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uncl'Wissen LLcftsi8cfts Volksreftunsss ^r.2I7 — 2». Demker I'M I^ebeasproblem OroÜstaät Von Dr. Ilse Brügger. > Keiner, der die augenblicklichen kulturellen und sozialen Lebensabläufe nur ein wenig aufmerksam betrqchtet, wird sich unter der Wirkung dieser Krisenzett der Tatsache verschließen können, dich der Vcgrisf Großstadt, den man früher noch als weniger bedeutend, jedenfalls das eigene Leben ost nicht bis ins Letzte berührend, nbtun konnte, sich heute zu einem Problem auswächst, das von tiefstem Einfluß für unsere gesamte Lebens gestaltung ist. Wahrscheinlich kann es nicht allzu lange dauern, bis sich z. V. die Wissenschaft jener Zusammenhänge bemächtigen wird, die da zwischen Mensch und Großstadt zu herrschen scheinen, die wir aber bisher im praktischen Leben nur allzu sehr zu über sehen geneigt waren. Man wird diesen Fragen gar nicht aus weichen können, in einem Augenblick, wo man etwa versucht, den Städter wieder landheimisch zu machen, wo es gilt, dem Elend von Massen zu steuern, die zum Zentrum ihres Heran wachsens die Großstadt hatte», siir die schon von Geburt an die Vorstellungen vorhanden sind, wie sie der Wohnsitz von Mil lionen schasst. Lvenn man heute der äußersten Not und dem Elend steuern will, die durch die Weite und Namenlosigkeit, durch das Untertauchen ins Vergcssenwerdcn nur noch Begünsti gung erhalten, so kann man das gar nicht anders, als daß man die verbindenden Wurzeln untersucht. Daß man mit einem Wort den Lebensnerv des Menschen nicht zerschneidet, der auf einem Vielfachen von Eroßstadtcrlebnissen und -ersahrungen beruht. Eine Fülle von Fragen tut sich hier auf, die nur sorg same psychologische Arbeit langsam und umsichtig zu lösen ver möchte. Und die auch sicher einmal geleistet werden muß. Aber vor dieser wissenschastlichen Typologie der Großstadt steht noch eine andere Möglichkeit. Das ist die bange Frage, das Feststcllen aus Tatsächlichkeiten heraus, das immer zugleich mit der Sehnsucht seines Suchens die Aussicht aus Fruchtbar keit in Händen tragen kann. Es wird hierbei nicht angehen, den Vcgrisf Großstadt nur in Verbindung mit der Zahl zu bringen. Gewiß, man tut das gewöhnlich. Und sicher trägt auch die Zahl den Sieg davon, wenn sie etwa zur Bekräftigung für das Vorhandensein sittlicher Delikte rivalisiert mit der einfachen und an Beispielen ge wonnenen Ucberzeugung von den starken Kräften, die sich in der großen Stadt so merkwürdig scsi erhalten, wie hohe, brennende Lichter. Und es zeigt sich eins: daß man den tiefsten Problemen, die hier schlummern, vielleicht erst dann näher kommt, wenn man über die Zahl hinweg den Weg findet zu dem eigentüm lichen mystischen Dunkel, das über dem Widerspiel der Krästc da liegt, wo sie von Millionen Menschen ausgcstrahlt und zuriickgcstrahlt werden, wo sie sich kreuzen und abstoßcn in einer sicher nicht im einzelnen zu typisierenden Weise. Man kommt hier sehr schnell zu den wirklich praktischen Notwendigkeiten. Und die wird man wieder, wie immer, in die tiesste Persönlichkeit des Menschen selbst verlegen müssen. Wen nämlich die Großstadt einmal wirtlich packte in der ihr eigenen Art, in der ihr eigenen Not, der wird das einfach nicht mehr ganz vergeßen können, der wird den Gedanken daran mit sich tragen wie eine Verpflichtung. Das ist das Geheimnis, das sich uns wohl in der vollendetsten Weise birgt unter dem Namen: Carl Sonnenschein. So ist also die Frage nach dem Problem der Großstadt vor allem die Frage nach dem Nie li sch en. Denn angcnblicklich steht noch eine andere Tatsache im Vordergrund. Das ist das Müdewerden und Ermatten an der großen Stadt, die mit der Fülle ihrer Bedrängnisse alle Kraft in sich aufzusaugcn scheint, das Beste gar noch verschlingen will. Eine Tatsache, die nicht siir die schlechtesten Köpfe und Be gabungen zutrisst. Man will einfach nicht mehr. „Bloß raus Konsequenz Was ist die Fde« der Enzyklopädie? Der Wille, durch eine Sammlung alles Wissens ein Gesamtbild der Well zu schas sen, aus einer Weltanschauung das Lelreu in seinen unzählbar vielen Ausstrahlungen zu lregreifen. Konfeguenz bei dem Lexi kon Weltbnch lzeißt also, rin Weltbild geben, ein Ganzes, ein Geordnetes. Der „Große Herder" ist aus solchen Erwägungen entstan den. Der Wille, vom allen „Konversalions"-Lexikon ivegzu- kommen und an dessen Stelle ein klares und geordnetes, prak tisch brauchbares und zusammenhängendes Führerbuch für den Menschen der Gegenwart zu setzen, findet in ihm den Aus druck. Es kommt eben der sechste Band') heraus, nacksdem inner halb zweier Fahre schon fünf Texlbünde und der eige re Melt- und Wirlschaftsatlas erschienen sind. Diese Leistung in einer geistig so erregten und wirfsck>afllich so schwierigen Periode rechtfertigt es. daß über diesen Bericht das letzte Stichwort des neuen, sechsten Bandes: „Konsequenz", im doppelten Sinne als Lcilwort gesetzt wurde. Und die sechs Bände l>eweisen cs. daß man vom Abstrak ten zum Konkreten zu kommen wußte, vou der Theorie zur Praxis, von der betrachtenden Ruhe in kraftvolle Spannung und Aktivität Belege aus dem äußeren Ausbau des Werkes: die Dreiteilung der wichtigen Artikel in Beschreibung. Fach- kundlickres, Rai und Anweisung: die Rahmenarlikel. die in ihrer Gesamtheit ein lel>enskuudlick>es Lesebuch für den Zeitgenossen sind: die Bilder, die nicht mehr Schmuck, sondern Ergänzung und Erweiterung der Texte sind. Fetzt ein Blättern und Prüfe» in Einzeldiugeu! Aus einein Raum von 1726 Spalten sind als Besonderhe-len 158 Spalten Nahmcnartikel, 1808 Bilder dazu aus eigenem Papier, ') Der Große Herder. 4.. völlig neu bearbeitete Auslage von Herders Konversationslexikon 12 Bände und 1 Mell- und Wirtschaftsallas 6. Band: Hochrhein bis Konsequenz. Mit vielen Bildern im Text, 28 Rahmcnarlikeln und 20 Bildseiten, svi S., 1726 Sp. Text u. 170 Sp. Beilagen: 18 mehrfarbige Stadt- bzw. Planbeilagen, 10 mehrfarbige Kunstdrucktaseln. 16 Schwarzdrucktafeln. 1 mehrfarbige Osssettafel und 4 einfarbige Tiefdrucktafeln: zusammen 1808 Bilder) 1033. Fn Halbleder 34.50 M.: in Halbfranz 38 M. aus der Großstadt", Vas Ist der ausgesprochene und unaus gesprochene Wunsch der vielen, der Alten wie Jungen. Früher spürte man vielleicht doppelt stark das Leben in seiner Buntheit: das berauschte und steckte an, die ganze Per sönlichkeit auf ebensolche Entwicklungen eingustelle». Daß es auf diese Weise dopzntzt schnell zum Altern ging, bewies viel leicht am besten die vorzeitige Reife der Kinder. Und cs er tönten nur manchmal fragende Stimmen, die wißen wollten, wie und ob es einen Uebergang gäbe von dem rasenden Wirbel des sich entfaltenden Daseins zur abendlichen Reife und Samm lung . . . Heute ist das anders. Nicht mehr das Leben in seiner Vielfältigkeit steht so sehr zur Frage, wie vielmehr die krasse Not und das sichtbare Leid. Und hier zeigt sich die Sonder- krast, der Sonderzrvang der Großstadt. Sie schenkt es keinem, der ein wenig tiefer stößt, nun auch das Doppelte an Leid an Disharmonie in sich selber aufzunehmen, es mitzufchleppen durch sehr umdüstertc Tage. Ist es nicht allzu natürlich, daß hier die Flucht des einzelnen cinsctzen möchte? Flucht, die nach allem, was erlebt wurde, gar nicht einmal Flucht vor einem bestimm ten Ort sein könnte, sondern vielmehr Flucht wäre vor sich selbst. Denn sobald der Mensch sich von dem grauen Netz befreien möchte, das dieses leblos-lebendige Häusermecr über ihn, Uber seine Seele geworfen hat, findet er, daß er Stück um Stück von sich selber lösen muß, bis zu den feinsten Regungen der Seele hin, nm sich davon zu befreien. Es geht hier um nicht mehr cder nicht weniger, — und das ist die letzte Entscheidung, aus der uns Gottes Angesicht selber hervor,zublicken scheint, — als um die Tragsähigkcit unserer Wclt-Gottcsanschauung über haupt. Wird sie diesen Ansturm von Not und Tod und Ver zweiflung überdauern, überwinden können, das ist die bange Frage. Sie kann auch noch anders gestellt werden Ist Stadt stärker als Meustb? Liegt die Schick''lszestaltung letzlich in der Hand ihrer Einslüße. cder gibt cs noch ein anderes, einmal in der Kraft der Persönlichkeit, einmal in der Macht über uns? Wir kommen nicht um diese Frage herum, deren Urgründe im Metaphysisch-Religiösen liegen, und die uns erst Ilor werden mußten in der überor>'> -'tot u - Secl.n. Es ist auch leine Frage, die nur einzelne angeht. Nein, cs ist Schicksals« frage, Geslaltungssrage für alte, die überhaupt nach Sinngebung ihres Lebens sich auf di« Suche machten. Wir tonnen nicht mehr weiterbaucn, wenn wir uns nicht in den Dienst des Millioncnrülscls stellen, das nicht nur zu lösen ist mit Zahlen, weil auch Zahlen cs nicht nur ausrichtcn halsen, sondern di« tiefsten Lebensgeheimnissc. die aus der Hand eines gütigen Schöpfers strömen. Es gibt nur noch ein großes, nutzloses Dahinopfcrn oder ein großes Siegen. Wenn mir die Frage lösen mit dem strikten Entweder-Oder, wird cs kaum möglich sein, das Letzte zu retten. Denn solange wir setzen müssen: Mensch oder Großstadt, d. h. beides kann nickt zusammen weiter existieren, — da wird am Ende des Opiergangcs der über wundene Mensch liegen. Denn von solcher Stelle ans bekämpft, schützt sich die Stabt, als das Gewordene, mit ihren eigenen Lebensnotwendigkeitsgcsctzen. Ein anderes siebt uns als Mög lichkeit noch ossen: Stadt und Mensch in ihrer einzigartigen Verschmelzung, in der Urbarmachung des Landes, das noch heute die dunkeln, ungeklärten Ströme einer neuen Zeit durch ziehen. Aber hier liegt erst der Beginn des wirklichen, lebens gestaltenden Problems. Wo sind die. die es löten, gezwungen dazu durch die Wunder Gottes, begabt mit einem Glauben, der umfaßender ist als die saugenden Arme einer Millionenstadt? Kulne au8 ^r§entinien8 je-suitenreit (Von unserem nach Südamerika entsandten Sonderberichter st atter.) II-, z. Zt. La Eumbre, Sierra de Cordoba sArgent.), La Eumbre, ein rasch emporgeblühter Ort, der vor einigen dreißig Jahren nur aus einer Station und ein paar Blockhäusern bestand, während er heute nicht nur gepjlasterte Straßen, Kaushäuser und Kinos, sondern sogar schöne Billen vororte hat, liegt an der Eisenbahnlinie, die von Cordoba nord wärts in die Sicrras führt. Wie in allen amerikanischen Län dern, läuft auch hier die Zivilisation mit dem Schienenstraug um die Wette — und biegt man nur ein wenig von der Schienenstrang ab, so stößt man ans Wildnis und Einsamkeit. Unser Auto folgt der Straße, die westwärts von La Cumbre höher auf die Sierraberge hinaussührt. Der Chausseur be hauptet, daß die Straße gut sei; vor lvenigen Monaten noch habe man sic nicht passieren können, dir sie sechs Jahre lang nicht mehr ausgebeßert worden sei, — aber jetzt sei sic endlich wieder instand gesetzt . . . Der gute Chausseur muß nicht ge rade sehr verwöhnt sein, denken wir, — denn uns kam eben diese, neu „instand gesetzte" Straße so vernachlässigt und schlecht vor, als habe man sich jahrelang nicht mehr um sie gekümmert. Die meisten dieser Provinziallandstraßen sind weder asphaltiert noch gepflastert, sondern bestehen aus gestampfter Erde die na türlich schon von wenigen Automobilen wieder ausgcwühlt wer den kann, so daß meistens Fahrzeuge und Pferde, die über solche Straßen fahren, von einer Staubwolke völlig eingehüllt wer den. In großen Windungen führt die Straße bergauf, hier ist die Sierra weniger stark bewaldet, als weiter südlich und auch nördlich, nur Gestrüpp findet man aus den Berggipfeln, die 170 Spalten Silagen, 18 mehrfarbige Slablplaneinschaliungcn, 18 Kunsldrucklaseln, 16 Schivar,zdrucktafeln untergekracht Fn großen Sonderbildern oder in Rahmenanikeln aus nehmend breit und gründlich luchandelle Themen find liä>o» di« Stichwort« belegen die Richtung des Lexikons) Holz, Homöo pathie, Humanismus, Hypothek. Fazran, Fuder, Fudividualis- mus, Fndividnalpsychologie, Industrie, Flalien, Kasve und Ka kao. Kakteen, Kapitalismus,' Kalholisck)e Kirche. Kind. Klassik, Kleidung, Kollektivismus. Kolonie, Kommunismus.... Zufällig lzerausgegrisfrn noch «in zwar markante Dinge: Genealogie und Wesenscharakterisierung der Hohen,zoliern: lress- liclzes Charakterbild des Gespenster-Hoffmann: nutzt ausladender Aufsatz mit vielen Bildern über Holbein: genaue und curständ nisvolle Würdigung des Hol.zfchnittcs: interessanter und sehr praktisclzer Artikel über Fagü: innizze und feine Würdigung Fea» Pauls: Charakterisierung und Kritik von Begriff und Wesen des Fdealismus: Fgnatius von Loyola llcharf treten die Züge dieses Offiziers heraus, eindrucksvoll ist die Setzung des Mannes in seine Zeit, die Berqleichsbeziehung mit den großen Reformatoren): ein kleines Buch im Buch, «in Bad inekum, iil'er Fesus Christus sUmmelt. Fdealmensch, Sprache, Messias, Kindheit. Wirken. Leiden Auferstehung. Weltbedeutung. Zeug nis): prächtige Aussätze ülur den Fmpressionismns s mit einem ganzseitigen Gemälde von Renoir): kulturhistorisch merkwürdige Tabelle mit Bildern aus der Fnflation: höchst gründliche und klar« Beschreibung des Fslam. dann der Fuden: eine Bildtafel und eine gute Definition der Karikatur: Kalvin lMusterbeispicl für die Behandlung ir>eltbed«»Iender Persönlichkeiten m dem Werk: unerbittlich scharf ist der Mensch gezeichnet, das, was ihn farmt«, wie sein Merk aus ihm erwuchs, wo Größe und Grenze liegen): mehrere Seiten über Geographiekarten und ihr Lesen: sehr gründliche und praktisch wie volkswir:schasllich brauchbare Beschreibungen und „Würdigungen" der K-t>sfel und des Käses: 14 Spalten Text und eine Doppelkarte über die Katholisch,« Kircke sihr Mesen, ihre Weltmissiou, ihre Ge schichte): «in« wirtschaftspolitisch-theoretische 'Auseinandersetzung über Konjunktur: treffliclze und verständnisvolle Charakterisie rungen der l>eutigen Dichter Fohst und Koll'enheyer: der groß--» Vergangenen Fnnnermann und Kleist: schließlich eine Bildtafel und ein Sonderartikel über „Kinder" und , kindlichen Aus druck", worin auf ziemlich viel Raum alle ftuzendvsyck.--'iogischen Erkenntnisse Hineinverarbeitei und in denen die Liebe und Auf merksamkeit des lebensgläubigen Menschen zum Kind spürbar sind. mit dürrem Gras bestanden sind und unzählige graue Fels steine aufweisen. Rings um nns nur Berge, keine menschlich« Ansiedlung weit und breit. Hier sind die Ländereien noch durch Steinmauern voneinander abgcteilt, sie müssen aus einer Zeit stammen, in der die menschliche Arbcitskrast billiger war, als das Material für Stacheldrahtzänue: denn heute pflegt man die Camps mit Stacheldrahl cinzusassen. Hier dagegen sind die Mauern mühsam aus kleinen Felsbröckchen und größeren Steinen, die mörlcllos ineinander gefügt wurden, aufgehäust; das Material war billig, denn Steine gibt cs in der Sierra mehr als genug, — aber es muß Wecken und Bl anale von Ar beit gekostet haben. In den Bergen begegnet nns viel Piek, wildes und zahmes. Herden von Kühen, Pferden und Maultieren weiden da, die Peones, die Hirten, reiten, einen breitkrämpigen Hut auf dem Kopf und den wärmenden Poncho über dem Körper, in der Nähe der Herden. Nachts werden die Tier- in den Koral, einen umfriedeten Lagerplatz, getrieben, der hier ebenfalls von mör tellosen Steinmauern gebildet wird. Aber nicht nur Kühe und Pserdc begegnen uns, — Schafe rennen vor unserem Anto da von, sie haben auf der Straße gelagert lwic selten mag sie wohl sonst ein Automobil aus ihrer Ruhe aufstören!) - Rebhühner steigen in Schwärmen vor uns auf, grüne Papageien schnat tern Uber uns, und einmal sliichtet sich gar ein Königsreiher seitrvärts in den Camp. 'Nach mehr als einer Stunde kommen wir an zrvei Ranchos vorbei. Sie stammen noch aus der Zeit, da man die Häuser mit Stroh deckle, und auch hier ist der Koral aus Steinen aujgetürmt. Wellblech bas trostlos aus sehende Material, dem man sonst aus Camphänsern immer be gegnet, kannte man zum Glück noch nicht, als man hier baute... Nachdem wir gegen Mittag an einem Fluß hallgemacht, ein Feuer angezündct und daran den Asado, den Spießbraten, sowie den dampsenden MatS bereitet l-aben, kommen wir bei der Fahrt bergab an eine neue Siedlung, die ebensalls nur aus einem Rancho besteht. Mit großen Buchstaben steht auf einer der weißgetiinchten Einfassungsmauern der Name „Can- donga". Dies also ist Candonga, — ein stolzer 'Name in Ar gentiniens Vergangenheit. Hier war einmal eine bedeutende Siedlung, ein Kloster der Jesuiten, der Kulturträger des gan zen siidamerikanischen Ostens. Hier lagen ihre blühendsten Pflanzungen, von wo aus sie das große Kloster Santa Cata lina, das weiter südöstlich lag, mit ihrem Ucbcrjchnß versorg ten. W<enig nur ist von allem, was einst hier stand, erhalten. Das kleine Kirchlein mit ehemals weißen Mauern, in der ge- schweistcn Form des Barocks gebaut, liegt seitwärts auf einer kleinen Anhöhe. Eine Treppe führt zum Dachstuhl hinaus. Die Kirchtllr ist geschlossen, ein zerlumptes Kind aus dem Rancho schließt sic uns auf. Leer ist die Kirche, leer die Sakristei, ohne Bänke. Ein fast zerfallener Beichtstuhl lehnt an der Wand. Das Meßbuch auf dem Altar und die Altardecke sind von Mot ten zerfreßen. Nur das Bild der Jungfrau Maria, eine etwas starre Plastik mit strasfgezogcnem, bis über die Füße fallendem Kleide, scheint unversehrt Sie ist zwar nicht ganz so alt, wie das Kirchlein, das um 1700 gebaut sein wird, aber auch sie mag hundert Jahre hier steilen. Hinter der Kirche lag früher der Friedhos. Jetzt ist nicht mehr viel von ihm zu sehen, die Gräber sind zerstört, nur zwei gemauerte Gräber stehen noch, aber auch sic scheinen leer zu sein. Sicher ltzit man früher einmal in diesen Gräbern nach den Schätzen gesucht, welche die Jesuiten angeblich versteckt haben sollen, ohne etwas zu finden . . . Ein zerbrechliches, vom Einsturz bedrohtes Kirchlein, ein paar Gräberrcst«, — und auf der anderen Seite des Flußbettes vier nebencinandcrstel)ende, mannshohe Säulenstümpse, — das ist alles, was von der gro ßen Jesuitenestancia Candonga geblieben ist. Da, wo die Säu len stehen, war einmal der Klosterhos, der blühende Patio, in dem Palmen und Orangenbäume standen. Jetzt weiden Rinder aus dürrer Wiese, und neben den Säulenresten bleichen Ochsen gerippe. Der Rancho mit der Inschrift „Candonga" ist neben dem Platz der Jesuitenestancia gebaut. Eine Wand des Schwci- nestalles wir noch von einem Maucrtcil d«r früheren Estancia gebildet. Blühendes Leb«n ist untergegangcn. eine Kultur vernichtet worden, Einsam liegt Candonga in unbcsiedcller Bergwildnis, die früher einmal ein einziger grosser Garten war. Trauer im Herzen scheiden wir von Cairdonga und fahre» tn di« wilde Sierra zurück.