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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 05.11.1926
- Erscheinungsdatum
- 1926-11-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-192611051
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19261105
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19261105
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Riesaer Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1926
-
Monat
1926-11
- Tag 1926-11-05
-
Monat
1926-11
-
Jahr
1926
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 05.11.1926
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Umbau »er LeuSstratzen. Die .ioevcn abgeschlossene Tagung der Studiengefell- schäft für Automovilstraßenbau in Wiesbaden bat m der Qefsentlichkcit, i» vielfach mißverstandener Welse, tue Vor- stellung geweckt, als ob cS darauf ankäme, schleunigst em Meß großer Automobll-Fernstraßen für ganz Deutschland zu schasse», insbesondere aber einige durchlaufende Strck- len von internationaler Bedeutung. Dieses letztere bat die Ltudicugcsellfchaft ausdrücklich als völlig überflüssig erklärt, weil alsdann für die Erhaltung und Verbesserung des bestehenden Netzes nichts übrig bliebe. So ist auch das Projekt einer Automovilstraßc von Hamburg über Frankfurt a. Main nack Mailand als eine Utopie an- Zusehen. Das; die von der Route berührten Städte die Angelegenheit mit Interesse verfolgen, ich freilich ver ständlich. Auch folgende Punkte, die von der Studiengcjcllschaft ausgestellt worden sind, wird man unterschreiben können: Es gibt in Deutschland noch keinen Dnrchganas-Massen- vcrkehr. Eine gleichmäßig widerstandsfähige Befestigung kommt infolgedessen nicht für die ganze Ausdehnung langer Straßenzüge in Betracht. Vielmehr müssen die ungeheuren Kapitalien, die m die Straßendecken zu in vestieren sind, für jeden einzelnen Kilometer genau nach der Stärke des Verkehrs verwandt werden. Die .'Zählungen weisen deutlich nach, daß der Verkehr sich heute nur an einzelnen Stellen konzentriert, und zwar auf dem ganzen Wegenetze am Knotenpunkte, daß also der Verkehr keineswegs in gleichmäßiger Stärke über lange Straßenzüge läuft. Bei der komplizierten Verteilung ter Straßenunterhaltungslast in Deutschland, die ihre gutcp Erunde hat, ist es nicht möglich oder nötig. Aende- rungcn eiuzuftlhreu; vielmehr kann die örtliche Straßen unterhaltung getrost beim jetzigen Träger verbleiben, wenn nur planmäßig das Straßennetz verbessert wird. Dies ist durch 'Vcreinbaruugcu der WegennterhältnngSvflich- tigcu untereinander durchaus möglich und seit der letzten Novelle zum Kraftfahrzcugsteuergesetz auch schon in An griff genommen worden. Die Landkreise Preußens ar beiten bereits au.der schleunigen Ausstellung eines Lira- ßcnbauprogrammeS, das jeden einzelnen Kilometer ihres Krcisstraßcnrrctzcs in Betracht zieht, nach dem Grund- Reftrent«», di», in verschiedenen «edäuden unteraevracht sind, nicht in »inen mündlichen Austausch treten konnten, sondern an dessen Stell« dl« Akten traten, di« non einem Ort »um andern aebracht werden mußten. Die Rationali sierung in räumlicher Beziehung soll neben die Rationali sierung der Arbeit treten. E« ist auch «in alter Wunsch de« Reichrtage», daß die getrennten Meichgbebörden mög lichst »usammenaesaßt werde». Der Ankauf des Kaiserhof« soll nur ein erster Schritt da»u sein. Durch die Konzen tration der Neichßbebördeu würden zehntausend Quadrat, meler vüroräume verfügbar werden, die für Wohnzwecke verwendet werden könnten. Insbesondere soll da» alt« vreußische Krieg«»,inisterium in der Leipziger Straße in dieser Geschäftsgegend für Geschäft.zwecke sreigemacht wer den. Der Fortbestand de« Kaiserhoks als Hotel war sowieso ausgeschlossen, und e« fragt« sich nur, ob das Gebäude zu einem Bürohaus für Privatzweck« oder für staatliche Zwecke gemacht werde» sollte. Der Reichssparkommissar hat gerade den Ankauf aus Ersparnisgründen befürwortet. Der Wert des Sotelaebäudes ist amtlich auf 8,3 Millionen Reich«, mark geschätzt worden, da« sind 73 Prozent de« Vor- krieoswertrs. ' . ' . 'ollen 8 aögeschlossene Au7oM»vven. Stallü«« Ak S^Wsersse un Erdgeschoß und darüber 2 sportgerechte Kegelbahnen erstehen. Tas ganze Heim bildet mit der Turnhalle als linken Flügel ein nach Westen offenes Viereck, bas durch das Wirt schaftsgebäude geschlossen wird. Tic rechte Ecke bildet ei» massiger Tnrm. Erdgeschoß und erstes Obergeschoß sind in Brnchsteinmoner anfgesührt, das 2. Obergeschoß besteht aus Sachwert und hat eine Holzverschalung erhalten, deren An strich in verschiedener Abtönung sich gut in das Landschaft-- bild einsngt. Vor dem Kreishcim liegt in gleicher Ebene mit dem sich rechts anschließenden städtischen Spielplatz ein Turnplatz, der im Winter als Eisbahn benutzt werden sott. Obgleich während tzer ganzen Bauzeit nicht immer das günstigste Vanwetter war, ist dank der großen Umsicht des baulritcnden Architekten in genau LöU Arbeitstage» der herrliche Van erständen. Tie Ein wcihnugsseierlichkeiteu werden Svnnabcud mitiag mit der Nebcrqabe dcS KreisheimeS durch den Archi- iekten an den 11. Turnkreis ihren Anfa'ug nehmen. Ihr Icstsäak wird anschließend eine Icstseier mit Festmahl für die geladenen Ehrengäste stattsindcn. Ab 3 tthr steht Has Heim zu Iührnngcn für den öffentliche» Verkehr offen. Am Abend wird ein Fackelzug durch die Stadt nach dem Heim geleitet, ans dem Turnplatz dcS Heimes wird die sächsische Tnrnerjngend eine schlichte Jngcndscicr abhaltcn. Aach dein Verlöschen der Fackeln wird das neue Kreishcim in Vunlfenerbelenchtung prangen, ans den nurkiegenden Höhen werden I-rcnde»sener ansflammen und Böllerschüsse »erden weiihm verkünden, daß die Lachsentnrner die Weihe ihres neuen tlreisheimes begehen. Am Abend wer den sich Ehrengäste und Turner zu einer zwanglosen Abcndnnlerhallnng im Festsaal des Heimes znsammen- iindcn, wv die erzgcbirgischen Turner und Turnerinnen turnen, singen und ein Theaterstück aussührc» werden. Am Sonntag früh finden Führungen durch das Heim statt. Kürz vor ll Uhr wird ein Festzug mit vielen Fahnen der sächsischen Turnvereine durch die Straßen der Stadt nach dem Hei», führen. Vor dem Heim wird nach Eintreffen des Festzüges die große össeniliche Weihefeier vor sich gehen. Kreisvertreier Dr. Thiemer, der eigentliche Schöpfer des Krcisheiines, wird die Weihercde halten. Tie Wcihcrcdc wird von cSeiängeu der Tnrnersänger des Obcrcrzgebirgs- aaueä umralunt. Am Abend findet daun ein erzgcbirgischcr Ikntcrhaltnnasabcnd und nochmals eine Hcimbcleuchtung statt. K. Bm. Mmen di« Tttatzen auf dl» wtrtschastWMe ubd .bMgste Weise bem modernen Verkehr angepasst wer- dät, Her der Zunahme der Kleinauto«, auch de» kktnerev Lastkraftwagens, können sich die Ttvaßenbefestigungen nur nach der wirlluden, sich allmählich verbreiternden Ser- kchrsbelastung her Wege richten. Da« ist gerade Vas, was die Wirtschaft braucht! Der einzige Punkt, in dem der Studtengesellsckast vom Standpunkte der Allgemeinheit und der Steuerzahler meßt ziigestlmmt werden kann, ist der, daß von der Ge sellschaft selbst eine Klassifizierung der Straßen vorae- nommen wird. Diese »st völlig nutzlos, da — wie die Ge sellschaft selbst annnnmt — <m allgemeinen nicht der durchgehende Verkehr entscheidend ist, sondern die tatsächliche Verkehrsbelastung der einzelnen Strcckcnteüe, Der technische Plan richtet sich außer* m nach den Mit - - teln, die dem einzelnen Wcgeunterhu ! mgSpflichtigen zur Verfügung stellen, insbesondere danach, ob er Amleiheu erhält oder nicht. Dies ist ausschlaggebend für die. Wahl der Straßendecke, die wieder von der anzunehmcnden Lebensdauer abhängt, .Die Straßenbauprogrammc, die übrigens schon m allernächster Zeit durch Milderungen de« Verkehrs und seiner Richtungen überholt sein können, lassen sich also nur durch die Wegeunterhaltungspflichtigen selbst erledigen. Dir bedingte Geltung solcher Programme ist übrigens weiterhin em Beweis für die lleberflüssigkcnt emcr Klassiüziernng der Straßen nach ihrem theoretischen „Zwecke". Man wird also zu den Wegeuntcrhaltungspslichtigen, die untereinander natürlich cu Fühlung stehen, das Ver trauen haben können, daß sic die große in Rede stehende Aufgabe richtig lösen werden. Dies kann nur gelingen, wenn sie die Mittel strengstens cintcilen, die ihnen aus Steuern zur Verfügung gestellt werden. Seine Wangen brannten. Mitunter fuhr er mit bem Zeigefinger zwischen Hemdkragen und Hals, als wolle er irgend etwas entfernen, das ihn am freien Atmen be hinderte. Zu einem Rückzug aus den geschäftlichen Engagements, das fühlte er, war es zu spät. Sie hatten sich mehr wie gewagt gestaltet, während der Wochen, in denen er mit einer ihm heute unbegreiflichen Lethargie dahinträumte. Noch am Tage seiner Abreise aus der Heimatstadt wäre eine Lösung unter Umständen möglich gewesen; heute würde sie mehr als dreiviertel dessen verschlingen, was er in bald drei Jahrzehnten vor sich brachte. Er mußte die Krise zu überdauern suchen. Er glaubte ja wieder an seinen Stern und an sein Glück. Aruschka hatte durch die Zofe den Bruder zu sich bitten lassen. Er kam auch sofort herauf. Die linke Wange zeigte eine auffallende Röte. Sie rührte von der ziemlich fleischigen Hand der Zofe her, die mit dem Antlitz Johann Baranofss in sehr unsanfte Berührung gekommen war, als der einige Vertraulichkeiten versuchte, die seiner Meinung nach von der Rolle eines Barons un zertrennlich waren. «Ich habe dir leider eine sehr betrübende Mitteilung zu machen," eröffnete Aruschka das Gespräch. „Um mich kurz zu fassen, mein Gatte hat vor einer halben Stunde diesem Dr. Frühwald die Hand seiner Tochter zugesichert." Johann Baranoff blinzelte unter halbgeschlossenev Augenlidern hervor der Schwester zu. „Was schadet das, liebe Schwester, bei dem aus gezeichneten Einverständnis zwischen dir und deinem Gatten ? Franziska Berger wird eine gehorsame Tochter sein und sich dem Willen der Eltern fügen, der in diesem Fall natürlich her Leine ist!" Frau Arüschkas Irisaugen leuchteten. Allein sie neigt« zustimmend den schönen Kopf. „Wird sie; zweifellos wird siel Allein du wirst ein sehen, daß auch du etwas in der Sache tun mußt. Mein Rot geht dahin, daß du sofort nach Athen abreiseft und dich um das Mädchen bemühst. Ich werde dann hier in deinem Interesse tätig sein!" Johann Baranoff pfiff durch die Zähne. Er stand auf und trat in unverschämtester Haltung, die Hände in dek Taschen seiner Beinkleider, vor Aruschka hin. „Eine gute Idee, teure Schwester, eine sehr gute Idee! Sie krankt einzig daran, daß ich nicht gerne allein reise. Wann darf ich also meine Koffer bereit halten» um dich und deinen Gatten nach dem schönen Hellas zu begleiten?" Aruschka Berger maß den Sprecher mit einem durch bohrenden Blick. Es lag darin eine solche Entschlossen heit^ daß Baranoff wie ein verprügelter Hund zu feinem Stuhl zurückschlich. „Sag doch," warf sie leicht hin, „ist der Schurke noch immer nicht entdeckt, der im September da« Bild des Grasen Wilnar zerschnitt, nein? Schade, wirklich sehr chade! Du wirst übrigens Dr. Frühwald heute abend kennen lernen. Ein kleine« Berlobungsdiner. Du wirst natürlich nicht avfagen l" Johann Baranoff stieß einen Fluch au». Di« Wolken« berge waren auseinandergelaufen zu einer mißfarbenen grauen Masse, die sich mit rasender Schnelligkeit überden ganzen Himmel ausbreitet». Die Sonne hatte sich kraftlos zurückgezogen. Einzelne Schneeflocken gaukelten durch die Lust gleich trägen Faltern. „Gut, ich werde reisen!" sagte Baranoff nach einigend Besinnen, »aber nur unter der Vedinauna. da» — —k !! WugesaM. (Für Veröffentlichungen unter dieser Rubrik übernehmen wir nur die preßgesetzliche, nicht die ideelle Verantwortung^ Wir haben fettgestellt, daß di« Kraftwagenführer de« Stadt. Kraftverkehrs die ihnen lt. Fahrplan vorgeschrieben«» Zeiten nach Möglichkeit einaehalten haben. Die in Frage kommende Fahrt 5 hat folgende Ab fahrtszeiten: Meistnerstr. - 7.03 Albertplatz - 7.1» Georgvlatz Da dieser Wagen hauptsächlich von Angestellten de« Großenikaufsaesellschaft benutzt wird, kann satt immer vom Albertplatz bis Georgplatz durchgefahren werden, sodaß un beabsichtigt an letzterer Haltestelle eine längere oder kürzere Wartezeit eintritt, weil die Kraftwagenführer Anweisung haben, den Fahrplan einzuhalten. Die Angaben des Herrn Paul Wächter sind richtig. Wenn die Führer des Wagens Signale gegeben haben, so dürfte dies lediglich nur im Interesse des Unternehmens erfolgt sein, den», jeder Fahrgast trägt bekanntlich zur Ver- rmgerung der Unkosten bei. Im übrigen ist Heren W. S. zu raten, wenn er sich nicht der öffentlichen Kritik aussetzen will, vorkommende Un regelmäßigkeiten im Kraftverkehr erst dem Städt. Betriebs- amt »u melden. Vow dieser Stelle wird jede Beschwerde gewissenhaft geprüft und schuldiges Fabrpersonal zur Rechenschaft gezogen. Städt. Betriebsamt Riesa. Ter Mm -ts Hckls Kaisers -M -ss W. vdz. Berli n. TaS Rcickskabinett bat am Mittwoch bekanntlich einstimmig den Ankauf Les -Hotels Kaiserhof in Berlin von der Berliner Hotel Gesellschaft für Zwecke der ReichsverwaUungsdüros, insbesondere sür Zwecke des ReichsfinanzministeriuniS. besMofscn und in einer anSführ- licbcn Denkschrift über die Notwendigkeit dieser Trans aktion die Zustimmung des Reichstages nachgcsucbt. Ter Erwerb des KaiicrhofS wird damit begründet, daß nach Möglichkeit die Neichszentralbebörde» in der Gegend der Wilbelmstraße und WilbelmplatzeS konzentriert werde». TaS Rcichsfinaiizministerinm ist jetzt in sechs verschiedenen Gebäuden nntcrgebrcickt und soll räumlich znsammengesaßt werden. Tndurch wird es möglich werde», daß dieses Ministerium mc Stelle der bisher benutzte» achttausend- fünfhuudert Quadratmeier Bodenfläche in Zukunft mit sechstauscndack'lbundcrt Quadratnietern auSkonunen wird. Tie räumliche Trennung der Abteilungen des Reichsfinanz- Ministeriums hat eine Unmenge Arbeit verursacht, da dje ihr die Karte überreichte. Noch mar der Argwohn nicht ganz geschwunden. Sie las ohne jede «spur einer Erregung. Eine» Blick iu-Len Spiegel wersend strich sie das in Unordnung geratene Haar zurück und wandte sich nach ihrem An- 'leidezimmer. „Ach der Doktor! Bestelle ihm, bitte, meinen Gruß!" Ein glückliches Lächeln um den in den letzten Wochen uumer jo streng geschlossenen Mund, ging Berger hinüber in den Salon. Mit aller Herzlichkeit begrüßte er den Doktor. „Weiches Vergnügen, lieber Doktor! Aber warum so feierlich ?" er slreijte den im Frack und Lack prangenden Doktor,mit erstaunten Augen — „soviel Umstände unter guten Freunden ? Nehmen Sie doch bitte Platz! Uebrigens habe ich vor einer Stunde gerade eine Besprechung Ihres neuen Stückes gelesen. Meinen herzlichen Glückwunsch; ich hatte ja keine Ahnung l" Sie Hutten Platz genommen; Leonhard Berger saß mit dein Gesicht gerade nach dem Fenster, und Frühwald konstatierte mit tiefer Bewegung die einschneidende Ver- anderung, welche die vergangenen vier Monate in dem Antlitz des Verlegers bewirkt hatten. Hätte der Doktor ihn auf der Straße getroffen, er wäre vorbeigegangen, ohne ihn zu erkennen. „Mein Stück ist in, Grunds genommen auch die Ur sache dieses Besuches," setzte Frühmald die Unterhaltung fort. „Der Inhalt ist Ihnen wohl nicht bekannt?" „Dee Inhalt," entgegnete Leonhard Berger gedehnt; „nein — d. h. er war in deui Artikel kurz angedeutet. Dis Bergfee, soweit ich mich erinnere; das gute Prinzip, das den Menschen anspornt zu großen Taten " Frühwald nickte. „Jawohl, die Bergfee, damit kommen wir dem End zweck meines Vesuckes schon näher. Darf ich Ihnen übrigens verraten, wer das lebende Original ist ?" Er erhob sich und stand straff aufgerichtet in männlich stolzer Haltung. „Es ist Ihre Tochter Franziska. Ich bitte hiermit um ihre Hand!" Leonhard Berger war wie aus den Wolken gefallen. „Ja — ja, kennen Sie denn meine Tochter über haupt?" platzte er heraus, „oder besser gesagt, woher kennen Sie sie dsnil eigentlich ?" „Wir lernten uns vorigen Sommer gelegentlich einer Weserfahrt kennen. Leider gewissermaßen nur inkognito. In Venedig trafen wir uns wieder und vor achtund vierzig Stunden gab mir Siska in Athen ihr Jawort!" 'Auch Berger hatte sich bei den Worten des Doktors erhoben. Die stahlgraucn Augen blickte» zuversichtlich und kühn; der Flor, welcher sie nun schon so lange ver hängte, flatterte davon. Die alte und oft bewiesene Spannkraft regte sich wieder. Es war eine Fröhlichkeit über ihn gekommen, wie schcn seit Wochen nicht mehr. Die Tochter, begehrt von diesem trefflichen Mann, den jie liebte und den er selbst so außerordentlich schätzen ge lernt hatte. Das war ja die beste Lösung Les unhalt baren Verhältnisses zwischen ihr und Aruschka, die man sich nur wünschen konnte! Er reichte dem Doktor beide Hände. „Sie sehen mich hocherfreut, lieber Doktor. Ich werde unverzüglich an das Mädel telegraphieren, daß sie mit meiner Schwester hierher kommt. Oder noch besser, wir brechen selbst nach Athen auf. Junges Glück will Sonne haben, und die sonnigen Taae dürften in der nächsten Seit bier aezäblt sein." Frau Sonne srohlockte. Mit angehaltenem Atem und blinzelnden Augen war jie der Unterhaltung gefolgt. Und als sie nun jah, daß alles ablief, wie die beiden Liebenden es sich wünschten — da ließ sie alle Quellen ihrer strahlenden Sttüme springen und überschüttete das Hotel mit einer wahren Flut von Licht. Alle Fremden blickten ^nen Moment lang auf, ob solch grenzenlosen Gefunkels. Selbst Aruschka Berger, die eifrig an einem Briefe schrieb, ließ die Feder sinken und blickte mit gekräuselten Lippen in den über den Schreibtisch huschenden Glanz. Die Unterhaltung nebenan wurde laut genug geführt, um sie jedes Wort verstehen zu lassen. Ihre weißen Zähne spielten; ein unterdrücktes Lachen hüpfte durch das Zimmer. „Das wird ein tastbarer Spaß, mein teurer Bruder! Dein verdutztes Gesicht, wenn du die interessante Neuigkeit erfährst! Vielleicht die einzige Rolle, welche du im Leden richtig gegeben hast. Gleichviel, diese Verlobung kommt mir wie gerufen. Sie wird dich taub und blind machen und mir meine Absichten um oa» Dutzendfache er leichtern. Berger erschien auf der Schwelle des Salons. „Aruschka!" rief er, „eine frohe Nachricht. Dr. Früh wald hat soeben um Siska angehalten. Komm, bitte, du sollst die erste sein, die mir gratuliert!" Aruschka barg den unvollendeten Brief in ihrem Schreibtisch. ^Möge» alle Hoffnungen erfüllt werden, die sich an dieses Derlöbnjs knüpfen!" Sie trat in Len Salon. Königlich in der Erscheinung, sieghaft in ihrem Wesen. Dr. Jrühwald mußte sich selbst eingestehen, daß sie ihm nie blendender erschienen sei, als in Liefer Minute, wo die Würde einer Brautmutter ihr einen doppelten Reiz verlieh. „Sie wollen also unsere Tochter entführen, Doktor? O, Sie Diplomat! Geschwind, gestehen Sie, jener Unfall war Absicht! Nein — nun denn, Abbitte und Ehren erklärung. Sie stehen glänzend gerechtfertigt da!" Eine zwanglose, aber sprühende Unterhaltung entspann sich. Frau Aruschka genoß nicht umsonst den Ruf einer Meisterin auf dem Gebiet der Konversation. Selbst Früh wald gab seine respektvolle Reserviertheit ihr gegenüber etwas auf und wurde wärmer. Eine Priesterin der Schönheit, dachte er, eine Priesterin der Schönheit nach jeder Richtung hin. Schade nur, daß sie kein Herz besitzt, weder sür den Gatten noch für die Tochter. Sie kennt nichts wie die Schönheit und sich selbst. Leonhard Berger strahlte. Wie verwandelt erschien ihm Aruschka. Ihr silbern perlender Redestrom und ihr glockenhelle» Lachen beherrschten die Situation. Man trennt» sich schließlich, nachdem sür den Abend ein intimes Souper vereinbart worden war. „Sie werden dabei auch den Bruder meiner Frau kennen lernen, lieber Doktor", hatte Leonhard Berger sich beim Abschied noch an Frühwald gewandt. „Er ist heute früh erst angekommen und wobnt hier im Hotel!" „Leonhard!" stammelte Frau Aruschka erschrocken, und Blässe, glitt über ihre heißerregten Züge. Doch er lächelte nur. „Deine Verwandten sind auch meine Derwandten, und die Ausübung des Gastrechts ist eine der ältesten Höflichkeiten.« Daun saß er am Schreibtisch. Die vor ihm liegenden Blätter bedeckten sich mit Ladlen und Berechnungen.
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