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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 18.07.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-07-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140718017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914071801
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914071801
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-07
- Tag 1914-07-18
-
Monat
1914-07
-
Jahr
1914
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liefert werden. Tatsache ist noch, das; zehn Komi» 1 atschi» die bosnische Grenze bei Foca überschritten hatten, um das Kreisgerichtsgefängni» in die Luft zu sprengen. Sie wurden ver haftet und dem Garnisongrfängni» übergeben. die Wirren in Mdanien. Italien bereitet sich nach Meldungen aus Turin auf ein Einschreiten in Albanien vor. Drei Panzer schiffe werden kriegsmäßig im Arsenal von Spezia ausgerüstet, um nach Duvazzo zu gehen, und auch das 90. Infanterie Regiment hat den Befehl erhalten, sich für den Ausmarsch bereit zu machen. Dies Ein schreiten Italiens erscheint auch unbedingt nötig, denn die Epiroten dringen immer weiter vor. Auch die Aufständischen scheinen vor Durazzo einen kleinen Erfolg errungen zu haben. Es liegen folgende Mel dungen vor: Italienische Vorbereitungen. Aus Turin wird dem „B. T." gemeldet: Ein unter dem Kommando des Herzogs der Abruzzen stehendes Geschwader, bestehend aus den Panzerschiffen ..Roma Napoli", „Regina Elena" und „Vittorio Manuele", wird am Montag in Spezia erwartet, um dort kriegsmäßige Aus rüstung aufzunehmen und sofort nach den albanischen Gewässern, angeblich mit dem Ziele Durazzo. abzudampfen. Das in Genua liegende 90. Infanterieregiment hat gleichzeitig mit dem Befehl, sich für den Ausmarsch bereitzuhältcn, die vollständige feldmarschmäßige Ausrüstung erhalten. Es wird allgemein an- genommen, daß dieser Befehl sich auf eine bevor stehende Einschiffung nach Albanien beziehe. Die vordringenden Epiroten. Balona, 10. Juli. („Agenzia Stefani".) Es ver lautet, daß die Epiroten, die durch 4000 Mann regulärer griechischer Truppen mit vier Kanonen verstärkt worden sind, sich den Durchmarsch durch Logora erzwungen haben. Der albanische Major Huini, dem als Generalstabschef Hauptmann Ghilardi zur Seite steht, übernahm den Oberbefehl über die Stadt. Armet Effendi übernahm den Be fehl über die Regierungstruppen. Die Stadt ist ruhig. Tie Aufständischen vor Durazzo. Durazzo, 10. Juli, 11 Uhr abends. Die Auf ständischen haben sich des Westhügels bemächtigt, dort Verschanzungen angelegt und das Hauvt- auartier eingerichtet. Es wurde ein Parla mentär zu ihnen geschickt, der aber von den Vor posten nicht durchgelassen wurde. Als er zum zweiten Male zu den Aufständischen kam, übergaben sie ihm Briese für die Gesandten Italiens, Rußlands, Frank reichs und Englands. — Die Kontrollkommission lzat beschlossen, für die V e r p f l e g u n g der Flüchtlinge aus Balona zu sorgen. Ungünstige Auffassung in Berlin. An Berliner unterrichteten Stellen, die bisher die Lage des Fürsten Wilhelm von Albanien noch immer verhältnismäßig optimistisch beurteilten, scheint man dazu zu neigen, ihn aufzu geben. Carvajal oder Carranza! Kaum ist Huerta, dessen Person bisher als An laß der größten Schwierigkeiten galt, beseitigt, so tauchen sofort neue Streitfragen auf. Carbajal, der an Huertas Stelle getretene Minister des Aeuße- ren, ha wahrlich keinen Anlaß, sich seiner neuen Würde zu freuen und hat sich deshalb schon bereit erklärt, zugunsten Carranzas zurückzutrcten. Lar- ranza erscheint jetzt als der kommende Präsi dent. Ob er aber der Mann ist, die verwirrten Zustände Mexikos zu ordnen und das Land der Ruhe zuzuführen? — Wir verzeichnen folgende Meldungen: Carvajal verzichtet. Washington, 17. Juli. Cardajal teilte der Regierung der Bereinigten Staaten informell mit, daß er die Absicht habe, zugunsten Carranzas zurück- zutreten. Zensur in Mexiko. Die neue Negierung von Mexiko hat über alle eingehenden und ausgehenden Nachrichten eine strenge Zensur verhängt. General Bclasco ist zum Kriegsministcr ernannt worden. Abwartende Haltung der Bereinigten Ltaaten. Mexiko, 17. Juli. (Reuter.) E a r b a j a l hat die sofortige Entlassung aller politischen Ge fangenen angeordnet. Das diplomatische Korps hat zwei Verjammlun- gen abgehalten, um mit Rücksicht auf die Ungewiß heit über die Anerkennung der neuen Negierung durch die Unionstaaten den Inhalt ihrer An sprache bei dem mittags beim Präsidenten stattfindc^- dcn Empfange fcstzusetzen. Schließlich wurde be schlossen, dem Brauch gemäß in Uniform zu erscheinen. Alles hängt jetzt davon ab, ob Carranza und Carbajalzu einer Einigung gelangen. Wenn Carranza darauf besteht, gewaltsam in die Stadt Mexiko einzuziehen, wir damit der Anerkennung zu- rückgehalten werden, bis die Wahl stattgefunden hat. Bryan hat dem Vertreter Larbajals in Washington erklärt, daß dieser nicht an erkannt werden würde, aber bei seinen Bestrebun gen zur Herstellung des Friedens der Unterstützung der Union sicher sein könne. Auch die Anerkennung Carranzas wird nach sicheren Informationen von einer Probezeit abhängig sein, da Washington Gewißheit wünscht, daß die Konstitutionalisten im stande sind, ohne Blutvergießen Ordnung zu halten. Das Staatsdepartement bestreitet, daß Carranza er sucht worden sei, sich den Wünschen der Washingtoner Regierung zu fügen, falls er auf die Anerkennung Wert lege. Doch ist dies tatsächlich der Sinn der Vorstellungen, die unterderhand durch den ameri kanischen Konsul Silliman in Saltillo an Carranza ergangen sind. Das Staatsdepartement glaubt, daß Carranza sich bewähren wird. Besorgnis erregt nur die Frage, ob er die Soldateska im Zaum halten kann. Insbesondere gilt Villa als großes Frage zeichen, da bekannt ist, daß die Gegensätze zwischen Villa und Carranza trotz formeller Aussöhnung fort bestehen. Villa hat ein unabhängiges Hauptquartier in Juarez eingerichtet und ist Herr in den Nord staaten, so daß im Falle eines Bruchs mit Carranza ein neuer Bürgerkrieg droht. Villa ist reich lich mit Geld und Waffen versehen. Es ist ein offenes Geheimnis, daß hinter ihm mächtige ameri kanische Interessengruppen stehen. Carranza vor dem Cinzug in die Hauptstadt. Monterey, 17. Juli. (Reuter.) Nach der Aus sage hoher Beamter der Konstitutionalisten will Carranza, sobald die Konstitutionalisten zur Herrschaft gekommen sind, die Gültigkeit der Schul, den Huertas nicht anerkennen. Diese Mit teilung ist die Antwort auf Anfragen betreffend die Meldung, daß die fremden Regierungen durch die Re, gierung de« vereinigten Staaten »r,langt hätten, Carranza solle die Schulden Huertas anerkennen und -allen politische» Gefangenen Amnestie gewähre«. Carranza erklärte, nur wenn die Bundestruppen bedingungslos sich übergäben, könnten die vorgeschla, genen Verhandlungen über den Einzug der Konstitutionalisten in die Stadt Mexiko erfolgreich sein. Daß Carbajal an die Stelle Huertas getreten ist, sei für die Konstitutionalisten kein Grund zu einem Kompromiß bezüglich der Grundsätze» für die sie kämpften. poMeke Ueberlictit Vie Zurückweisung deutscher Handlungsgehilfen in England. Zu dieser Angelegenheit äußert sich jetzt der Hamburger Verein für Handlungs- Kommis von 1858, dem zwei der Zurückgewiescncn als Mitglieder angehören, in seiner Vereinszeit- schrift „Der Handelsstand" u. a. wie folgt: Die drei jungen deutschen Handlungsgehilfen beabsichtigten, zur Erlernung der englischen Sprache nach England zu gehen und dort Stellung zu suchen. Sie fuhren in der zweiten Kajüte eines Dampfers der Batavier- Linie von Rotterdam nach London. Bei der Ankunft in Tilbury wurden sie polizeilich vernommen und ärztlich untersucht. Darauf wurde ihnen die Mit teilung gemacht, daß sie in Tilbury nicht eingelassen werden könnten, daß sie vielmehr mit dem Dampfer nach London weiterfahren müßten, wo ein höherer Gerichtshof über die Einlassung zu entscheiden hätte. Der Dampfer traf gegen Mittag in London ein. Von diesem Augenblick an wurden die drei deutschen Hand lungsgehilfen wie Gefangene — wie sie selbst schrei ben: wie schwere Verbrecher — behandelt. Sie wur den in einem etwa 2 zu 4 Meter großen Kabinen raume der zweiten Kajüte eingeschlossen, nachdem sie auf Befehl des Kapitäns dem Steward je 100 auszuhändigen hatten. Die gesamte Barschaft der drei Deutschen betrug bei der Ankunft in London etwa 450 bis 500 <N. Die Kollegen mußten bis zum nächsten Tage in dem verschlossenen Raume bleiben und wurden am folgenden Tage gegen 11 Uhr unter Bewachung von zwei Schisssangeftellten vor das Londoner Einwanderungsgericht geführt. Dort wur den sie mit Hilfe von Dolmetsck-ern eingehend ver nommen. Sie hatten bei diesem Verhör angegeben, daß jeder von ihnen im Besitze von etwa 150 ge wesen war und daß sie bereit seien, bei der Behörde den Betrag der Rückreise nach Deutschland zu hinter legen, daß sie auch im Notfälle von ihren Eltern hin längliche Unterstützung erhalten würden, wenn ihre Barmittel erschöpft seien. Sie gaben ferner an, im Besitze von Empfehlungsschreiben an Londoner Firmen zu sein. Das Gericht ließ dann den drei jungen Leuten sagen, daß sie in einiger Zeit auf dem Schiff Bescheid erhalten würden. Das geschah jedoch nicht. Wer daran die Schuld trägt, ist nicht fest gestellt worden. Die drei Deutschen wurden auf dem Dampfer wieder in demselben Raume eingeschlossen bis zum Antritt der Rückfahrt des Dampfers, die an demselben Tage gegen Abend erfolgte. Zu Beginn der Rückfahrt wurde ihnen von dem Steward das hinterlegte Geld unter Abzug der Rückreisekosten von je 13 wieder ausgehändigt. Ein zweiter unternommener Versuch, als Passa giere erster Klasse über Hoek van Holland und Har wich nach England zu gelangen, schlug gleichfalls fehl, da die erste Ausweisung bereits sämtlichen englischen Hasenplätzen bekanntgegeben worden war und die drei Deutschen deshalb in dem englischen Hafen so fort von Polizeibeamten in Empfang genommen wurden. Man bedeutete ihnen, daß ein zweiter Ver such, wie sie ihn unternommen hatten, eigentlich strafbar sei und zwang sie, mit dem nächsten Dampfer wieder nach dem Festlands zurückzufahren. Wie «oeitöL ausgeführt wird, erfolgte die Zurück weisung auf Grund der Aliens Act vom Jahre 1905; den Vorwurf Mer Wjllkür wird man also in Eng land nicht gelte« lasser».- Gleichwohl ist der Schluß berechtigt, den der Hamburger Verein aus dem Vorfall zieht. Er schreibt: „Wenn in England ein Gesetz be- steyt, das fremden Personen die Landung verbieten kann, deren Eltern es nicht möglich ist, sie zu unter halten oder die noch keine Stelle haben, durch die sie sich standesgemäß zu ernähren vermögen, so sollte die Einwanderungsbeyörde dieses Gesetz trotzdem auf die deutschen Handlungsgehilfen nicht anwenden, und zwar deshalb nicht, weil englische Angestellte auch unbehindert nach Deutschland kommen dürfen, um sich hier eine Stellung zu suchen. Niemand fragt in Dcukschland danach, ob sie genügende Mittel oder eine entsprechend be,zahlte Stellung besitzen. Sollte die Aliens Act für die Folge gegen die deutschen An gestellten in derselben scharfen Weise gewendet wer den, wie bei den erwähnten drei Deutschen, so würde es an der Zeit sein, bei unseren maßgebenden Körper schaften ein ähnliches Gesetz zu beantragen. Ob das aber zum Vorteil der Kaufleute beider Völker wäre, und vor allen Dingen zur Förderung der freundschaft lichen Beziehungen dieser beiden Länder beitragen würde, das möchten wir doch bezweifeln." Vas Relchsgesun-Heitsamt un- -ie wissen- sshaftllche Erforschung -er Pocken. Man schreibt uns: Das Reichsgesundheitsamt ist gegenwärtig damit beschäftigt, ein Verfahren des preußischen Stabsarztes Dr. Fornet zu prüfen, dem es gelungen zu sein scheint, den Pockenerreger in Reinkultur darzustellcn. Von jeher hat die Reichs regierung die Fortschritte der wissenschaftlichen Unter- suchungen über die Pockenkrankheit sür die Vervoll kommnung des Impfwesens nutzbar gemacht. Falls sich die Ergebnisse der Untersuchungen Dr. Fornets bestätigen, wären sie naturgemäß von außerordent licher Wichtigkeit für die Schutzpockenimpfung. Soll ten sie sich aber nicht als stichhaltig erweisen, dann müssen auf anderem Wege Versuche gemacht werden, um das Ziel zu erreichen und zugleich einen Impf stoff in Reinkultur herzustellen, der in jeder Impf portion genau dosiert werden kann. Dieser Fort schritt muß mit allen Mitteln erstrebt werden, weil es eine dem gesetzlichen Impfzwang entsprechende Pflicht des Staates ist, das Impfverfahren so voll kommen als möglich zu gestalten. Seit Ende des 18. Jahrhunderts wird die Kuhpockenimpfung mit Erfolg ausgeführt, aber bis heute konnte in der Wissenschaft noch keine Einigkeit darüber erzielt wer den, welche Beziehungen zwischen den echten Pocken Les Menschen und den Kuhpocken bestehen. Außer beim Rinde gibt es Pockenerkrankungen auch beim Pferde, beim Schwein, beim Schaf, bei der Ziege und beim Huhn. Erfahrungen, die beim Studium der Tierpocken gewonnen werden, können wertvolle Fingerzeige für die weitere Erforschung der Menschen pocken und ihre Bekämpfung geben. Die Forschungen müssen sich also auf die Tierpocken im allgemeinen erstrecken. Diese durchzuführen, ist in erster Linie das Kaiserliche Gesundheitsamt berufen, zu dessen beson deren Ausgaben die Ueberwachung und Fortbildung des Impfwesens gehört. Deutsches Reich. * Der König von Bayern hat aus Anlaß der Er nennung des Erzbischofs von München-Freising, Dr. v. Bettinger, zum Kardinal dem päpst lichen Oberstkämmerer Monsignore Ranuzzi do Bianchi das Großkreuz des Verdienstordens vom Heiligen Michael und dem Sekretär der außergewöhn lichen kirchlichen Angelegenheiten Monsignore Pa ce ll i die 1. Klasse desselben Ordens verliehen. * Kein Rücktritt v. Bülows. Die Meldung von dem Rücktritt des Oberpräsidenten von Bülow bestätigt sich nicht. * Ein Luftkreuzer von russischen Grenzsoldaten beschossen. Aus Nerdenburg, Kreis Allenstern, wird der „V. Z." gemeldet: Am Dienstag traf der Lust kreuzer VI" auf seinen Uebungsfahrten im Kreise Neidenburg ein. Er hielt seinen Kurs neben der russischen Grenze und mutz dann in der Richtung auf Piotrowitz über die russische Grenze geraten sein, wo er von den russischen Grenzsoldaten beschossen wurde, ohne daß jedoch der Zeppelinkreuzer getroffen wurde. Der „2. VI" änderte daraufhin seinen Kurs und flog über Neidenburg nach Allenstein zurück. * Maior a. D. Schäfer zieht seine Beleidigungen zurück. Aus Straßburg wird gemeldet: Major a. D. Hermann Schäfer, der bei den Vorfällen in Zabern Anschuldigungen gegen das dortige Postamt erhoben hatte und von der Oberpost, direktion in Straßburg wegen Beleidigung verklagt worden war, erläßt nunmehr folgende Erklärung Vie Schlacht bei Lützen. Von Ricarda Huch. II. Kurz nachdem Gustav Adolf gefallen war, erschien Pappcnheim in der Ebene von Lützen. Er über blickte, atemlos vom schnellen Ritt, das Schlachtfeld und erkundigte sich, auf welcher Seite der König von Schweden kämpfe; worauf er dorthin eilte, um sich so fort in das dichteste Getümmel zu werfen. Von einer Kugel in der Hüfte getroffen, oersuciste er sich ver gebens zu halten und mußte sich von einem Trom peter, der in der Nähe war, aus der Schlacht tragen lassen. Lvährend man ihn in einer Sänfte fortschaffte, fluchte er, daß niemand da fei, um ihm das Blut zu stillen; als er dann das Ende des Schwedenkönigs vernahm, sagte er, nun wisse er, daß er sterben müsse, La es so verhängt sei, aber er sterbe gern, denn sein Fsind sei hin und die Kirche gerettet. Er wurde auf die Plrißenburg bei Leipzig gebracht, wo er nach ein paar Tagen starb. Der Page Leubelfing starb in 'Naumburg im Hause der Witwe Koch, die ihn müt terlich pflegte, und wurde in der Wenzelskirche bei gesetzt. wo sein Grabstein durch di« Inschrift bezeich net ist: Ich weiß, daß mein Erlöser lebt. Indessen war auf der schwedischen Seite das herrenlos dahinjagende weiße Pferd des Königs aus gefallen, und auch die Aussage derer, die ihn im Ge dränge hatten fallen sehn, verbreitete sich. Als Her- .zog Bernhard es hörte, empfand er neben dem Schrecken ein Schwellen des Herzens, als ob plötzlich eine erfüllte Erwartung hincingcrauscist wäre. Ohne sich zu besinnen, suchte er Knyphauscn aus und teilte ihm das Ereignis mit, der es anfänglich nicht glau- b.m wollte; wenn es aber so sei, sagte er. müsse man es verborgen halten und einen vorsichtigen Rückzug bewerkstelligen, ohnehin sei der Tag verloren, nach dem drüben soeben die Pappenheimer angekommen wären. Das war nicht Herzog Bernhards Meinung: im Gegenteil wolle er Len Tod des Königs laut ver künden, sagte er, namentlich die Schweden würden dadurch aufgercizt werden. Ließe man jetzt Unsicher heit oder Verzagen merken, so wäre ihr Untergang gewiß, der Sieg sei ihre einzige Rettung, er nehm« alles auf sich. Während Knyphausen es übernahm, für die Bergung des königlichen Leichnams zu sorgen, verkündete Herzog Bernhard Gustav Adolfs Tod, in dem er zugleich zur Rache ausfordcrtc. Infolgedessen erneuerte sich di« Schlacht mit großer Heftigkeit und währte bis zum Einbruch der Dunkelheit mit dem Erfolge, daß die Kaiserlichen, wenn auch nicht in die Flucht geschlagen, so doch aus ihren Stellungen ver drängt wurden. Wallenstein stand im Zwielicht aus einen Stock ge stützt neben seinem Tragstuhl, al» Piccolomini zu ihm geritten kam, vom Pferde sprang chm den Koller des gefallenen Königs zeigte. Nur mit dieser Elens haut habe sich der Schwede geschützt, sagte Piccolo mini, seltsame Leute wären doch Liese Barbaren. Er habe das Ding von Holk bekommen und wolle dem Kaiser eine Aufmerksamkeit damit machen, man könne sehen, wo die Kugeln eingedrungen wären, und cs sei voll Blut. Ob denn etwa Holk den König ge tötet habe, fragte Wallenstein. O nein, sagte Piccolo mini, seine Reiter wären es gewesen, obwohl es Isolani den Kroaten zuschreibcn wolle. Welche Wunde ihm eigentlich den Rest gegeben habe, wisse man nicht, überhaupt sei seine Person zu spät erkannt. Da nur ein kleiner Page bei ihm gewesen sei, habe man sich nicht einbilden können, daß es etwas Vor nehmes sei. Der König von Schweden, sagte Wallenstein trocken, habe stets gegen die erste Regel der Feld- herrntunst verstoßen, daß, wer die Schlacht lenke, außerhalb derselben bleiben müsse; dieser unklugen Eitelkeit sei er nun zum Opfer gefallen. Er könne sich aber nicht genug verwundern, daß das Gegenteil trotz dieses Unfalls so große Avantage erlangt hätte; er werde über die Schuldigen ein schreckliches Straf gericht halten; es fei schimpflich und ohne Vergleich in den Kriegsannalen, daß ein so wohlversorgtes Heer sich die sichere Viktoria abstrciten ließe. Die Schweden hätten wie Verzweifelte gefochten, um ihres Königs Tod zu rächen, sagte Piccolomini, er könne sich eines so heißen Tages nicht erinnern. Es imtte unterdessen einer seiner Untergebenen Wein geholt, wovon er rasch ein paar Gläier hinuntcrstürzte. sein Gesicht war rot, nachdem er den Helm abgcnom- men hate. sah man den Schweiß an seinen rotbraunen Wangen hernnterlausen. Dreimal habe er das Pferd wechseln müssen, jagte er lachend, und bis jetzt habe er zehn Wunden gezählt. „Eine jede soll dem Herrn Bruder 1000 Gulden tragen", sagte Wallenstein, dessen düstere Miene sich ein lvenig aufhcllte. Picco lomini bedankte sich und sagte: ..Als ich mir diese hübschen Vögel fing, dachte ich nicht, daß sie auch gol dene Eier legen würden." Ob er sich denn auch habe verbinden lassen? fragte Wallenstein. Ja, die schlimm sten. sagte Piccolomini, aber es sei nichts Gefährliches dabei; nur die Arme hingen ihm so am Leibe her unter, als wären sie aus dem Scharnier gegangen. Wenn jeder so seine Pflicht getan hatte, sagte Wallenstein, würde der Ausgang des Tages anders sein. Ein über Erwarten glücklicher Zufall sei nicht ausgenutzt worden; er schmecke die schwarze Galle im Munde vor Zorn. Wenn der Herzog es wolle, sagte Piccolomini, könne er wieder anfanqen. er fei noch im Schwünge. ..Es :st Nacht", sagte Wallenstein. Piccolomini sah sich prüfend »in; schließlich könne man ja auch im Dunkeln fechten, meinte er. Nein, sagte Wallenstein, es se: Zeit den Tag zu endigen. Er wolle die Order zu einem langsamen Nuckzug auf Leipzig ausgeden lasten. Das Pappenheimijche Fußvolk könne der Ehre wegen auf dem Schlachtfelde bleiben, übrigen» liege nichts daran; der König von Schweden habe viel auf solche Kindereien gehalten, er brauche das nicht. Er habe den ganzen Tag große Schmerzen aus gestanden und müsse die Nacht schlafen. Piccolomini sagte, er solle doch unbesorgt der Ruhe pflegen, im ganzen sei es ein überaus glücklicher Tag gewesen, und der Kaiser werde vor Freuden närrisch sein. Während Wallenstein auf der dunklen Straße nach Leipzig getragen wurde, gingen ihm die Worte des kleinen padooanischen Professors durch den Sinn: Aber der Sturz dieses majestätischen Gestirns wird das Firmament so erschüttern, daß auch Euer Stern nach einer Weile unordentlichen Flimmerns taumeln und gänzlich erlöschen wird; so etwa, glaubte er, habe Argoli in jener Sommernacht gesprochen. Wenn er auf die Einladungen des Schwedenkönigs gehört hätte, dachte er, wäre vielleicht alles anders ge kommen; aber was für ein Verhältnis hätte es zwischen ihnen geben können, da doch keiner sich dem anderen untergeordnet hätte? Er hatte sich diesen Todesfall nicht so nah vorgestellt und dankte es den plumpen Knechten nicht, die den gefürchteten König umgebracht hatten. Nun würden der Kaiser und der Kurfürst von Bayern wieder übermütig werden, er würde sie niederhalten müssen und hatte keinen macht vollen Bundesgenossen mehr im Rückhalt, den er etwa gegen sie ausivielen könnte. Denn würde Oxcn- ßierna den König ersetzen können? Und würde er sich je so weit herablassen, mit einem schwedischen Edelmann« zu traktieren? Alles in allem, dachte er, möchte niemandem im Reiche dieser Tod so schwer und lästig wie ihm fallen. Strin-berg-Erinnerungen. Georg Brandes, der bedeutende dänische Literar historiker, hat mit August Strindberg viele Jahre hindurch in engen Beziehungen gestanden und be wahrt in seinem Gedächtnis eine Fülle von Er innerungen an den verstorbenen größten Dichter Schwedens. Wenn Brandes also aus diesen Er innerungen berichtet, so ist es von vornherein anders, als wenn irgendein, einem großen Manne zufällig Begegneter, Anekdoten auskramt So verdient eine Veröffentlichung von Brandes über Strindberg in der Germanisch-Romanischen Monatsschrift mehr als gewöhnliches Interesse. Einige besonders charak teristische Einzelheiten daraus seien hier wieder gegeben: „Es ist mein Los gewesen, mit Strindberg, zu zeiten entscheidender Wendungen in seinem Geistes leben, zusammenzutreffen. Ich habe ihn mehr als einmal auf der Drehscheibe gesehen, wo die Richtung der Lokomotive verändert wird, und ich habe jedes- mal konstatieren können, wie ernsthaft und tiefgehend die Veränderung war, wenn auch ein bißchen Komö diantentum sich in die Aeußerunasformen mischte. Zum ersten Male während Strindbergs langem Aufenthalte in Dänemark, wo ich ihn nicht selten sah. Ich erinnere mich genau seine» ersten Besuche», weil er mehrere» sehr Eigentümliche» sagte. Nach der - , ... .. « .-Oa,-. ersten Begrüßung stellte ich die Frage, ob er Bekannte in dem Stüotlein Roskilde hätte, da er, wie ich aus den Zeitungen ersehen hatte, auf dem Wege nach Kopen hagen dort gerastet hatte. „O nein", antwortete er, „ich blieb nur in Roskilde, weil das Irrenhaus Vistruo dort liegt. Ich fuhr da vor, um mir von dem Overarzt ein Zeugixis zu erbitten, das ich nicht toll bin. 2ch fürchte nämlich, daß meine Verwandten Böses gegen mich im Sinne haben." — „Und was antwortete der Arzt?" — „Daß er nicht zweifelte, mir das Zeugnis geben zu können, wenn ich mich einige Wochen zur Observation einlegen wollte, aber aus dem Stegreif könnte er es nicht." Ich verstand, daß ich ein Original vor mir hatte. Er fuhr fort: „Sie wissen wohl, daß meine traurige und lächer- liche Ehe aufgehoben ist?" — „Ich wußte nicht einmal, daß Sie verheiratet gewesen. Ich kenne Ihre Schriften sehr genau, weiß aber nichts über Ihr Privatleben." Strindberg bat mich, sein Stück „Der Vater", dies wichtigste Drama der ganzen schwedischen Literatur, auf der Bühne des Kasino» Theaters in Kopenhagen zu inszenieren. Während ich an einem der folgenden Tage bestrebt war, den Schauspielern, die an leichtere Sachen gewöhnt waren, das Stück zu erklären, klopft Strindberg mir auf die Schulter und sagt: „Raten Sie mir, eine Wohnung in Store Kogensgade, sechs Zimmer, Küche, Bequem lichkeiten, für 1500 Kronen, ist das teuer?" — „Was in aller Welt wollen Sie einzelner Mann mit sechs Zimmern?" — „Einzeln! Hab ich doch Frau und drei Kinder mit mir." — „Verzeihen Sie, aber es kommt mir so vor, als ob Sie mir vor ein paar Tagen erzählten, Ihre Ehe sei aufgelöst?" — „Ich habe Frau Strindberg als Frau abgeschafft, sie aber als Geliebte behalten." — „Verzeihen Sie noch ein mal, aber das geht nichts nach den Gesetzen aller Länder wird sie als Geliebte wieder Jbre Frau. Sie können alle anderen Frauen als Geliebte be trachten, nur nicht Ihre Frau Gemahlin." In diesem Jahre, 1888, ging eine Umwälzung in Strind bergs Innern vor. Er riß sich eine Zeitlang von Rousseau los und näherte sich Nietzsche, den er zwar nie gelesen, den er aber durch einige Zeitungsreferate von Universitätsvorlesungen kannte, die ich in Kopenhagen über Nietzsche gehalten hatte. Strind bergs Novelette „Die Kleinen" vom Jahre 1887 zeigt, daß er eben damals dem Ideenkreis Nietzsches nicht sernstand. Indem ich nun auch Nietzsche auf Strind berg aufmerksam machte, wurde ein Ideenaustausch zwischen den beiden hervorragenden Männern ver anlaßt. Die Stellung Strindbergs zur Frauenfrage ließ Nietzsche und ihn sich ohne Schwierigkeit finden und verstehen. Unter den Schriften Strindbergs ist nicht nur „Tschandala", die ein unheimliches Abenteuer verw-'rtet, das Strindberg in Dänemark erlebte, in Nietzsches Geist geschrieben, sondern noch mehr die wertvolle Erzählung „Hassbandet" (deutsch, so viel ich weiß: „An offener Sce"s. Wenn man bedenkt, Laß Strindberg seinem Wunsche gemäß mit seiner Bibel aus der Brust begraben wurde, staunt man über den Schluß diese» Werkes, der in so schneiden dem Widerstreite steht zu allem, was er in seinen letzten fünfzehn Jahren geschrieben hat." VV.
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