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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 27.07.1914
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-07-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140727027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914072702
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914072702
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-07
- Tag 1914-07-27
-
Monat
1914-07
-
Jahr
1914
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Sette 2. Nr. 377. Nvenü-Ltusgade. Leipziger Tageblatt. Montag. 27. Juli 1914. sicht zu. das; Kaiser Wilhelm bet seiner Rückkehr nach Berlin sicherlich das geeignete Mittel und bas beste Wort zur Beilegung de» Zwistes sprechen wird. Zrleöenshoffnungen in pari». (Eigener Drahtbericht.) Pari», 27. Juli. Nach dem Übergroßen Pessimismus der legten Tage und der Nervosität, die sich eines großen Teiles der hiesigen Presse bemächtigt hatte, ist heute hier eine wohltuende Neaktion ein getreten, und man betrachtet zum mindesten in den politischen Kreisen die augenblickliche Lage mit großerNuhe. Der Grund hierzu soll hauptsächlich in einem persönlichen Eingreifen Kaiser Wilhelms zu suchen sein. Sehr gut unterrichtete Persönlichkeiten versicherten gestern dem Vertreter der „T e l e g r a p h e n - U n i o n", daß Kaiser Wilhel m im Laufe des vergangenen Sonnabends von der Ausdehnung der Krise erfahren hatte und sosort auf drahtlosem Wege den Staatssekretär des Neuster«» von Iagow beauftragte, die deutschen Botschatscr in Paris, London und Peters burg dahin zu benachrichtigen, Last sie den Negierungen des Dreiverbandes Versicherungen der absolut friedlichen Gesinnung der deutschen Negierung geben. Dies ist zum min desten in Paris geschehen. Herr von Schön begab sich gestern zweimal in das Auswärtige Amt am Quai d Örsan und hatte hier längere Unterredungen mit dem stellvertretenden Minister des Acusteren Bicnvenu Martin, die, wie man versichert, in freund- schastlicher Weise verlausen sind. In einer über den Ausgang dieser Besprechungen veröffentlichten offiziellen Note heißt es, Vast die beiden Diplomaten gemeinsam noch einem Weg zur Aufrechterhaltung des Friedens gesucht haben. Den hier vorliegenden Petersburger Meldungen zufolge scheint es zu einem ähnlichen Schritt auch beim russischen Ministerium des Auswärtigen gekommen zu sein. Paris, 27. Juli. Der deutsche Botschafter Freiherr v. S ch o c n und der interimistische Minister präsident B i e n o c » u - M a r t i n hatten eine neue Unterredung über die besten Mittel zu einer Aktion der Mächte siir die Aufrechterhaltung des Friedens. Keine -rutsch-fein-lichen Kun-gedungen in Paris. Paris, 27. Juli. Zn mehreren Blättern wurde behauptet, daß cs nachts auf den Boulevards, nach dem die Ablehnung der serbischen Note bekannt geworden war, zu antideutschen Kund gebungen g e k o m m e n sei. Dem Polizeibericht zufolge ist dies unzutreffend. Es kam nur an läßlich des militärischen Zapfenstreiches zu einem Zusammenstoß zwischen A n t i m i l i t a r i st e n u n d N a t i o n a l i st c n , die Hochrufe auf hie Armee ausbrachten. Französische Preßstimmen. Der „Gaulois" meint, aus der Haltung Oesterreich-Ungarns gehe hervor, daß die serbische Angelegenheit nur ein Vorwand geweien sei. Wenn die österreichisch-ungarische Regierung lediglich ernste Bürgschaften gegen die panserbischen Treibereien verlangt habe, dann hätte sie sich beeilen müssen, die vom Belgrader Kabinett gemachten Zugeständnisse für genügend zu erklären. „Alan weiß nicht, was Oesterreich will: das eine nur ist sicher, daß es sich durch seine unbegreifliche Hartnäckigkeit auf einen unglücklichen Boden stellt und die öster reichisch-serbische Angelegenheit in eine deutsch slawische umgewandclt hat. Wir stehen vor der Gefahr eines europäischen Zusammen - stoß es und gerade deshalb sind die Aussichten auf eine friedliche Lösung gewachsen, denn an gesichts einer allzu schweren Ver antwortlichkeit werden auch die Ver wegensten zögern und z u r ü ck s ch r e ck e n." Auch in anderen Blättern kommt der Ge danke zum Ausdruck, daß, wenn auch ein allzu weitgehender Optimismus nicht am Platze sei, immer noch die Hoffnung auf Erhaltung des Friedens bestehe. Zur Begründung dieser Auffassung wird u. a. auf die halbamt liche Note hingewiejen, nach der der deutsche Botschafter Frhr. v. Schoen und der interimistische Minister des Aeußern Bienvenu-Martin in einer neuerlichen Unterredung nach AktionsMit teln der Mächte zur Aufrechterhaltung des Friedens gejucht haben. Jaurös schreibt in der „Humanitö": Wenn Deutschland von Oesterreich-Ungarn vorher nicht um Rat gefragt worden ist. dann hat es zweifellos das Recht, der österreichisch-ungarischen Regierung, von der es in einen Konflikt hineingezogen werden kann, Ratschläge zur Mäßigung und Vorsicht zu erteilen. Falls die österreichisch-ungarische Monarchie von verdien nur Bürgschaften will, dann bleibt eine Verständigung möglich Tie nationalistische „A ntorit e" schreibt: heute nacht zog an unserer Rcdaltion eine stahl Mani festanten vorbei, die schriee.' „Rach Berlin'.". Wir erklären diese» nnbrkanntk» Freunden gan; nnzwei- dentig, das» sie v i el b e s s e r d a r a n tü t e n, sich still zu verhalten, Senn, wenn Sie ernstesten Wandlungen vorbereitet werden, dann geziemt sich Nahe nnd Sümmlung. Die revolutionäre „Bataillone Syndica - liste" fordert ihre Anhänger auf. sich heute abend auf den großen Boulevards zu versammeln und die herausfordernden Kundgebungen der Chauvinisten durch Ruse „Rieder mir dem Krieg" zum Schweigen zu bringen. Kammerpräsident Deschanal nach Paris zurückgelehrt. Paris, 27. Juli. Kammerpräsident Deschanal hat seine Ferien unterbrochen und ist gestern abend in Paris cingetroffen. Erklärungen Italiens. (Eigener Drahtbericht.) N o m, 27. Juli. „L'Ztalie" bringt ans dem Mi nisterium des Arnszeren die Nachricht, Sus; Italien ASSZ7 k. n-v V!. HS «V. XV. kuhlXuI L o /- ^liilsi-ksl'te von Oe§ler'k'eictt-Ung3k'nun6 5enbien. Ar?/? X VI«. VXl.' 1 öskeiT.-Ungsrn^ v 1 eie 2.5el-dion: Z.NonlSNSgl'o: 7 16 21 - - ssgv.v / 21 32^M- - 2n unserer heutigen Karte geben wir eine Uebersicht Uber die Truppenbewegungen. Oesterreich-Ungarn verfügt über eine Wehrmacht von 10 Armeekorps mit insgesamt 49 Infanterietruppendivisionen, davon 10 der Landwehr. 10 Kavalleriedivijionen, einschließlich 2 der Landwehr, sowie schwere Artillerie des Feldheeres, Festungsartillerie , Verkehrs-, Luftschiffer- und Fliegertruppen in angemessener Stärke. Die Eebirgstruppen sind in 14 Insanterie- und 2 Artilleriebrigaden gegliedert, und zumeist den Korps in Bosnien, der Herzegowina und in Tirol-Kärnten zugcteilt. Das Armeekorps besteht normal aus 2 Infanterie-Divisionen und 1 Landwehrdivision und hat eine Stärke von etwa 50000 Manu bis ZOOM Mann. Die serbische Armee ist in 0 Friedcnsdivisionen gegliedert, im Kriege zählt die mit guter Artillerie versehene Armee rund 200 000 Mann, zu denen noch 40 000 Montenegriner stoßen. noch am Sonnabend mittag seine Botschafter bei Sen Mächten angewiesen habe, die vollständige Utbereinstimninng der italienischen Negierttug mit den Maßnahmen Lcsterreichs gegen Serbien zu erklären. Tic italienische Negiernug hat den er forderlichen Schutz für Sie österreichischen Staats angehörigen in Montenegro übernommen. Mailand, 27. Juli. (Eigener Drahtbericht.) „Unione" meldet: Der zurzeit in Venedig zum Sommerausenthalt weilende neue Ches des General stabes ist infolge der internationalen Spannung nach Nom zurückgekehrt. Auch die Kommandanten der drei Heimathäfen Venedig, Spezia und Neapel sind zu einer außerordentlichen Konferenz nach Rom berufen worden. Selgische Lärmnachrichten. (Eigener D r a ht b e r i ch t.) Brüssel, 27. Juli. Hier erhält sich mit großer Hartnuckigteit das Gerücht, daß bas belgische K r i e g s m i n i st e r i u m umfassende milr- tä rische Vorkehrungen getroffen hat. Man spricht davon, daß mehr als 100 000 Reservisten ein berufen worden seien. Diese Alarmnachrichten bestätigen sich nicht, die einzige Maßregel, die bisher angewendet wurde, ist die Verweigerung jedes Urlaubs seitens der Militärbehörden. Der König hat in Anbe tracht der politischen Lage verschiedene Reisepläne der nächsten Tage ausgegeven. — Man hält es für wahrscheinlich, daß mit Ausbruch der österreichisch serbischen Feindseligkeiten eine allgemeine Mobil machung in Belgien angeordnet werden würde. ('??) Hriechenlan- als Sun-esgenoste Serbiens 1 Konstantinopel, 27. Juli. Ter griechische Ge schäftsträger Panas soll erklärt haben, Saß Griechenland im Kale eine» österreichisch, serbischen Kriege» durch Verträge gezwungen ist, Serdten 100000 Manu ,ur ver. fngung ,u stellen. (Diese Erklärung wird, wenn sie überhaupt erfolgt, schwerlich al» zutreffend bestätigt werden.) Die Vermittlung de» Papste»? Rom, 27. Juli. Gerüchtweise verlautete, daß Kaiser Franz Joseph vom Papst um Aufrecht erhaltung des Friedens gebeten worden sei. Vor einigen Tagen hat Papst Piu» X. an Kaiser Franz Joseph einen Brief gerichtet, in dem er ihn bat, gegen Serbien mit möglichster Schonuna vorzugehen und einen Krieg zu vermeiden. Der Papst soll sich dabei der Vermittelung der Prinzessin Zita bedient buben. Die Prinzessin Zita, die Gemahlin des österreichischen Thronfolgers, unterhält enge Be ziehungen zum päpstlichen Hof noch von der Zeit her, als sie Prinzessin von Parma war. die Geldbeschaffung in Oesterreich. Die Geldbeschaffung muß für. Oesterreich, dessen Finanzen unter der letzten Mobilmachung schwer gelitten haben, mit dein unlitärischen Aus- marsch Hand i» Hand gehen. (Ls ist sehr beme» tcnswerl, daß hierbei die staatliche Postsparkasse — eine Einrichtung, die wir nicht tennen, die sich aber in Oesterreich iin ganzen sehr bewährte — eine bedeutsame Rolle spielt, lieber die nächsten Maßnahmen lesen wir in der Wiener „N. Fr. Presse": „Der Leiter des österreichischen Finanzministeriums Dr. Freiherr v. Engel hat sich bereits mit der Post sparkasse als Vorstand des Oesterreicherkonsortiums in Verbindung gesetzt und ihr die Höhe des Bedarfes, den er in der nächsten Zeit bedecken will, mitgeteilt. Der Betrag der zunächst aufgebracht werden soll, be ziffert sich mit rund .100 Millionen Kronen. Die Postsparkasse ist bereits heute mit den meisten Wiener Banken in Verhandlung getreten, um dem Finanzministerium bestimmte Vorschläge erstatten zu können. Diese Vorschläge dürften dahin lauten, daß 200 Millionen Kronen in fünfprozentigcn kurz fristigen Schatzschein en mit einer Laufzeit von voraussichtlich zwei Jahren ausgogeben werden. Die Schatzschcine sollen für den inländischen und aus ländischen Markt bestimmt sein und deshalb auf Gold lauten. Man glaubt, daß ein erheblicher Be trag im Ausland, namentlich in Deutschland, placiert werde, wodurch größere Eoldguthaben ein gehen würden, welche in der gegenwärtigen Markt situation von wesentlichem Vorteile wären. Auch der ungarische Finanzminister werde in naher Zeit Schatzschcine begeben, voraussichtlich gleichfalls fünf prozentige und für die ausländischen Märkte be stimmte Tirrcs. Die Höhe der ungarischen Schatz scheine ist noch nicht bekannt, wird aber hinter jenen, welche der österreichische Finanzminister begibt, nicht sehr wesentlich Zurückbleiben. Die ungarische Emission soll von der gewohnten Finanzgruppe übernommen werden. Neben diesen neuzufließenden Beständen ver fügen die beiden Finanzverwaltungen über sehr erhebliche Barmittel. In der letzten Zeit hat die Postsparkasse bedeutende Beträge ihrer Gut haben, die sie bei den Banken hielt, zurückgezogen. Diese Guthaben beziffern sich zu Ende 1913 mit dem Betrag von 282 Millionen Kronen und dürften jetzt fast völlig behoben sein. Ferner hat die Post sparkasse größere Roportkündigungen vorgenommcn. Der österreichische Finanzminister besitzt ferner aus der letzten Emission der Schatzanweisungen ein Gut haben von 100 Millionen Kronen, der ungarische ein solches von gleicher Höh«. Weiter haben die beiden Finanzverwaltuugcn bei der Oesterreichisch-ungari- schen Bank Giroguthabcn in einer Höhe von 200 bis 2,0 Millionen Kronen. Allerdings ist ein größerer Teil dieser Guthaben für die normale Wirtschaft des Staates, für Couponzahlungcn, Beamtengehälter usw, gebunden, es werden aber doch für die militärischen SvdlldvrrvllkLlls^'^ Sperialitst: — t'erwpr. 11189. Kor Das stille Leuchten. >! Roman von Pauk Erabein. ^Nachdruck verboten.) Erster Teil. 1. „So, eiidli brennt'S! Jctz' wird der Herr bald sein' Kaffee hab'«." Das schmucke Dirndl erhob sich von den Knien vor dein Feuerloch des mächtigen grün glasierten Kachelofens und strich sich die saubere Schürze glatt, die bei der anstrengenden Be- schästignng mit den widerspenstigen Holzscheiten etwas zerknittert war. Ter Gast am Tisch neben dem Ofen, dem die Worte galten, nickte freundlich und wandte die Augen von der rotanfflackernden Glut weg, die er bislzer in behäbig müßigem Hinschauen angestarrt hatte. „Recht so, Lis'l," lobte er. „Ich hab' schon 'nen rechtschaffnen Kaffeedurst. Und so lang hast du mich doch noch nie warten lassen." „'S is a nur - wegen die z widern Scheiter. Sie sind gar zu arg naß!" entschuldigte sich das Mädchen eifrig und wandte sich dann dem kleinen Raum hinter dem Ofen zu, wo sic behend mit ihrem Kaffeegeschirr zu hantieren begann. „Die Scheiter sa'n scho' int z'wider — aber kci Feier hat's Dirndl," kam es neckend von dem zweiten, längeren Tisch am Fenster her, wo der Jäger seine Pfeife schmauchte, während er mit seinen verschmitzten Augen dem Geyabc des hübschen Kindes wohlgefällig zuschaute. Tic Lis'l schoß aus Hellen Augen einen über mütigen Blitz zu ihm hinüber. „Feier hat'S scho', Jaga: aber 's brennt halt nit zo hellauf, nnc'S mancher vielleicht gern hätt'." In dem Gesicht des Gastes mit feinem ruhi- gen Ernst leuchtete es heimlich auf. Er freute sich dieser beiden frischen Naturkindcr, die sich gar zu gerne neckten, und, um das Sprichwort wahr zu machen, wohl auch liebten. Oder sollte cs nur ein Zufall gewesen sein, daß er — so oft er hier nachmittag- hinanfkam — stets auch den Jäger vom Hintersee beim Lis'l vvrfand? Kein Wunder übrigens! Da» Mädel war wirk lich, wie sie hierzulande sagten, „blitzsauber". und sie verbreitete mit ihrem frohen Wesen einen so starken Hauch von Behaglichkeit um sich, daß es einen immer wieder hinauftockle in diese kleine, verräucherte Almhütte. So selbst heute, wo ein seiner Regen den ganzen Tag herniederrieselte nnd schwere Nebelvorhänge die malerischen Zacken der Scharitzkehl draußen über den Waldmatten dicht verhängten. Freilich waren Lodenjacke und Beinkleider tüchtig durch näßt worden auf dem mehrstündigen Aufstieg vom Marktflecken drunten — der Fremde schaute prüfend auf daö vom Regen dunkel gefärbte weiche Geftock seines Aermels, in dessen Härchen noch Tausende von Wassertröpschen hingen — aber schon begannen diese in der wohlig auS- strahlcndcn Wärme des OfcnfcuerS zu ver dunsten, und nm so gemütlicher saß cs sich nun hier oben beim Lis'l im engen Stübchen, in dem sich ein anheimelnder Geruch verbreitete, von brennendem Harzyolz und dem süßlichen Knaster der Jägerpfene. To liebte er's! Mit lMcr Miene schickte der Gast in der Ecke einen Blick durch das kleine Fensterchcn nut den bleigefaßtcn Lck-eiben hin aus auf die Alm, wo im feuchten Gras das Jungvieh mit glänzenden, nassen Rücken wei dete, nnd dahinter die schwarzgrüncn Tannen im Nebelgrau versclnvammen, dazu eine wunder bare, feierliche Stille — das knistern im Ofen und das leise Klappern des Geschirrs in Lis'ls Händen die einzunm, aber nicht störenden Laute — da ruhte die ^eele so recht wohlig aus. Da schwand die Unrast, die immer noch bisweilen Gedanken und Emvfindungcn in ihm umher trieb, trotzdem er nun schon Wochen der Groß stadt entronnen war. Da versank in dämmriger Ferne der trübe, graue Schatten, der noch immer den Sonnensckxnn in seinem Innern nicht wollte ausleuchten lassen. Ein stilles, friedvolles Behagen spann die Seele ein, und die innerliche Teilnahme an den schlichten, kerngesunden Leu ten hier oben weckte neu keimendes Vertrauen zu Welt und Menschen. „Juhuhu!" scholl es aber plötzlich von drau ßen, ein licller, kräftiger Doppelruf aus weib lichen Kehlen. Der Jäger hob lauschend den Kopf. ,,E» kimma no' Weiberlett! — Sommer gast!" entschied er sofort mit geübtem Ohr. „O Mara'nd!" staunte das Lis'l. „Fraua, bei dem Wetter'?" Und sie trat neugierig hin aus in den Flur, nach den unerwarteten An kömmlingen zu sehen. Wenige Augenblicke später wurden diese schon hörbar, wie sie mit Lis'l draußen hinter der Tür Zurufe wechselten, dann hörte man aus der Äeinschwelle das Aufstampsen derber Nagelschuhe, Helles Lachen und Schwatzen, und nun traten die neuen Gäste mit Lis'l ins Ge mach, zwei junge Damen in grauen, einfachen Bcrgstcigekostümcn. „Grüß Gott!" scholl es laut nnd zutraulich von den Lippen der zuerst Eingetretenen, einem zierlichen, lebhaften Mädchen, während sie lustig um sich blickte. „Dös war aber a Hetz' — gelt, Ruth'!?" Nach der größeren Gefährtin hin- lachend, zog >ie das kecke, grüne Hütchen vom wirren Blondhaar und schwenkte es dann ener gisch auf die Diele aus, unbekümmert darum, daß der Sprühregen dem daneben sitzenden Jägersmann ins Gesicht spritzte. Der wischte sich mit gemachtem Schrecken die braune Backe. „Sackra! Moanst, i bin no' nit g'nug naß g'word'n, vorhin draußen?" Aber da trafen ihn die lachenden Braun augen. „Ui jeh! Bist mir a rechter Bua, wenn dir so a bisj'l Wasser verschwemma lut." Und mit Fleiß spritzte ihm der Ucbcrmut den Rest der Tropfen vom Hut ins Gesicht. „Aber, Fränzl, geh! Du bist doch gar zu arg!" schalt die schlanke Begleiterin, auch feiner und ernster von Wesen. Fränzl blickte mit ihren Schclmenaugen zu dem Fremden in der Ecke hinüber, dem sic trotz (einer derben Bergtracht doch sofort den Städter angesehen hatte; doch, als sie sein leises Lächeln wahrnahm, platzte sie unbeirrt heraus: „Was den«, Ruth'l! Denkst du, der Jäger nimmt mir das krumm ? — Gelt, Bua, mir sa'n do gu't Spez'l?" Und sie fuhr ihm herzhaft mit der Rechten entgegen. Des Weidmanns derbe Faust umschloß zlugs mit Vergnügen die kleine, aber feste Hand, und seine munteren Augen glänzten schalkhaft die Blonde an. „Jo, frcili. Du a'fallst mi' scho', Dirndl!" Dem wackeren LiS'l, die sich pflichteifrig schon wieder ihrem Aaffeetopf zugewandt hatte, schien es nun doch an der Zeit, dem flatterhaften Verehrer einen leisen Wink zu geben. „Wer g'fallt dem scho' nit — dem windigen Jaga!" warf sie mit geringschätzigem Blick her über. „Gla'bst?" Gelassen sog er an der Pfeife. „I tvoaß aber eine, die mir nit g'fallt, weil sie die Zunge gar zu arg spitz hat!" Und be dächtig tat er einen Zug aus seinem Maßkrug. Unterdes hatten die beiden neuen Gäste am Tisch beim Jäger Platz genommen. „Bürget, Lenerl, Zenzl oder wie eppcr sonst — kenn' ma scho schnell an Kaffee Ha m?" forschte angelegentlich die resolute kleine Wort- sührerin. - „Wenn der Herr da dem Freila a Portion abgeb'n will, nachher wird's scho' gehn." Lis'l nickte zu dem Gast in der Ecke hinüber. „O, wenn wir recht schön bitten —" Fränzl sandte dem Fremden einen Blick, halb schelmisch, halb unsicher, wie er ihren scherzhaften Ton aufnehmen würde. Eben fühlte sie denn auch Ruths abwehrenden Druck unterm Tisch. Der da drüben hatte, wenn er auch unter dem großen Schnurrbart vorhin ein paarmal gelächelt, doch so etwas gemessen Ernstes im Gesicht; man konnte also nicht wissen. — Doch nun verbeugte er sich verbindlich zu ihr hinüber. „Aber bitte, mein Fräulein — selbstverständ lich teilen wir uns LiS'ls Vorrat." „Nachher dank' t a schön," machte Fränzl treuherzig, während sie die Freundin vergnügt unterm Tisch wiederpusfte: „Siehst du, er ist ja gar nicht so'n Brummbär, wie er aussieht! Wie man in die Leute hineinruft, so schallt's halt hinaus!" Unterdes musterte der Jäger interessiert seine Tischgenossinnen, besonder- die flotte Nach barin, die zutraulich dicht an ihn herangerückt war und nun auf seinen Rucksack auf der Bank mit dem Finger tippte. „Hast wohl an Bock g'schoss'n'?" Dann aber feinen Blick bemerkend: „Was lugst mi denn so an, Jaga? Ma' kennt sich ja schier sürcht'n vor dir!" (Fortsetzung in der Abendausgabe.)
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