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Sr,ch«InI k mal wSchentltlh mit der Illustrierten Trail», beilage „Der Feuerleiter" und mehreren Textbetlagen »Iona». Le>ng»prei»! ilusg. A mit CI. Bennoblalt M. 2.7V Ausg. v ohne üt. Vennoblait M 2 2V Ilnjelnummer 10 Plg., Eonnabend-u. C«nnta,-Rr. kV Pf«. Freilag, den 29.September 1933 Beiiageort Dr««»«» Ilnjeigenpreile: di« gpalt tv mm breite Pelilielte 10 Plg. — stlr Famtttenanzeigen und Ctellengeluche iv Psg. — Für Plahvorlchrtslen können wir kein« TewShr leister volksseuuns Redaltio»! Dreaden-A., Polterftr. 17, Fernr. 207U ». 210» Tg<hiill»st«ll«, Drmk und «erlag: Termanla Buchdrucker«! ». «erla, Th. u. D. Winkel, Pollerstr. 17, Fernr. 2IVir, Postlcheck: Nr. 102», Bank: Stadtbank Dresden Nr. VI7V7 §ÜI« vki'LsAivkv poISKSlir KuIGui» Im Faste von höherer Tewalt, «erbot, Streik oder Betriebsstörungen hat der Bezieher oder 2n>erent leine Ansprüche, salls die Zeiiung ln beschränktem Umsange, verspätet oder nicht erscheint. — Erfüllungsort Dre den Gegen die pangermanische Idee Grundlegende Ausführungen -es Reichspropagandmnintslers über die Polilik der deutschen Reichsregierung — Der 7. Tag des Reichslagsbrandslisler-Prozesses — Kuttusminisler Rusl über die Arbeil des preussischen Kultusministeriums Deutschland und die Schweiz Bundesrat Motta über seine Unterredung mit den deutschen Ministern in Genf Bern, 28. Sept. Anlässlich einer Interpellation über Grenzzwischen fälle, die sich, wie beliannl, am 8. August bei Augst- Wkchlen, am 27. August bei Ramsen und am 28. Septem ber ereignet haben, machte Bundesrat Motta Mit teilung über eine Unterredung, die er mit Reichsaugen minister von Reurath und Neichsminister Dr. Goeb bels hatte. Die beiden deutschen Minister Hütten ihm erklärt, dass die Reichsregierung diese Zwischenfälle leb haft bedauere uud Massnahmen für eine schartige Ab stellung ergreifen würde. Bei der Unterredung sei auch das Presse Problem angeschnitten worden. Die deutschen Minister hätten betont, dass die deutsche Regierung durchaus bereit sei, die Kritik der schweizerische« Zeitungen wie die der ausländischen Presse im allgemeinen anzunehme», jedoch nur unter der Bedingung, dass diese Kritik nicht bis zu einer aus gesprochen feindseligen Gesinnung gehe. Bei der Unterredung habe er, so erklärt Motta weiter, auch hervorgehoben, das; die pangermanische Lehre in der Schweiz die Köpfe verwirren würde und das; nichts die schwei zerischen Gemüter mehr erregen könne, als wenn in leicht fertiger Weise über die Schweiz gesprochen werde. Stelle doch die Schweiz eine brüderlich geeinte Ration dar, die in sich die Gewissheit eines dauernden Bestandes trage und ihre eigenen besonderen Ausgaben zu erfüllen habe. Darauf habe ihm Dr. Goebbels folgende Aulwort erteilt, der auch Frei herrn von Reurath beigepslichlet habe: Die Doktrin und die Politik der deutschen Regierung richten sich keineswegs gegen die Schweiz, ganz im Gegen teil: Die Schweiz ist ein gesunder und starker Organismus, der harmonisch im Laufe einer langen Geschichte entwickelt wurde. Man kann sich Europa garnicht mehr vorstcllcn ohne die Schweiz. Dieses Land hat eine grosse 'Ausgabe. Man kann die Schweiz nicht mehr wcgdenkeu, man kann nicht ohne sie auskommen. Das Reich würde die grösste Abenteuer politik treiben, die cs in Konflikt mit einer grossen Zahl von Staaten bringen würde, wenn cs 'Anspruch darauf er heben wollte, sich alle Bevölkerungen deutscher Rasse und Zunge cinzuvcrleiben. Droh der Berschicdenheit der Ein richtungen werde das Deutsche Reich mit der Schweizer Eidgenossenschaft auf dem Fusse einer tiescn und dauernden Freundschaft leben. Kun6 um 6enk Internationale Hochspannung. Die Vorgänge um Gens werden mil einem, man liann beinahe sagen leidenschaftlichen Interesse verfolgt, obwohl die Bällrerbundslagllng selbst kaum einen Anlas; dazu bieten bannte. Die ungewöhnliche Spannung, die überall herrscht, zeigt uns am besten die europäische Stimmung an. Eine Nervosität sondergleichen wacht sich in den ein zelnen Staaten bemerkbar, und alles vereinigt sich auf die A b r ü st u n g s f r a g e , über die jedoch erst im Okto ber die Entscheidung fällt. In Gens haben sich aber jetzt schon Oie gewohnten diplomatischen Zirbel gebildet, in denen jene geheimnisvollen Vorbesprechungen stattsin- den, über die meist nur Berichte herausgegeben werden, aus denen niemand schlau wird und d:e inhaltlich selten etwas besagen. Es isl kein Zweifel, das; in den Kreisen der Bölberbundsbonscrenz allgemein die Stimmung pes simistisch ist. Dieser Pessimismus klang auch aus der Eröffnungsrede des vorläufigen Präsidenten der. Konfe renz. Auch er versuchte. Ermahnungen an die Delegier ten zu richten, doch bönnen wir uns davon nicht viel versprechen. In die Beweisausnahme einaekreien Leipzig, 28. Sept. Im Leipziger Hochverratsprozes; wird wahrscheinlich auch heule noch nicht der Reichstagsbrand zur Perhand lung bommen. Nachdem gestern die Kriminalbeamten zum Beweisthema, dass van der Lubbe die Brandstiftun gen im Wohlfahrtsamt, im Rathaus und im Schlaf; ver übt habe, vernommen worden waren, werden heute einige Zivilpersonen, Beamte des Schlos- s e s und andere gehört. Bei Eröffnung der Perhandlung stellt sich heraus, das; die Zeugen noch nicht anwesend sind, da die Berliner Züge in Leipzig noch nicht eingetrofseu sind. Die Zeugen sind erst gestern telegraphisch für heute geladen worden. Der Vorsitzende betont, das; diese kurzfristige Ladung nicht zu umgehen war. nachdem durch die Taktik des Angeklagten van der Lubbe das Verfahren umgestellt werden musste. Die Verhandlung wird für kurze Zeit ausgesetzt, bis die Zeugen ange- kommen sind. 13 Zeugen sagen aus . . . Nach Eintreffen der 18 Zeugen und Wiedereröffnung der Verhandlung tritt das Gericht sofort in die Beweisauf nahme ein über die einzelnen Brände, über die verschiedenen Gespräche, die der Angeklagte van der Lubbe vor dem Wohl fahrtsamt uud an andere« Stellen geführt hat. Als erster Zeuge wird der Polizeloberwachtmcistcr Albrecht vernommen, der über den Brand im Wohlfahrtsamt aussagt Der Zeuge wurde gegen 7 Uhr von einem Herrn auf eiueii Feuerschein aus der .Holzbaracke des Wohlfahrtsamtes aufmerksmu gemacht. Er habe sich sofort dorthin begebe« uud festgestellt. das; auf dem Dache zwei Feuerstellen waren Zusammen mit einem Mechaniker Müller hat er daun das Feuer mit einer Latte ausgeschlageii. Der Zeuge erklärt, das; die Dachpappe bereits augebrannt war. Als nächster Zeuge wird der Berliner Stadt inspektor Frank, der Dienststelleiileiter des Neuköllner Wohl fahrtsamtes. vernommeii. Am Douiierstag vor der Brandstif tung sei ein organisierter kommunistischer Augrisf auf die Zweigstelle geplant gewesen. Ein fremder Mann, so berichtet der Zeuge, machte mir schon am Tage vorher die Mitteilung, das; von dem Kommunistisclk'n Berkehrslokal Schlasske in der Steiiimetzstrasze aus in de« Morgensluiiden ei« Angriff er folge« sollte Die notwendige« Sicherheilsvorkehrungen waren getroffen. Ein Polizeihauptmann mit 8 Beamten traf gegen !>,:!» Uhr in der Zweigstelle ein. An diesem Bormitlag war aufgefallen, das; die Aufenthallsräume im Wohlfahrtsamt eine« viel stärkeren Besuch aufwiesen als sonst, und das; sich auch unter dem Publikum viele neue Gesichter befanden. Plötzlich verbreitete sich die Mitteilung, das; die Polizei das kommu- nistisclie Lokal ausgehoben halw. Auffällig schnell leerten sich nun die Gänge und Warteräume im Wohlfahrtsamt. Der nächste Zeuge ist der Maschinenmeister Kiekbusch, der im Keller des Rathauses wohnt. Am 25. Februar abends nach 9 Uhr stellte der Zeuge fest, das; in der eine« Ecke des Schlafzimmers seiner Wohnung eine Brandstelle war, die lich terloh brannte und lrereits eine Fläclie von 29 cm eingenom men hatte. Die Scheuerleiste war weggebrannt und auch ein Garderobenständer angebrannt. In der Höhe eines hallien Me ters war auch die Tapete schon verbrannt. Der Zeuge hat mit mehreren Eimern Wasser den Brand selbst gelöscht. Die Ursache des Brandes hat der Zeuge nicht feststellen können. Der Oberreiklssamvalt fragt den Zeuge«, warum er ,zunächst (Fortsetzung auf Seite 2.) Rechtsanwalt Gtompö üben den Leipziger prozefr Amsterdam, 28. Sept. Das sozialdemokratische Hauptorgan „Het Bvlk" veröffentlicht an der Spitze des Blattes eine bemerkens- iverte Unterredung mit dem ans Leipzig nach .Holland zlirückgekekrten Rechtsanwalt Stomps, der sich bekannt lich vergebens um die Verteidigung van der Lübbes be mühte. Stomps unterstrich darin die völlige Objek tivität des Leipziger Gerichts und nannte van der Lubbe verkällnismäszig schlau und berechnend. Das geheimnisvolle Lächeln van der Lnbbes könne als Beweis dafür gelten, das; er den Perlons des Prozesses sehr genau beobachte. Offenbar verfolge van der Lubbe mit seinem Schweigen ein bestimmtes System. Diplomatische Gcsprächshausse. Keineswegs darf Genf von uns in seiner Bedeutung für die kommende Abrüstungskonferenz deswegen unter schätzt werden. Seit Jahren wissen wir. aas; nicht das, was öffentlich erörtert wird, unser Hauptaugenmerk verdient, sondern es muhte sich jeweils auf die diplo matischen Gespräche richten, von denen wir gegenwärtig eine Hausse erleben. Dabei fällt aus, das; Italien die stärkste Initiative entfaltet, das; seine Delegierten bereits bei allen anderen Delegationen vorgesprochen haben. Italien sucht zu vermitteln und gleichzeitig auch seine Annäherung au den französischen Standpunkt ziemlich unverbindlich zu gestalten Darüber herrscht kein Zweifel mehr, das; sich im weiteren Begriffe die Staaten wohl schon alle zu einer Kontrolle verstän digten, das; sie nur noch nicht wissen, wie weit diese gehen soll, ob sie auch England einzubeziehen hätte oder nur den europäischen Kontinent, ob dazwischen dann Abrüstungen dnrchgesührt werden und wie, schliesslich der strittigste Punkt, was soll inzwischen mit Deutschland und in Deutschland gesche he n ? Nun, an diesem Kopfzerbrechen nehmen wir nicht teil. Was bis jetzt an sog. Lösungen vor und in Genf vorgeschlagen wurde, ist für uns unannehmbar, denn auch nicht die schönste Phrase könnte dann darüber Hinwegtäuschen, das; eben nichts anderes damit rierbun- den wäre als die Fortsetzung der einseitigen Entrechtung des deutschen Volkes. lind das gilt hauptsächlich gegenüber Frank reich. Es wird zwar von einem Auftaueu der eisigen Stimmung in Frankreich geschrieben, auch davon, das; die französische Regierung nachdenklich geworden sei. Ob das nun ehrlich ist oder ob sich dahinter wieder andere taktisclze Knisse verbergen, wird sich sehr bald zeigen müssen. Würde ein vernünftiger Stimmungsumschnmng in Frankreich kommen, dann wäre das zu begrüssen, aber zuvor miiszte die französische bösartige Propaganda ge gen Deutschland aufhören, denn sonst ist es unnwglich, sich unbeeinflusst an einen gemeinsamen Verhandlungs tisch zu setzen.