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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 05.10.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-10-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19111005017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911100501
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911100501
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-10
- Tag 1911-10-05
-
Monat
1911-10
-
Jahr
1911
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NjpIgtrTagtblM s 14 682 lN«chtn»Ichl^1 Tel.-Anschl.^ 14 683 ! 14 684 -°l.-Ä»Mj<EHandelszeitttttg Ämtsvlatt des Nates unö öcs Nakizeiamtcs Ser Ltadt Leipzig. Anzeigen Preis für Inserat« au» Leipzig und Umgeb»»« dir lloaltige Petit»«il« L Ps-die Reklame» »eile 1 Mk. von aurwärt» Zü Pt. Reklamen 1^1) Mk. Inserate von Leh. cven im amt lichen Teil di« Petitjeile SO Ps S«Ichäst»anzeigen mit Platzoorschrift«» im Preis« erhöht. Rabatt nach Taris. Beilagegebühr Gesamt» auslag« L Mk. o Tausend erkl. Postgebühr, leilbeilage Hoher. Fellerteilt« Austräae können nicht znrllck» aezogrn werden Für da» Erscheinen an oestimmten Tagen und Plätzen wird kein« Garantie übernommen. Anzeigen - Annahme: Iodanniigall« bei sämtlichen Filialen u. allen Annoncen» Expeditionen de» In» und Lu»lande» Druck ,»» Verlag ,o, Fisch« ch Kürst«, Inhaber: Paul Kürst«». N«dok»l,» »»» lbelchäst»lt«ll«: 2ohanni»gass« 8. Haupt - Filiale Dr«de»t Eeestrag« ch l (Telephon 4LM. Nr. 276. Vonnerslsg, äen S. Dlcioder ISll. l05. Iahrgsny. Die vorliegende Ausgabe um,aßt 16 Seiten. Oss Wichtigste. * Nach einer Mailänder Blättermeldung soll sich Tripolis den Italienern übergeben haben. (S. d. des. Art. und Letzte Dep.) * Der Ausstand der irischen Eisenbahner ist bei gelegt worden. * Wegen der Unruhen in Südpersien haben zwei indische Regimenter in Simla Befehl erhal ten, sich zur Einschiffung nach dem Persischen Go l f bereitzuhalten. * Die schwedische Aerztegesellschaft hat aus Anlatz ihres gestrigen Zahresfestes dieDer - zelius Medaille in Gold an den Professor der Chemie E. Fischer (Berlin) verliehen. * In der gestrigen Stadtverordneten ¬ sitzung wurde der Antrag des Nates, für den Schaufenster-Wettbewerb 3000 .<t zu be willigen. abgelehnt und für diesen Zweck nur 1500 ausgeworfen. (2- Stadtoerordnetensitzungs- Dericht.) Der luspenöirrre Är'e^. (Bon unserem römischen Mitarbeiter.) Der italienisch-türkische Krieg setzte mit einer diplomatischen Niederlage für Italien ein, die schlimmer ist, als ein leicht errungener Lieg über die gebrechlichen Ceestreitkräfte des türkischen Gegners. Man will es auf italieni scher Seite zwar noch immer nicht wahr haben, aber in einzelnen Organen sickert doch die Kunde hindurch, daß sich Italien als Meister in der Beschränkung hinsichtlich der Ausdehnung des Kriegsschauplatzes nur darum zeigt, weil ihm der österreichische Bundesgenosse diese weise Beschränkung der kriegerischen Tätigkeit direkt vorschreibt, und diese Mahnung mit größtem Nachdruck dreimal innerhalb von 5 Tagen wiederholt hat: in Wien hat es Eraf Aehrenthal demBertreter König Viktor Emanuels in., Herzog von Aoerna, in nicht mißverständlicher Form zu Eemüte geführt, daß der e»sus belli eintritt, wenn Italien an den Balkan auch nur mit dem Finger rührt. Und in Rom hatte der öster reichische Botschafter beim Quirinal sehr ernste Vorstellungen in der Consulta erhoben, die am Tage darauf von dem deutschen Botschafter Herrn von Iagow, wenn auch in wesentlich ge milderter Form, bekräftigt worden sind. Also: Italien ist dreimal verwarnt worden. Noch dazu von seinen Bundesgenossen! Schon darum ist der Fall seltsam in der Geschichte der Politik. Das würde die bis dato vielumworbene della Italia gewiß nicht hindern, den beiden Alliierten eine Nase zu drehen und einen ihrer berühmt gewordenen Extratänze auszuführen. Aber dazu ist sie momentan nicht aufgelegt. Nicht weil sie etwa tanzunlustig geworden wäre — I» Donna ö tzvmpro mobile — sondern weil sie niemand findet, der sie zum Extratänzchen enga gieren würde. Frankreich . . . 2a! Aber im Augenblick ist es anderweit engagiert. Ein ver bindliches Lächeln hat es für die verführerische Schöne. 2m übrigen aber. . . orientalische Ketten. England. Wenn die Presse dazu da ist, die öffentliche Meinung eines Landes wider- zuspiegeln, müßte man nach den Auslastungen der maßgebenden Organe der italienischen öffentlichen Meinung zu dem Glauben kommen, die bewegliche Schöne schwöre dem steifbeinigen 2ohn Bull ewige Rache dafür, daß dieser den italienischen Eskapaden so verzweifelt wenig Geschmack abgewinnt. Da hieß es, 2talien hätte England schon im August in den Plan von seinem tripolitanischen Abenteuer eingeweiht. Das ist nicht wahr! 2talien hatte keine Mitwisser. Es war so felsenfest überzeugt, daß zum mindesten die Westmächte seine Eroberungs fahrt nach Tripolis mit ihren Segenswünschen begleiten würden, daß man jetzt aus allen Wolken fällt beim Anblick einer fast völligen 2soliertheit. Nur Rußland mit seinen unsicheren Kolonisten vom Balkan hält 2talien noch die Stange. Aber der Zar ist weit, sehr weit von Nom. Und wer weiß heute, ob Rom nicht die Geschäfte des „entlegenen" russischen Freundes im Mittelmeer und in den Darda nellen besorgt, ohne selbst bei diesem kostspieligen und gefährlichen Geschäft auf die Spesen zu kommen. Handelte es sich denn wirklich nur um das bißchen Tripolis? fragt man sich jetzt in 2talien. Tripolis sollte ja doch nur der Anfang vom Tie Beschießung von Tüvolis, über die wir bereits in der gestrigen Abendausgabe mehrere Depeschen veröffentlichten, ist also wirklich begonnen worden. Ueber den Erfolg der Italiener liegen jedoch noch keine sicheren Nachrichten vor. Den Siegesmeldungen römischer Blätter, die fortwährend Sonderausgaben veranstalten, muß man nach den Erfahrungen der letzten Tage sehr skeptisch gegenüber'- stehen. Unter vielversprechenden Ueberschriften wie „Tripolis unter der Feuertaufe", „Unsere Trikolore über Tripolis", „Schwere Verlnste der Türken" usw., werden diese Extrablätter in Nom ausgeschrien; nach her stellt es sich jedoch immer heraus, daß die Tele gramme entweder alt oder stark übertrieben sind. Wir begnügen uns deshalb zunächst in Ergänzung der Meldungen von gestern abend mit der Wieder- gäbe folgender Depeschen: Nom, 4. Oktober. (Cig. Drahtm.) Nach einer Meldung der „Tribuna" aus Malta über die erste Phase der Beschießung von Tripolis wurde das Feuer von der Division des Admirals Thaon di Revel, das aus den Schissen „Fer- rucio", „Barese" und „Garibaldi" besteht, und zwar von der Artillerie mittleren Kalibers eröffnet. Die Schüsse wurden in langen Zwischenräumen abgegeben, als ob der Admiral gleich nach den ersten Schüssen das Erscheine» einer m-isrcn Fahne als Zeichen der Ucbergabe erwartete. Die Schiffe schossen aus weiter Entfernung von der Küste und schonte» Wohnhäuser und Menschen. Konstantinopel, 4. Oktober. (Eig. Drahtm.) Aus Tripolis wird gemeldet, daß das als Küstenschisf dienende Kanonenboot „Sein di Deria" von seiner Besatzung versenkt worden ist, damit es den Italienern nicht in die Hände falle. Eine offiziöse Note widerspricht der von italienischer Seite ausgestellten Behauptung, daß die Türkei beabsichtige, Vorstöße gegen die italienische Küste zu unternehme«. Tie Berm'ttlllügollltion. In den letzten Tagen war cs nicht leicht, sich in der militärischen und diplomatischen Lage zurecht zufinden. Der Wunsch mancher am Nachrichtendienst beteiligten Stellen, etwas zu berichten, auch wenn nichts zu berichten war, hat verwirrend gewirkt. Auf Europa ist ein förmliches Bombardement falscher Meldungen gerichtet worden. Bemüht man sich, den Schatz falscher Meldungen, die sich auf die diplo matische Lage beziehen, wegzuräumen, so ergibt sich als eine der wenig feststehenden Tatsachen, daß Frankreich amtlich eine Neutralitätserklärung ab gegeben hat. Auch England soll auf die türkische Nundnote, die um ein Einschreiten nachsuchte, ab lehnend geantwortet haben. Ob außerdem noch eine amtliche englische Neutralitätserklärung ergehen wird, wissen wir nicht. Bon deutschen Vermittlungs ¬ versuchen ist viel die Rede gewesen, ohne daß bisher beglaubigte Tatsachen gemeldet werden konnten. Es ist nicht erfindlich, wie es Freiherr von Marschall hätte ansangen sollen, in Konstantinopel „fertige Friedensvorschlüge" zu unterbreiten. Ganz unsinnig ist die Ausstreuung des „Echo de Paris", Herr von Marschall habe dem türkischen Eroßwesir erklärt, Italien sei geveigt, der Türkei einen jährlichen Tribut für Tripolis zu entrichten Die Vermittler- rolle ist überhaupt sehr delikat und nicht sehr ange nehm. Von deutscher Seite wird man gewiß nicht eins Vermittlertätigkeit aufdringen. Zu einer Ver mittlung gehören drei, die beiden kriegführenden Mächte (Sie Anrufung durch eine Partei genügt nicht) und eine Macht, die vermittelt. Dem an sich sympathischen Wunsch, den Krieg möglichst bald zu beenden, wird unter Umständen durch die frühzeitige Auspofaunung einer Vermittlungsaktion ein schlechter Dienst erwiesen. Telegraphisch liegen dazu folgende Nachrichten vor: London, 1. Oktober. (Eig. Drahtm.) Minister des Innern Winston Churchill hielt gestern in Dundee eine Rede, in der er den italienisch-türkischen Konflikt eingehend behandelte. Er äußerte sich, daß der Streitfall zwischen Italien und der Türkei schon so weit gediehen sei, daß sich mit Worten eine Einigung nicht mehr erzielen liehe. Jeden falls biete England seine Unterstützung für etwaige Friedensverhandlungen jederzeit gern an. Rom, 4. Oktober. (Eig. Drahtm.) Wie der „Messagero" zu berichten weiß, ist der italieni schen Regierung nichts davon bekannt, daß in Konstantinopel irgendwelche Einigungs schritte unternommen worden sind. Wenn der deutsche Botschafter in Konstantinopel Vorschläge zur Einigung gemacht habe, so hat er dies aus eigener Initiative getan, ohne daß er von der deutschen Negierung dazu beauftragt worden sei. (?) D e zweite Beschieß»»:) von Prevesa, die nach den im gestrigen Abendblatts von uns ver öffentlichten Depe)ct)en zu erwarten war, ist nach Mel dungen aus Konstantinopel am Mittwochmorgcn auf Veranlassung des Herzogs der Abruzzen tatsächlich erfolgt: Konstantinopel, L. Oktober. (Eig. Draht meld.) Der Herzog der Abruzzen hat die Befesti gung von Prevesa heute, also Mittwoch morgen bombardieren lassen. Das Bombar dement sei nur von kurzer Dauer gewesen, t-lls Ursache wurde angegeben, daß der Hafenvirektor von Prevesa sich geweigert habe, drei türkische Tor pedobootjäger an Italien auszuliefer». Angesichts dieser Meldung wird Oesterreich wohl abermals eine geharnischte Warnung nach Rom richten. Deutschland als Lchntzlierr d?r Italiener. Wie schwierig der Schutz der Italie ner auf türkischem Gelötet sich gestalten kann, ergibt sich aus Konstantinopeler Meldungen: Danach wurde auf ein italienisches Ehepaar, das in einer Vorstadt von Pera wohnte, ein Messeratten tat ausgesllhrt. Der Anschlag mißlang jedoch. Auf dem deutschen Konsulat erhielt die italienische Fa milie den Rat, in Las Innere der Stadt siberzu- siedeln. Derselbe Rat wurde auch italienischen Klosterschwestern erteilt. Die deutsche Post und die deutschen Konsulate sind durch die Vertretung Ita liens mit Arbeit überhäuft. Schwierigkeiten recht licher Art bereitet die Auslegung der Kapitulations rechte, die für die Italiener von der Türkei aufge hoben wurden. Es muß festgestellt werden, ob auch die italienischen Wühlfahrtsanstalten, namentlich das Krankenhaus, des Schutzes der Kapitulationen verlustig gehen. Nach einer über London kommenden Meldung hat die türkische Regierung am Dienstag nachmittag vom italienischen Hospital Besitz er griffen. Türkische Slbwehrmahnahmen. Aus Konstantinopel wird berichtet: Dir Türkei richtete eine Zirlularnntteilung an alle diploma tischen Vertretungen, daß Waren italienischer Her kunft beschlagnahmt werden. Die Beschlagnahme be gann bereits auf dem Hauptzollamt. Die „Agence Ottomana" glaubt zu wissen, daß Maßnahmen für die Ausweisung aller Italiener unmittelbar bevor stehen. Türkische Telegrammsperre für Italien. Bern, 4. Oktober. (Eig. Drahtm.) Das hiesige Internationale Telegraphenbureau gibt bekannt, daß nach Mitteilung der türkischen Telegraphen verwaltung Telegramme in der vereinbarte» Spracye innerhalb der Türkei im Verkehr mit Italien auf weiteres nicht zugclussen werden. Uebcrwachung der Russen durch die Türkei. Odessa, 4. Oktober. (Eig. Drahtm.) Aus Kon stantinopel hier cintreffendc Passagiere berichten, daß sie ein t ü r k i s ch e s W a ch t s ch i f f gesehen hätten, das im Schwarzen Meer am bulgarischen Ufer kreuzte. Dieses Schiff beobachtete scheinbar die Bewegungen des russischen Geschwaders im Schwarzen Meer. Attentat auf den Palast Hakli Paschas. Konstantinopel, 4. Oktober. (Meldung der „Preß- Zentrale".) Der neue Großwcsir Said Pascha hat den Befehl erteilt, den Palast seines Amts vorgängers Hakki Pascha mit mili tärischem Schutz zu versehen. Hakki Pascha er hält täglich Brief«, die ihn mit dem Tode bedrohen. Eine erregte Volksmenge drohte gestern in seinen Palast e i n z» d r i n a e n, doch wurde sie noch rechtzeitig von der Wache daran gehindert. Es wurde dann ein Steinhagel auf den Palast eröffnet und mehrere Fensterscheiben zertrümmert. Dis Polizei mußte cinschreiten, um die Demonstranten zu zerstreuen. schönen Ende sein. Und nun diese Enttäuschung schon in der ersten Kriegswoche! Bereits werfen die nationalistischen Blätter in dicken Lettern die Frage auf: Wer trägt die Schuld? Die Antwort fällt verschieden aus und ist nicht allzu unterhaltsam. Weit interessanter aber ist die Stellungnahme der klerikalen Blätter. Sie waren es, die im Frühjahr neben den nationalistischen Organen zum Kriegszug nach Albanien am stärksten anseuerten, und die jetzt das tripolitanische Abenteuer mit ihren Segenswünschen begleiten. Klerikale und nationalistische Organe, die ersteren mehr noch als die letzteren, geben ihrem unverhohlenen Aerger Ausdruck, daß Italien vor den Verwarnungen Oesterreichs zu Kreuze kriecht. Es ist sehr lieblich anzuschauen, wie die Klerikalen damit zum Kriege Hetzen gegen den Staat, an dem der Vatikan die größte Stütze hat. Man sagt Pius X nach, er wäre in seinen jüngeren Jahren ein eifriger Irre dentist gewesen. Er war ja auch, bevor er auf den Stuhl Petri stieg, ein Freund des saooyischen Königshauses. Denkt er an seine irredentistischen Jugendjahre zurück, daß er über den Interessen der Savoyer die der Habs burger vergißt? Seine Blätter müssen hierauf die Antwort finden. KrmzSltlche Lobeshymnen. Pari«, 3. Oktober 1911. Der bevorstehende Abschluß des Marokko-Abkom mens veranlaßt heute die offiziöse Pariser Presse ,u Lobeshymnen auf die kluae, geschäftsmäßige Politik des Miniiter-Präsioenten Eaillaux. Der „Radikal" überschreibt seinen Leitartikel „Ein Erfolg" und erklärt: ,,So ist denn der erste Teil dieser langen und mühiamen Verhandlungen beendet; er schließt zu unserem Vorteil ab und gereicht unserer Re gierung zur Ehre. Der Erfolg der französischen Regierung ist unbestreitbar, besonders der ihres The»s, der während der Disknifto« soviel Takt und persönliche Entschlossenheit gezeigt hat. Hoffen wir, daß er ebensogut inspiriert und ebenso glücklich den zweiten Teil über den Kongo erledigen wird. Wir glauben, daß in dieser Frage ein eben o für Frank reich ehrenvolles wie für Deutschland vorteilhaftes Abkommen erzielt werden kann. Wir haben Ver trauen in Herrn Eaillaux; der persönliche große Er folg, den er Halle, läßt uns mit Zuversicht in die Zukunft schauen. Der „Temps" hält es für angebracht, nochmals Herrn von Kiderlen-Wächter lehr von oben herab zu versichern, daß er mit seinen Nörgeleien an dem französischen Protektorats - Programm eine „kleine Politik" betrieben habe. Bismarck Hütte diese ganze Schikane innerhalb einiger Stunden er ledigt. Gleichzeitig gibt der bei der Affäre sehr interessierte Herr Tardieu auch den Bureaus ces Quais d'Orsay etwas ab, weil sie in den letzten Tagen die öffentliche Meinung durch eine pessimistische Note irregcsührt und von „neuen Forderungen Deutsch lands" gesprochen hatten, während es sich nur um unwichtige redaktionelle Abänderungen gehandelt habe. Richtig ist, daß Ministerpräsident Eaillaux in den letzten Tagen sehr große Energie bekunden mußte, um den Widerstand des Ministeriums des Innern in einigen rein formellen Fragen zu besiegen. Marcel Hutin vermag im „Echo de Paris" wiederum interessante Indiskretionen zu ver öffentlichen, die er einem Mitglied des Kabinetts nach dem gestrigen Ministerrat entlockte: „Mr haben be chlossen, daß wir am Donnerstag zu einer neuen Beratung zusammentreten; wahrscheinlich werden wir vom vollständigen Einverständnis zwischen Deutsch land und Frankreich über Marokko unterrichtet werden; dann wird das Abkommen noch vor Ende der Woche in Berlin unterzeichnet werden können. Wir waren glücklich, diesmal fest zustellen, daß die Reichskanzlei in ihrer schnellen Antwort aut unsere letzten Beschlüsse einen ent- scheioenden Schritt zur Verständigung getan hatte. Urteilen Sie selbst: 1. Deutschland hat sich versöhnlich den An sichten Frankreichs über die Umwandlung der Konsular-Eerichtsbarkeit angeschlojien. Be vor das Protektorat ganz durchgesührt sein wird, wird ein Uebergangs-Regime gemischter Konsular- Gerichte auf dieser Basis funktionieren, über die man sich einig ist. 2. Was das sog. Statut der Schutzbefohlenen und anderer von der Madrider Konvention geregelter Punkte anbelangt, so willigt Frankreich ein, die bis jetzt erworbenen Protektionsrechte bis zum Tode der betr. Einaeborenen anzuerkennen. 3. Deutschland beharrt nicht mehr dabei, die Aufhebung der existierenden Steuer auf Mineralien zu verlangen. 4. Deutschland verzichtet auf die internatio nale Kontrolle. Folglich bleiben nsr eiuitze redak tionelle Einzelheiten über die Gerichtsbarkeit zu er ledigen, bei denen Deutschland leichte Abänderungen verlangt. Frankreich hat (was Deutschland wahr scheinlich annchmen wird) das Haager Schiedsgericht tür alle Streitigkeiten voraeichiagen, die zwischen beiden Mäci'tcn bei der Durchführung des Ablommens entstehen möchten. Schließlich nimmt Deutschland, was das wicht gste ist, das für alle Machte gleiche wirt schaft, iche Regime in Marokko unter franzö sischem Protektorat an. Das Projekt der französisch-deutschen Konvention das 15 Artikel um faßt, wurde gestern abend per Bahn nach Berlin gc- landt, aber die Anna; me Frankreichs wurde Herrn Eambon schon telegraphiert, unter Vorbehalt einiger Textändeeungen. Sobald die Marokko-Konvention unterzeichnet sein wird, beginnen in Berlin die Verhandlungen über den Kongo Sobald dieser zwette Alt hier über unterzeichnet sein w.rd, wird Frankreich den Signatarmächten von Algeciras die Marokko-Kon vention unterbreiten. Deutschland hat sich verpflich tet, bei seinen Verbündeten für die Annahme ein- zutreien, und Frankreich wird bald mit Spanien Verhandlungen zur definitiven Durch'iihrung des neuen marokkanischen Statuts beginnen." * So günstig Frankreich im ersten Teile der Ver handlungen abgeschnitten hat, so stark sind die Besorg nisse wegen der Verhandlungen über die Kompen sationen. Die französische Preise sicht den Er örterungen hierüber mit steigender Unruhe ent gegen, und der „Matin" mahnt Deutichkand in bringenden Worten, Rücksicht zu nehmen auf die öffentliche Meinung Frankreichs. Das Deutsche Reich dürfe nur das verlangen, was die französische Regie rung gewähren könne, ohne die Fran osen in ihrem Nationalstolz zu verletzen. Denn wenn er zu einem Vertrage komme, so solle dieser auch eine dauernde Einigkeit erzielen und nicht schon rn nächster Zeit wieder neue Zerwürfnisse schaffen. Es sei nötig, an das Wort Thiers zu erinnern: Ein Geschäft ist nur gut, wenn beide Parteien davon Vorteil haben. An die kaiserliche Regierung müsse das Verlangen gestellt werden, daß sie das Ihrige zu einem solchen Geschäft beitrage.
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