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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 13.10.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-10-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19111013014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911101301
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911101301
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-10
- Tag 1911-10-13
-
Monat
1911-10
-
Jahr
1911
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Nr. S54. ics. Iskrnpnq denxeu rtehea.dk st* spSter, fall» der eine oder der ander« zum Papst gewählt wurde, aus dem Stuhl Petri in die Praxi» übertragen würde? Auch von Rampolla, der demnächst aus seinem schweizeri schen Buen Retiro in seinen römischen Palazzino Santa Martha »urückkehren wird, weih man nicht erst seit heute, daß er seinen Frieden mit der italiem- schen Regierung zu machen entschlossen ist, wenn ihn das beilrge Kolleg doch noch zum Oberhaupt der katholischen Christenheit machen sollte. Also — wird man sagen — liegt es doch nur an Pius X. und seiner Umgebung, daß der Frieden zwischen Quirtnal und Vatikan noch nicht hergestellt ist. Darauf antworten gute Kenner der vatikanischen Verhältnisse, der Feind der Friedensoermittlung zwischen Quirinal und Vatikan ist außerhalb Italiens zu juchen. Das; Pius X. den lebhaf testen Anteil an den Geschicken seines Heimatlandes nimmt, haben erst die letzten Tage wieder bewiesen. Die römischen Plätter sind voll von patriotischen Kundgebungen des Papstes. Sic werden auch nicht einmal von den vatikanischen Organen dementiert. Also will die Kurie, daß die ganze Welt von der italienisch patriotischen Haltung des Papstes erfahrt. Man wein, daß die Königin Mutter von Italien eine fromme Frau ist, die die Aussöhnung zwischen Qülrinal und Vatikan als ihre Lebensaufgabe be trachtet. Nun erfährt man, doss ihr Sohn, der König von Italien, zu dem Papste während dessen letzten schweren Krankheit mcdrsam den Haucprälaten ent sandt hat, um ibm seine Anteilnahme lundzutun. UnK Pius X. soll seins freudige Genugtuung aus gesprochen haben. Pius X. wird zwar nicht mehr umsattcln, aber sein Nachfolger dürfte den kurzen Weg zum Quirinal finden. Niemand wünscht das sehnlicher als das italienische Volt, der italienische Klerus und der Quirinal selbst. Und diesen all seitigen Wunsch nach Flieden hat der Krieg mit den Türken zutage gefördert. . . s. Grürntliche LUNMMÄ- lutheri che LrmüLssiMüe. (:) Dresden, 12. Oktober. Die Synode beschäftigte sich heute zunächst mit der Wahl eines Sonde raus schuss es für den Erlaß Nr. 15, den Entwurf eines Pfarrerbesol dungsgesetzes betreffend. Gewählt wurden durch Zu ruf die Synodalen Siebcnhaar. Franstadt, D. Mayer, Jauck, Reichel, Grafe und Opitz. Synodale Schuldirektor Dictze erstattete hierauf den nründlickzen Bericht des Ausschusses für den Er laß Nr. 6, einen Bericht über den Zu st and der Landeskirche betreffend, und zwar über Abschnitt IX, Verhältnis der Kirche zur Schule. An der k o n f e fs i o n e l l c n Volksschule müsse s e st. gehalten werden. Es dürfte nicht eine einseitige Betonung des Ethisckrcn vorhcrrsci'en, D'e Span- ining zwischen Lehrer und Geistlichen müsse durch Entgegenkommen Leider Inseitig! werden. Mißgriffe in dem Maße der Abwehr seien auf beiden Seiten geschehen. Man müsse aber aus leiden Seiten mir das Heil der Kindesscele im Auge haben. Es bleibe kein anderer Weg übrig, als uns auf dem Boden des Gegebenen zu verständigen. Mit großem Danke habe es das Landeskonsiftorium begrüßt, das; die oberste Schulbehörde zur Fortbildung der mit der Erteilung des Religionsunterrichtes betrauten Volks schullehrer in den Jahren 19W und >910 Lehrlnrse veranstaltet hat, deren Aufgabe cs war, ein tieferes Verständnis der von de: fetzigen Urologischen Wissen- IHast behandelten Hauptfragen zunächst einem Kreise hierzu befähigter und erfahrener Bolksschnllehrer zn vermitteln und hierdurch auf eine Hebung des Reli gionsunterrichtes im ganzen Umfange unserer Voiks- Letvzlyer schul« hlnzuwirken. Zum Schlüsse drückte der Ref«. rent den Wunsch aus. daß man alles aufbieten möge, um wiederum eine Annäherung beider Faktoren her- beizusühren. Das könne aber nicht nur allein durch eine Seit« geschehen, sondern die andere müsse auch in die ihr dargeborene Hand «inschlagen. Der zweite Referent, Geh. Kirchenrat Professor v. Ihmels - Leipzig, verbreitete sich über die höh«, reu Lehranstalten. Er bosäMtigte sich hierbei de- sonders eingehend mit dem Studium der Theologie und hob hervor, das; sich Li« theologischen Studenten besonders auch mit dem Studium der antiken Welt beschäftigen müssten, denn die Kirche stehe auf ge schichtlicher Grundlage. Der Redner sprach sich auch für eins humanistische Bildung der Theologen aus, warnte aber, Len Humanismus in einer «inseitigen Weise großznzichen. Man müsse lebhaft wünschen, das- Len Theologen auch eine gründliche Ausbildung in ocn neuen Sprachen, besonders im Englischen, zu gänglich gemacht werde. Es möge der Religions unterricht an den höheren Lehranstalten aus der Er- k-mntnis des Ceschichtsvrrlaufs und der Erfahrung des eigenen Innenlebens heraus die einzigartig« Bedeutung Jesu Christi und des von ihm erweckten neuen Lebens darstellen. Christus müsse in Zukunft im Mittelpunkte des Religionsunterrichtes in der Volksschule bleiben und auch auf den Ausbildungs anftalten der zukünftigen Führer des Volkes -en Leitstern bilden. Die Zukunst sei durch die Ausbil- düng der Jugcird bedingt. Synodale Hempel widerspricht den: Referenten Dictze, der gesagt habe, es möge die Zeit kommen, daß sich die Geistlichen den Lehrern gegenitber nicht mehr als Herren, sondern als Freunde fühlen. Zum Schlüsse sprach er sich noch sür die Einführung des Religionsunterricht» in den Fortbildungsschulen aus. Schuldirektor Philipp- Dresden erklärt sich da- mit einverstanden, das; Schule und Kirche sich zu aller Zeit auf dem Boden des Evangeliums zusam menfinden möchten. Er beanstandet aber, daß die gc- ictzlichen Bestimmungen und der gültige Lehrplan die meisten Lehrer vor bedenklichen Abweichungen l-sroahrt hätten, und wies daraus hin, daß er schon wiederholt betont habe, das; der Religionsunterricht in der Schule ast konservativer gelehrt werde als auf der Kanzel. Synodale Dr. Jauck besprach gleichfalls das Verhältnis zwischen der Lehrerschaft und der Geist lichkeit, und gab auch zu, bas; in der Synode viele sitzen, die sagen würden, wir haben die Friedens hand geboten, und für uns hat sich die Angelegenheit erledigt. Die sächsischen Lehrer inüßtcn sich aber doch gefallen lassen, daß man sie für die Auslassungen einzelner radikaler Führer verantwortlich mache, weil die Lehrerschaft geschlossen wie «in Marm da stehe. Der Redner verbreitete sich dann über den Be schluß Les Sächsischen Lebrervereins vom Jahre 1910, ixtrcsfcnd den Memorierstoff der Volksschule. Wenn inan alles weglasse, was die Lehrer wünschen, so bleibe überhaupt nichts mehr übrig, was zu den Kriterien des Christentums gehöre. Die Lehrerschaft siche in ihren offiziellen Bekundungen weit davon ab, mit den Geistlichen gemeinsam zu wirken. Amlshauptmann v. Nostitz - Wallwitz - Leip zig betont, daß man die vom Synodalmitglisds Jauck gegen die Lehrer gemachten Vorwürfe nicht allgemein ausstellcn könne. Der größte Teil der Lehrer stehe noch auf dem Boden des Evangeliums. Superintendent Kröber-Pirna äußert sich im gleichen Sinne. Schuldirektor P h i l tp p-Dresden weist darauf hin, daß di« Lehrerschaft durchaus nicht weit «ntftrni vom Evangelium stehe. Sie wolle in dem Kinde LÜerte schaffen für das spätere und für das ewige Leben. Eine Erschlaffung des Religionsunterrichts Tageblatt. werd« selbstverständlich von der Lehrerschaft nicht gewollt und auch nicht angestrebt. Präsident Dr. Böh m e hebt hervor, daß die Ab fassung des Berichtes für das Landeskonsistorium sehr schwierig gewesen sei. Insbesondere seien letzten fünf Jahre sehr ereignisreich gewesen, und der vor- liegende Staff war umfangreicher denn je zuvor. Di« Fortschritte der päda-ogischcn Wissenschaft seien selbstverständlich zu billigen, aber sie könnte an dem Christentum nicht, ändern. Das Christentum muss« das alt« bleiben. Synbdale Sl«sina betont, daß man dem Kinde ein« tief-religiöse Anschauung mit auf den Lebens weg geben müsse. Die Zwickauer Thesen aber woll ten das nicht und hätten ihn auch sehr entrüstet. Synodale Lange stellte den Antrag: „Die Synode wolle beschließen, daß das Kirchenregiment dafür eintritt, daß innerhalb des Rahmens der Fort bildungs- und der gewerblichen, sowie der Handels- i und Landwirtschastsschulen monatlich wenigstens ein halbstündiger Religionsunterricht cmgeführt wird." Synodal« Dr. Hartmann wünscht, daß die iungen Theologen die Fortschritte -er Naturwissen- Ichaft nicht nur aus apologetischen Gründen kennen lernen. Weiter sprachen noch zu -er Materie di« Synodal mitglieder Pfarrer L a n g e - Pubkau, Oberkirchenrat Rosenkranz-Bautzen, Geh. Rat Lotichius- Dresden, Geh. Kirchcnrat Dr. Hartung-Leipzig, Obcrpfarrer K l« m m - Strehla, Realschuldirektor Professor Bauer- Meerane, worauf ein Antrag auf Schluß der Debatte angenommen wurde. Der An trag Lange fand einstimmige Annahme. Darauf nahm die Synode den Entwurf eines Kirchengesetzcs über dis anderweite Festsetzung d«s Mindest betrage» des kirchendienst- lich «n Einkommens der Kirchschul lehrer und anderer mit dem Kirchendienste beauf tragter Personen einstimmig an. Zn kxn Petitionen der evangelisch-lutherischen Wenden Sachsens, -es Sächsischen Hanptmissions- vcreins und der Sächsischen Missionskonferenz, Les G. Simon aus Leipzig und des Jnnungsausschusses in Radeberg, betreffend die Feier des Eviphoniasfestes, entwickelte sich eine lebhafte Debatte, in -er nicht weniger als 26 Redner das Wort ergriffen, ohne wesentlich neue Gesichtspunkte hernorzubrinpeu. Der Antrag des Petitionsausschusses wurde schließlich ab gelehnt und dafür ein weitergehender Antrag des k Pfarrers Mrosak in Krödewitz angenommen, der l folgenden Wortlaut hotte: „Die Synode Helt cs für wünschenswert, die im kirchlichen Bewußtsein in weiteren Kreisen hochgeheltene Feier des E p t p ha n l« n f e ste s a ni 6. Januar in -er bisherigen Weise beizubehalte n." Weiter wurde noch «In Znsatzantrag des Geheimrats Lotichius- Dresden angenommen, der dahin ging, die im Jahre 1906 erteilt« Genehmigung zur Aufhebung -es Epiphanienfcstes zurück,zuziehen. Der letzte Punkt der Tagesordnung, betr. die Neu ausgabe des Perikopenbuches, wurde infolge der vor gerückten Stunde abgesetzt. Nächste Sitzung Freitag vormittag 10 Uhr. — Tagesordnung: Nouausgabe des Perikopenbuches. Bildung der Kirchengemeindevcrbänds. Backoerbot an den Sonntagen. Petitionen, betr. den Religions unterricht an den Volksschulen. 4. Deutscher LEchullehrerksg. (:) Dresden, 12. Oktober. Im Höriaale der Hocbbauabteilung der Köntgl. Technischen Hochschule trat heute vormittag der 4. Deutschc Hochschullehrertag zu seinen Beratungen zusammen. Der unter dem Namen des Deutschen Hocyschullehrenages begründete Verein tritt ein für ^rettsg, 13. Oktober ION. die Vorbereitung und selbständige Durchführung der notwendigen Reformen des Hochschulwesens nach innen sowie für die Wahrnehmung der gemeinsamen Interessen der Hochschulen nach außen, insbesondere auch in deren Eigenschaft als Selbstverwaltungs körper. Die Versammlung wurde von Sr. Exzellenz dein Herrn Prof. Dr. Bin-ing-Leipzig mit einer begrüßenden Ansprache eröffnet. Der Redner dankte Herrn Oberbürgermeister Geh. Rot Dr. Beuller für die Einladung nach Dresden und hob hervor, daß die Tagung in einem Lande siattfindc, dessen Monarch, wie sämtliche Wettiner Hcrrnhcr der letzten Zeit, sich kohe Verdienste um die deut chen Hochschulen er worben hätten. Er schlage infolgedessen die Ad- sendung eines Huldigungstelcgramms an den König, den Rektor Magnifizentis-imus, vor, was von der Versammlung einstimmig genehmigt wurde. In das Bureau wurden die Herren Geh. Hofrat Prost Dr. Cornelius Gurlitt als Vorsitzender, ferner Prost Dr. v. Wettstein-Wien, Pros. Dr. Hellmann-München und Prof. Dr. Bruck-Dresden als Beisitzer gewählt. Im Auftrage der Technischen Hoch'chnle zu Dresden begrüßte hierauf Herr Geh. Hofrat Professor Dr. von Meyer die Versammlung. Als erster Punkt der geschäftlichen Beratungen stand die Beschlußfassung über die Satzungen des zu griindencen Vereins deutscher Hochschullehrer auf der Tagesordnung. Die Begründung des Vereins ist bereits in einer aestrigen Borvsrsammlung be schlossen worden. Auf Antrag von Exzellenz Prof. Dr. Binding-Lcipzig wurde die nochmalige Durchberatung der Satzungen dem geschäftsführenden Ausschüsse übertragen, der noch durch «ringe Kollegen aus Innsbruck und durch die Herren Geh. Hosrat Pro fessor Dr. Gurlitt und Processor Dr. Bruck- Dresden verstäilt wurde. Die Versammlung beschloß einstimmig, aller zwei Jahre zu einer Tagung zu'ammenzutreten. Den Hauptpunkt der Tagesordnung bildete die Beschlußfassung über oie am 7. Januar 1911 in Leipzig vom Ausschüsse des Deutschen Hochschullehrertages angenommene Reso lution znin Antimooernisten-Eid. (Wir hatten seinerzeit den Text veröffentlicht.) Exzellenz Professor Dr. Vin-inr teilte mir, daß nach einem Beschlüsse des Ausschusses die vorstehende Resolution nochmals dem Plenum des HoLschuU'shrsrtages zur Beschluss fassung voraelegt werden sollte Außerdem ser von den Tübinger Kollegen ein Zusatzantrag ein- gegangen, der dahin, geht, das; mit dem Eid belastete katholische Gelehrte von den Lehrstühlen der deutschen Ho.chlmuleu auszuschließeu seien. Es sei zu ycffen, daß durch die Annahme der Lecp ziger Resolution die Angelegenheit des Eides nach und nach einschlafen werde. An die Ausführungen, des Referenten knüpfte st.h eine längere Debatte, in der auch noch eine Anzahl Zusagantrüge gestellt wurden. Hervorgchoben wurde u. a., daß derjenige, der den Eid leiste, der Stellung eines akademischen Lebrers nicht würdig sei. Die deutschen Univerii- täten müßten in jeder Form daran» hingewiesen werden, daß vereidigte Antimoderuistcu an einer deuschen Hochschule nichts zu suchen hätten, und die Hochschullehrer selosi müßten alles tun, um der artige Berufungen zu verhindern. Exzellenz Prof. Dr. Bind ing schlug eine Erweiterung der Resolution vor, ebenso Professor Amira- München. Professor Dr. Ha rnack-Stuttgart beantragte, daß den Satzungen des Deutschen Hoch- schulleärertag-s ein Passus eingcfügt werde, in dem der Hauptinhalt der Resolution enthalten ist. Prof. Dr. Brentano-München schloß sich diesem Anträge an und vertrat die Meinung, daß eine Form ge funden werden möchte, noch der zum Ausdruck kom men solle, daß alle Hochschullehrer als unwürdig erklärt werden sollen, die aus nichtwissenschaktttchen Gesichtspunkten sich herLeilassen, eine bestimmte Meinung auf dem Karheder zu vertreten. Nachdem einige Zusatzanträge zurückgezogen und einige andere abgelehnt worden waren, wurde die Theater uuü Malik. Leipzig, 13. Oktober. I. Gewandhauskonzert. Mit zwei Werken gab Beethoven dem ersten dicswintrrlichen Konzert großen Stils 'ein Gepräge. Wieder einmal entzückte öes Mei. stcrs D dur Sinfonie, in den Lehrjahren der Männ. lichkcir entstanden und sick bereits weit entfernend von ihren älteren Geschwistern, jener in E--ur: aufs neue bewunderte man die geniale Naivität solcl-en Schaffens und ergötzte sich an den offenen und ver steckten Buffonierisn wie an der blühenden Lebendig- tcit und Mannigfaltigkeit aller so zahlreichen The- nen und Motive, aus denen die künstlerisch ordnende Hand ein so bedeutendes Ganzes schuf. Als diese Sinfonie im Jahre 1b«).'! zum ersten Male im Leip ziger Gewandhause au'geführt ward, erstaunten sich Kenner und Musikfreunde über die darin auftcru- chcndcn, ihnen ganz merkwürdig erscheinenden Kom plikationen. Nun hat die zunehmende zeitliche Ent fernung des Hörers von der Eutstehungszeit des Werkes die wachsende Erkenntnis gebracht. Von großer Wirkung war gestern der Vortrag der Egmont- Ouvertürc, die ja in ihrer Art euch in triumvhjeren- der Freude ausklingt. Alxr noch ein drittes Werk des Abends schlug verwandte Töne an. Zum ersten Male erklang Georg Schumanns Ouvertüre ..Lebens freude''. Freilich spielt sie. eigentlich poetischen Schimmers entkleidet, auf das rein reale Gebiet hin über, schildert sic Gefühle und Stimmungen, die ihre Herkunft und Entstehung aus dem Leben, wie es nuu einmal ist. sich gibt und gelebt werden muß. Es ist ein Stück etwas robust künstlerischer Fidelität, aber auf ein sehr beachtenswertes hohes Niveau erhoben durch die fthr gcijtr.'icl)« Instrumentation, den er freulich anregenden Wechsel zwischen den einzelnen Instrumentalgruppen und dir hübschen Scherze, di« insbosond-le die geschwätzigen Holzbläser, einander ost in Eile übelbietend. zurufcu. Dabei ist alles aufs geschmackvollste dargcstcllt. nichts übertrieben «der hypermodern erkünstelt. Ohne Frage hätte diese, leider aus Ende gestellte Ouvertüre keineswegs den shwache?: Beifall verdient, der ihr zuteil wurde. Die Orchestcrdarbietungeu -cs Abends bewegten 'ich in wesentlich ausstejgrnder Linie. Die Vorführung der Beeihovenschci? Sinfonie .zeigte fast etwas zu viel an Glätte und Eleganz und ließ erst im Finale eine gesteigerte Innerlichkeit wirklich mcrllmr empfinden. Weit größer und persönlicher geriet die Egmont-Ouvertüre, die Herrn Professor Arthur Niki sch und den Künstlern reiche Ehrung einbrachtc. Ganz ausgezeichnet spielte mau cndlick) die zuletzt genannte Novität, die an die Orchester technik große Anforderungen stellt. Schon früher ist an dieser Stelle ausführlich die Rede gewesen von Gustav Mahlers Kindertoten- liedern, mit deren Wiedergabe Frau Lula Mysz- Gmein er aufs neue ihre so ausnehmend hohe Künstlerschaft bewies. Trotz des vrachlvoll ausge- feilten Orchcsterparts war die Wirkung dieser Kom positionen auf mich eine noch weit schwächere als früher, als sie in der Musikalischen Gesellschaft erst malig dargcboten wurden. Der Gegensatz zwischen Len w ganz intimen, vor Fr. Rückert bervorgerufe- nsn Stimmungen und dem musikalische?? Aufwand Mahlers, das opcud.ir fast lcdigUchc Zuwendcn des Interesses zu unzählige?? orchestralen Finessen und rein sinnlicher Klangschönheit, endlich aber die un leugbar« Ersinvungsarmut, mindestens Unselbstän digkeit und die Ausnutzung der Singstimme als Or- chesterinstrument — alles das ergibt keine künstlerisch harmonisch« Zusammenwirkung. Ich kann mir di«se wundervollen Rückertsäzen Poesien eigentlich nur am Klavier gesungen vorstellcn, etwa im Abeuddämmer- schein, voll von starker Cchmerzempfinduna. aber fern von allem schwächlich Sentimentalen, wie solches Mahler ost genug überfällt. Die so mächtig und selbständig heraurarbeiteno« Art einer Lula Mysz- Gmeiner gab allerdings den Liedern den augenblick lichen Schein vv?? wirtlich großen? und echtem Ge halte. Außerordentlich schön sang die mit Beifall vielbedachte Künstlerin noch mehrere Lieder Schu berts, von Meister Nikisch exzellent am Blüthner be- gleitet. Sie konnte die begeisterten Hörer nur mit tels einer Zugabe einigermaßen beruhigen. Ituxeu 8o^?>ittc. j. Sin neues Bühnenwerk von Richard Strauß. Nach den „Münchner Neuesten Nachr." hatRichard Strauß eine kleine Oper vollendet, die als An hang zu Molwres „Der Bauer als E-belnrann" Ku gelten hat. Das MolGrcsche Lustspiel ist von Ho;f- mannsthal in zwei Akte zusammengczogen worden, und der dritte Akt bitt-et dann die Oper selbst, deren Text und Einfall von Hoffmannsthal „Ariadne aus Naxos" heißt und das Problem der Treue von ernster und heiterer Seite beleuchtet und die Götter mit ihrer Liebe den Menschen gegenüberstellt. Di« Oper bedeutet eine völlige Abkehr vom bisherigen kompositorischen Schaffen Strauß'. Sie ist für Kam- mermusikorchester in ganz kleiner Besetzung mit Zu hilfenahme von Klavier, Harmonium und Cembalo nur für Soloinstru mente geschrieben, enthält viele Koloraturen in den Gesangsstimmen und Soloinstru- menten, sowie durchgeführte Melodien. Jede Szene hat ihren eigenen Stil. Die Uraufführung soll nächstes Jahr im Berliner Deutschen Theater unter Max Reinhardt stattfinden. 3m Lliteriröllchen Paris. Von Marcel Tolle (Paris). Wenn inan den Parisern vor zwanzig Jahren hätte plausibel machen wollen, daß man am Anfänge dieses Jahrhunderts unterhalb der Metropole auf einem Schienennetz von beiläufig 72 Kilometern fahren werde, so würden sie das sicherlich für eine große „ölairu^' gehalten und einen ironischen Boulevardwitz darüber gemacht haben. Und heute sichen wir vor der vollendeten imvosanten Tatsache. Paris, das in viel mehr Dingen, die man im Aus lande nicht ahnt, nicht an der Spitze marschiert, sieh; mir seinem „Mrstropolitain" an unbestritten erster Stelle. Welche Arbeit die französische?, Ingenieure geleistet haben, dir diese unterirdische Babn bauten, ivelchc Summe von Intelligenz. Zahiokci:. Energie und — blanken Louisdors crfvrderjjch war, um dieses staunenswerte Werk sozusagen unter den Füßen von 3'4 Millionen Menschen zu schaffen, da von versuchen die nachstehenden Zeilen eine unge fähre Vorstellung zu geben. Geht man im Zentrum von Paris etwa gegen 12 Uhr mittags oder gegen 6 Uhr abends auf die Straße, so befindet man sich in einem Gewühl von annähernd 900 000 Fußgängern, di« sich nach allen Seiten über die 7088 Hektar zu verbreiten suchen, die die Boulevards. Straßen und Plätze der Stadt ein- uebmen. Gleichzeitig colli ein uugcl-eurs. „Wage:,, park" über -ie 972 Kilometer, die an Verbindungs linien durch diese „Wüste von Zeitungen und Ziegel steinen" von Mcnschenhcind gebahnt sind. Ungefähr 14 000 Fiater und 8300 Mietwagen. 13 500 Omnibusse. Autobusse und Tramwagen, 32«)0 Automobile (gleich mehr al» ein Zehntel aller Autos in Frankreich) und gegen 55 000 Fahrräder dienen dem Pariser tag täglich zur Fortbewegung. An einem Verlehrsbrenn- punkt, wie z. L- au der Place de l'Opära, passieren laut einer Feststellung des amtlichen statistischen Bureaus innerhalb 2 t Stunden rund: 65 009 Fuhr werke und über -tOOOOO Menschen. Diese ungeheure Menge würde nicht entfernt mit der Leichtigkeit zirkulieren können, mit der sie sich heute tatsächlich ohne nennenswerte Störungen und Hemmungen überallhin ergießt, wenn nicht unter dem einen alten Paris ein ganz neues konstruiert wäre, das nicht der Schönheit und dem Vergnügen dient, sondern ledig lich dem einen praktischen Zweck: tagtäglich bis m die tiefe Nacht hinein gegen 350 000 Menschen mit der vier'achcn Geschwindigkeit eines Dopvclspänners nach allen Richtungen der Windrose zu befördern. Als erster Grundsatz sür den Bau des im Jahre 1898 begonnenen unterirdischen Riesenwerks galt: möglichst wenig den vorhandene?? Verkehr stören, also ganz enge „Brunnen" schaffen als Zugänge in die Tieft bzio. als Auswurfstellen für die heraus, zuhebende Erdmasse. Die Brunnen wurden, je nach dem Niveau der zu erbauenden Linie, 8 bis 9 Meter sz. B. an der Rne de Rivoli) bis zu 25 Meter tief (z. B. an der Averrue de la Röpubligue) angelegt. Nach ihrer Fertigstellung baute man die Sohle, jo- weit als nötig, um die erforderlichen Holzbrücken so- wie die Maschinen zum Dohren des Erdtunncls auf stellen zn können. Dem Bau des eigentlichen Tun nels geht die Konstrnktion einer anderthalb Meter breiten und zwei Meter hohe?« „Galerie" voraus, die mit Holz verschlagen wird. Diese erweitert mau alsdann (unter Anwendung verschiedener, hier nicht näher interessierender Systeme) bis zur Größe des endgültigen Tunnels. Bemerkenswert ist für diese Erweiterunqsarbeit die Benutzung des sogenannten Bohrschildes, den bekanntlich der englische Ingenieur Brunel im Jahre 1825 erfand, als er den ersten Tunnel unter einem Flußbett (Themse) hetttellte. Nickt immer war diese, für gewöhnliches Erdreich leicht erscheinende Bohrarbett so einfach, wie man auf den ersten Blick annehmen möchte. Nicht bloß hatte man an vielen Stellen mit -em Grundwesser zu kämpfe??, sondern mau wurde auch (speziell auf dem Südring -es Metro) durch alte, schlecht aufge- süllte Steinbrück« gestört. In diesen befanden sich zudem durch Verwaschungen hcrooraernsene leere Räume, sogenannte „Glocken", die bisweilen ein« Höhe bis zu 17 Meter erreichten. Hier mußten außerordentliche Vorsichtsmaßregeln zum Sckutze der Arbeiter und zur Sicherung des „Tunnelrohres" ge, troffen werden. Die ans Tageslicht beförderte Erbmasse der sämt lichen Linie?? zusamineugcnommon. betrug 9 Mil lionen Kubikmeter. -. h etwa die volle Ladung von 9W großen Ozeandampfern. Wollte mau diese Erde zu Stein backen und in Pyramidcnsorm auseinander schichten, so würde sic die böchsre ägyptische Pyramide noch um ein Zehntel ihrer Größe überragen. Die Bewältigung der Erdausschachtung nahm in einem Teil der Linien außergewöhnlich viel Zeit in An spruch, so z. B. für die Strecke Porte Dauphine—Porte de Vincennes fast «in ganzes Jabr. Die eigentliche Tunnelkonstruktion sah folgende Maß« vor' an lichter Weite durchschnittlich 7,50 Meter, an Manerwerk für die Decke 55 Zentimeter, die Seitenpie'ler 75 Zentimeter, den Boden 50 Zenti meter. Diele? Mauerwerk ist überall im Innern von einer wasserdichten 2 Zenti noter dicken Zement schickt bedeckt Wo -er Tunnel sich über die Erd oberfläcke erbebt oder als Viadukt weitergcsührt wird (etwa ein Fünfzehntel der ganzen Strecke), ,st er ans Cffengitterwcrk gebildet, das an? anderthalb Meter dicken Pfeilern ruht. Di« für den Tunnel, die Kreuznngsblocks. die Stationen und die Derbirc- dungsgäiige verwendete Masse an Steine?? und Zs- ment würde, als 280 Kilometer lange. 4 Meter Lohe und 5bi. Meter dicke Mauer geformt, achtmal den Umkreis des DZeichbildes der Stabt umfassen. Die Kraft für bis elektrische Betrieüskrast liefert das Dynamoroerk am Onar de la Rapöe, das einen Gleichstrom von 600 Volt und einen dreiphasigen 'kl-eck,selstrom von 5000 Volt erzeugt. Ein Teil dieses Stromes wirb direkt nach einer Zweigstation. b.'s Werkes unter de: Place de l'Etoile gesandt, um vo r -ort aus die Südlinien zu bedienen. In der Haupt station werden die Dynamos durch fünf dopnel zyltt'drige Dampfmaschinen, die 2600 Pferbekräste indizieren, in Bewegung gesetzt. Nicht weniger als ?8 riesige Kessel mit einer Heizfläche von ir 2N Quadratmeter erzeugen den erforderlichen Dampf. Irr einer besonderen unterirdischen „Galerie" (unter der Rue de Bercy und dem Boulevard Diderot) be finden sich die Schaltungen für sämtliche Linien, so fern sie nicht von der südlichen Zweigstation ab- Längen. Die Leitungskabel sind direkt mit de?? Schie nen verbunden: der Strom wird durch eine zwischen den Schienen geführte „Leitungsschiene" dem im Kopfwagen des Zuges beffndlicken Motor zugeführt: die nickt verbrauchte elektrische Energie fließt durch die Schienen selbst zurück. Ueber 650 Wagen befin den fick ständig im Betrieb: jeder Zug bat erste und zweite Klasse: die Wagen sind (speziell auf der rnletzt gebaute?? ,,Nord-Siid"-2trccke) mit bequemen Sitzen versehen und gut beleuchtet. Für 2ö Centimes in der ersten und 15 Centimes in der zweiten Klasse kann man (infolge der zahlreiche?? Mechselstationsn) kreuz und guer unter den verschiedenen Stadtvierteln hrr- fghren, ohne e?n neues Billett lösen zu müssen. Dieser sehr billige Fahrpreis (20 und 12 Pfennig) hat nicht wenig zur Popularität des Metro beiqstraoen. und die Aktionäre der Bahn hüten sich wohl, ihn (etwa nach Art der Berliner Untergrundbahn) zu erhöhen. Nock ein paar Worte über einige besonders inter- cssonte Stellen der Bahn. Zu solchen sind die Uober- tteuzuuaön bzw. Uure.sührungcn der anderen Eisen bahnlinien sowie der Seine zu rechnen. Der Mctro kommt mit solchen arideren Linien nicht weniger ojL- neunmal, mit dec Seine siebenmal „in Konflikt', und fast jedesmal erfordern die eigenartigen Ver hältnisse des Geländes biw. der vorhandenen Ban. len be'ondere technische Lösungen. Um z. B. die Linie -er WestbaLn zu vassieren. ist der Metro im Quartier Batignollcs unter dein Tunnel dieser L-nie geführt: er überschreitet ferner die Körper der Nord und der Ostbahn sowie -ec Bahn Conrcelles—Champ de Mnrs auf eisernen Brücken, läuft ferner ein zwei- tex Mol unftr der -urck. N.ben andere?? tteberlreurunacn ist noch die Linie der Babu von Vincennes bemerkenswert, unter deren Brück: der Metro in einer zw'iten Brücke geführt ist Dieiem imposanten Bauwerk steht der Doppel viadukt in Passy würdig zur Seite. Er besteht ans einer Brü cke von 114 Meter Läng«, die den Quai de Passy mit der Ile des Cygnes verbindet, sowie aus einer zweiten 90 Met-r laugen, die hier zum Quai de Grcnelles führt. Mit dem aus gigantischen Quadern bestehenden Ver bindungsstück auf der Ile Leo Cyanes misst dla'er Donpel:-adukt ?"6 Nft.er Während der not re Teil de? Bruns ffir den Wa-:n- n»o Fussgängcru'' lehr bestimmt iß. fährt -er oberen Teile in der Höhe von 10. Metern über -cm Strom, um. am andere?- Ufer angelangt, «ich glcick ?nie»er in -ft Erde einiubohren. Zum Bau des Viadukts wurden 1000 Tonnen Stahl verwendet. Die Baukosten be- trugen gegen 8A Millionen Franken.
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