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14 2. Beilage zum „Riesaer Tageblatt." »«« und ««lag am, La«,er 4 »latar«« d, »««se. - Mir «I MdaetiM »««tmmRich: Her». «chvtdt d, Riesa. Souaadeu», 18. Jaaaar 1W2, «de»»-. SS. Jchrg. Der Kaisertraum im deutschen Liede. Zum 18. Januar. «on Dr R. «. F rster. Nachdruck verboten. Tas Sehnen des »olles nach dem Wiederaufbau des deutschen Reiches und dem Wiedererlvachen des im Berge schlummernden großen Kaisers hat in den mannigfachsten Liedern entsprechenden Wiederhall ge funden, und je trostloser sich die Zustände infolge innerer Zwistigkeiten gestalteten, um so lauter, inniger klang es im Liede aus. Am bekanntesten dürste Fr. Rückerts (s 1866) „Barbarossa im Kysfhäuser" sein: „Ter alte Barbarossa, Der Kaiser Friederich, Im unterird'schen Schlosse Hält er verzaubert sich/' u. s. w. Aber auch Rückert vermag sich noch nicht zur Ahnung der bevorstehenden Lösung des Zauberbannes emporzu schwingen. Tas war erst den zeitgenössischen Dichtern be- schieden, die dem Flügelschlage der neuen Zeit lausch ten und in den brudermörderischen Wirren der Gegen wart prophitischen Geistes die Geburtswehen des neuen Reiches erkannten. Allen voran war es Em. Geibel (i- 1884), den man geradezu den „Kaiserhevold des neuen Reiches" nennen tann. Schon in jenem berühmten Hym nus an den König von Preußen, in welchem er denselben wegen seiner Erfolge im Kriege 1866 beglückwünschte, spricht der Dichter seine Ueberzeugung dahin aus. Als dann Norddeutschland zu einem festen Bunde geeint wurde, sieht der Dichter den Kaisertraum seiner .Erfüllung näher gerückt. Wir erinnern an die treffliche ^Ballade „Friedrich Rothbart": „Tief im Schlosse des Kyffhäusers ' Bei der Ampel rothem Schein Sitzt der alte Kaiser Friedrich An dem Tisch von Marmvrstein." Und das Erwachen Barbarossa s? „Laut in seinen Angeln dröhnend. Thut sich auf das eh'rne Thor. Barbarossa mit den Seinen Steigt in, Wassenschmuck empor. Auf dem Helm trägt er die Krone Und den Sieg in seiner Hand; Schwerter blitzen, Harfen klingen, Wo er schreitet durch das Land!" Tas deutsche Volk nun erkennt, und zwar mit vollem Rechte, in dem Ereignisse, das vor nunmehr 31 Jahren sich dort im Versailler »Königsschlosse vollzog, die Erfüll ung seines hundertjährigen Kaisertraumes. Und das Er wachen Barbarossa's sollte sich so vollziehen, wie der genannte Dichter prophetisch geweissagt hatte: „Schwerter blitzen, Harfen klingen —" Blut und Eisen bildeten den deutschen Einheitskitt; das deutsche Schwert, die „Eisenbraut" Körners, mußte draußen im Feindesland erst seine Helle Stimme erschal len lassen. Schon bei Beginn des großen Krieges ging «s wie ein Ahnen von dem Erwachen Barbarossa's durch snsere Seelen. Freilich sahen wir den edlen Hohenstaufen Nit dem ins röthliche spielenden Barte in dem „Weiß harte" »nieder, der nicht minder ein leuchtendes Vorbild Rdler Ritterlichkeit und unerschrockenen Heldenmuthes war. »Barbarossa war ein Barbablanca geworden. Doch beider Stammburgen, „Burg der Zollern, Burg der Staufen, Kaiserwiegen nah gestellt —" dort im schwäbischen Heimathlande, sie wiesen schon äußerlich durch ihre Lage auf die Zusammengehörig keit ihrer fürstlichen Inhaber hin. Müller von der Werra begrüßte zuerst „Zur Eröffnung des Feld zuges" König Wilhelm als den erwachenden Barba rossa — „Zornflammend springt der Kaiser von, Stuhl empor und schwingt Sein Schwert in dem Kysfhäuser: Mein Reich sei ver jüngt! Hurrah, ihr alten Braven, ihr Kämpen, auf, er wacht! Ihr sollt nicht länger schlafen, vorüber ist die Nacht! Vernichtet sei der Scherge. Wohlan, zum Kampf und Streit! Ta wird es hell im Berge, er öffnet sich gar weit, Und Wonne über Wonne, der Kaiser sitzt zu Roß, Verläßt im Glanz der Sonne das alte Felsenschloß. Er zieht mit mächt'gem Heere ins Frankenland hinein. Sein Losungswort, das hehre: Ganz Deutschland soll es sein. Und jauchzend, voll und voller, erklinget Ruhm und Preis Wilhelm, dem Hohenzvllern, dem deutschen Helden greis!" In höchst geistvoller Weise verknüpft Wilhelm Jensen die Barbarossa-Sage mit einer anderen Legende: — — „es wird ein Kaiser Aufs neu um Germania frei'n. Wenn zum letzten Mal die Türken Ihre Rosse tränken im Rhein," indem er daran erinnert, daß, wie ehedem die gefürch teten Feinde der Christenheit ihren Lauf von Ost nach West nahmen, sie jetzt umgekehrt nach Ost vordringen; es sind die Turtos gemeint- und daher der Mahnruf: „Hört auf zu flattern, ihr Raben, Um des Kyffhäusers Gestein! Die Türken tränken die Rosse Zum letzten Mal im Rhein!" Tas war die erste und herrlichste Bedingung für das Erwachen Barbarossa's: der Abzug der Raben, die Ein heit der deutsche,: Stämme, die Frpiligrath so treffend kennzeichnete: „Schwaben und Preußen Hand in Hand, Ter Nord, der Süd ein Heer! Was ist des Deutschen Vaterland? Wir fragen's heut nicht mehr!" Aber das neu erstehende Kaiserthum dürfte neben dem äußeren Glanze auch des kriegerischen Ruhmes, der jenen begründet, nicht entbehren. Und so verbindet sich in dem Hoffen unserer Dichter mit der glänzenden Staufen zeit die Erinnerung an die ruhmvolle Zeit der sächsischen Kaiser. Heinrich v. Treitschte ruft daher dem schwarzen Adler Preußens zu: „Aber dann durch Berg und Forsten Fliege heim, du Königsaar, Zu den schwäbischen Felsenhorsten, Wo einst deine Wiege war. Tenn erfüllet sind die Zeiten, Wahrheit wird der Dichter Traum! Teinen Fittich sollst du breiten Ueber Deutschlands sernsten Raum. Nimm der Stausen heil'ge Krone, Nimm den Flamberg der Ottvne, Unsres Reiches Zier und Wehr — Teutschland frei vom Fels zum Meer!" Auch Gustav zu Putlitz, der siegesgewiß in die Kriegs- lieber des Volkes einstimmte, sieht den köstlichsten. Preis in der Aaiserk'rone: „Tie todumvauschten Lorbeerreiser, Tann füget alle Zweig an Zweig Zur Krone für den deutschen Kaiser, Zum Freiheitsbaum im deutschen Reich. Daher läßt der rühmlichst bekannte Schweizer Dichter Konrad F. Meyer in Zürich den alten Schmied am Atnßvß drei Schläge thun, jeden von einem Spruch« begleitet: „Ter erste schmiedet den Teufel fest, Daß er den Welschen nicht siegen läßt. Ten Erbfeind trifft der zweite Schlag, Tah er sich nimmer rühren mag. Ter dritte Schlag ertöne rein, Er soll für die deutsche Krone sein!" Selbst Freund Schalk schlt nicht, wo eS gilt, dem deutschen Volke die große Zeit mit ihren folgenschwer« Ereignissen verständlich zu machen. Ter berüchtigte „Michel" ist ihm zum „Jungdeukfch- land" geworden, das „Alles in einem Athem" vollbringt, was wir damals auf dem Kriegstheater sich vollziehen sahen : „Und als Jungdeutschland vollbracht das Werk^ Um grötz'res noch zu vollenden, Ta sprengt es den Kyffhäuserberg, Und holt von Felsenwänden Des alten Rothbarts Kröne herauf. Setzt sie dem neuen Kaiser auf — Und das Alles in einem Athem!" Selbstverständlich ließ auch das deutsche Lieb hell seine Stimme erklingen, als das welthistorische Ereignis selbst dort im Versailler Königsschlosse sich vollzog. Pro phetischen Geistes hatten unsere Dichter Barbarossas Erwachen, die Wiederaufrichtung des heiligen deutsche» Reiches deutscher Nation, als herrlichsten SiegespreÄ heißen Ringens vorausgeschaut, und nun, da unsevv Träume sich verwirklichten, war des Singens kein Ende^ Zu den Dichtern, deren Klänge am weihevollsten daK Geburtsfest des neuen Reiches begrüßten, gehört wiederum unser Kaiserhevold, der unsterbliche Altmeister neuerer- Lyrik, Emanuel Geibel, mit seinem unvergleichlichen Hym nus „An Teutschland": „Nun wirf hinweg den Witwenschleier! Nun gürte dich zur Hochzeitsfeier, O Deutschland, hohe Siegerin! Ten du mit Klagen und Entsagen Turch vicrundsechzig Jähr getragen. Die Zeit der Trauer ist dahin!" „Auf Recht und Freiheit, Kraft und Treue Erhöh» sie dir den Stuhl aufs Neue, Trum Barbarossa's Adler kreist. Daß du, vom Fels zum Meere waltend, Tes Geistes Banner hochentfaltend, Tie Hüterin des Friedens seist!" usw. Goatöchter. Roman von Fr. Ferd. Tamlwrini. 14 Lammfromm ging der Schwarze. Ter Stallmeister schüttelte de» Kopf. Emil, de» diese Sache doch interes- sierte, trat näher; er streichelte das Tier, tauschte Frage und Antwort, und in diesem Augenblick, da beide im Hel- lenTageslicht sich nebeneinander befände», fiel AgneSeine Aehnlichkeit am, ei» Gedanke durchzuckte sie. Auch Else hatte vvu oben dasselbe Bild; Emil war eine verfeinerte Ausgabe von Georg, Der Reiter führte sein gezähmtes Nos; jetzt leicht und stolz inl kurzen Trab vorüber und grüßte den Schloß herrn, der sich über die Brüstung gebeugt hatte. »Bravo!" rief er herunter. Blackburn dankte. Agnes war ganz Ange, kaum konnte sie ihrer Erre gung Herr werden. Als das Roß in den Stasi znrückgeführt und von Ge org selbst abgezänmt war, wechselte sie einen treuherzi gen Händedruck mit ihm. So hatte ihr Herz aber »och keinem Manne entgegen geschlagen. Wer war er? Er blickte ihr heute tief in die Angen Unsinn! Sie war überreizt, dieses Forschen »ach eine»! Geheimnis! Eine» falschen Name» trug er. Aber nein, eine innere Stimme übernahm seine Verteidigung gegen jede» falschen Schein. Als Blackburn gegangen und sie mit Emil wieder oben anlangte, sand man de» Onkel mit Else in lebhafter Un- terhaliung. Der Alte war auffallend redselig und belebt. Er ließ sich von Emil über die wunderbare Zähmung des . Rosses berichten. s 4 „Da» sind Jndianer-Kniffe," meinte der Freiherr, „es 1' war aber hübsch und ich bin froh, einen Modul» gesunden t zu haben, das Tier zn dressieren. Mr. Blackburn wird sich I wohl willig zeigen, die Dressur einige Tage fortzusetzen." Also der Onkel wußte, wo Georg sich ausgehakten hatte. D Emil» Verwunderung wuchs mit jeder Minute. Da» dauerte gar nick» lange, und der Welt war e» bekannt, wer der I rechte Erbe war. U»d seine, Emils Gläubiger .. Sei» Kopf I wirbelte. . heute konnte er nicht mehr Nachdenken .. es I ließ sich wohl Rat schaffen. Die Dämmerung brach herein, Lampen wurden gc- bracht, Elfe und Agnes waren in das anstoßende Zim mer gegangen, wo der Flügel stand. Der Oheim blieb in der Nähe der Thür, der Abend War so lind. Einil konnte von seinem Platze aus Else sehen. Sie trug ein Kleid von elfenbeinfarbener Seide und eine» kost baren Brillantschnmck. „Jetzt drangen die ersten weichen Akkorde durch den Raum, einige Arpcggien, dann: „Sigmunds Liebesgesang ans der Walküre." Die schwermütige, sehnsuchtsvolle Weise dnrchwogte de» Raum. HerzeSzauber, Liebesglück. Niemand regte sich. Als die Künstlerin geendet, wagte keiner die feierliche Stille zu unterbrechen. Als ob die wunderbaren Tone noch durch die Luft zitterten und den Atem beengten, so feierlich war es im Gemach. Endlich erhob sich der Hausherr und trat z» Else. „Ich danke Ihnen, das Ivar die Sprache der Seele. Sie sind jung, das Leben liegt reich vor Ihnen, doch, woher ha ben Sie das schmerzliche Klagen?" „Ich hatte keine frohe Jugend, hatte Bittere» durchzu machen. Diese Tone, die ich so warm zu gestalten weiß, ich weiß es, wa» sie mir für mein Lebe» schaffen." Sie saß jetzt da im volle» Lampenlicht, aus ihren Augen flammte es Ivie ein Triumph. Emil sagte nicht», und doch hatte ihr Spiel ihn in» Herz getroffen. Damals, al» er sie iin kecken llebermut aus dem Saal führte, da verstand er ihre Kunst nicht; er hatte sie kaum gehört, jetzt ver stand er sie. Diese Kunst hob sie über die anderen Sterb lichen, auch weit über ihn. Er hatte sie gesunden und.. für immer verloren. Der Onkel sprach weiter mit ihr und stellte ihr fein» Bibliothek zur Brrfügnng. Emil sah ein Bild.. es hätte besser nm ihn stehen können. Früh trennte man sich. Der alte Herr war sehr ange regt. ES galt, so deuchte e» ihn, fortan mit anderen Fak toren zu rechnen. Ein anderer, als den er bisher als Nachfolger hier gedacht, trat an die Stelle, er würde sich fügen müssen. Und Emil.. auch der Traum, daß jener und Agnes sich finden sollten, zerrann. Nicht trotzig auf lehnen soll sich der Mensch. In seinem Gemach schritt der alte Herr noch lange auf und ab. Seine Abgeschlossenheit war jäh «nterbroche» worden, da» stille Hans hatte sich ohne sein Znthun mit allerlei Menschen belebt, und er hatte sich an sie gewöhnt. Agnes war ihm allerdings etwas unruhig, aber diese Künstlerin, dieses stille, auffallend schöne Wesen hatte ihn gefesselt, hatte Quellen bei ihm wieder in Fluß gebracht, welche lange vertrocknet schienen. Er lächelte, schade, daß e» niemand sah. Wie selten lächelte dieser Mann. Emil hatte einen harten Kampf mit sich zu bestehe»; ihm brannte hier der Boden unter den Füßen, er sehnte sich nach Leipzig zurück in den Dienst, »venngleich auch sein Urlaub noch nicht abgelaufen war. Er sagre sich: eine Aussprache ist unter den obwaltenden Umstände» zwischen ihm und der ehemaligen Geliebten doch ohne Nutzen. Aber sein Herz drängte ihn dazu; er wollte sie einmal ohne Maske sehen. » Sie wich dem ans, das war ersichtlich, aber er wollte e»; mußte er sich doch rechtfertigen. Ihr war sein Beneh men damals im schlechtesten Lichte erschienen, nie würde sie sonst die näheren Umstünde erfahren, die zu seiner Ent lastung dienten. Er hegte ja keinerlei Hoffnung mehr. Da» Schicksal hatte e» auf seinen Ruin abgesehen. Bor kurzem noch der Allbeliebte, heute ein einfacher Oberleutnant mit Zuschuß. Einst hatte er der Geliebten glänzend« Aussichten er öffnet, er konnte da»; jetzt hatte er gar nicht» -u biete» und .. sie war die Bielunnvorbene. S1,1A