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Nummer 217 — 32. Jahrgang SrIch<I«I 0 mal wSchentltch mit der illustrierten Tratte- beilag« ^D«r Feuerreiter- und mehreren lektbeilagen vtonatl. vetugeprei«: Aus«. A mit 8t. Bennoblatt M. 2 ?a Busg. B ohne Ll Vennoblalt M .2 20 fftnjelnumme, 10 Ps«., Sonnabend. «, Sonntag-Nr. ro PI«. W W W W W W W W die mm - Faml»-nan;klg-n LleNenstguche « PIg. - Filr Platzvorlchrtlten Unnen wir tetne volkssettung Redalllon: Dresden-«., Polierstr. 11, Ferne. 20711«. 2I0l2 Welchältsstell«, Druck und »erlag: Germania Buchdrucker«» »erlag LH. u. G. Winkel, Polierstr. 17. Fernr. Slvtr, Postlcheck: Nr. 1V2S, Bank: Sladtbank Dresden Nr. 91707 Unskkängigv Im FaNe von höherer Gewalt, »erbot, Streit oder Betriebsstörungen Hal der Bezieher oder Inserent lein, Ansprüche, falls die Zeitung tn beschränktem Umsange verspätet oder nicht erscheint. — Ersüllungrorl Die de« Deutschland rüstet zum Erntedanksest Erössnnng -er evangelischen Ralionalsyno-e in Willenberg — Der schwedische Prosessor Soeder- mann bezeug! van -er Lübbes Gesundheil — Ein Presse-Kirlenbries -es Bischoss von Speyer Die Vorbereilungen in Preutzen Berlin, 27. Sept. Wie der Amtliche preussische Pressedienst mitteilt, hat der preussische Ministerpräsident Göring an alle Oberpräsidenten, Regierungspräsidenten und staatlichen Polizeiverwaltungen einen Funlrspruch gerichtet, in dem eine Beflaggung aller öffentlichen Gebäude am l. Olrtober mit der schwarz-weihen, der Halrenlrreuz- und der schwarz-iveiss-roton Flagge angeordnet wird. Die Ein wohner der Gemeinden sollen aufgefordert werden, die sem Borgehen sich anzuschliefsen. Die staatlichen und kommunalen Dienststellen haben sich mit den Leitern der Landesstellen des Reichsministeriums fiir Volkrsaus- klärung und Propaganda wegen ihrere Mitwirkung bei der Vorbereitung der Feiern in Verbindung zu setzen. Alle Veranstaltungen zur Feier des Erntedankfestes sind ausreichend polizeilich zu schlitzen. sUeber die Vorbereitungen in Sachsen vgl. die Meldungen im Innenblatt.) Reichsbauernfiihrer Meinberg in Ostpreussen. Berlin, 27. Sept. fE. M.) Tie Pressestelle des Neichsbauernführers teilt mit: Staatsrat Meinberg, der Reichsobmann des Reichsnährstandes, ist hellte in beson derem Auftrage des Rsiclzsernährungsministers Darre nach Ostpreussen gefahren, um sich persönlich von der Rot lage der Landwirtschaft in der Grenzprovinz zu unter richten. Schwedischer Sachverständiger als Zeuge ' van der Lubbe ist vollkommen gesund! — Aussagen der Vernehmungsbeamten Leipzig, 27. Sept. Wieder bot sich däs zur Verhandlung . im Reichstagsbrandstistungsprozes; zugelassene Publikum teil weise schon 1'<- Stunde vor Beginn eingesunden. Noch Er öffnung der Sitzung weist Scnatspräsident Dr. Billiger dorous hin, dos; es sich nicht vermeiden lossen werde, die bisherigen Aussogen von der Lübbes ous Grund der Aussogen der jetzt gclodenen Zeugen noch einmol wiederholen zu lossen. van der Lubbe will deutscher antworten Der Vorsitzende richtet donn folgende Fro'ge on den Ange- klogten von der Lubbe: Wollen Sie nun heute louter und deutlicher ontwvrten ols gestern? Der Angekiogte steht ous und erklärt noch längerem Zögern: Dos ist möglich. Vor sitzender: Wir hoben in der Zeitung gelesen, doh einige Herren gestern Sie im Gefängnis ausgesucht hoben und doh Sie mit ihnen viel offener und bereitwilliger gesprochen hoben und sich ouch munterer gezeigt hoben. Ist düs richtig? Von der Lubbe: Dos konn ich nicht sogen. Der Vorsitzende ruft donn Pros. Soedcrmann-Slackhalm ous, der gestern den Angeklogten im -«Hefängnis in Begleitung eines holländischen Iaurnnlisten aus- e^sucht hotte. Prof. Goedermaim bezeugt: Oer Augeklaqte ist aesund Pros. Socdermann wird ols Zeuge vereidigt und bekundet u. a.: Ich Hobe mich gestern noch dem Untersuchungsgefängnis zu von der Lubbe begeben, weil mon in der Auslandspresse so viel geschrieben Hot, doh von der Lubbe mihhondelt und gepeinigt würde, doh mon ilpn Morphium- oder Kokain-Ein- spritzungen gegeben Hobe und doh dorous sein eigcnortigcs Verholten lm Gerichtssool zurückzusühren sei. Ich Hobe den Angeklogten in seiner Zelle besucht und olles in bester Ord nung gesunden. Von der Lubbe Hot ous mein Verlongen seinen Körper entblösst. Ich stellte fest, doh er zwor stork abge- mogcrt ist. ober es wnren nicht die geringsten Merkmole irgend einer Mihhondlung zu sehen. Ich fragte von der Lubbe: „Fiihlen Sic sich körperlich wohl?" Er antwortete: „Jawohl, Nie Aussetzung der Betrtebsrätewahlen wtb. Berlin, 27. Sept. Die Neichsrestierung hat sich entschlossen, durch Gesetz von» 26. September 1633 das Recht der Landesreqieruntzen, aus Gründen der öffent lichen Sicherheit und Ordnung die Wahlen zu den gesetz lichen Betriebsvertretungen bis zum 3t). September d. I. auszusetzen bis zum Jahresschluss zu verlängern, um in einer Zeit, die durch den Kampf der Neichsrcgierung gegen die Arbeitslosigkeit besondere Anforderungen an alle Kräfte der Wirtschaft stellt, jede Beunruhigung dem Wirtschaftsleben fernzuhalten. ich fühle mich wohl." Ich hotte deu Eindruck, doh ich stunden lang mit ihm hätte sprechen können und dah ich ouch donn intelligente rnd logische Antworten bekommen würde. Mein Begleiter, der holländische Journalist Luger, Hot auch mit ihm gesprochen und ebenfalls vernünstige Antworten bekommen. Meiner Ansicht nach wirkt der grohe Apparat dieser Reichs gerichtsverhandlung cinschüchlernd aus ihn. Rechtsanwalt Dr. Sack: Können Sie uns sogen, ob fol gende Gerüchte, die im Auslonde verbreitet sind, auch nur in irgendeinem Punkte gerechtfertigt erscheinen können. Es wird behauptet, doh von der Lubbe schon kaum noch am Leben sei. Zeuge: Nein. Ich Hobe den Eindruck, doh er sogar sehr gut lebt. Rechtsanwalt Dr. Sack: Es wird weiter behauptet, dah man an ihm mit langsam wirkenden Gisten arbeite. Zeuge: Ich habe ihn auch gefragt, ob er irgendwann oder irgendwo nach der Einnahme von Essen oder Getränken sich merkwürdig in irgendeiner Weise gefühlt habe. Er hat sehr kräftig ver neint. Rechtsanwalt Dr. Sack: Es wird weiter behauptet, van der Lubbe zeige tnpiscke Anzeichen einer Rauschgistbeorbeitung. Haben Sie sich davon überzeugt, ob von der Lubbe on seinem Körper Injektionseinstichnorben zeigt. Zeuge: Ich habe nicht der gleichen festgestellt. Der holländische Journalist Johann Luger, Vertreter des „Telegraas" in Amsterdam, wird ebenfalls als Zeuge vernom men. Er bestätigt, was schon Prof. Soedermann gesagt hat. Er Hobe mit dem Angeklagten ein einsaches Gespräch gesührt: es habe sich aber mehr um eine einsilbige Unterhaltung ge handelt Rechtsanwalt Dr. Sack: Haben Sie zufällig auch den Angeklagten Torgler gesehen und in welcher Verfassung? Zeuge Luger: Ich sah zufällig, wie Torgler ans einem Zimmer Kani und eine Zigarette rauchte. Kriminalkommissar Heisiq als Jeuae Die Vernehmung des Angeklagten von der Lubbe wird dann fortgesetzt. Zunächst wird Kriminalkommissar Heisig über die Aussagen gehört, die van der Lubbe srüher über die Brände im Wohlsohrtsamt, Rathaus und Schloh gemacht Hot. Der Zeuge schildert die erste Vernehmung am 27. Febduar. Als von der Lubbe festgenommen war, wusste man zunächst nur, dos; er als Brandstifter des Reichstages in Frage käme. Erst im Laufe der Vernehmung bezeichnete er sich als den Mann, der auch am Schloh, am Rathaus und Wohlfahrtsamt Brandstif tungen versucht hotte. Von der Vrandstistung am Rathaus wusste damals die Polizei überhaupt nichts. Van der Lubbe hat genau mitgeleilt, doh er um 6.M Uhr zum Wohlfahrtsamt gekommen sei. Er Hobe mit den Arbeitern gesprochen, und dabei sei ihm schon der Gedanke gekommen, hier den Vrand anzulegen. In diesem Zusammenhang sagte er weiter, er habe sich überlegt, dah es zwcckmähig sei, nicht ein einsaches Privat hans onznstecken, sondern ein grohes. össentliches Gebäude, weil dnrck ein solches Feuer viele Leute angelockt würden. Ich habe ihn gefragt, sohrt der Zeuge Heisig fort, ob er wisse, welche Regierung in Deutschland am Ruder sei und ob er wisse, wie sich die Arbeiter zu dieser neuen Regierung stellen, ob sie ihnen genehm sei oder nicht. Daraus sagte van der Lubbe. über die Hitler-Regierung sei er bereits in Holland informiert ge- VorWirtschastsverhandlungen mit Frankreich Die frouzösisrhe Negierung bat nm Verhandlungen über eine Aenderung des deutsch-französischen Handels vertrags, weil er sich angeblich zu ungunsten Frankreichs ausgewirkt habe. Die Reichsregierung ist solchen Ver handlungen unter Wahrung ihres Rechtsstandpunktes keineswegs abgeneigt. Aber wir müssen auch hier wie in der Aussenpolitik klar sehen, was die französische Re gierung im Grunde genommen will. Wenn es nach der französischen Presse ginge, dann wäre mit einer alsbaldi gen Kündigung des deulsch-sranzösischen Handelsver trages zu rechnen. Wiederholt ist von französischer Seite betont wor den, das; die Frage einer Verlängerung der zahlreichen französischen Einsuhrkontingente nur durch Verhandlun gen entschieden werden kann. Würde also der Handels vertrag vor der Ausnahme dieser Besprechungen gekün digt, so wäre das ein fast unmögliches Beginnen. Selbst verständlich werden innen- und anhenpolitische Cinslüsse den Schritt der französischen Regierung mit veranlasst haben. Doch sicherlich überwiegen mehr die wirtschaft lichen Ueberlegungen. Wenn allerdings davon gesprochen wird, dgs; der deutsch-französische Handelsvertrag sich zu Ungunsten Frankreicl)s ausgewirkt habe, das; also durch Verhand lungen der Passiv-Saldo der französischen Gesamtwirt- schast vermindert, wenn nicht inseitig! werden soll, so ist das eine einseitige Darstellung der Tatsachen. Als Ende t!)32 handelsvertragspolitische Verhandlungen mit Frankreich stattfanden, da haben die französischen U n t e r h ändI e r sei b st a n e r k a nut, das; durch die industrielle Ueberlegenheit Deutschlands einerseits und durch die geringe Kaufkraft des deutschen Volkes ande rerseits ein A usfn h r ü b e r s eh n s; Deut s ch Iands verständlich und d n r ch a u s n o r m a l sei Und nehmen wir die Handelsbilanz der beiden Staaten, so ist sestzu- stellen, das; in der ersten Hälste von 1!)33 die deutsche Aus fuhr nach Frankreich im Vergleich zu dem ersten Halb jahr 1632 um 61 Missionen Mk. gesunken ist. während die französische Ausfuhr nach DeuUehland sieb nur um 13 Mitt. Mk. verringerte. Es ist also bereits der deutsche Aktiv saldo von selbst um ein Drittel gesunken. Ferner dürfen die Franzosen nie vergessen, das; sie es stets gewesen sind, welche durch rigorose Enisuhrbestimmungen die deutsche Wirtschaft aufs schwerste schädigten, obwohl sie wissen mussten, das; wir unseren anderen Verpflichtungen nur dann Nachkommen können, wenn unsere Ausfuhr gestei gert werden kann. Sollten hier die Franzosen in den von ihnen gewünschten Verhandlungen sich zu einem ge. snnden Umbau des K o n t i n g e n t s»; st e ms ent- schlichen können, wäre das nur zu begrüben. Vorerst ober bleibt abznwarten, welche Absichten die französische Regierung bei den geplanten Verhandlungen tatsächlich erkennen lässt. niesen und darüber habe er die Arbeiter In Berlin nicht erst zu fragen brauchen. Lubbe erzälstte ganz aus sich keraus, das; er die Vräude am Schlaf;, am Rathaus und am Mahlfahrtsamt angelegt hatte. Die Sache fällte für die Arbeiterschaft ein „Signal und Fanal" sein. Auf eine Frage des vberrelchsanwal«, ab sich van der Lubbe irgendwie ablehnend oder zustimmend zu der Regierung geänhcrt habe, aber welche politischen Ansichten er von sich ge geben habe, erwidert der Zeuge, er könne nicht sagen, ob sich van der Lubbe direkt ablehnend gegen das eine oder andere Regime ausgesprochen habe. Rechtsanwalt Dr. Sack fragt den Zeugen dann, ob er aus eigener Kenntnis sagen könne, ab der Angeklagte frei