicht rechtzeitig leisten Diesen Mietern ist für die Abführung der Mietzinssteuer eine erst mit Ablauf des dritten Tages »ach Zahlung der letzten Rate der monatliä-en Dienstbezüg« endende Schonfrist eingeräumt worden. : Der reichbesetzte Zoo. Einem besonderen Umstand ist die in diesem Sommer ganz besonders reiä>e Besetzung mit schönen und seltenen Tieren zu verdanken. Ein Minen-Besitzer in Süd-Siam, der aus Liebhaberei Tiere pflegt, hatte eine so große Menge von Tieren gefangen, daß er sie nicht behalten konnte. Er schickte sie in -en neugegründeten Zoo von Colombo auf Ceylon, und der Direktor dieses Gartens, der durch seine indischen Döl- kerscl-anen früherer Jahre hier wohlbekannte John Ha- genbeck, ließ den Transport nach Europa überführen und in unserem Zoo einstellen, um von hier aus die schönen Stücke an andere Gärten zu verkaufen. So kommt es, daß trotz der gleichzeitig in Chemnitz unterhaltenen Tier« schxni die Käfige unseres Gartens z. Zt. grcchezu überflie ßen. Für einen Besuch des Zoo ist also der gegenwärtige Zeitpunkt besonders lohnend. Aus -er katholischen Gemeinde Neustadt Neustadt (Sa.) Am Peter-Paulfeiertag versammelte sich der Katholische M ii t t e r v e r e i n nach dem Gottesdienste und Empfang der hl. Kommunionen im Vereinszimmer des Pfarrhauses, um in einer schlichten, aber würdigen Feier seinem Präses Pfarrer Paul Graf zum Namenstage zu gratulieren. Die Vorsitzende des Vereins, Frau Wehr mann, hielt eine Ansprache, in der sie die Verdienste Pfarrer Grafs um die Gemeinde und insbesondere um den MUtterverein würdigte. Als Zeichen der Verehrung und Dankbarkeit wurde dem Prä ses ein Sessel als Namenstagsgeschenk überreicht. Pfar rer Graf dankte hocherfreut und mahnte die Mitglieder des Vereins, treue Hüter der Familie und treue Glieder der Kirche Christi zu sein. Der Kirchenchor unter der Leitung von Herrn Mannheim umrahmte diese kleine Festlichkeit mit einigen stimmungsvoll vorgetragenen Liedern. d. Schließung eines Bahnhofs. Vom 1. Juli 1933 NN wird der an der Schmalspurslreckc Wilsdruff—Mcißen-Tricbischtal — Lommatzsch-Gärtih gelegene Bahnhof (Agentur) Mertitz Dorf für den Personen-, Gepäck- und Expreßgutvcrkchr geschlossen. Die Agentur bleibt sür die Besorgung des Wagenladung-;- und Stückgutverkehrs bestehen. d. Freital. Haushaltplan verabschiedet. Däs Stadtverordnetenkollegium stimmte dem Haushaltplan sür 1933, der mit einem ungedeckten Fehlbetrag von 440 098 Mark ab schließt, zu Bürgermeister Baumgarten teilte mit, daß der Abbau der Stadlmäscherei, dos Stndtgutes und der Regiewirt- schast bei der Straßen- und Gebäudeinstandsehung sowie eine Vcrwaltungsreform geplant seien. Areiverg. Beim Ueberholen verunglückt. Auf der Chemnitzer Straße verunglückte der Bergakademiker Booo Schaber aus Dresden mit semem Motorrad. Er wollte in einer Kurve einen Kraftwagen aus Chemnitz überholen. Dabei wurde er von einem aus entgegengesetzter Richtung kommenden Postomnibus angefahren und mit seinem Fahr zeug etwa 18 Meter weit sortgeschleudert. Schaber starb im Stadtkrankenbaus. Steine und Schicksale Roman von vlsrid von Künsteln l37. Forstel nun) Drei volle Wochen sind es her, daß sie mit August Ark gesprochen, und sie hat den todtraurigen Ausdruck seiner Augen nicht vergessen, als er an jenem Abend von ihr ging. Jetzt muß sie zu ihm. Eigentlich erlebt Johanna an diesem Morgen etwas ganz Neues. Sie kann sich nicht erinnern, jo einen freien Wochenvormittag gehabt zu haben. Wie leer die Straßen sind! Wie leer die elektrischen Bahnen! Johanna wandert die Straße entlang, dann steht sie vor dem Hause der Arks. Was mag nur August der Mutter gesagt haben? Was denkt die alte Frau, daß sie in allen den Tagen nicht mehr gekommen? Aber — Mutter Ark weiß Bescheid. Seit jenem Abend, an dem sie dem Sohn vertraute, daß Johanna Melzer ihr guter Engel geworden, hat auch er ihr alles gesagt, auch seine Unterredung mit Johanna. Nun steht sie vor der Tür. „Ist August da?" „Er hat sich in die Werkstatt eingeschlossen." „Ich muß ihn sprechen." August sitzt vor seinem fast vollendeten Werk, nun hat er die äußere Schicht des Bergkristalls leicht angerauht, daß sie matt erglänzt — das vollendete Christusbild liegt vor ihm, und er betrachtet es mit Zagen und Zweifeln, als die Mutter ai^klopst. „Johanna Melzer ist da und möchte dich sprechen." Er kommt, sie bleiven nicht im Haus, gehen hinüber in den Wald, den einsamen Weg, der zum Steinbruch führt, dem alten, verlaßenen Steinbruch, aus dem früher die bun ten Achate gewonnen wurden. August fühlt, daß cs Besonderes ist, was Johanna zu sagen hat, aber, er kann nicht ergründen, ob Gutes, ob Schlechtes. Wortlos reicht sie ihm Wilhelm Walds Brief, und er liest, liest Wort für Wort, dann blickt er sie an. „Hattest du ihn lieb?" Sie schüttelt leise den Kopf, da legt er den Arm um ihre Schultern. „Hast du m i ch lieb?" Sie lehnt sich an ihn und senkt den Kopf, da küßt er sie wieder. Mutter Ark lächelt glücklich, als die beiden Arm in Arm wieder zuriickkehren, es braucht keiner Worte. Vater Ark ist wieder einmal in die alte Schleise gegangen. „Komm, Johanna, du sollst die Erste sein, die sieht, was ich vollendet habe." Sie tritt in die Werkstatt. Das schwarze Kreuz ragt aus dem Block, an der Querleiste ist das Christusbild vor läufig angebunden. August rückt es in das richtige Licht, und Johanna steht wortlos davor In das Gesicht des Hei landes hat August den eigenen Schmerz hineingegraben. Vielleicht hätte er es nie vermocht, wenn er in diesen Mo naten nicht selbst so unglücklich gewesen wäre. Das Sonnenlicht scheint aus dem matten Kristall von innen herauszuleuchten, der Gegensatz des rohen unteren Blocks gibt den Eindruck, als wüchse aus aller Not und Sorge, aus allem Unreinen der Erde, hell und leuchtend, von überirdischem Glanz erfüllt, die Gestalt des hehren Weltenerlösers heraus. Johanna vermag nicht zu sprechen, sitzt stumm da, ist erfüllt von der Gewalt dieses Eindrucks, glaubt nicht eine Statue zu sehen, sondern es ist ihr, als läge in diesem Bilde die ganze reine, begeisterte Seele Augusts vor ihr. Die Tür ist aufgegangen, die beiden, die alles vergeßen haben, das Mädchen, das eine Menschenseele erlebt, der Mann, der voller Glück aus ihren Augen ihr Urteil liest, haben es nicht bemerkt, daß Vater Ark eingetreten ist, stumm hinter ihnen steht und schaut. Auch der alte Ark, der aus dem rohen Stein die kostbaren Achatgläser und Schalen zu schassen verstand, ist im innersten Herzen ein Künstler. Jetzt tritt er heran, spricht nicht, aber er drückt den Sohn an die Brust. „Jetzt verstehe ich dich." * / Profeßor Werdenfels von der Kunstschule in Karls ruhe ist in dem Moselbad Bertrich zur Kur. An diesem Morgen hat er seit langen Monaten zum ersten Male wieder eine Nachricht von seinem früheren Schüler August Ark erhalten. Er muß erst Nachdenken, ehe er sich erinnert, denn es sind viele junge Kllnstlerseelen, die durch seine Hand gehen. Nun sitzt er da und hält eine kleine Photographie in der Hand, ein schlechtes Bildchen, das August selbst von dem Werke gemacht hat. Professor Werdenfels betrachtet es lange, dann klingelt er nach dem Kellner. „Wo liegt Oberstein? Wie weit ist es von hier mit dem Auto?" „Vielleicht zwei bis drei Stunden." — August sitzt wieder Uber der Arbeit, aber Johanna Melzer ist bei ihm. Er hat sie gebeten, es ist ihm, als müsse ihre Gegeiuvart ihm Glück bringen, denn noch hat er das Schwerste zu vollenden. Vor ihm liegt der Christus, und ganz vorsichtig, immer wieder absetzend, mit klopfen dem Herzen, voyrt er die Löcher für die Nägel in Hände und Füße. Spröde ist der Bergkristall. Ein einziger ungeschickter Griff, ja nur eine Erhitzung des Bohrers kann das Mate rial springen laßen, und die ganze Arbeit fast ejnes Jahres vernichten. Neben ihm sitzt Johanna, starrt auf seine Hände, zittert, denn sein Geschick ist nun das ihre. Ganz still ist es im Zimmer, kaum zu atmen wagen die beiden, dankbar atmet er auf und ruht, wenn wieder eines der Löcher vollendet. Nie wird er wieder einen solchen Block bekommen, vielleicht nicht zum zweiten Male die Arbeit schaffen können. Es wird Nachmittag, und nun kommt das Schwerste: Durch das Holz des Kreuzes muß eine große Schraube in den Rücken der Staiue gebohrt werden. Die Hände zitterten August Ark, als auch dies ge lungen, als endlich der Kristall befestigt ist. Stumm sitzen sie beide da und danken dem gütigen Schicksal. Leise klopft die Mutter. „Ein Telegramm!" August reißt es verwundert auf. „Komme morgen selbst nach Oberstein. Werdenfels." Es ist keine laute Verlobung, gewiß kein Gelage mit Wein und lustigen Freunden, das in dem kleinen Hause der Melzers an diesem Abend begangen wird. Verwundert sind die beiden Alten, als August und Johanna zusammen kommen, als sogar das Ehepaar Ark sie begleitet. Verwundert sind sie, weil sie nichts ahnen und am wenigsten, daß dieselbe Johanna, die am Morgen mit trau rigen, flackernden Augen fortgtng, jetzt am Abend als Braut wiederkehlt. (Schluß folgt.)