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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 18.04.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-04-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-192204189
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19220418
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19220418
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Riesaer Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-04
- Tag 1922-04-18
-
Monat
1922-04
-
Jahr
1922
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 18.04.1922
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—* Sachten» Maßnanmen gegen küntttae Arbeitslosigkeit. Tie Ersabrungen, die in Samsen nnd dem Reiche in den Jahren 191V und 1980 M't der W irisch» ftSkrist» und der folgenden aroben Arbeitslosig keit gemacht wurden, haben die sächsisch: Regierung veran- labt, in einer dem Landtage unterbreiteten Denkschrift vorbeugende Maßnahmen gegen klinittge Arbeitslosigkeit zu empfehlen. In der Denkschrift wird auSaefltbrt, dak alle Dolk-wirtschaftler, sowie der Retchrwtrtsa»«t«mm,sier mit einem bevorstehenden Umschwung der Konlunktur rechnen, resultierend an» den glcicl«n Ursachen, wre im Jahre 1919. Niemand vermöge indessen mit «Sicherheit anzugeben, ob und wann der Umschwung eintreten werde. Die gegenwärtige Wirtschaftslage Deutschlands. sei ge kennzeichnet durch die gleichen Merkmale, wie die Wirt schaftslage deS Jahres 1919. Der gesteigerte Export als Holge deS Zusammenbruches der deutschen Mark, die Flucht vor der Mark in die Ware, die SpeknlationSkänse in Waren und die Angstkäufe der Verbraucher seien an sich Vorboten der kommenden Krisis. ES sei ganz unsicher, inwieweit die eventuelle Reparationszahlung »n Waren an statt in Gold günstig auf den Arbcitsmarkt zurückwirten würde. Die Denkschrift habe nicht den Zweck, bestimmte Notstandsarbeiten zur Ausführung zu empfehlen oder eine Einzelcntschliebung der Staatsregierung bindend festzu legen, sie solle nur die Möglichkeiten aufzeigen, die nach Ansicht der Negierung gegeben find, wenn die befürchtete KrisiS zur Tatsache werden sollte und die Richtung an geben, in der sich dann die Arbeit der Regierung und ent sprechend etwaige Einzelanträge an den Landtag »» be wegen haben werden. Im einzelnen werden dann die Maß- >iahmen, mit denen der Arbeitslosigkeit entgcgengewirkt werden soll, aufgefübrt für die Gebiete der Arbeitsbe schaffung, der Arbeitsvermittlung, der ArbeiiSumschulung und der Arbeitsstreckung. Großenhain. Auf dem Wochenmarkt am Sonnabend stellten sich die Preise sür das Pfund wie folgt: Aepfel 6-9 M., Butter, Stück 85-86 M- Eier, Stück 8.80 Ki« 4K0 M., Heringe, grüne, 0,00 M., Kohlrabi 2,00 M., Möhren 2,00 M., Radieschen, Päckchen 1,50-3,00 M., Schnittlauch, Päckchen 1,25 M., Sellerie 8,00—4,00 M., Spinat 8,00-4,00 M., Zwiebeln 8,00 M. Döbeln. Ein Schubmacherlehrling stürzte nachts vom Dache eines Hauses auf die Straße. Der Arzt hat nicht feststcllen können, daß der junge Mensch etwas ge brochen bat, trotzdem er über heftige Schmerzen im Bein klagte. Der Bursche war abends fortgegangen und länger auSgeblieben, als ihm erlaubt worden war. Unr nicht durch die HauStüre gehe» zu müssen, kletterte er auf eine Mauer und von La über die Dächer, von wo er in seine im Dach geschoß gelegene Kammer gelanaen wollte. Nossen. Eine widerspenstige Kub erregte Donnerstag früh auf dem Marktplätze nicht geringes Aussehen. Da« bösartige Tier machte, wie der »Noss. Anz." berichtet, auf dem Transport feinen Führern, einem hiesigen Fleischer meister nebst Gesellen und Lehrling, die denkbarsten Schwierigkeiten, versuchte sich mehrmals loszureißen und in wilden Scitensprüngen sich in Freiheit zu setzen. Am Unter markt vermochten auch schließlich dir Führer das wütende Hornvieh nicht mehr z» bändigen, mit ein paar wilden Sätzen rannte das Tier durch die Schaufensterscheibe in den Laden des Herrn Sattlcrmeisterü Roitzsch, daselbst arge Ver wüstungen und Beschädigungen an den ausgelegten Leder waren anrichtend. Unter Ausbietung aller Kräfte und mit Zuhilfenahme anderer Personen gelang »S schließlich, das Tier zu überwältigen und anS dem Sattlerladcn heraus« zusühreu. Aber gleich darauf begann die Kub von nencm zu toben, riß sich los und drohte neues Unheil anznrichten. Nur mit Mühe gelang cS schließlich, de» tobenden Wieder käuer erneut zu überwältigen und ihm mittels eines wohl gezielten Schlisse« zwischen die Hörner am Untermarkt vor der Apotheke den Garaus zu machen. Viele Zuschauer beobachteten den aufregenden Vorgang. Lößnitzthal bei Hohenfichte. In der Nacht zum Sonnabend ist in der Spinnerei Lößnitzthal, G. m. b. H., in einem der einstöckigen Lagergebäude ein Schadenfeuer auS- gekominrn, das in den dort lagernde» ölgetränkten Banm- wollabsällcn und Vorräten reiche Nahrung fand. DaS Feuer glimmte auch am Sonnabend noch weiter und wird erst nach Lagen vollständig gelöscht werden können. Der Gesellschaft ist durch das Feuer ei» Millionen-Schaden entstanden. Dec Betrieb der Fabrik kann vorläufig aufrechterhaltcn werden. ES wird Brandstiftung vermutet. Annaberg. Bei de» Wahlen der KanfmannSgericktS- belsitzer konnten hier zum ersten Mal auch Frauen gewählt werden. Ter Verband der weiblichen Handels- und Bureau angestellten, Sitz Berlin, batte eine reine Franenltfte aus gestellt, die zwei Beisitzer erhielt. Lockwitz. Sils der auf dem Rittergut Möhrsdorf an gestellte 28 Jahre alte Aufseher Martin Kunze den einen Wasserpumpmotor anschließenden Stecker aus der Kraftfteck- dose zog, erlitt er dadurch einen tödlichen Schlag, daß in dem Stecker sich ein Draht der Klemme gelöst hatte, wo durch der Außenkörprr Les Steckers Strom führte. Schöneck. Ein auf Schilbacher Flur stehender, zurzeit unbewohntes Haus ist von unbekannter Hand bis auf die Grundmauern abgetragen <I) worden. Zwickau. Im städtischen Vieh-- und LchlaHthofe soll für 20 Millionen Mark Aufwand eine KleischverkansShalle und Gefrterfleisch-Stapelhalle errichtet werben,. Werdau. Große Freude erlebte vor einige» Tagen ein Arbeiter aus einem Nachbarort. Als er auf dem hiesigen Kundbureau den Verlust seiner Brieftasche mit 3S00 Mark Inhalt anzeigte, war diese bereits abgegeben, so daß er das Gel- gegen Entrichtung des FtnderlohneS in Empfang nehmen konnte. Der ehrliche Kinder war ein hiesiger Beamter der Etsenbahn. Der Verlustträger hatte Balutasorgen vor 100 Jahreu. sAuS alte» Briefe».) DaS ShaoS, das gegenwärtig in unseren wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnissen herrscht erscheint unS al» etwa«, was nie vorher bageroesen war. Hat eS je schon eine solche Entwertung deS Gelbes, eine solche sprunghaft steigende Teuerung, eine solche Unsicherheit aller Verhält nisse gegeben? Der selige Ben Akiba antwortet aver auch in diesem Kalle mit einem vernehmlichen Ja und könnte unS aus -er Geschichte Nachweisen, -aß ein solcher Zu sammenbruch der Wirtschaft fast stets tm Gefolge großer Kriege auftritt. DaS nächste Beispiel, das sich da barbtetet, ist die Aera der napoleonischen Kriege vor IM Jahren, auf die ja t« theoretischen Auseinandersetzungen der letzten Zett oft htngewtesen worden ist. Wie freilich die damaligen politischen und sozialen Zustände auf den Einzelnen ein- wirkten, da« können wir unS kaum vorstellem und wir müsse« schon in alte» »riefen blättern, um zu erfahre«, »aß die Menschen damals unter denselben Leiben und Nöte« geklagt haben wie wir heute. Lieft man die Briefe, die Dorothea Schlegel, die Gattin des Schöpfer- der Romantik Friedrich Schlegel, an den bei der Mederkehr seine- ISS. Geburtstage» jetzt wieder allgemein erinnert wurde, an» Wien in den Jahren 180V—1817 gefchriebm hat, s, glaubt man geradezu Arnßerungen an» unseren Tagen za vernehme». Wie heute »lickte damals alle» nach der Börse, »et Veatn« de» Feldzüge» von 1800 schreibt st« cm ihren tm österreichische« Hauptquartier »eftnbNchen Mann: .Auf »er vvrse hat sich gestern ein wahrer M^eor von PatrtonSmu» und guter Gesinnung gezeigt, «wnlich an demselben Laa«. wo »er Er-Herzoa Karl abgtng und »W »er die Lasch« vor »em «mtSaertcht verloren, wo er für feine Mündel Rechnung gelegt Hatter da» Veld war also gar nicht sein Eigentum. ' * Chemnitz. Bor der Chemnitzer Strafkammer stan den der Installateur Willi vöhme, »er Forme« Kühnel und de« Bankbeamte Hermann Gross« sowie st,»«, junge Leut« wegen der kürzlich aufsehenerregenden großen Chemnitzer vrirfmarkensälschung. Di« Kalscherband« hat in einem verltne« vrtefmarkengeschäft em« echt, alte sächsisch« rot« Drrtpfennigmarke für 12 l>M Mark grkanst und nach diesem Vorbild auf photographischem Weg« IM Falschstücke ange- fertigt, die sich in Berlin, Hamburg «nd anderen Städten für den Preis von V5M bi» 70M Mark leicht «»setzte» Die Fälschung «ar so gut geglückt, Laß sogar Sachverständige ge täuscht wurden. Böhm«, der „Photograph", erhielt 1 Nähr Gefängnis, der Geldgeber Kühnel und der Letter de» Ber- triebe» der Falschstücke Gross« je io Monat«. Fünf der «er- käuser erhielten je 10M Mark Geldstrafe, zwei Verkäufer wurde» fretgesprochen. « Leipzig. Ein schnelle» Ende fand eine „Vergnügungs fahrt", die ber Geschäftsbote einer Glauchauer Firma am Donnerstag angetreten hatte. Er hatte feinen Prinzipalen MVM Mark nnterschlagen und war damit geflüchtet, um mit dem veruntreuten Geld« vergnügte Ostertaae zu ver- leben. Die beiden Geschäftsinhaber kamen auf den Ge danken, daß sich der unredliche Angestellte wahrscheinlich nach Leipzig wenden roürdo. Sie setzten sich auf den nächsten Zng und hielten hier in Leipzig nach ihm Umschau. Schon bald stellte eS sich heraus, daß ihre Vermutung nicht unbegründet gewesen war. Am Freitag begegneten sie ihrem Angestellten auf ber Straße, sie hielten ihn sofort fest und übergaben ihn dem nächsten Schutzmann. Man fand bet dem Geschäfts- boten nur noch 18 000 Mark vor. Angeblich will er einem Freunde 15 000 Mark von dem unterschlagenen Gelde ge geben haben. Genaues über -en Verblei» ber fehlenden Summ« muh die Untersuchung ergeben. Letpzig. In ber Nackt zum ersten Ostersetertag wurde die Inhaberin de» Gap- und LogierhauseS „Zum weißen Roß" in der Notzgasse, die Mlährtge Witwe Hedwig Pretsch, in ihrer Wirtschaft mit zahlreichen schweren Kopfverletzungen auf dem Fußboden liegend aufgefunden. ES liegt Ranb- mordversnch vor. Der Tat geständig ist der in der Näh« wohnende Afährtge Wetnküfer Ewald Trautmann. Er gibt an, er sei zuletzt mit Frau Pretsch in dem Zimmer gewesen, wo sie an einem Tisch gesessen habe und anscheinend ein geschlafen war. Er sei dabet auf den Gedanken gekommen, sie zu berauben. Nach der Tat raubte er au» einer Zahl- kaffe 150 Mark. * * » Ho verS Werda. In Zerre ist durch die Wachsam keit deS Nachtwächters die Vollendung eines furchtbaren Verbrechens im letzten Augenblick verhmdert worden. Die 66 Jahre alte Witwe Emma Doelle hatte auf dem von ihr bewohnten Mühlengrundstück sechs Brandherde errichtet «nd bereit- in Brand zu stecken begonnen. Um das Ent kommen der Bewohner des oberen Stockwerkes zn ver hindern, hatte sie vor die einzige Treppe einen Korb mit Reisig und Stroh gestellt, das mit Petroleum getränkt war. In dem MühlengebLude wohnen 27 Personen, die, wenn der Brand nicht rechtzeitig entdeckt und gelöscht worden wäre, vielleicht alle ums Leben gekommen wären. Tie Doelle hatte sich, als sre ihre Tat vorzeitig entdeckt sah, in einem Holzstall versteckt. Sie hatte sich mit einem langen Messer Schnittwunden an Hals und Oberarmen deigebracht. Auch hatte sie unbemerkt von einer ätzenden Flüssigkeit — Schwefel- oder Salzsäure — getrunken. Sre wurde nach Hoyerswerda in bas Kreiskrankenhaus ein geliefert, wo sie starb. Ter Beweggrund zu ihrer Hand lungsweise dürfte vielleicht in einem in zweiter Instanz verlorenen Prozeß über das Eigentum an dem väterlichen Mtthlengrundstück zn finden sein Herzberg. In Gräfendorf brannte vorige Woche da» Wohnhaus und das anstoßende Stallgebände de« Hüfner» Reinhold Schneider ab. Verbrannt find das Eingeschlachtet« von 2 Schweinen, etwa 60 Ztr. Getreide, 70 Ztr. Stroh und da« gesamte Hausmobiliar, welche« sich im oberen Geschoß des Wohnhauses befand. Der Schaden deS Abgebrannten an Gebäuden und Inhalt bei den heutigen hohen Preisen beträgt mindesten« V« Million Mark. Bretnig. Radikale Maßnahmen will der hiesig« Gemeinderat gegen Wucher in Lebensmitteln und täglichen Bedarfsartikeln ergreifen. Er beschloß, eine „Wuchergarde" zu bilden, di« eine genaue Kontrolle ouSübt, Keller und Niederlagen durchsucht und zurückgehaltrne Warrn beschlag nahmt. Tagesgeschichte. Deutsche» Reich. Die Bekämpfung des Wucher» in Bayern. Das Bayerische Justizministerium veröffentlicht eine Bekannt machung, betr. die Teuerung und die Bekämpfung deS Wuchers, in der die Justizbehörden auf die bedenklichen Erscheinungen des wilden Handel« aufmerksam gemacht und angewiesen werden, die Schuldigen so rasch wie möglich der verdienten Strafe zuznsühren. Bei genügendem Tat verdacht soll Beschlagnahme der Waren und deren rasche Veräußerung in Erwägung gezogen werden, damit di« Waren baldigst den Verbrauchern zu angemessenen Preisen zugeführt werden. Der SS. ölbgcorduetentag de» Deutschen Werkmeister- verbände» nahm, wie aus Erfurt gemeldet wird, den vom Ausschuß für Sozialpolitik vorgeleate» Abänderungsvorschlag de» sozialen Programm» an. Die Verbandssatzungen sollen einer Neuregelung auf Grund der Beschlüsse zu den vor liegenden Anträgen unterzogen werden. Der bisherige Ver- Iwo auf »en den lele de» Lsyen rsuds sulyssprungsne klaut ( erreuk novson Lc vollkommenstes llaulplleyemlttsl / Mi'KW na» Berlin »srlegt werde«. Die dkberigen Unterstützung«, iätz« werden mehr al« virdoopelt. der Verdanbsheiti U Mart monatlich festgesetzt. Di« Debatte« lieft Willen erkennen, weiter dl« gewerkschaftlichen Ai, Verband«» zu verfolgen. Geana und die Hunger«»«». In Genua sind die Vertreter an» allen Staaten Europa» zusammengekommen, um über die politische «nd wirtschaftliche Gesundung ber Wett z« »erat««. Die erste Redeschlacht ist geschlagen, und »na mir» maa «U jener sorg- sättigen Gemächlichkeit, die den internationale« Konferenzen Europa» eigen ist, bi« eigentliche Arbeit beginnen, vm viel leicht an irgendeine« Punkte weit vor ihrem Abschluß wieder unterbrochen zu werden. Unterdessen verhungern im Oste« Europa» hunberttausende von Mensche» und die Konferenz von Genua, die ihnen Hilfe »ringen sollte, hört ihre Tode»- seufzer und das Jammern ihrer letzten Krämpfe nicht. Im Gegenteil: Staaten, di« nach ihrer ganzen mitt- schaftltchen Lag« sehr wohl imstande wären, Hilfe zu leisten, schränken da» wenige, wa» st« bisher getan haben, sogar noch ei«. Amerika freilich leistet unter Leitung Hoover»' noch nennen», «nd dankenswerte». Abe« die englisch« Re gierung bat vor kurzem beschlossen, ihre vt»h«rtge Unter stützung sür die Hungernden Rußland» vollkommen aus- zugeben, und e» bedurft« erst der Rückkehr eine» Parla mentsmitgliedes aus dem Hungergebtet, der dem Unter- Hause ei« Stück Brot aus Banmrtnbe zeigte, da» dort al» Nahrung»mtttel dient, um wenigsten» noch , einmal die Be- wtlltgung einer Summ« von Hunderttausend Pfund zu er reichen. Damit kann noch nicht der hundertste Teil de» Bedarfes an Gaatgetretde Ungedeckt werben, ber dl« Hunger gebiete für da» nächste Jahr wieder auf eigen« Füße zu stellen vermag. Sechzig bis siebzig Millionen Pud Saat- getreide sind dafür notwendig, und mit einer Summe von zweihundert Millionen Goldmark wäre diese Menge in ber Welt zn erstehen. Zwanzig Millionen Menschen könnte« dadurch vor Entbehrungen, schwere« Krankheiten ober grauenhaftem Tod bewahrt werben. — Zwanzig Millionen Menschen mit zweihundert Millionen Goldmark! Aber die Welt, die für ihre Armeen in jedem einzelnen Lande et« vielfaches dieser Summe aufzubrtngen vermag, die ganze Welt ber achtnndzwanztg jetzt in Genna vereinten Staaten, zuzüglich ber Bereinigten Staaten von Nord-Amerika, diese» KafnerS de» Welt-GolbhorteS, verschließt Ihre Laschen nnd Ohren, und eS gibt Leute, die an dem Elend dieser «men Menschen vielleicht noch ihre stille Befriedigung haben werben. Diese Leute sagen, die Hungersnot fei eine Folge be» Sowjetregime» und «S könne Feinden be» Bolschewismus nicht zugemntet werden, die Kehler diese» Systems ans ihre« Taschen z« bezahlen. Aber selbst wen« da» tm ganzen Um- fange zutreffend wäre, selbst wenn der Hauptgrund be» jetzigen Elend» nicht eine fast beispiel-lose Mißernte wäre: welche moralisch« Berechtigung besteht, zwanzig Millionen beherrschter, nicht herrschender Mensche« an den Fehlern ihrer Beherrscher einfach zugrunde «ehe« zu lassen? Diese Leute sagen auch, «ine Hilfeleistung käme letzten Ende» nicht -en Hungernden, sondern der „Roten Armee" zrrgute. Aber besteht irgendwelche berechtigte Ursache für diesen Argwohn, da doch jede ausländische Htlfskommtsston sich jede gewünschte Kontrolle Vorbehalten kann und von der Dowjetregterung auch gern zugestanben bekommen würde? ES gibt keine Rechtfertigung für die Gleichgültigkeit ber Wett, st« ist et» fast schlimmere» Zeichen Le» barbarischen Zustande», in dem wir noch immer leben, al» ber Krieg mit all seinen Schrecken war. Eine russische Aerztt«. Dr. K. GtnSburg, hat soeben im Berliner Verlag für Gvzialwissenschaft ein Buch über da russische Ktnbersterben herausgegeben, La» entsetzliche Ziffern zur Lage enthält. In der Stabt Zartztn ist die Sterblichkettsziffer in den Kinderanstalten siebzig Prozent. Die Zahl der hungernde« Kinder an der Wolga beträgt dreieinhalb Millionen, von der ganzen Bevölkerung wird gesagt: „sie ißt alle», was auch nur durch die Karbe etntgev- maßen an Brot erinnert: Sicheln, Linbenrtnde und -Blätter, Birkenrinde, Melde, die Rinde anderer Bäum«, Hagebutten, Unkraut und Bilsenkrautkörner. Die auf Liese Weise ent standenen Kläden erinnern an Dchnttklumpenr dazu haben noch die metsten von diesen Surrogaten einen bitteren Ge- schmack nnd rufen Magenstörungen und schwere Nieren krankheiten hervor. Die sich davon ernährende Vevölkv- rung erkrankt sehr bald an der Wassersucht: besonder» bet den Kindern Men die angeheuer aufgedunsen«», Bäuche auf, tm Gegensatz zu den abgeuumerte« Gesichtern, de« mageren Füßen und Händen. Selbst ein solche- „Brot" ist im Verkauf nicht billig,- in ber Provinz Ufa kostet eS fünfzehnhundert bis zweitausend Rubel da» Pstmd. Ende Oktober wird aus ber Provinz Kasan gemeldet, baß alle e» einem fast übel sind gevade «sie heut Vtejentgen dran, die sich irgend- etwa» anschaffen müssen. „An Mübelanschaffen konnte bet all der gute» Einnahme noch immer nicht gedacht werden," schreibt sie dem Schwager A. W. Schlegel. „Indessen habe« wir doch wenigstens Vettem et« Sofa und ein Dutzend Stühle: da» Uebrige wie «nb wann Gott will. SS ist so teuer hier und die Lebensart jetzt f» schwankend und ord- nNngSlo» geworben, datzkein Mensch an irgendeine Ein richtung denken kau«. Ma« ist froh, den Tag nur durch- zukommen." Mit ber Literatur ist nicht» zu verdienen, da auch bet Buchhandel -arnteberltegt: „Wir armen Kreaturen hier sind so wett gebracht, daß un» der Kurszettel wichtiger ist al» alle Poesie? lieber die Verhältnisse in wie« heißt e» an einer anderen Stelle: „Da» Leven hier ist so teuer, wenn auch mit noch so geringen Ansprüchen, so umständlich, schwer- fällig und beschwerlich tu jeder Hinsicht, baß «» einem fast ,ur unerträglichen Sch wird, vollend» al» Literat und Ge lehrter sich fortzubringen!, ist «ine sehr Eiche Sache und möchte leicht in jeder kleinen Landstadt eher ttmlich sei«, al» in dieser sogenannten Hanvtstabt von Deutschland, wo man auf jede andere Ehr« eifersüchtiger ist, al» ans die, Deutsch land» Hauptstadt zu fei«: denn Sie müssen wisse«, baß man Hannaken, Starraken und all« erdenklichen Aken «nd Malen nicht für Ausländer, aber alle Deutsche, die nicht am Mener Berge grboren sind» allerdings für Ausländer ansieht." Recht bezeichnend für das damalige Seb« »ft ihr Stoß- seufz» au den Sohn Johanne»: „Un» erneut sich täglich da» Wunder im Evangelium, wo mit siebe« Broten Tausende gespeist werden und «och übrig »letvt,- wenigsten» wissen wir all« hier selber nicht, wie wir durchgekommeu sind; wie wir durchkommr» »ollen, wissen wir noch -tel »«üaer/ Armeebefehl erschien, ist der Kur» um ich weiß nicht wie viel Prozent besser geworden, da» Papiergeld stieg un- die DtaatSpapter« stiegen auch. Die Bankier» waren gestern abend in dem höchsten Erstaunen." Immer wieder klagt Dorothea über da» Papiergeld und seine« sinkenden Wert. Sie berichtet, baß man versuche, „so viel al» möglich da» Papiergeld anzubrtngen," um dafür noch etwa» zu er halten, und stöhnt: „Geld braucht man hier wie — Papier!" Bet dem schlechten Stand der üsterretchtschen Valuta war da» Leben in Men für die Besitzer besserer Geldwerte sehr btlltg. Dorothea rät daher dem Kölner Freund« Sulvtz Boifferse, nach Wien zu kommen: „Kür Eure Stüber bekamt Ihr eine gute Handvoll Bankozettel, und da Sie doch da» Hau» in Köln aufgegeben Haven, so würben Sie, die Reise abgerechnet» hier nicht mehr al» dort verzehren, vermöge de» Unter schiede» de» Papiergelde»." Lohnaufbesserungen und Gehaltserhöhungen waren auch damals an ter Tagesordnung, und sie nutzten nicht mehr al» hente. „Dein Glückwunsch wegen unserer VehaltSver- mehrmlg wäre sehr gut," schreibt Dorothea an ihren in Rom studierenden Sohn, -en Maler Johanne» Veit, „wenn nicht gleich ei« KondolationSschrrtben dahinter kommen müßte wegen der unmäßigen Teuerung,- fünffach auSgezahlt werde« hilft nur so langes al» man nicht sechsfach »««geben muß. Di« Steigerung aller Lebensmittel und Bedürfnisse ist ganz ungeheuer, besonder» ber Wohnungen: doch dünkt «» »en Fremden »et ihrem «tlbergelb hier noch immer sehr wohlfeil zu sein, wir Paptermenschen aber sind Übel dran." Und ein ander Mal berichtet sie dem Sohn: „Und würbe e» diese» Jahr ganz gut gehen, wenn «» nicht so teuer wäre, daß man, auch wenn man noch so viel verdiente, ritcht dnrch- komm«» ran» Mr müsse» un» lavier »lagen? Besonder»
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