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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 18.10.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-10-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19111018016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911101801
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911101801
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-10
- Tag 1911-10-18
-
Monat
1911-10
-
Jahr
1911
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Nr. 5SS. los. Islirysng. Leipziger Tageblatt. Mittwoch, 18. Oktober ISN. - tllrkksch diplomatischen Kreisen glaubt man allgemein, daß dem Hochverratsantrage stattgegebcn werden wird. Der Boykott gegen Italien in Saloniki. Saloniki, 17. Oktober. (Eig. DrahtineldJ Gestern bat hier der Boykott gegen Italien und di« ita- lienischen Kaufleute eingesetzt, der von einer eigens zu diesem Zweck gebildeten Kommission unter stützt wird. Das Publikum wird in Flugblättern ausgefordert, all« Verbindungen mit ita- lienischen Firmen abzubrechen, keine Waren italienischen Ursprungs zu kaufen und keine italienischen Arbeiter und sonstigen Bediensteten zu kalten. Die endgültige Schließung der ita lienischen Schulen ist nunmehr offiziell un geordnet worden. Gegen die scharte Preßz-nsur. Mailand, 17. Oktober. (Eig. Drahtmeld.) Der sonst sehr gemäßigte „Corriere della Sera" wendet sich in einem heftigen Ausfall gegen die übertriebenen Z e n s u r m a ß n a h m e n td:r Regierung, die es den Zeitungen einfach unmöglich machen, ihrer Berichterstat^erpflicht nachzukommen. Die Pressefeindlichkeit der Regierung wäre das Un- gehcuerlickffte, das man in diesem Augenblicke dem Lande zu bieten wage. Auf die Frage des Blattes, was man denn eigentlich dem Volke zu verheim lichen suche, antwortet sarkastisch der sozialistische „Avanti": „Schlimmere Dinge, als das Doll ahnt!" Die Regierung habe kein gutes Gewissen .... Die italienischen Sozialisten und d?r Krieg. Italienische Sozialisten, wie Bissolatt, De Felice u. a. haben in jüngster Zeit den Kriegszug der italienischen Negierung gegen die Türkei vereidigt. Ihnen hat sich aus dem Sozialistenkongresz zu Mo- d.na Bauomi c.nge'chli stcn: Rom, 17. Oktober. iEig. Drahtmeld.) Auf dem Sozialistenkonarcsj in Modena hielt ge stern der Sozialist Bonomi zugunsten des Tripolis feldzuges eine bemerkenswerte Rede. Er wies ebenso wir Ministerpräsident G:o- litti in Turin auf die geschichtliche Notwendigkeit der Unternehmung hin und forderte nur, daß auch das Proletariat van dem Nutzen, Len der Feldzug dem italienischen Volke einöringen wird, einen Anteil habe. Die koloniale Ausdehnung sei eine notwendige geschichtliche Erscheinung, der Widerstand zu leisten Wahnsinn sei. Auch in Frankreich und Deutsch land (?'? D. Ncd.s hätten sich die Sozialisten den Kolonialunternehmunqcn nicht widersetzt. Der Red ner brachte schließlich zur Empfehlung der Expedition noch zahlreiche Gründe vor, die sich größtenteils mit den Anschauungen der Nationalisten decken. Mit dem abessinischen Abenteuere einen Vergleich zu ziehen, sei vollständig verfehlt, da Italien in Tripo lis nicht ein Kulturvolk unterwerfen, sondern Bar baren zivilisieren wolle. Italien müsse in der Welt wieder so stark und gefürchtet wie einst im Altertum dastehen. Die Aufnahme der Rede bei den Zuhörern war sehr geteilt, wäh rend der eins Teil des Auditoriums dem Redner großen Beifall zollte, nahmen dis übrigen die Aus führungen Benomis sehr kühl auf. Die deutschen Kolonisten in Palästina und der Krieg. Die zahlreichen in Württemberg ansäs sigen Verwandten der deutschen Siedler in Palästina befinden sich wegen der in Jaffa angekün digten fremdenfeindlichen Kundgebung in Besorg nis. Staatssekretär von Kidelen-Wächter hat darauf nach Württemberg folgendes Beruhi gungstelegramm gerichtet: „Nach einer Meldung des deutschen Dizckonsuls in Jaffa wurden Manifestationen bisher verhindert. Augenblicklich ist keine Gefahr vorhanden. Die türkischen Be hörden glauben, die Aufrechterhaltung der Ordnung garantieren zu können. Mobilmachung in Bulgarien? Aus Sofia wird uuterm 17. Oktober gemeldet: Eoebe» werdeu durch die Trommler die Reservisten aufgefordert, sich ihr« Einberufungsorder ad» zuholen. Im Kriegsministerium hält man eine Mobilmachung für unabwendbar in An betracht der drohenden türkischen Truppenansamm- lungen in Adrianopel, wo zwei Armeekorps in der Stärke von 1V 099 Mann bereitstehen sollen. Außerdem will man hier wissen, daß an der bulgarischen Grenze 15 (?) kurdische Kavallerieregimenter ausgestellt sind. Süliye OMziere in üer lsliMrhen ücmee. Nachdem die „Rangliste der Königlich Sächsischen Armee für das Jahr 1911" erstmalig die adligen Namen angeführt hatte, wurde im Statistlscl-eu Landcsamle eine Zusammenstellung derselben vor genommen, deren Ergebnisse im Statistischen Jahr buchs für 1911 in einer kleinen, recht interessanten Tabelle veröffentlicht sind. Wenn man die SanitätS--, Veterinär-, Zeug-, Feuerwerks- und FcftungSbamLfsizierc nuberücksickl- tigt läßt, so wieS die .königlich Sächsische Armee a:n 1. Januar 1911 1637 Osfizier-e und Fähnriche auf. Tarunter waren 409 adlige, und zwar Li Grasen, 74 Freiherren und 311 sonstige Adlige. Auf inSgejamt 100 O s s i z i e r e u n d F ä I, n - riche kommen also 2^,98 a d l i ge. — Bon diesem TurchscbnittSsatze weichen die einzelnen Truppengattungen aber wesentlich ab. Wir sehen, daß von den 1637 Offizieren und Fähnrichen überhaupt 9-4 — von den 409 adligen im besonderen 242 — bei der Infanterie stehen. Durchschnittlich also gehören 26,19 der In« f a n t e. r i e o f f i z i e r e dem Adelsstände au, und zwar wurden 13 Grafen, 41 Freiherren uno 18d sonstige 2ldlige hier gezählt. Wird demnach bereit? bei den Infanterie- truppen der Durchschnitt, üperschritten, so ist es zwar nicht verwunderlich, vielmehr auS mancherlei hier nicht zu erörternden Gründen erklärlich, immerhin aber doch sehr bemerkenswert, daß bei der Ka vallerie 60,92 aller Offiziere und Fähn riche adlig sind, nämlich 106 von 174 insgesamt, nnd darunter 9 Grafen, 23 Freiherren und 7t sonstige Adlige. Demgegenüber ist es interessant zu enahren, daß im K r i e g S m i n i st e r i u m, bei den beiden Generalkommandos und den h ö h e r en Stäben nutckr 97 Offizieren über haupt 43 Adlige — 2 Grafen, 7 Freiherren und 34 sonstige — aufgeführt wurden, so daß sie also 41,33 auSmachlen. Ganz das Gegcnleik zeigt sich bei den Truppen der Feld- nnd Fußartillerie, den Pionieren, den Verkchrstruppeir und dem Train. Tie F u ß a r t i l l e r i e wies unter im ganzen 47 Offizieren und Fähnrichen 3 Adlige — 1 Frei herrn und 2 sonstige — auf. Auf 100 Offiziers nnd Fähnriche kämen also 6,38 adlige. Dagegen standen bei der F e l d a r t i l l e r i e unter insgesamt 281 Offizieren und Fähnrichen 1 Freiherr und 10 sonstige Adlige, d. h. die Adligen betriraen nur 3,92 Äehnlick ist daZ Verhältnis bei den Ber- kehrst r uppcn und beim Train. Beide zu sammen zählten nur 2 Adlige — I Freiherr.: und 1 andern Herrn — in ihren Reihen, daß sie unter I den 54 Offizieren usw. dieser Truppengattung I 3,70 »'<> bilden. ' Am geringsten ist der Anteil dcS Abels bei den Pionieren. Auck finden sich 2 adlige Offiziere. In der Gesamtheit von 60 Offizieren und Fähn richen machen sie aber nur 3,33 o/v aus. Zum Schluffe sei wenigstens kurz erwähnt, daß unter 126 Sanitätsoffizieren 2, unter 57 Velcrinär- offizieren 1, unter insgesamt 45 Zeug-, Feuerwerks- und FestnngSbau-Lffizieren 1 Adelsträger zu ver zeichnen war. Diese Ziffern bieten vielleicht wenig Ueber- raschendcS, so daß man auch von einer eingehen deren Erörterung der Gründe für eine derartige Zusammensetzung der Offizierskorps an dieser Stelle wird Abstand nehmen können, aber sie sind doch interessant genug, um auch weiteren Ereilen bekannt zu werden. L. 8cb. 9. oröenstiche GosngrUlch- luiherilliiL Lsnöes ynsüe. l:) Dresden, 17. Oktober. Die heutige 19. öffentliche Sitzung der Landes synode erledigte nur einen Punkt der Tagesordnung, und zwar die zweite Beratung über den Erlaß Nr. 13, betr. die Versor ung der Hinterlassenen der cvaugclisch- luthcrischen Geistlichen und die zu dem eiben Gegenstand eingegangene Petition des Pfarrers em. Dr. Schwartz in Leipzig- wohlis. Der Sitzung wohnten wiederum der Präsident und me rere Räte des Landesk nsistoriums bei Die Leitung lag heute w eder in den Händen des Präsi denten Wirll. Geh. Rats 1-. Graf Otto Vitzthum v. Eckstädt. Geh. Kirchenrat Superintendent Dr. Schmidt- Annaberg begründet: zunächst ernen von den Synodal- nnt--liedern Superintendent Neumann-G.auchau und Genossen gestellten Antrag, betreffend den gänz lichen oder teilweisen Erlas; der Stellver tretung!) kosten, die die Witwen verstorbener Geistlicher während des Bezuges des Enadengenußcs zu zollen haben Er bat, diesen Antrag einstimmig auzunehmen. Pfarrer Gräfe-Arnsfeld i. E. und Genossen stellten außerdem noch folgenden Antrag: „Die hohe Synode wolle ! eich liegen: Die Synode spricht die Hoffnuna aus, daß, falls die unter Umständen einen Rückschritt gegenüber dem bisherigen Rechte darstellende Bestimmung in K 10 'Absatz l des neuen Gs etzes über die Versorgung der Hinterlassenen der evangelisch-lutherischen Geistlichen, nach welcher Las Witwen- und Waisenaeld zusammen Len Betrag des Ruhegehaltes nicht übersteigen dürste, Len der Ver storbene bezog oder zu beziehen gehabt hätte, wenn er am Schlüsse des Sterbcmonats in den Ruhestand versetzt morden wäre, zugunsten der Hinterbliebenen der «laatsbcamti.il und Lehrer aussallen sollte, diese Aenderung auch den Hinterbliebenen de: Geist lichen zugute kommt." Sn der Begründung w»es der Antragsteller darauf hin. daß die Synode schwerlich in der Lage sei, irgendwelche materielle Aenderungen an dem Gesetze vorzu nehmen, weil sonst vielleicht das ganze Gesetz ge fährdet werden könnte. Er hoffe aber, daß noch in der StändeversammO'.ng ein Antrag komme, der eine Aenderung des Gesetzes im Sinne des von ihm der Synode vorgelcgten Antrages bezweckt. Da es seine Pflicht sei, darauf hinzuweisen. daß die Geist lichen die Hoffnung hegen, diese Aenderung auch ihren Hinterbliebenen -ugute kommen zu lassen, bitte er, de' mit 15 Unterschriften versehenen An trag anzunehmen. Präsident Dr. Böhme erklärt, daß sich die Sy node mit diesem Anträge vollkommen im Einver ständnisse mit dem Kirchenregiment befinde. Die Verhältnisse der Witwen der Staatsdiener würden besser gestellt, als cs in dem vorliegenden Ge etzentwurfe über die Versorgung der Hinter- ? lassenen von Geistlichen der Fall ser. Rian dürfe * hoffen, daß man auch die Witwen der Geistlichen den Witwen der Staatsdiener gleichstelle. Nach einer kurzen weiteren Debatte wurde das ganze Gesetz mit den vom Veriassunisausschusse beantragten Aenderungen nach den Beschlüssen der ersten Lesung einstimmig angenommen Ebenso fand der Antrag des «uperin.endenten Neumann- Glauchau einstimmige Annahme, während der Antrag des Pfarrers Gräfe-Arnsfeld mit großer Mehrheit angenommen wurde. 'Nächste Sitzung: Mittwoch vormittag 10 Ubr. Tagesordnung: Rcitstrandenvorlrag. erste Beratung über den Anrrag des Vcrfassungsausschusses IZ zum Erlaß Nr. 14, den Entwurf eines Krrchgesetzes über den Haushalt der evangelisch - lutherischen Kirchengemernden betreffend. Petitionen. KutznorüenMcher teullcher üanüels« lelrrertsy. Ug. Kassel, den 14. Oktober 1911. Ter Berein Deutscher Handel-Kehrer mit Hoch schulbildung hielt heute (Sonnabend) hier eine außer ordentliche Hauptversammlung ab, die aus allen Teilen Deutschlands zahlreich besucht war. Ter Vorsitzende, Haudclslehrer Schmidt-Elber feld, wies in der Eröffnungsrede auf die Not der Vandelslchrer mit Hochschulbildung hin, denen es nach jahrelangem Warten oft nicht möglich sei, eine stelle zu finden, trotzdem solch« in genügender Zahl vorhanden sind. Ter Referent F r o m in e - Frankfurt a. M. hob hervor, daß eine größere Reihe preußischer Städte, wie Königsberg i. Pr., Stettin, Schöneberg, Nir- dors, Magdeburg, Altona usw., noch keinen wist'en- schastlicken Haudclslehrer angestel.t haben, trotzdem dort Handelsschulen vorhanden sind. Man bevor zuge Volks-, Mittelschul-, Blindenlehrer, Rektoren und Oberlehrer, die keine genügende Nacyvildung besäßen. Tarum sei zu fordern: Zur Leitung von kaufmännischen U n t e r r i ch t S a n st a l- ten jind nur tzandelslehrer mit abgeschlos sener Hochschulbildung zu berufen. Eine Verbindung der kaufmännischen mit der gewerblichen Fortbil dungsschule hindert die erstere in ihrer gesunden Entwicklung und ist daher zu verwerfen. Ter han- delSwissenschasUiche Unterricht in höheren Handels schulen, HandelSrcalschulen und Handelsvorschulen ist nur von geprüften Handelslehrern zu erteilen. Auch sind bei ausreichender Stundenzahl in der kaufmännischen Fortbildungsschule nur geprüfte HandelSschullehrcr anzustellen. Zur Hebung deS Standes ist ihnen die Amtsbezeichnung „wissenschaft licher Handelslchrer" beizulegen. In der Ti-Zkussion, an der sich zahlreiche Redner beteiligten, wurde bekannt gegeben, daß. über 400 Handel-Kehrer mit Hochschulbildung in Deutschland vorhanden sind. Tie wissenschaftlichen Handelslehrer wollten nicht die Offensive ergreifen, sondern wären gezwungen, gegen die Angriffe von verschie denen Seiten sich zu verteidigen, und müßten Mitstreiter in den Kreisen der Regierung, der Han delshochschulen, der Kaufleute, der Haudlunas- qehilfenverbände usw. zu gewinnen suchen. Tie Forderungen sollten an den maßgebenden Stellen vorgcbracht werden, insbesondere sollte um eine staatliche Regelung der AnstellungSvcrhältuisse ge beten werden. Besonders sei aber auf die Beschäf tigung in der kaufmännischen Fortbildungsschule Wert zu legen. Darauf wirken neuerdings auch die preußische Negierung, mehrere Stadtverwal tungen, wie Frankfurt a. M., Berlin, der vreutzischc Verein zur Förderung des Fortbildungsschnlweiens u. a. hin. Zum Schluß empfiehlt W e u d t-Tüsscldorf dringend, tüchtige Leute zum Handelslcbrcrstndinm auzurcgen und mit allen im Ha ldslsschnldicnsc stehenden Lehrern gutes Einvernehmen zu unter halten. Tie Versammlung nahm die Thesen des Refe renten mit einigen nicht erheblichen Aenderungen an. Lhinelisthe Lhsrskterküpke. Kommt ei» Europäer zum ersten Male nach China, so will es ilnn im Anfänge nicht gelingen, die GcsichtSzüge der Echnesen voneinander zu unter scheiden, und er möchte meinen, daß sie alle ein ander gleich seien. Um wieviel schwerer ist die Aufgabe für den europäischen Zeitungsleser, sich von den vielen verschiedenen, auc oer Bühne der jüngsten großen Ereignisse in China eine Rolle spielenden, ans- und abtretcndcn Persönlichkeiten der chinesischen Welt sich eine lebendige Anschauung zu machen. So wird cS denn willkommen sein, wenn wir in diesem Augenblicke den Versuch machen, einige dieser leitenden Pcrsönlickkciten zn skizzieren. Beginnen ivir mit der NegierungSscitc, so macht billig der Mann den Anfang, der gegenwärtig Chinas Geschicke lenkt, und das ist nicht der kaiser liche Knabe, sondern der P r i n z r e ge n t Tschu n. Vom Prinzen Tschirn zeichnet Ku tzung-Ming ein scharfes Bild, dieser hochintelligente und euro päisch gebildete chinesische Literat (dessen Schrift „Chinas Verteidigung gegen europäische Idee»" dem nächst bei Tiederichs in Jena erscheinen wird). Ter Prinzregent, so sagt Ku Hung-Äing, gehört zu dem Typus der Gewissenhaften. Er ist ein ver- hältnismäßig junger Manu mit dem hohen Geiste und Stolze der Mandschurasse. Von fremder Seite macht man ilnn wohl seine Langsamkeit zum Vor wurfe, und es ist wahr, daß der Prinzregcnt vor sichtigen nnd bedächtigen Temperaments ist. Allein die Gestalt dieses Mandschuprinzen, der fick selbst vollkommen zu beherrsclvn versteht und sich in seinem Privatleben tadellos und rein hält, flößt Achtung ein. Sein Leitgedanke ist der einer geschlichen Re volution, und so treffen ihn denn die jüngsten Er- eignisse hart genug. TaS Schwert des Reiches soll der KricgSminister Pintschang führen. Kein Chinese ist wobl in Teutschland zurzeit bekannter als Pinlschang, der unser Heerwesen an Ort und Stelle studiert, China in Berlin vertreten und sich aus Teutschland seine Frau geholt hat Sein Töcbtcrchen heißt der Reichs hauptstadt zu Ehren Berolina. Pintschang ist ein lebhafter, liebenswürdiger Herr, dessen ganze Rede weise etwas von jener dein Berliner zugeschrie- benen „Schnoddrigkeit" bat: zuweilen, wenn man ihn sprechen hört — er beherrscht die deutsche Sprache vollkommen — glaubt man die schneidige Redeweise eines preußischen Offiziers zu vernehmen. Hinter Pintschangs Humor und Liebenswürdigkeit verbirgt fick aber eine stählerne Tatkraft, die mit großer Intelligenz gepaart ist. Aus der Boxerzeit wird von Pintschang eine reizende kleine Geschichte erzählt — »s vov tz vor« ... Zwei pommcrschc Grenadiere stehen im Hose der Wobnung dcS vom Grasen Walder- fee bewohnten Hauses Posten, als Pintschang zur Audienz bei dem Marschall passiert. Einer der braven Pommern sagt zum anderen: „Ta kiek dir man blos den kleinen gelben Affen an!" „Verfluchte KrrlS," erschallt prompt die Antwort auS dem Munde des „kleinen gelben Assen", „wenn ihr nicht gleich stramm steht, fliegt ihr acht Tage in den Kasten!" Tableau! Ter dritte Mann, der in diesem Augenblicke auf feiten der Regierung in der ersten Reihe steht, ist der eben zurück^erufenc Puan Schi Kai. Ku Hung-Ming gibt von Puan Schi Kai eine sehr ungünstige Charakterschilderung. Wohl ist Puan Schi Kai nach ihm ein starker Mann, aber seine Stärke wurzele nur in der Stärke der Begierden nnd sei daher niedrig. Er ist nicht ein genialer Geist, sondern eine gerissene Fuchsnatur, nicht ein Typus des großen Mandschnherrn, sondern ein Parvenü, ein Großtuer, der durch sein Auftreten imponiere» will. Als Ku Hil-Ming vor einigen Jahren mit einein Zensor zusammen durch die Straßen von Peking ging, trafen sie Puan Schi Kai, der in seinem neuen europäischen Vagen, eine Zigarette mit goldenem Mundstück rauchend, von einem prahlerischen Gefolge begleitet, vor überfuhr. Ta geriet der Zensor in solche Er regung, daß er den folgenden Vers des konfu zianischen Liederbuches zitierte: „O blauer Himmel, warum schaust du stumm aus deinen Tiefen? Sieh diese Stolzen und strafe sie!" Gewiß ist, daß Puan Schi Kai eine sehr merkwürdige Laufbahn hinter sich hat. In dem kritischen Jahre 1898, als eS zum Bruche zwischen der Kaiseriirinuttcr und dem Kaiser Kwang Sü kam, verfügte Puan über die besten Truppen deS Reiches, und er soll erklärt haben: „Wenn der Kaiser Hilfe suchend in mein Lager kommt, werde ich Pung Lu — das war dec Mann der Kaiserin — abtun wie einen Hund." Tazu kam eS aber nicht, sondern Pung Lu erwies sich ihm als überlegen, indem er ihn in eine Falle lockte und dort fcsthielt. Genug, eS erfolgte die merkwürdige Wandlung, daß Puan, wie der Hamburger Sinologe Professor Franke bemerkt hat, als Günstling deS Kaiser» in den Staatsstreich eintrat, aber als der der Kaiserin heranökam Er erstieg dann schnell den Gipfel der höchsten Macht, obwohl sehr einfluß reiche Gegner wider ihn arbeiteten. ES war die Kaiserin, die in dankbarer Erinnerung an die Er eignisse von 1898 Puan hielt, aber nach ihrem Tode waren auch tue Tage seiner Macht gezählt. Man sagt, daß von dem Kaiser Kwang «ü eine testamentarifche Bestimmung vorlag, wonach sein Bruder, der Prinzregcnt, sich für verpflichtet ge halten habe, den Mann zu bestrafen, dessen Abfall dem unglücklichen Kaiser 1898 den Hals gebrochen hatte Begeben wir uns nun ans die Seite der Revolutionäre, so sind hier verschiedene Strömungen zu unterscheiden: nämlich die des Radikalismus und die der reinen Revolutionäre. Tie letzteren Ele mente sind die Träger der Umwälzung. Ihre Haupt stützen sind die chinesischen Studenten in Japan; die modernen sozialistischen Ideen sind hier ein gedrungen. 1903 erklärte einer dieser Partei, der wegen Hochverrats gegen die Mandschudvnastie vor Gericht gestellt worden war: „Ich will da-Z für China werden, was Rousseau für Frankreich war." Dieser Partei gehört nun auch der neuerwählte „Präsident der Republik China", Sun Pat Sen, an. Sun Pat Sen ist ein durchans ruhiger Mann, sehr zurückhaltend, keineswegs ein eigentlicher Volksrcdncr, sondern ein Mann des nüchternen logisclfen Vortrages. Tie ihn kennen, halten ihn zum Leiter eines Staatswesens für nicht geeignet, «eine Ueberzeugungen haben ihn seit Jahren gezwungen, im Auslande zu leben. Tiefen Revolutionären gegenüber steht die radi kale Partei, deren begabtester Kops zurzeit Liang Ki Schao ist. Es ist die-Z der hervorragendste Schüler jenes Kang P ou Wei, der als der Ratgeber deS Kaisers Kwang Sü im Jahre 1898 eine so ent scheidende Nolle gespielt hat. Kang selbst ist ebenso wie sein Schüler Liang Ki Schav 1904 von der allgemeinen Amnestie ausgeschlossen worden, und während Kang gewöhnlich als Gast seiner wohl habenden Landsleute in Singapore und Penang lebt, genießt Liang Ki Schao die Gastfreundschaft Japans. Liang hat eine sehr interessante Ta» stellung der Ereignisse des Jahres 1898 veröffent licht; 'er verfügt über reiche Kenntnisse und ist ein großer Gegner der revolutionären Bewegung. Welche Nolle er und seine Ideen jetzt spielen werden, bleibt abzuwartcn: er vertritt mit seinem Lehrer Kang zusammen den N e u k o n f u z i a n i S- m u S. Nach seiner Ansicht nämlich sind die Lehren deS Konfuzius gut und recht, auch für China passend, aber das heutige chmesische Leben und Staatswesen entspricht ihnen gar nicht, und so appelliert er gleichsam von dem heutigen entstellten an den eckten alten Konfuzius. Kunst unü DMenUslt. * Tie Leipziger Sezession veranstaltet gegenwärtig im Museum jur Kunst und Kunsteewerbe in Halle eine Sonderausstellung, die äußerst aut be. schickt ist. Von den bisher weniger in die Oeffcnt- lichkeit getretenen zeichnet sich besonders Ludwig Baehr aus, von den bekannteren Künstlern ist Schulze- Rose besonders gut im Figürlichen vertreten, gleich stark in Landschaft wie Figur Willi Specht, mit ihm zugleich H. Graß, Paschold und Benndorf. Jllemanu mann und Oetiel stellen einige schöne Plastiken aus, Wider hat sich mit neuen Stilleben einge.unöen. * Ein Menschenskelett aus der Steinzeit. In der Pariser Akademie der Wissen chaiten verlas Proseyor Henn Marlin ein Memorandum, das sich am eine vor '.urzeni von ihm in der prähistorischen Stanau von La Ouina im Departement Charenre gemachte Entdeckung bezieht. Ter Gelehrte entdeckte dort nach erwa siebenjährigen Grabungsarbeiten das beinahe vollständig erhaltene Sleleit eines Meirichen aus der ältesten Steinzeit, das seiner Ansickt nach mindestens gleichaltrig nut dem NeandcrtalschäLel und dem bekannten Skelett von La Ceapelle aux Saints lein soll, wenn es noch nicht noch älter ist. Der noch teilweise von ErL- und Eesteinsmassen um- aedene Schädel wurde der Akademie vorgelegt; das Gebiß ist vollständig erhalten und zeigt eine enorme Zahnentwicklung, namentlich was die Eckzähne an langt, die aber Lurch vieles und starkes Kauen stark abgenutzt sind. Dies läßt darauf schließen, daß es sich um das Skelett eines älteren Mannes handelt. Auch and re archaische Eigentümlich.eiten zeigte der Schädel, so vor allem eine enorme Entwicklung der AuacnLraueubogen. * Musikchroni!. Mitte Januar wird in Brom berg ein Hugo - K auer > Abend stattfinden. — Julius Bittners zwciattige Oper „Der Musi« kant", die im vorigen Jahre von der Wiener Hof- oper ins szenische Leben eingeführt worden ist, hat nun auch im Stuttgarter Hojtheater einen freund lichen Erfolg errunacn. Bei der Erstaufführung am Sonntag unter Hoftopellmeister Bands Leitung sand das Stuttgarter Publikum viel Gefallen an dem reizvollen Werke ät. Hochschulnachrickten. In Freiburg in Breis- gau ist die neue Univerfitätspolitlrnik eröffnet worden. Zu der Feier war als Vertreter des badischen Unter richtsministeriums Ministerialrat Schwören er schienen. Ter Direktor der Poliklinik Professor Dr. Morawitz wies darauf hin, daß in dem neuen Institut auch für die physikaliiche Behandlung der Krantheiten gesorgt lei. — Die medizinische Fakultät der Universität Bern hat als Ersatz für den Ordinarius der Geburtshilfe und Gynäkologie Professor Dr. E. Kehrer folgende Herren vorae- schlagen: > limo et L guo laeo den Privatdo'enten Dr. K. Bai sch-München, den außerordentlichen Pro fessor H. W Freund-Straßburg und den Privat- do enten Professor K. Renferscheid-Bonn, ferner »ei unck > et Lcmo loco den Privatdo:enten Dr. A. Lab- Hardt in Basel, den nicht etatsmäßigen außer ordentlichen Professor Dr. O. Pankow in Freiburg in Br. und den Prioatbozenten Dr. G. Schtckele in Straßburg.
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