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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 17.07.1914
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-07-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140717025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914071702
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914071702
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-07
- Tag 1914-07-17
-
Monat
1914-07
-
Jahr
1914
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Seite 2. Nr. 3S9. Nvenü-Nrrsgabe. Waldenburg aus Durazo hier eingetroffen und nach Tinaja zum Besuche des Königs von Rumänien weitergereist. politische Ueberlicht Stichwahljorgenk Mit Vorbedacht ist bei dem Abschluß des Landiagswahlabkommens zwischen den liberalen Parteien gesagt worden, daß es ein Zusammen gehen bei den Hanptwahlen bezwecke. Bin dende Abmachung.n sür die Stichwahlen kamen nicht in Betracht, uno zwar aus dem einfact-en (Bunde, »veil es sich eben in erster Linie darum handelte, den Aufmarsch so zu vollziehen, daß sich tue liberalen Parteien nicht gegensertig vehlndern, sondern unterstützen. Die jächsrschcn Sozialdemokraten haben auf ihrem Parteitag i» Leipzig diesen entscheidenden Punkt lehr rict)- ng erfaßt; cs fiel die Wendung, daß sic sich in eine Vcrleieignngsstcllung gedrängt sahen. Ans konservativer Seite ist man weniger geneigt, sich mit der Notwendigkeit eines Wahlkampfes, wie sie sich aus der ganzen Sachlage ergibt, ab zufinden. Erst verlangte man, eine klare, bündige StichwahUosnng, jetzt fordert inan als Hanpt- lache die Zusicherung, „d aß der Wahlka in p f in vorn e h m er, anständlger Weisege - führt wird". So steht es wenigstens in den „Sachs. Pol. Nacbr." Man verlangt also von dem Gegner eine Freundlichkeit und beginnt mit einer Beleidigung. Denn der Sinn dieser merkwürdigen Aufsordernng ist doch der: Wir haben uns im Wahlkampsc nie etwas zuschulden '.ommen lassen, ihr aber seid anrüchige Leute, bei denen inan sich vorsehen muß. Das ist ein Dünkel, der sich selbst richtet. Aber wir gehen wohl nicht fehl, wenn wir in dieser Auslassung noch etwas anderes sehen als eine Anmaßung. Wie aus den anderen Sätzen noch deutlicher her vorgeht, wünscht dec Verfasser seine Partei im voraus zu rechtfertigen, wenn sie bei den Stick)- wahlen den liberalen Kandidaten die Hilfe gegen die Sozialdemokratie versagt. Wir nehmen's zur Kenntnis. (Lin Wort noch von wegen des „Anstandes". Die Liberalen sollen eine anständige und vor nehme Führung zusichern. In der eben erschiene nen Nummer des „Vaterlandes", des offi ziellen Organs des Konservativen Landesvereins, wird von neuem das Wahlabtommen daraufhin untersucht, ob es sür die Nauonalliberalen oder die Fortschrittliche Volkspartei günstiger aus gefallen sei und n. a. gesagt: „Wer aber sächsische Verhältnisse kennt, bei dem sind beim ersten Anblick des verteilten Bärenfelles die ernsten Gedanken für einen Augenblick zurückge- tretcn und mit verständnisinnigem Schmunzeln hat er feststcllcn können, daß der liberale Bun desgenosse den demokratischen Bru der jetzt schon kräftig über den Löffel barbiert hat." Der Zweck ist llar: Das „Vaterland" hofft, die Forrfmrittliche Vvlkspartei noch nachträglich gegen das Abkommen auszureizen. WiecS dabei verfährt, ist ungemein bezeichnend für den Vor zug, den man auf jener Seite beansprucht: Vor nehmheit! Mobilmachung )cs preußenbunöes gegen -en König von Preußen. —h. Die konservative Partei hat deutlich ihre Verstimmung darüber bekundet, daß die Staatssekretäre Kühn und von Jagow zu Mitgliedern des preußischen Staats ministeriums ernannt worden sind. Die Rechte bciorgt von dieser Ernennung eine Ver stärkung des Reichscinflusses aus Kosten des preußischen. Rian ist sich freilich im konser vativen Lager hierüber durchaus nicht einig; denn die „D. Tagesztg." z. B. hat umgekehrt aus der Ernennung des Reichsschatzsekretärs zum preußischen Staatsministers die Hoffnung geschöpft, „daß den bundesstaatlichen Interessen bei der Gestaltung der Reichsfinanzpolitik künftig mehr Rechnung getragen wird, als es bei den letzten Deckungsvorlagen der Fall war". — Er scheint trotz solcher tiefgreifenden Meinungs verschiedenheit über die Bedeutung der fraglichen Leipzig« Tageblatt. Ernennungen jene konservative Besorgnis vom Standpunkte der Rechten erklärlich, so fordert es doch die Kritik heraus, wenn wegen derselben Ernennungen der Preuße.nbund mobil ge macht wird. Das geschieht bezeichnenderweise in der „Kreuzztg." unter der nicht minder bezeichnenden Ueberjcbrift „Preußen heraus!". Der Urheber dieses Aufrufes, Herr Gustav Gontermann, zu dessen Sprachrohr sich die „Kreuzztg." ohne Vorbehalt macht, erklärt rund und nett', daß der Preußenbund „heute auf die Beine gebracht werden müßte, wenn er nicht schon da wäre"; er findet die föderalistischen Grundlagen des Reiches bedroht, sieht die Rcichsverdrossenheit dort gezüchtet, wo bisher die festeste Stütze des Reiches ihren Platz ge habt hat, fühlt sich in seinen preußischen Ge fühlen aufs bitterste verletzt und faßt seine Empfindungen in folgenden Sätzen zusammen; „Preußen hat die Ehre der Führung im Reiche, aber wenn es io weiter geht, dann strrbt es an dieser Ehre. Mit Recht hat in seiner Rede auf dem zweiten Preußentage in Halle Herr Dr. Wildgrube (Dresden) von dem „staatssekretarisierten Preußen, unter dem der alte, glorreiche Staat des schwarzen Adlers nicht minder leide als seine Mitverbiindeten, an dem er eines Tages zugrunde gehen werde", gesprochen. Die Liebe zu unserem engeren Vaterlande und die Sorge um des Reiches Wohlfahrt lassen uns Preußen gleicherweise die neuesten Vorgänge mit den allerschwersten Bedenken ansehen." Der einzige Trost des Herrn Gustav Gonter mann besteht darin, daß die rechtsstehende Presse die Augen offen hält und warnend die Finger aufhebt. Aber das genügt ihm nicht: „Mit den Preußen müssen alle Deutschen auf die Schanzen gerufen werden." — Daß auf solche Weise der Preußenbunv wegen der Vermehrung der preu ßischen Staatsminister mobil gemacht wird, läuft bei dem Standpunkte dieser Vereinigung auf eine ganz gehörige Selbstironisierung hin aus. Denn als am 18. Januar d. I. der Preu- ßenbuud aus der Taufe gehoben wurde, waren sich seine Paten in dem Bekenntnis zu einer starken Monarchie einig. Die Fanfare des Herrn Gustav Gontermann richtet sich aber, mag sie es wollen oder nicht, gegen den König von Preußen, dem Artikel 47 der preußischen Verfassungsurkunde das Recht verleiht, alle Stellen im Heere sowie in den übrigen Zweigen des Staatsdienstes, sofern nicht das Gesetz ein anderes verordnet, zu besetzen. Wie wurde bei der Gründung des Preußenbundes gegen die Eingriffe des demokratischen Reichstages in die Kommandogewalt des Kaisers gewettert! Jetzt aber macht die „Kreuzztg." an der Hand des Herrn Gustav Gontermann den Preußenbunv gegen Ministerernennungen mobil, die in sol cher Form anzuareifen doch wohl einen Ein griff in das Beamtenernennungsrecht der preußischen Krone bedeutet. DasPreu- ßenbündlertum ist vor einem solchen Eingriff nicht zurückgeschreckt und hat sich damit in höchst charakteristischer Weise selbst all ab8urclum geführt. Ein Nhetn-Vonau-Sunö. * Aus Kassel erhalten wir die Anzeige von der Gründung eines neuen Bundes. Rhein-Donau- Bund! Der Verband hat, wie es in der Zuschrift heißt, den Zweck, „unter den Völkern Mittel europas (und des Nordens), die nicht unter die Herrschaft des Panslawismus geraten wollen, die Erkenntnis ihrer Interessengemeinschaft zu er wecken und bis zum Abschlüsse eines dauernden Ver bandes zu fördern". Im Hinblick darauf, daß in Rumänien es die nationalen Organisationen sind, die die Stimmung beherrschen und politisch den Ausschlag geben, hofft der Verband, insbesondere mit den Rumänen von Volk zu Volk (!) die Ver ständigung erzielen, die unerläßlich ist, wenn nicht die Umklammerung auch vom Balkan her die Lage Mitteleuropas in einem Kriege militärisch und wirt schaftlich äußerst schwierig machen soll. Der Verband sieht in dem Versuche der Wiedergewinnung Ru mäniens überhaupt das einzige Mittel, die Kriegs gefahr im Südosten zu bannen. Rumänien würde durch seine Beihilfe zum Siege des Panslawismus sich selbst für immer ins Joch begeben und seine Selb ständigkeit und Zukunft einbiißen. Diese Wahrheit will der Rhein-Donau-Bund nachdrücklich geltend machen und so den geborstenen Damm von der Ostsee bis zur Donaumündung wieder aufzurichten suchen. In gleicher Weise wird er auch bestrebt sein, an der Herstellung eines ehrlichen Bundesverhältnisses zwischen Oe st erreich und Italien zu arbeiten. — „Ueber allen Parteien stehend und sür die poli tische und wirtschaftliche Zukunft und die Kultur Miteleuropas eintretend, erwartet der Verband den Anschluß aller Denkenden Deutschlands und der Nachbarländer, die Mitteleuropa die Freiheit und den Frieden in Ehren sichern helfen wollen. Eile tut Not. Der Mindestjahresbeitrag ist auf 1 Kl festgesetzt." Das alles ist ja sehr löblich, und wer möchte nicht wünschen, daß das Vorhaben des Rhein-Donau- Bundes vollauf gelinge. Aber ein Bedenken können mir nicht unterdrücken: Wieder ein neuer Verband! Wir haben schon lange den Eindruck, daß unsere nationalen Bestrebungen sich mehr und mehr zer splittern und daß eben darum weniger erreicht wird, als erreicht werden könnte, wenn die Kräfte möglichst vereinigt würden. Konzentration tut not. Was hier als Zweck des neuen Verbandes bezeichnet wird, liegt zum guten Teil mit in den Aufgaben, die sich der Alldeutsche Verband und andere Vereinigungen ge stellt haben. Vielleicht erwägen die Gründer des neuen Bundes die Frage, ob cs sich nicht empfiehlt, Anschluß an bereits vorhandene Bestrebungen zu suchen. Im allgemeinen sind wir der Ansicht, daß Verbände, die auf internationale Verhältnisse ein wirken wollen, wirkliche Erfolge sehr schwer erringen, und zwar schon deshalb, weil sie sich in der Ocffent- lichkeit bewegen und fast jeder Schritt im Auslande die Gegenwehr wachruft. Wie anders wirkt z. B. der englisch-amerikanisch-französische Pressering durch seine stetige, meistens unauffällige Arbeit. Heer und Zlotte. Fardeanpassung bei den Kriegsschiffen. Die An sichten über die sich dem Meere möglichst anpafsende und sich wenig abhebende Farbe der Kriegsschiffe gehen in den einzelnen Seestaaten zum Teil aus einander, was auf die verschiedenen Erfahrungen und vielfach auch verschiedene Färbung der Meere zurück zuführen ist, in denen die Schisse sich hauptsächlich aufhalten. In der englischen Flotte wurden vor einiger Zeit beachtenswerte Versuche gemacht, die den Zweck hatten, die am wenigsten auffallende Farbe für die Torpedoboote bei nächtlichen Angriffen unter Beleuchtung durch Scheinwerfer festzustellen. Zu die sem Zweck wurden Boote herangezogen, die entweder grün, schwarz, Isellgrau oder weiss angcstrichen waren. Man ließ nun die einzelnen Boote unter gleichen Verhältnissen einen Angriff gegen Schlachtschiffe un ternehmen und vor allem hierbei die Beleuchtung durch Scheinwerfer wirken. Es stellte sich hierbei heraus, daß die weiß angestrichenen Torpedoboote, die der Farbe des Lichtkegels der Scheinwerfer am meisten nahekommen, am wenigsten erkennbar waren, während sich die grünen Boot^- verhältnismäßig scharf von den Wellen des Meeres abhoben. Es ist dem nach zu erwarten, daß die Engländer mit dem weißen Anstrich von Torpedobooten zunächst im Mittelmeer vorgehen werden. Im allgemeinen herrscht sonst bei den Nordmächten die rein graue Farbe bei den größeren Schiffen vor, während die Torpedoboote bei den Seestaaten zum Teil besonders gefärbt sind. Während Deutschland seine Schiffe hellgrau färbt, ein mittleres Krau, Norwegen, Dänemark, Holland und Schweden halten ihre Kriegsfahrzeuge gleichfalls in Grau. Auch Japan hat Dunkelgrün gewählt, während der obere Teil des Schornsteins schwarz um rändert ist. Die Schiffe der Union sind schiefergrau gehalten, während Oesterreich-Ungarn einen grün grauen Anstrich gewählt hat. Eine oesondere „Kriegs mimikry" weisen die Torpedoboote vieler Staaten auf. Bemerkenswert ist, daß sowohl Deutschland als auch England diesen Booten eine schwarze Farbe ge geben haben. Nur im Auslande sind die englischen Torpedoboote dunkelgrau, hellgrau oder weiß. Die französischen Torpedofahrzeuge sind dunkclgrau ge färbt, während die Unterseeboote flaschengrün er scheinen. Diese Schiffsarten haben in Rußland eine dunkelgrüne Farbe, im Schwarzen Meer dunkelgrau bzw. hellgraugrün. Alle übrigen Scestaaten haben den Torpedobooten dieselbe Färbung zuteil werden lasten wie den übrigen Kriegsschiffen. Deutsche» Reich. * Der Kaiser hat den neuen österreichischen Thronfolger zur Teilnahme an den diesjährigen deutschen Kaisermanövern eingeladen. Der Thronfolger trifft in der letzten Augustwoche im Freitag, 17. JuU 1914. Manövergelände ein. Bekanntlich hatte der er mordete Erzherzog Franz Ferdinand von O 'erreich kurz vor seinem Tode seine Anwesenheit den veutschen Manövern offiziell angesagt. — Der Kaiser hat den Prinzen Heinrich von Preußen mit seiner persönlichen Vertretung bei der Eröffnung des Panamakanals beauftragt. Den Prinzen be gleitet ein deutsches Kriegsgeschwader von drei Kriegsschiffen. * Der Streit um die Wegetafeln im Herzoglich Gothaiscken Gebiet. In der Angelegenheit der Wege tafeln im Herzoglich Gothaijchen Gebiet, die seinerzeit zum Rücktritt des Staatsministers o. Richter führte, hatte vor kurzem der Ausschuß des Herzog, lichen Landtages erklärt, daß er der Regelung durch ein Schiedsgericht nur dann zustimmcn würde, wenn vorher die Wegetaseln entfernt werden. Inzwischen sind nun, wie uns aus Gotha gemeldet wirb, sämt liche Tafeln entfernt worden, wonach die strittige An- gelegenheit voraussichtlich durch den Schiedsgerichts hof bald erledigt werden wird. * Abgelehnter Bahnbau. Wie aus Nord hausen berichtet wird, ist der Bau einer Neben bahn Groß-Bodungen—Worbis zur Erschließung der Kalilager und Hebung der wirtschaftlichen Verkehrs verhältnisse vom preußischen Minister der öffentlichen Arbeiten abgelehnt worden. * Die Arbeiteraussperrung in der Lausitzer Tuch, industrie. Der Gesamtvorstand des Arbeitgeber verbandes der Lausitzer Tuchindustrie ist nach Kott, bus einberufen worden, um die Ausführungs bestimmungen für die am Sonnabend bevorstehende Aussperrung aller Arbeiter und Arbeiterinnen zu be schließen. Ausland. Gellerreich-Ungarn. * Erzherzog Karl Franz Joseph ist am Freitag morgen in Ischl eingetroffcn. Am Bahnhöfe hatte sich im Auftrage des Kaisers der Flügeladjutant des Kaisers. Graf Hoyos eingefunden. Der Erzherzog begab sich ins Hotel, wo er als Gast des Kaisers ab gestiegen ist. Erzherzog Karl Franz Joseph wurde auf dem Bahnhof und auf den Straßen vom Publi kum lebhaft begrüßt. Vor Uhr begab sich der Erzherzog in Begleitung des kaiserlichen Flügel adjutanten in die kaiserliche Villa, wo er vom Kaiser in Audienz empfangen wurde. * Ein Handschreiben des Kaisers an Erzherzog Friedrich. Die „Wiener Zeitung" veröffentlicht fol- geirdes Handschreiben des Kaisers an Erzherzog Friedrich: „In Ihrer Eigenschaft als rangältester Armee inspektor stelle ich Sie zur Disposition Meines Ober befehls. Ihr Verhältnis zu den militärischen Stellen regelt eine besondere Versüguna. Indem Ich Euer Liebden infolgedessen vom Landwehrober kommando enthebe, drängt es Mich, Ihnen für die durch sieben Jahre auf diesem Posten in hin gebungsvoller Weise und bestem Erfolge entfaltete Tätigkeit Meinen Dank und wärmste An erkennung auszusprechen." * Eine Anzahl Auszeichnungen anläßlich der Auflösung der Militärkanzlei des ver storbenen Erzherzogs Franz Ferdinand an die Mit glieder der Kanzlei werden von der „Wiener Zeitung" veröffentlicht. Frankreich, * Der französische Sozialistenkongreß nahm, wie aus Paris gemeldet wird, mit großer Mehrheit den von Jauräs und Vaillant eingebrochten Beschlußantrag an, der die seinerzeit in Kopenhagen gefaßte Resolution mit folgendem Zusatz enthält: Der Kongreß sieht unter allen Mitteln, die den Krieg verhindern und die Regierung zur Anrufung eines Schiedsgerichts zwingen sollen, den gleichzeitigen und internationalen Gesamt streik in den beteiligten Ländern sowie eine volkstümliche Be wegung als besonders wirksam an. Weiter nahm der Kongreß einen dem Wiener internationalen So zialistenkongreß vorzulegcnden Beschlußantrag über die deutsch-französische Annäherung an, in der die in Bern und Basel abgehaltenen Bc, sprechungen französischer und deutscher Parlamen tarier mit Freuden begrüßt und mit besonderen Dank die verschiedenen Kundgebungen der Elsaß-Lothrin- SvkukvarsadLus Zpeeialitttt: — b'err^pr. lll89. Ker Sie Lirde üer örei Kirchlein. 40) Roman von E. Ctieler-Marjhall. cCopvricln cireiti cm k > «., c>. m t> >1. i.siprili.i „Wenn Ihre phantasiereichc Sprache den Wunsch ansdrückcn soll, mich ins Hans zu be gleiten," sagte sie ruhig, „so werden Sie sich nicht wundern, das; dieser Wunsch unerfüllt bleibt. Stichen Sie weiter mit Ihrer Laterne. Es gibt noch andere Menschen." „An denen mir nichts liegt," ries Baum, und hielt il^re Hand fest. „Fran Alix, Königin Alix, seien Lie mir gnädig! Sie haben mich blind und toll gemacht, machen Sie mich wieder ge sund." Alix versuchte ihre Hand losznringen. „Sie vergessen sich, mein Herr — oder sind wirklich toll," sagte sie, „lassen Sie meine Hand frei." „Nur, wenn ich sie geküsst habe, Königin," flüsterte Baum, uud ueigte sich um die gesungene Hand mit Küssen zu bedecken. „Gustav! Grore!" ries Alix in ohnmächti gem Ringen. Aber schon liest Baum ihre Hand los. „Fürchten Sic nichts, gnädige Fran," sagte er mit einem seltsamen Lachen. „Ich bin schon wieder ganz zahm. Vergeben Sic mir, die Lei denschaft für Sic ging mit mir durch. Man ist nicht ungestraft so schön nnd stolz und kalt. (Ls gibt einen Menschen, den ich beneide! Leben >rie wohl, Königin Alix!" (Lr ging. (Linen Augenblick stand Alix wie betäubt. Dann ging sie ins HanS — und schlug ihre Hand heftig gegen die Mauer. Je ärger der Schmerz, um so größer die Wohltat. Nur diese Küsse nicht mehr spüren. Was war das für ein Mensch, um Gottes willen? Ein Wahnsinniger — ein Schurke? Empörung lebte noch in ihr, als sie ihr Zimmer betrat. Auf silberner Schale lag dort eine Depesclie, etwas Drohendes hatte sic. Gutes konnte sie nicht bedeuten, bangen Herzens öffnete Alix. Die Mutter halle einen Schlaganfall er litten. Man erwartete ihr Kommen sofort, denn die Lage war ernst. Sie klingelte dem Diener. „Das Kursbuch — Gustav — sehen Sie nach, wann der Nachtschncllzug nach Frankfurt am Main hier abfährt." Dann rief sic sich Martha herbei, packte mit ihr die Koffer konnte keinen anderen Gedanken mehr haben, als den: die Mutter stirbt! Ich sehe sie nicht mehr! Es blieb ihr noch ein halbes Stündchen Zeit bis zur Abfahrt des Zuges. Hastig schrieb sie einige Zeilen für Frauchen auf. Dann, als das Anto ans der Rampe stand, das sie znm Bahnhof führen sollte, und sie hinabging, sah sie Grote von weitem, der be scheiden beiseite blicb — — sic rief ihn heran. Sic sagte ihm leise, eilig, ohne die Worte zu wählen: „Grote! Ich halte hente abend im Park eine unangenehme Begegnung. Nun must ich plötzlich abreifen, kann nicht anfpassen, nieman den warnen. Halten Sie die Augen offen! Wenn Sic hier einem Manne begegnen, der nicht zur Familie gehört, wenn er auch wie ein Herr ausfieht, wenn er auch einem gleichen sollte, der in diesem Haufe schon Brot nnd Salz gegessen hat, weisen Sic ihm die Tür! Er darf diesen Park nicht mehr betreten!" Tödlicher Hast sprang allenthalben aus ihren raschen Worten. Der Gärtner stand vor ihr und sah sic finster an. „Die gnädige Fran kann sich ans mich ver lassen. Ich weiß, wer gemeint ist. Ich habe cs schon selbst bemerkt: Hier ist Raubgesindel um den Weg." Es stammte heiße Wut in seinen Blicken und in seiner Stimme: „Möchte er mir nur in den Weg laufen! Dann sei Gott ihm gnädig!" 16. Das alte lahme Papachen Arendt war wie der einmal scclenvcrgnügt. Nun kam sein Marthakind in die Ferien, das „Pachstclzchen" würde den ganzen Tag um ihn her trippeln und zwitschern. Das Bachstclzchcn! Ja, der Grote war ein rechter Kerl in allen Dingen. Der hatte für das zierliche Mädel den richtigen Namen gefunden. Papa Wendt lachte behaglich vor sich hin. Er säst mit der Alten beim Frühstück. „Was hast dii denn am frühen Morgen schon sür lustige Gedanken, du alter Windhund?" fragte sie nnd schlürfte mit Genuß ihren gelieb ten wässerigen Kaffee. „Ei jcmineh, ich habe so viel Zeit znm Denken, liebe Liese; da habe ich mir derweilen der Martha ihre Kinder ausgebucht, wenn die Sonntags zum lahmen alten Großpapa kommen, Mädchen mit gelben Ringellöckchcn, so fein nnd niedlich wie unsere Kleine war, weifst hu noch, Liese? Aber auch ein paar tüchtige Bengels dabei, freche, wilde Kerle, die ordentlich Radau machen!" „I lieber gar!" lachte Mutter Wendt — „nee, alles was recht ist. Das arme Martha- kind. Noch ist der ihre Hochzeit nicht gewesen, und du malst dir schon fünf oder sechs Kinder von ihr aus. Nee, höre, so schlimm ivill ich's ihr nicht wünschen. Einen Jungen, ein Mädel meinetwegen " „Der Junge soll Gottlieb l-eißen, wie sein Großvater —" sagte der Alte. „Ein frommer Name —" nickte Mutter Liese. „Da möchte er sich nur mehr nach dem Gottlieb richten nnd nicht allzu sehr nach dein Groß vater. Sonst täte am Ende auch noch so ein Windhund aus ihm werden und er könnte nach her in seinen besten Jahren im Lehnstuhl hocken, zu nichts mehr zu gebrauchen, wie der Alte." Sic ging in den Laden vor, das Tür glöckchen hatte sie gerufen. Pappchen lachte hin ter ihr her. „Lustig gelebt und selig gestorben — und so ist'S gerade richtig. Ich hab' mir's nicht dumm eingerichtet mit meinem Leben. Daß ich nun hier sitzen must — nu ja, ivaü kann ich denn jetzt noch da draußen versäumen? Die schönen Zeiten, die wären itze sowieso vorbei." Fröhlich und zufrieden pfiff er sich seinen „Jäger aus Kurpfalz." Drei Lieder hatte er — und die waren sein Stimmungsbarometer. Schlecht Wetter: Eins ist Not, ach Herr, dies eine — Veränderlich: Und dennoch hab' ich harter Mann die Liebe auch verspürt. Schön Wetter: Ein Jäger aus Kurpfalz — Ta gab cS nun noch zahlreiche kleine Zwi schenstufen, je in welcher Weise er seine Melodie erklingen ließ, langsam, schwermütig, schmel zend heiter, allegro-neckisch Heute pfiff er neckisch und mit drolligen kleinen Koloraturen, denn das Marthakind war in Licht. Sie kam, der Alte liest sich küssen, und sic schmiegte das frische, rosige Gesicht an seine runzlige, schlaffe Wange. „Bachstelze, bist dn da? Nun mußt du cs noch mal extra gnt mit deinem Alten meinen. Es ist vielleicht das letztemal, daß du nach Hause in die Ferien kommst. Nachher holt dich der Grote zu sich." „Darum mache dir noch keine Kopfschmerzen, Pappchen, jetzt bin ich ja noch bei dir. — Unsere Gnädige ist m aller Eile schon lscute nacht fort, sie hat ein Telegramm bekommen. Da muß ich erst hinauf zu Tilla Kirchlein, ihr ein Brief chen bringen. Aber ich bin gleich wieder bei dir." „Verschwatze dich nicht zn lange, Martha kind!" ries der Alte ihr nach. Oben öffnete Franchen selbst die Türe, denn Minna war auf den Markt gegangen. „Einen herzlichen Gruß von Frau Bankier Merkel, und ich soll hier den Brief an Fräulein Kirchlein abgeben." Ganz fremd und förmlich richtete Martha ihren Auftrag aus. Frauchen nahm mit dem Brief gleich Mar thas Hand und wollte die Kindbeitsgcspielin in die Wohnung ziehen. Aber diese stand sest und zog ihre Hand zurück. (Fortsetzung in der Morgenausgabe.)
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