Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 23.09.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-09-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110923016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911092301
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911092301
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-09
- Tag 1911-09-23
-
Monat
1911-09
-
Jahr
1911
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
»icht»r »td Weichensteller, die den Dienst an Stelle der Ausständigen versehen. Die Lag« in Queenstown. London, 22. September. (Eig. Drahtmeldung) Di« Lage in Queenstown gestaltet sich außer- ordentlich ernst. Di« Stadt wird allmählich von Dublin und London a b ge s ch n i t tr n. Zwei hundert Reisende, die morgens mit den Dampfern „Cedric" und „Ara die" von New York und Boston ankamen, konnten die Stadt nicht mehr verlassen. Heute werden Züge Queenstown weder verlassen noch dort eintressen. Aum Stsnüe üer Msrokkoverlranülunyen. meldet der „Berl. Lokalanz.": Man nimmt an, daß die vermutlich bereits nächsten Moniag in Berlin einlressende Antwort der französischen Re gierung so gehalten sein wird, daß weitere Ver handlungen über Marokko nicht mehr er forderlich sind. Das Blatt fügt hinzu, daß die Besprechungen über die Kongo frage, in die man dann eintreten werde, auch nur einen kurzen Zeitraum in Anspruch nehmen dürfte. Aus Paris wirb unterm 22. September berichtet: Die französische Regierung besitzt die von Camdon telegraphisch übermittelten Ki der len scheu Vorschläge über die den Konsuln in Marokko zu belassenden Rechte, sowie di« deutschen Anträge westen der Schutz befohlenen. llebcr den Eindruck dieser Vorschläge verlautet in den leiteirden französiscl)en Kreisen: Es sei nicht ganz leicht, gewisse, besonders auf gezählt« Ausnahmesälle, in denen Deutschland die Konfulargerichtsbarkeit als obligatorisch verlange, mit den Bestimmungen des künitigen allgemeinen Kodex für Marokko in Einklang zu bringen. Man hoffe aber in kürzester Zeit auch dieser Schwie rigkeiten Herr zu werden. Anläßlich des Angriffes auf eine Mannes- rnannschc F ar m im Hinterlands von Saffi durch marokkanische Räuber hat, wie aus Berlin gemeldet wird, die deutsche Regierung der marokkanischen — unter selbstverständlicher Ausserachtlassung Frank reichs — angedroht, daß, wenn di« scherlfische Re» gierung nicht in der Lage sei, die Deutlichen zu schützen, Deutschland dort selbst eingrei fen werde. Deutsche Teuerungsrevolten? Von einer Persönlichkeit, die mit den Auf fassungen in sozialdemokratischen Führerkreifcn ver traut ist, wird dem „Deutschen Boten" über die naheliegende Frage, ob das Wiener Beispiel im Laufe des Winters auch in reich s deutsch en Großstädten Nachahmung finden könnte, ge schrieben: „Wenn in dieser oder jener Großstadt gewisse kreise der unbemittelten Schichten während des Winters Neigung verspüren sollten, nach dem Bei spiel des Auslandes Teuerungsrevolten zu insze nieren, so ist zu erwarten, daß die Führer der Sozialdemokratie und der Arbeiterorganisationen alles daran setzen werden, einem solchen Vorhaben crirgegenzutreten — wohlverstanden: vor den Wahlen! Das Bedürfnis, die radikale Nuance etwas zu übertünchen, ist vor den großen Reichstagswahlen ia schon wiederholt bemerkbar geworden, am aller meisten jetzt auf dem Jenaer Parteitage. Sozial demokratische Demonstrationen, die weit genug aus arten, um dem Mob Gelegenheit zum Rauben und Plündern zu geben, würden gegenwärtig ganz gegen den sinn der sozialdemokratischen Taktik verstoßen, deren Zweck es ist, bei den Hauptwahlen die Mit läufer, bei den Stichwahlen die freisinnige Unter stützung zu gewinnen. La die sozialdemokratischen Führer sehr gut wissen, wie schwer es ist — zumal wenn schlechtes Beispiel des Auslandes zur Nachahmung reizt —, bei großen Demonstrationen die Massen bis zuletzt in der Hand zu halten, so dürfte gerade im Hinblick aus den möglichen Anreiz zu Teuerungsrevolten der Gedanke erwogen werden, für diesen Winter Abstand zu nehmen von den während der letzten Jahre üblichen Straßendemonstrationen am Jahrestage des Peters burger blutigen Sonntages, da dieser Gedenktag mitten in die Zeit der Wahlentscheidungcn hinein fällt. Qb man cs dann später nachden W ahle n für zu lässig halten wird, gelegentlich der üblichen Demon strationen gegen das preußische Wahlrecht und der roßen März-Exerzitien der sozialdemokratischen Gruppen das Motiv der Auflehnung gegen die Teuerung mitklingen zu lassen bis zum Revoltieren, das ist eine spätere Sorge und wird zum Teil auch abhängen von dem Ausfall der Wahlen. Einst weilen Haden die sozialdemokratischen Führer das lebhafteste Interesse daran, deutsche Teuerungs revolten zu vermeiden. Die Leitung üer Meülzlnslsdtcttung ües preußischen Ministeriums ües Innern ist nunmehr einem Fachmann«, dem bisherigen Dezernenten dieser Abteilung, Geheimen Obermedi zinalrat Professor Dr. Kirchner, unter Ernennung zum Wirklick-en Gecheimen Obermedizinalrat über tragen worden. Damit hat die Regierung einem in weiten Kreisen gehegten Wunsche Rechnung getragen und sich in der in der öffentlichen Meinung^ nament lich aber in Aerztekreisen, vielerörterten Krage, ob an die Spitze 'des Medizinalressorts ein Jurist oder ein Mediziner gehöre, auf die Seite derjenigen ge stellt, die sich entschieden für einen Fachmann aus sprachen. Und sie hat damit das Richtige getroffen, denn es herrscht nahezu Uebcreinstimmung darüber, daß nach dem gegenwärtigen Stande der Hygiene und der praktischen Gesundheitspflege dieses wich tige Amt nur von einem Fachmann vertreten sein dürfe. Auch hinsichtlich der Person des neuen Di rektors hat die Regierung einen glücklichen Griff getan, tveheimrat Kirchner ist ein« weitbekannte Persönlichkeit, er trat verschiedentlich nm Parla mente in medizinischen Fragen hervor. Geboren am 15. Juli 185-1, studierte er zunäUt in Halle, ging dann zur inilitckrärzttichsn Büld-ungs-anstalt, pro movierte 1878 zum Dr. der Medizin unv betrat di« militärärztliche Laufbahn. Im Jahre 1894 wurde er Privatdozent an der Technischen Hoch schule in Hannover, zwei Jahre später Hilfsarbeiter im Kultusministerium und 1898 Vortragender Rat, nachdem er im Jahre vorher den Professorcntitel erhalten hatte. Kirchner ist auch vielfach literarisch tätig gewesen, namentlich bat er sich aber große Verdienste um die wissenschaftlich« und praktische Seuchenforschung erworben, uild an der Seuchengesetzgcbung hat er hervorragenden Anteil. Da mit der Ernennnng des Direktors di« seit April d. I. aus dem Kultusministerium in das Vli- nisterium des Innern übergeleitete Medizinal abteilung nunmehr definitiv in ihrem neuen Nahmen konstituiert ist, so sei darauf hinge- wiosen, welche bedeutsamen* A u fg ab e n der Mcdi- zinalabteiluwg obliegen. Zu ihrem Ressort gehören die Wissenschaftliche Deputation für das Modizi- nalwesen, der Apothekerrat und die technische Kom mission für pharmazeutische Angelegenheiten, das Institut für Infektionskrankheiten und alle sonstigen Institute, die Aufgaben« der Medizinalverwaltung erfüllen. Ferner erfolgt in der Medi.sinalabteilung die Bearbeitung der Prüfungsvorschriften für Aerzte, Zahnärzte, Apotheker und Nahrungsmittelchcmikcr, die Erteilung der Approbation als Arzt, Zahnarzt und Apotheker, sowie der auf alle Krankenhäuser, Irrenanstalten, Säuglings-, Wöchnerinnen- und Krüppelheime bezüglichen Angelegenheiten und der Ausbildung der in dicfcn beschäftigten Personen, Hebammenwesen, Nahrungsmittelkontrolle, öffent liches Dadewcsen und die Bekämpfung des Alkohol missbrauches gehören ebenfalls zu dem Ressort der Medizinaläbtcilung. Man sieht also, welche allge meine Bedeutung sie hat, und mit um so größerer Genugtuung wird inan es aufnehmen, daß an ihre Spitze ein hervorragender Fachmann gestellt worden ist, der sich schon auf den verschiedenst»» Gobieteir der öffentlichen Gesundheitspflege bewährt hat. Zentrslverbanü unü Reichstsgswahlen. Der Zentralverband Deutscher Industrieller er läßt an sämtliche Mitglieder ein Rundschreiben, worin aus die kommenden Reichstagswahlen hin gewiesen wird, die eine Scheidung nach links und nach rechts mit sich brinaen würden. Der Zusammen setzung des nächsten Reichstags komme für die Fort entwicklung unseres nationalen Wirtschaftslebens eine besondere Bedeutung zu. Weiter heißt es in dem Rundschreiben: Es ist nationale Pflicht der großen wirtschaft lichen Verbände, daran zu erinnern, daß unser blühendes Erwerbsleben durch schwere Er- schütterungen bedroht wird, deren Folgen sich überall — von den größten Unternehmungen über den gewerblichen Mittelstand bis zum Klein gewerbetreibenden keinen ausgenommen — bemerk bar machen werden, wenn die wechselseitige Er bitterung und Verbitterung in den bürgerlichen Er werbskreisen, die doch aufeinander angewiesen sind, noch weiter um sich greift und'die Kluft'zwischen LlMma Wsgner unü Asm LW Zum ersten Male tritt Cokima Wagner als Schriftstellerin mit einem Büchlein hervor, dessen Reinertrag dem Bayreuther Stipcndicnfonds zu- fließen soll. Der eigentliche Inhalt dieser Schrift („F r o n zL i s z t. Ein Kedenkblatt von ferner Tochter". Bruckmann, Aktiengesellschaft, München 19111 umfaßt nur 70 Seiten, denn der An hang (S. 71 bis 124) enthält Auszüge aus Briefen von Liszt. Wagner und Bülow sowie eine ausführ liche Stelle aus Malwida von Meyscnbugs bekann tem Memoirenwerk. Fn engem Anschluß an die von La Mara bewerk stelligte ausgezeichnete Ausgabe der sämtlichen Briefe Franz Liszts behandelt die Verfasserin zunächst das Verhältnis des Meisters zur Fürstin Wittgenstein, „da man sich mit Liszt nicht befassen kann, ohne die Fürstin Wittgenstein mit zu betrachten". Mit Recht sagt Cosima Wagner, daß Liszt als der Gelenkte, die Fürstin jedoch als Lenkerin erscheine — „und dies ist natürlich", ein Nachsatz, dessen Berechtigung sehr zu bestreiten sein dürste. Denn es steht wohl außer Frage, daß der Einfluß der Fürstin, vollends in reli giösen Dingen, aus Liszt nicht durchaus immer heil samer Natur war, und es geht aus verschiedenen Briefstellen evident hervor, daß Liszt sich des öfteren eines gewißen Druckes wohl erwehren wollte, den die Fürstin auf ihn ausübte. Wohl hatte sich Liszt den Glauben seiner Kindheit bewahrt, wohl war er im tiefsten Innern ein frommer Mensch und durfte von sich sagen, die einstige kindliche katholische Frömmig keit habe sich in ein geordnetes und ordnendes Ge fühl gewandelt. Aber seinem Wesen fehlte der Grund' zu^ jener, von der Welt scharf absondernden, vieles ertötenden Bigotterie, die sich der Fürstin immer mehr und mehr bemächtigte, eine Tatsache, die von Cosima Wagner nicht immer scharf genug beleuchtet wird. Die Fürstin hatte ein kleines Betzimmcr (in der Weimarer Altenburg) neben dem gemeinsamen Ar beitszimmer Herrichten lasten. „Gebet, Inspiration, Pflichtenerlediaungen, alles teilte sie mit ihm und allem verlieh'sie das Gepräge ihrer seltenen Indi vidualität." Aber wir glauben, daß Liszt sicherlich zuweilen unter dem Zwang, sich Einzelbestandteile dieser Individualität aneignen zu sollen, gelitten hat. Treffliches sagt Cosima Wagner andernteils über die inneren Beziehungen, die das Verhältnis Liszt» und der Fürstin herbeffü^rten: „Was sie zusammengeführt hat; war ein tiefer, religiöser Zug, dann eine hohe Vorstellung von der Bestimmung der Kunst, das Bedür nis, dieser Be stimmung zu dienen, endlich der Mut, es mit den Widerwärtigkeiten dieses Lebens und der Bosheit der Menschen aüfzunehmen. Beide hatten einen ausge prägten Sinn für die Anerkennung des Guten auf Erden, für ästhetische äußerliche Formen, für den idealen Gehalt der Würden bei stolzer Verachtung der irdischen Güter." Auch hier ist aber einzuschalten, daß nicht die Reift gion, sondern die Kunst allein an erster Stelle, daß das Interesse für den ausübenden Künstler wie jenes für die geistreiche Frau, die, obwohl nicht eigentlich schön, so doch über gewisse unverkennbare Reize ver fügte, diese beiden bedeutenden Menschen zusammen führte. Hinlänglich bekannt ist auch die Wirkung, die die Zurücknahme des Konsenses zur Trauung mit der Fürstin durch Pio Nono auf Liszt ausllbte. Jene haben, im Gegensatz zu Cosima Wagner, Recht mit der Anschauung, daß die Fürstin in ihrer genialischen lrichtiger gesagt religiösen! Exzentrizität keinen Sinn mehr hatte für die Ehe, ja daß sie in dem päpstlichen Nom, in der fast dumpf zu nennenden geistlichen Atmosphäre die erwünschtesten Anregungen fand für ihre religiösen Halluzinationen, deren Frucht, wie der Dichter Richard Voß berichtet, täglich einen sofort in die Offizin wandernden Druckbogen ausmachten. Seit jenem erfolglosen Kniefall vor dem Pavste ent fremdete sich die Fürstin immer mehr der Welt und dem lebendigen Wirken ins Weite. Sie glich weder noch war sie gar, wie Cosima Wagner sagt, eine ..Sibylle", sondern spielte sie nur. Liszt hingegen schloß seine römische Epoche ab und wandte sich energisch seinem neuen Berufe in Weimar zu, nämlich dem des großen Mentors begabter Kunst novizen. „.In 8IN8 au.°si röiccsin quo re>«i8m6!" war in der Tat ein großes Wort und ein großer Zug im Wiesen Liszts. Zweimal stand Liszt vor der Ehe. Zuerst bewarb er sich um die Gräfin Valentine de Ccsfiat, Lamartines Nichte, später um die Fürstisi. Und erst von jener Zeit an. da Liszt auf das durch die Ehe so sehnlichst erhoffte Glück von Ruhe und Frieden endgültig verzichten mußte, — erst von da ab hat Cosima Wagners Wort recht eigentliche Gültigkeit: „So haben wir bei seinen immer sich wieder holenden Beteuerungen die Empfindung, nicht einer natürlichen Frende an der Liebeserklärung für ein den bürgerlichen Parteien immer mehr vergrößert wird. Vornehmlich aber sollte sich die Industrie mit Rücksicht auf ihre schwierige Lage gegenüber dem Weltmarkt und gegenüber dem überstarken sozial, politischen Druck unseres Wahlrechts auf die Fraktionen des Reichstags davor hüten, ihr Wohl und Wehe der mehr oder weniger großen Geschicklich- kett der Führer einer einseitigen Parteirichtung an zuvertrauen. Es muß angenommen werden, daß die Vertreter des deutschen Volks in allen bürgerlichen Parteien des Reichstags gewillt sind, das Wohl der Gesamtheit zu fördern; weil dem so ist, kommt es vor allem darauf an, dafür Sorge zu tragen, daß sie über die vielfach überaus komplizierten Zu sammenhänge der Dinge gründlich und von ihnen vcr- l trauenswürdig erscheinender Seite unterrichtet l werden. Gerade hieran fehlt es, und es hat viel zu lange gefehlt. Denn viel zu wenig in der Industrie tätige oder der Industrie nahestehende und mit ihren verschiedenartigen Bedürfnisten vertraute Männer sind im Reichstag und somit in der Lage, an dem wichtigsten Rechte der Reichsbürger, an der Mitwir kung bei der Gesetzgebung teilzunehmen. Getragen von dieser Ueberzeugung und in der Hoffnung, baß diesem Ucbelstand nach und nach abgeholsen werden könne, hat der Ausschuß des Zentralverbandes Deutscher Industrieller durch die Begründung des industriellen Wahlsonds den Willen bekundet, auf die Wahl von Industriellen und industriefreund lichen Männern möglichst in allen bürgerlichen Par teien hinzuwirlen. Nichts kann der geiamten deutschen Industrie nützlicher sein, als wenn in allen bedeutenderen bürgerlichen Fraktionendes Reichstages demnächst mehr Männer aus der Industrie selbst und aus der Industrie nahestehenden Kreisen mitarbeiten, welche durch ihre persönlichen Eigenschaften und Erfahrungen Gewähr dafür bieten, daß die Frak tionen über ihre Darlegungen nicht achtlos Hinweg geben werden. Nicht also eine einseitige Partei richtung einseitig zu unterstützen, sondern die Ent sendung möglichst zahlreicher Vertreter oder doch zuverlässiger Freunde der Industrie in möglichst viele bürgerliche Fraktionen anzustreben, das ist heute angesichts der Entwicklung, welche die Dinge genommen haben, mehr denn je die wirtschcffts- und sozialpolitische Pflicht der industriellen Ver bände. Zum Schluß wird die Arbeit des Ausschusses für die Verwaltung und Verwendung des industriellen Wahlfonds hervorgeboben, in der der Zentralverband, wie überall bei de r Erfüllung seiner satzungsgemäßen Aufgaben, nicht parteipolitisch geworden, sondern neutral geblieben sei und es auch bleiben werde. Japans neue Mttenpläne. Seit mehreren Wochen ist in der japanischen Presse ein« starke Agitation bemerkbar zugunsten eines schnelleren Ausbaues der Flotte, der durch ein neues Bauprogramm für die nächsten Jahre sichergestellt werden soll. Hauptzweck dieser Agitation scheint es jedoch zu sein, die Stimmung für eure demnächst ein zubringende große Marinevorlage vorzuberciten. 82 Millionen Yen, auf fünf Jahre ver teilt, waren im vergangenen Jahre für den Aus bau der Flotte bewilligt worden. Allgemein wurde aber dieses bescheidene Budget nuralseinPro- visorium angesehen und schließlich auch vom Marineminister als solches bezeichnet. Die Annahme, Laß die Regierung mit Rücksicht auf die Finanzlage noch einige Jahre mit der in Aussicht gestellten größe ren Flottenvorlag« warten würde, scheint sich nach neueren Nachrichten nicht zu bestätigen. Es darf wohl als sicher angenommen werden, das; man sich jetzt eines anderen besonnen hat und daß ein neues endgültiges Flottenprogramm bereits im kommenden Jahre dem Parlament vorgclegt wird. Die Gründe, die den unmittelbaren Anlaß zu Lieser Beschleuni gung des Ausbaues der Flotte gegeben haben, sind nicht mit Sicherheit festzustellen. Teils sind sie wohl in der veränderten politischen Lage Japans im Stillen Ozean zu suchen, teils aber auch in inncrpolitischen Verhältnissen, die mit dem Ausbau der Wehrmacht überhaupt und dem Finanzvrogramm des zurückge tretenen Kabinetts Katsura in enger Beziehung stehen. Nach einer Nachricht, die vor Wochen zuerst im „Nichi Nickst" auftauchte, und die dann tagelang von der gesamten Presse in bemerkenswerter Uebercin- stimmung besprochen und wiedergegeben wurde, soll die neue Marinevorlage aus folgendem be steh«»: Japan muß möglichst bald eine Flotte von 8 der modernsten Linienschiffe, 8 Panzerkreuzern. 8 ge schützten Kreuz«rn und einer entsprechenden Anzahl kleinerer Fahrzeuge besitzen. Hiervon sind schon im Bau bzw. aus den Mitteln der schon bewilligten Programme geplant: 1 Linienschiff, t Panzerkreuzer und 3 geschützte Kreuzer. Es bleiben also Mittel anzufordern zum Bau von 7 Linienschiffen, 4 Panzer durch ihre Reize ihn anziehendes Weib, sondern einer Leistung, in welcher alle Seclenkräfte in Spannung sind, um einer über alles dankbar verehrten und be wunderten Frau durch den Ausdruck anbetungsvoller Liebe über Pein und Not der schwersten Art hinweg zuhelfen." Unfraglich aber war Liszt der Fürstin gegenüber seiner ritterlichen und wundervoll humanen Natur entsprechend in ebensoviel Fällen der Gebende wie der Empfangende. Außerordentlich gefördert wurden Liszts kirchen musikalische Pläne und Arbeiten durch die Fürstin; eine von Cosima Wagner eben nur gestreifte Tat sache. Anderseits war sie in musikalischen Dingen nichts weniger als kompetent. Die Gesänge des Berliner Domchors hinterließen ihr nicht den ge ringsten Eindruck: Wagners Theorien nannte sie „<1o xi-oKsos bötiscs"; die Lohengrin-Dichtung erkannte sie kaum an, und mit ihrem eigenen, vollkommen mißratenen (Bülow sagt „verunglückten") Text zu Berlioz' Oper „Die Trojaner" bewies sie drama tisches Unverständnis. Für Liszts Dante-Sinfonie wünschte sie einen glänzenden Abschluß, Wagner hingegen einen ätherisch ausklingendcn. Liszt gab daraufhin diesem seinen Werke zwei Schlüße, und Wagner machte daraufhin seinem begründeten Aerger mit dem Ausdruck Luft: „Da sieht man, welchen Ein flüssen er folgt!" Auf das allgemeine aber im Leben Liszts und der Fürsten hinzielend, äußerte Wagner einmal gegen Bülow mit Recht: „Ich fürchte, er läßt unverantwortlich in sein Lebe»' eingreifen; wie soll er dann nicht endlich die Kraft verlieren, den unvermeidlichen Eingriffen in seine Natur zu wider stehen." Im übrigen bringt das in Rede stehende Buch besonders im letzten Teile manches Sympathisches, wenn auch schon hinlänglich Bekanntes; z. B. über Liszts Nächstenliebe, humanistische Lebenstendenz, ruhiges Abwarten, sich aufgeführt zu sehen, und Freude an der Förderung anderer Künstler, di« er förmlich zu einer seiner Lebensaufgaben gemacht hatte. Uebler Art ist hier der von der Verfasserin unternommene Angriff auf Clara Schumann, die eines „unwürdig kleinlichen" Gebarens bezichtigt wird. Aus den Tagebüchern der Künstlerin geht hervor, daß sie zeitlebens innerlich der Lisztschen Kunst fern stand und einzeln« seiner Werke zwar öffentlich spielte, aber der Gesamtheit seines kreuzern und 5 geschützten Kreuzern, sowie von Zer störern, Torpedobooten ulw. Ueber die Höh« der Geldmittel, die zur Durch führung der neuen Vorlage nötig sind, lauten dl« Nachrichten verschieden: teils werden 400 Millionen Yen, terls 300 Millionen Yen angegeben, eine dritte Version ist die, daß von den ursprünglich beabsichtig ten 400 Millionen di« durch die vorjährige Flotten vorlage bewilligten 82 Millionen Yen abgesetzt wür den, so daß noch die Summe von 318 Mil lionen Yen zu fordern wär«. Diese Summe soll, wie es in der Presse heißt, auf 6 Jahre verteilt werden. Zur richtigen Beurteilung der beabsichtigten Flottenvermehrung darf nicht außer acht gelaßen werden, daß von den Mitteln, die durch dl« vls- herigen Flottenprogramme bewilligt wurden, der Marineverwaltung für den Zeitraum von 1912 bi» 1916 noch 20ö Millionen Yen zur Verfügung stehen, von denen 129 Millionen für Schifssoauten be stimmt sind. Bei Bewilligung des bevorstehenden Flotten programms würden somit bis 1917 etwa 600 Mil lionen Yen --- 1i/i Milliarde Mark zum Ausbau der japanischen Flotte verwandt werden, «in Beweis, mit welch zäher Energie „das Land der aufqehenden Sonne" an der Befestigung seiner Vormachtstellung im fernen Osten arbeitet. 9. LvangelllÄ-lutherilHe Lanües- lgnoüe. (:) Dresden, 22. September. Die heutige Sitzung, die >L11 Uhr begann, wurde mit einem Gebet des Oberhofpredigers I). Dr. Dibelius eingeleitet, worauf der Präsident die Verpflichtung eines Synodalmitgliedes vornahm. Nach Erledigung der Negistrande beantragte Geh. Hofrat Opitz-Treuen zur Vorberatung der zahlreichen Gesetzesvorlagen zwei Verfassungs- und zwei Petitionsausschüsse sowie einen vorbereitenden Ausschuß für den Bericht des evangelisch-lutherischen Landes konsistoriums, vetreffend den Zustand der evan gelisch-lutherischen Landeskirche, einzusetzen. In jeden Ausschuß vittet er 11 Mitglieder zu berufen. Präsident Dr. Böhme weist darauf hin, daß der Antrag eine Abweichung von der Geschäftsord nung bedeute und diese sei gewissermaßen als ein Kirchengesctz zu betrachten. Wenn die soeben bean tragte Einrichtung dauernd getroffen werden sollte, so würde dies einer Abänderung der Geschäftsord- nung gleichkommen. Für den Fall, daß die Einrich tung nur bei der diesjährigen Tagung durchgeführt wird, so würde er sie acs einen Versuch ansehen und erkläre sich grundsätzlich im Namen des Kirchenregiments damit einverstanden. Bei einer dauernden Beibehaltung der gewünschten fünf Ausschüsse würde es z. B. ost schwer sein, für jede Sitzung Kommistarc zu ernennen, insbesondere wenn sämtliche Ausschüsse gleichzeitig tagen würden. Geh. Hofrat Opitz erklärte hierauf, daß die Ein richtung nur für die diesjährige Synode gelten solle, weil ihr besonders zahlreiche Erlasse, Peti tionen und Eingaben zugegangcn seien. Hierauf wurde der Antrag ohne weitere Debatte einstim mig angenommen. Die Versammlung wählte dann zwei Derfassungsausschüste, zwei Ausschüsse für Beschwerden und Petitionen und einen vorbcratenden Ausschuß für den Erlaß Nr. 6, betreffend den Zu stand der evangelisch-lutherischen Landeskirche, nach den aus ihrer Mitte gemachten Vorschlägen. Nächste Sitzung Montag vormittag 11 Uhr. Tagesordnung: Erledigung der Negistrande und Wahlprüfung. O- Der Synode ist heute ein Erlaß über eine Neueinteilung der Wahlbezirke für die evangelisch lutherische Landessqnode zugeaangen. Das evangelisch-lutherische Landes konsistorium hat die Festsetzung der Wahlbezirke für die Synode einer erneuten Prüfung unterzogen, wobei sich infolge der Neugrllndung von Parochicn und von Aenderungen in der Abgrenzung der Ephoralbezirke einige Abänderungen notwendig gemacht haben. Die Wahlkreiseinteilung hat den Ergänzungswahlen zur IX. ordentlichen Landessyuode bereits zugrunde ge legen. Nach der neuen Feststellung ist Dresden in 3 Wahlbezirke eingeteilt, wähenrd die Leipzi- ger Parochien der Thomaskirche, der Matthäikirche, der Lutherkirche, der Michaeliskirche, sowie die Pa- rochien Leipzig-Eutritzsch, Leipzig-Gohlis, Leipzig- Kleinzschocher, Leipzig-Schleußig, tue Nathanael- und die Philippus-Parochie zu Leipzig-Lindenau, die Parochien Leiozig-Plagwitz und Leipzig-Möckern (Ephorie Leivzrg I) den Wahlbezirk IX bilden. Den Wahlbezirk IX V bilden die Leipziger Parochien der Nikolaikirche, der Peterskirche, der Ändreaskirche, der Johanniskirche, die Markusparochie in Leipzig- Schaffens abhokd gestimmt war. Sie sagte u. a. von Lffzt: „Das ist ein Künstler, den man selbst hören und sehen muß ... Er ist mit gar keinem Spieler zu vergleichen — steht einzig da ... Seine Erscheinung am Klavier ist unbeschreiblich — er ist ein Original — er geht unter beim Klavier ... Sein Geist ist groß; bei ihm kann man sagen, seine Kunst ist sein Leben." Anziehend beschreibt Cosima Wagner des Meisters Zusammensein mit Liszt in der bayreuthischen Villa Wahnfried und auf Reisen, z. B. in Siena und Venedig, wo Liszt, so viel echte Freude an Kindern und Enkeln bezeugte, mit letzteren Kirchen und Märkte besucht« und geschäftig durch die Gassen eilte, um für sie Weihnachtsgeschenke zu beschaffen. Von großem Wert sind die Mitteilungen über Liszts letzte Lebensstunden und echt empfunden die Schluß- Worte: „Die bis zur Anbetung «liebten klänge seines Freundes und Meisters s?!f umtönen seine Selig- keit, und jeder echte kmytpilger, der zum Festspiel hause wallt, bringt dem Hochgemuten seine ver- ehrungsoolle Huldigung dar." Lag«» Logrüi». Kunst unü WMenMsft. * Leipziger Stadttheater. Einer Anregung sämt licher Solomitglieder des Stadttheaters Folge gebend, hat die Direktion die Anordnung getroffen, daß von jetzt ab Kränze und Blumenspendcn den Darstellern in die Garderoben gesandt, auf offener Bühne aber nur noch bei besonderen Anläßen (Jubiläen, Abschieden) überreicht werden. * Von der Prager Oper. „Der Musikant", zwei Akte, von Julius Bittner, fand am Don nerstag bei seiner Erstaufführung im Neuen Deutschen Theater eine sehr freundliche Aufnahme; besonders stark war der Beifall nach dem 1. Akt. Da» von dem Komponisten selbst verfaßte Textbuch, behau- delt, von Episoden umrankt, die Untreue der Sän gerin Violetta an dem Kapellmeister Schönbichler, der aber bei der deutschen Geigerin Friederike Trost findet. Di« Musik untermalt alle Geschehnisse und Reden auf der Bühne; sie ist sehr talentvoll, aber sie schwankt in allen Stilen herum, dabei ist die In strumentation für die. einfachen Vorgänge oft zu gewaltig. Wird sich der Komponist finden, so ist
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)