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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 21.09.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-09-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110921010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911092101
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911092101
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-09
- Tag 1911-09-21
-
Monat
1911-09
-
Jahr
1911
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Bezu-S Preis Mr L«tp,ta »nd Vorort« dnrch «<«« Träger und Eo«dtt*»r« 2«al in, hau, gebiacht: 80 PI. »«natT.r.7» Ulk. oierieljäbrl. Bet unler» gUialen u. An» nahmetzeuen obaedoU: 7S Pt. «oaatl^ r.rS Vtt. vierteliährl. Lorch dir P«tt: tnoerbakb Leutlchland, und d«r d«ot!ch«n Kolonien vierleljädrl. Z.S0 Mk.. monatl. I.ru lvlk. aurichl vokrbeftellarld Ferner in Belgien, Tänemart. den Donaoliaaren. Italien. Luremdura, Niederlande. Nor wegen. Lenekreild - Ungarn. Nobland. Schweden. Schwei» u Spanien. In allen üdrigen Siaaien nur direkt durch di« LeichäitokteL« d«, Llatte» erhältlich. La, Leivpger lagedlatt «rlcheini 2 mal iäglich. Sonn. ». Feiertag, nur morgen». Lboanemento-Annahm« 2ohanni»gail« S. del unseren Trägern, Filialen. Spediteuren und ilnaahmesrellen. !owl« Poäämtrni und Lrieiträgern. Morgen-Ausgabe. MpMerTagMaü Lrl.-A«sthl. 1« SS2 lNachMuschlutz) 14 683 14 684 Handelszeitung. s 14 692 <«nch-»Mn» Lel.-Iaschl. j 14 693 1 14684 Nmtskkatt des Aales ««d des Nokizeiamtes der Stadt Leipzig. Anzeigen-Preis Mr Inlerat, au, U«ip»ta »ad Um«»«, di« lipaltig«P«tit»»ile Lvs, dirXellarn». »eil« i Mk.' von auowärt, N Pt. N«kla»«n l-2ll Mk.' Inserate von Behörde» im amt lichen Teil di« Petit »eile S0 Pf <L«schäft»an»ei,«n mit Platzoorschrift«n im Preise «rhöht. Nabatt »ach Taris. Leilagegebilhr Gesamt auslag« 5 Mk. p Tausend «rkl. Postgebühr. Teilbeilag« Häher. Fetzertellt« Lus träge können nicht »nrück- ariogen werden. Für da. Erscheinen an bestimmten Tagen und Plätzen wird keine Garantie übernommen. Lngeigen-Annahme: Sohanni^ach« tz, bei sämtlichen Filialen a. allen Annoncen- Egpeditionen de. In- and Tn»landen Drmk »nd Verla, »o, Fisch« ch »rst«, Inhaber: Paul Kürst«». Redaktion »n» Geschäst^tel«: Iohannisgass« 8. Hauvt«Filiale Dre»»me: Serstras« i, l (Telephoa «UV. Nr. 262. vonnerstsg, -en 2t. September tSll. los. Jahrgang. Die vorliegende Ausgabe umfaßt 16 Leiten. Das Wichtigste. * Der am 7. November zusammentretende sächsische Landtag wird wegen der Reichstags wahlen voraussichtlich eine Unterbrechung von vier Wochen erhalten. (S. Dtschs. R.) * Der Dresdener Rat beschloß, den städtischen Arbeitern vom 1. Oktober M i e t- zuschüsse, abgestuft nach der Zahl der Kinder, als Aequivalent für die Teuerung auszuzahlen. * Die nächstjährige Seerechts-Konferenz findet in Paris statt. (S. Ausl.) * Die englische Regierung bereitet die Organisation einer Hilfspolizei vor, die in Zeiten Les Krieges oder innerer Unruhen die öffent liche Ordnung aufrechterhalten soll. (S. Ausl.) * Der Aufruhr in Spanien gewinnt an Ausbreitung. (S. bes. Art.) * Zn der gestrigen Stadtverordnetensitzung wurde ein Schreiben des Rates mitgeteilt, wonach eine noch in Bildung begriffene größere Bereinigung die Errichtung eines Flugplatzes auf städti schem Areal plant. sS. Bericht.) Der Aufruhr in Wien. Der außergewöhnlich dürre Sommer von 1911 wird noch lange, und nicht allein als ein meteorologisches Kuriosum, im Gedächtnisse bleiben. Es war sehr bemerkenswert, daß dieses Mal die Westhälfte Europas das Klima hatte, dessen sich in gewöhnlichen Jahren Ruß land erfreut. Da nun aber endlich die Macht der Hitze gebrochen zu sein scheint, haben die Bolkswirte und Politiker der betroffenen Länder unter deren Nachwirkungen, unter der Knapp heit und somit der Preissteigerung der Feld früchte und der für die Viehhaltung benötigten Futtermittel zu leiden. Teuerungsunruhen allerorten: in Frankreich und Belgien wie jetzt in Oesterreich! Die Straßen Wiens waren seit den dort besonders krampfhaften Zuckungen des Jahres 1848 von Volkserregungen, die sich bis zum Barrikadenbau gesteigert hatten, frei geblieben, während in Prag noch in den letzten beiden Jahrzehnten zweimal das Standrecht verkündigt werden mußte. Die größere nationale Ge schlossenheit der Kaiserstadt und zugleich ihre verhältnismäßige nationale Lauheit haben das Menschenalter des erbittertsten Sprachenstreites ohne ernstliche Ausschreitungen einer der be teiligten Seiten überwunden. Zwar begleiteten lärmende Straßenumzüge die parlamentarische Obstruktion gegen Badenis Verordnung und erwirkten ja auch den Sturz des den Deutschen schlimmstverhaßten Ministers; aber in Wien floß kein Blut dabei, wie es z. B. in Graz vor- kam. Ebenso verlief in späteren Jahren die sozialdemokratische Wahlrechtsdemonstration friedlich und „erfolgreich". Damals wie heute war Herr v. Gautsch Minister präsident. Da er so außerordentlich pünktlich die ihm vom „dröhnenden Schritte der Arbeiter bataillone" entgegengetragene Forderung an nahm, so ließ sich ein gewisser böser Verdacht schwer vermeiden. Diesmal wird davon keine Rede sein; denn die Vorgänge des Sonntags müssen an sich als schwere Verlegenheiten emp funden sein und noch mehr natürlich die Aus schlachtung der Gelegenheit durch den Mob von Ottakring. Ein verlangtes erweitertes Wahl recht kann schließlich eben bewilligt werden, wenn es in solchen Fällen auch würdiger ist, selbst dem Scheine des Abgetrotztseins aus dem Wege zu gehen und lieber der Entwicklung der Meinungen einen Schritt zuvorzukommen. Wenn aber der Ruf durch die Straßen schallt: Gebt uns billiges Brot! — so wird auch durch die entgegenkommendste Haltung der Behörden mit solchem Mißbrauch des „Rechtes auf die Straße" die Brotbeschaffung um kein Atom er leichtert. Man kann sich der Bedenken dagegen nicht erwehren, daß in Oesterreich jetzt so viel Politik auf der Straße gemacht wird. Bis zu einem gewissen Grade mag man der Politik der Gautsch und Beck beipflichten, die das allge meine Wahlrecht eingeführt und damit die parlamentarische Basis der Sozialdemokratie so erheblich verstärkt haben. Sie haben es getan, um das Land durch Belebung seiner wirtschaftspolitischen Kämpfe allmählich aus dem öden Gezänks des Haderns und Feilschens um nationale Bevorrechtungen mit ihren un ausbleiblichen Kompensationen für die jeweils Zurückgesetzten zu erlösen, das in der Stickluft des Kurien-Parlamentes so geist- und zeitver derbend wucherte: darin lag ein gesunder Ge danke, da ja nun einmal kein scharfsinniger und zugleich willenmeisternder Mann in Oester- reich erstehen wollte, der das nationale Problem auf eine einfachere Formel zu bringen verstand. Aber soweit darf das Spielen mit der roten Gefahr doch nicht getrieben werden, daß man die revolutionäre Partei sich über den Kopf wachsen läßt. Das scheint aber in bedenk lichem Grade schon geschehen zu sein. Man braucht ja die einzelnen Vorkommnisse nicht zu tragisch zu nehmen: daß auf Portugal und dessen Republik bezeichnende Hochs ausgebracht wurden und dergleichen. Im Jahre 1848 wurde der so viel fieberhafter durchzitterte und durch lange Mißwirtschaft zerrüttete Staatskörper von einer weit ernsteren Revolutionsbewegung nicht getötet; und das heutige Oesterreich steht in beiden Reichshälften unendlich gefestigter da. Außerdem widerspricht alle geschichtliche Er fahrung den Befürchtungen, daß gerade durch Hungerrevolten ein wirklicher Umsturz herbei geführt werden kann. Aber gegen die fundamentalsten Sätze einer vernünftigen Taktik gegen die Allerweltsreoolu- tionspartei ist in der letzten Zeit besonders auch in Oesterreich von verschiedenen Seiten arg gesündigt worden. Schon das Stichwahlbündnis der Wiener Liberalen mit den Sozialdemokraten, das den letzteren den Hauptgewinn zuschanzte, gehört in dieses Register. Vor allem natürlich die Duldung der Kundgebung vor dem Rat hause, die eine Zusammenrottung von angeblich über 100 000 wirtschaftlich bedrängter Menschen veranlaßte und deren Kräftegefühl als Volks masse wie als „zielbewußte" Volkspartei zu landfriedenstörender Kraftmeierei geschwellt hat. Nach österreichischem Staatsrechte scheint ja hier für die Hauptschuld der im Rathause herrschen den Partei, also noch den Christlich-Sozialen zuzufallen, deren kleinbürgerlicher Anhang ja ganz ungeniert bei der Veranstaltung der Roten „mitgemacht" hat — auch die 500 Postunter beamten, die in Dienstuniform sich iu corporo angeschloffen haben, gehören wohl in diese Kate gorie hinein. Was soll man aber vollends dann sagen, wenn ein hoher Polizeibeamter sich zur „Beruhigung" der plündernden und fensterein schlagenden Radaubrüder der Dienste eines — sozialdemokratischen Reichsratsabgeordneten be dient? Heißt das nicht förmlich die an ge maßte Volksführerschaft dieser Leute mit amtlicher Autorität bekleiden, ihren Organisationen den behördlichen Stempel aufdrücken? Beiläufig ist die Staatsleitung auch von einer Mitschuld an den Ursachen der Volks erregung nicht freizusprechen. Die rasche Zu rücknahme der vorübergehend gestatteten Ein fuhr argentinischen Fleisches hat zweifellos er bitternd gewirkt. Auch in Oesterreich macht sich ein engherziger agrarischer Egoismus sehr breit. Im deutschen wie im tschechischen Heer lager haben sich agrarische Gruppen abgesondert, die fast schon eine größere Wahlverwandtschaft zu einander als zu ihren nationalen Gemein bürgschaften äußern — in derselben Zeit, da die wirtschaftliche Gleichpolarität der deutschen und der tschechischen Sozial demokraten diese wieder zu nationaler Divergenz auseinandergetrieben hat. Natür lich liegt jene Verbrüderung der früher sich aufs Messer bekämpfenden Bestandteile derAgrarpartei in doppelter Beziehung in der Richtung der ministeriellen Wünsche. Es ist aber keinesfalls wohlgetan, einer Theorie der konkreten Politik zuliebe Druck und Gegendruck zu solch bedenk licher Spannung anwachsen zu lassen. Man braucht sich nicht zu verwundern, daß ein voll gerüttelt Maß unverhohlener Feindschaft Herr v. Hohenblum, der alljährliche Gast unserer Zirkus-Busch-Versammlungen, bei den Wiener Tumulten abbekommen hat. Wird der Reichsrat, dessen Wiederzusammen tritt nahe bevorsteht, das beschwörende Zauber wort zur Entspannung des überstark gewordenen Gärungsprozesses finden? Oder wird man am dürren Holze eines schwerfällig arbeitenden Parlamentarismus die von ungeschickten Lehr lingen der Politik gerufenen Wirrgeister erst recht nicht loswerden? Im niederösterreich^schen Landtag, der tzu einer kurzen Session am Mittwoch in Wien zu sammentrat, fanden die Ereignisse des letzten Sonntags erregten Widerhall. Namens der christ lichsozialen Mehrheit brachte Steiner einen Dnng- lichtettsantrag ein, nach dem der durch die Aus- sschreitungen verursachteSchaden mittels staat lichen Notstandskredits vergütet werden sollte. Steiner griff die sozialdemokratische Partei an, die hinter den Ereignissen des Sonntags stunde. Im weiteren Verlaufe der Debatte protestierte der Sozial demokrat Schuhmeier gegen die Steinersche Behauptung und erklärte, kein Sozialdemo krat zündete Schulen an und baute Barrikaden. L les seien Ausschweifungen halbwüchsiger Burschen ge wesen. — Der neue Statthalter Freiherr vonBre- nerth wies die Behauptung des Antragstellers, daß die Regierung die Ausschreitungen benutzen wolle, um politische Zwecke zu verfolgen, als unzu lässig und unbegründet zurück. Weiter erklärte er, Militär und Wache hätten, ohne iu weit zu gehen, das Menschenmögliche getan. Daß es im Ottakring zu solchen Ausschreitungen kommen werde, sei nicht vorauszusehen gewesen. Keinesfalls seien solche Ausschreitungen ein Mittel, die Teuerungsfrage zu lösen oder die Regierung aufzurütteln, die alles tun werde, um helfend einzugreisen. Marokko. Aus der Formulierung der gestrigen Mitteilung des Wölfischen Bureaus über die Marokko-Verhand lungen ist wieder dieEngelsgeduld der deutschen Regierung zu ersehen. Es paßt gar nicht recht zu den Unterhändlermanieren, daß sich jetzt in einer halbamtlichen Mitteilung die französische Regierung bei bengalischer Beleuchtung als diejenige ihrem Volke zeigt, die in gewissen prinzipiellen Fragen nicht nachgeben könne. Die Wölfische Mitteilung begnügte sich unter Benutzung der von französischer Seite zuerst angewendeten Ausdrucksweise zu sagen, daß ähnlich die Dinge auch auf deutscher Seite lägen. Auch in einer formellen Frage wird die Havasmeldung durch Wolff dementiert. Die„Agence Havas" sagte, daß Kiderlen am Montag keine schrift liche Antwort gegeben habe, durch Wolff erfährt man, daß er — der Tag wird allerdings nicht an gegeben — dem französischen Botschafter doch etwas Schriftliches übermittelt habe, und zwar ein Schreiben, worin gerade darauf hingewiesen wurde, daß auch Deutschland auf gewissen prin zipiellen Forderungen bestehen bleibe. Kürzlich ist aus nationalliberalen Kreisen heraus mehr Fühlung zwischen Negierung und Börse verlangt worden. Man hatte sich diese nun wohl nicht so gedacht, daß jedes Wort, das ein Regierungsvertreter mit Börsenleuten spricht, der Oeffentlichkeit übergeben werden sollte, und daß man jedesmal erführe, welcher Bankier auf dem Aus wärtigen Amt vorgesprochen habe. Das „Berliner Tageblatt" hält es für wichtig, das im einzelnen zu schildern. Es schreibt im politischen Teile ihrer Mittwochsnummer: „Vor Beginn der heutigen Ber liner Börse waren die Depositenkasse der Banken mit Verkaufsorders bestürmt und es war eine neue, sehr erhebliche Abschwächung der Kurse vorauszu sehen. Infolgedessen setzten sich die großen Bank institute mit dem Auswärtigen Amt in Verbindung, und es fand, vor Börsenanfang, eine Unterredung zwischen dem Unterstaatssekretär im Auswärtigen Amt Zimmermann und den Herren Karl Fürsten berg, Direktor der Berliner Handelsgesellschaft, Helfferich, Direktor der Deutschen Bank, ferner einem Vertreter der Nationalbank, einem Vertreter des Hauses Bleichröder und einigen anderen Mit gliedern der Finanzwelt statt. In dieser Unter redung erklärte der Unterstaatssekretär Zimmermann: „Die Marokkofrage wird in 2 bis 3 Tagen in gün stigem Sinne erledigt sein". Die Vertreter der Eroßfinanz fragten darauf, ob sie von dieser An kündigung Gebrauch machen könnten und der Unter staatssekretär entgegnete: „Ja, jeden beliebigen Ge brauch". Die Herren teilten alsbald die Worte des Unterstaatssekretärs der Börse mit. die Banken intervenierten und ein größerer Kurssturz wurde verhindert". — Wir nehmen die Worte des Unter staatssekretärs nicht wörtlich. Wir meinen vielmehr, sie seien so zu verstehen, als wenn er gesagt hätte: „Kinder, was wollt ihr, in ein paar Tagen ist die ganze Sache erledigt, warum also noch die Aufregung des Börsenpublikums". Nach Mitteilung von amtlicher Stelle hat sich der Verkehr des Unterstaatssekretärs Zimmermann mit den Banken nicht in der vom „Berliner Tageblatt" berichteten Weise vollzogen, sondern vielmehr so. wie wir es bereits in unserem Berliner Börsenbericht im gestrigen Abendblatts dargestellt haben: Einer der Herren ist auf das Auswärtige Amt gegangen und hat hier vom Unterstaatssekretär eine Mitteilung in dem Sinne, daß eine Verständigung zu erwarten sei, empfangen. Anderen Banken ist diese Auskunft tele phonisch zugegangen. Es wurde ihnen versichert, daß die Verhandlungen auf gutem Wege seien und einen baldigen Abschluß erwarten ließen. Man wird dem Auswärtigen Amte bezeugen können, daß seit Wochen von ihm die Oeffentlichkeit in diesem Sinne unter richtet worden ist. Französische Preßstimme«. In sehr günstigem Sinne über den gegenwärtigen Stand der Maroktoverhandlungen äußert sich auch der „Petit Paristen". Die Verständigung, so führt da» Blatt au», liegt nicht mehr rn allzu- aroßer Ferne. Wünschen wir im Interesse beider Länder, wie auch aller übrigen Staaten, daß die schon lange dauernden Verhandlungen, die schon beide Länder nervös gemacht und aus ihren Handel schädlich eingewirrt haben, endlich -n Ende kommen und der Vertrag unterzeichnet wird. Jedenfalls dürfen wir mit vollem Vertrauen in die Zukunft blicken. In deutschfeindlichem Sinne äußert sich natürlich das „Echo de Paris". Es schreibt: „Zum letzten Male lassen wir an die Regierung die Mah nung ergehen, die Reservisten unter den Fahnen zu behalten. Wir fragen die franzö sischen Minister: Sind Sie, meine Herren, der Ab sichten Deutschlands so sicher, daß Sie in geradezu zrevelhafter Weise eine Ausbeutung Frankreichs von deutscher Seite herbeiführen wollen? Haben Sie nichts aus den Verhandlungen gelernt, die Ihnen soviel Enttäuschungen und unangenehme Ueber- raschungen gebracht haben? Zeigen wir uns schwach, so wird Deutschland, das schon an und für sich sich nicht zu einer Verständigung beeilt, erst recht zögern, die Verhandlungen zu beenoigen." Auch die Sprache des „Eaulois" kann gerade nicht freundlich genannt werden. „Wenn ein Akkord zustande kommt", so führt das Blatt aus, „so ist es vor allem notwendig, daß Deutschland unsere politische Akttonssreiheit in Marokko anerkennt. Aber auch erst dann können wir an die Frage der Kompen sationen im Kongo g hen. Wir können verlangen, daß Deutschland uns seine diplomatische Unterstützung zuteil werden läßt, die Zustimmung der anderen Mächte über die bei den jetzigen Verhandlungen fest gesetzten französischen Rechte in Marokko zu erlangen. Denn nur so haben die jetzigen Konferenzen einen wirklichen Zweck." Eine Beruhiguugsnachricht über die Vorgänge in Belgien. Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt: Die durch die Blätter gegangenen Gerüchte über einseitige mili tärische Vorkehrungen Belgiens stellen sich als unbegründet heraus Es ist richtig, daß die belgische Heeresverwaltung Anordnungen im Festungs wesen getroffen hat, es bandelt sich aber nur um Maßregeln, wie sie in der Verwaltung der Festungen regelmäßig wiederkehren. Auch ist wegen der Schwäche der militärischen Kaders in gewissen Fällen die Zurückbehaltung von Mannschaften unter der Fahne verfügt worden: diese Anordnungen wurden aber, wie hier amtlich zur Kenntnis gelangt, in gleichmäßiger Weise für alle belgischen Grenzgebiete ins Werk gesetzt. Als unrichtig wird auch die Behauptung erklärt, daß die Gesandten Belgiens in Berlin und Varis ungünstige Berichte über die politische Lage an ihre Regierung gesandt haben sollen. Soweit Lies in Meldungen aus Paris behauptet wurde, scheinen Bör.enmanöverstm Spiel gewesen zu sein. — Die Unterredung, die dyr.'del- gische Premierminister Broqueville vor einiger Zeit mit Laillaux in Paris hatte, bezog sich, nach zuver lässiger Mitteilung aus Brüssel, ausschließlich auf handelspolitische Gegenstände. Der Aukruhr in Spanien. Die letzten Nachrichten, die aus Spanien vor liegen, sind sehr ernst. Der Streik nimmt allent- halben zu. Zn Madrid selbst sind die größten Vorsichtsmaßregeln getroffen worden. Sämtliche Schutzleute sind mit Revolvern und scharfer Mu nition versehen worden. Zn Bilbao ist der Prä sident der Vereinigung der Hafenarbeiter, Larra- zabal, verhaftet worden, da er unter den Arbeitern aufrührerische Schriften verteilen ließ. Auch ein Journalist namens Mantegui, der in den Streik gebieten in Flugblättern die Arbeiter zur Revo lution aufforderte, ist festgenommen worden. Aus demselben Grunde wurden dort 10 Arbeiterführer verhaftet. Auf dem Platze Miravilla versuchten un gefähr 200 Arbeiter die Verhaftung von lärmenden Arbeitern zu verhindern. Die Polizei war ge zwungen, von ihren Feuerwaffen Gebrauch zu machen. Bei dem sich entspinnenden Kampfe wurde ein Ar beiter getötet und zwölf schwer verletzt. In Barcelona haben die Revolutionäre ver sucht, kurz vor Lem Bahnhof von Eranollers einen Zug aufzuhalten. Sie schossen auf den Zug mehrere Male, sprangen dann auf die Lokomotive und legten! den Heizer und den Zugführer in Fesseln. Alle Rei senden wurden gezwungen auszusteigen und mußten ihren Weg zu Fuß nach dem Bahnhof zurücklegen. Als Gendarmerie am Platze erschien, kam es wiederum zu einem heftigen Feuergefecht. Mehrere Verhaftungen wurden vorgenommen. Obwohl sich die Regierung bemüht, der Sachlage ein o p t i m i st i s ch e s Aussehen zu geben, steht man der unleugbaren Tatsache gegenüber, daß die Un ruhen einen durchaus revolutionären Cha rakter tragen. Trotz aller Eewaltmaßregeln, wie die vielen Verhaftungen zeigen, lassen sich die re volutionären Elemente nicht abschrecken ihre Pro paganda für den Generalstreik fortzu setzen. Ministerpräsident Canalejas begab sich zu König Alfons, um ihm über die Unruhen Bericht zu erstatten. Die Regierung scheint der Ausdehnung de» Aufruhrs machtlos gegenüberzustehen. Nach Meldungen aus Valencia durchziehen etwa 3000 Meuterer die Umgegend, um die benach barten Städte zu zwingen, die Republik zu proklamieren. Sie befinden sich gegenwärtig auf dem Wege nach Zativa und Alcoy. Die Städte Alcira und Cullera, in denen der Aufruhr am stärk sten wütet, sind militärisch besetzt worden. Dagegen haben in Valencia die Streikenden beschlossen, die Arbeit wieder aufzunehmen, um nicht in Len Ver dacht zu geraten, mit den Anarchisten gemein same Sache zu machen. Ueber Cartagena ist das Standrecht ver hängt worden, doch liegen keine näheren Nachrichten vor. da sämtliche Telearaphenleitungeu durchschnitten worden sind. Zn Sevilla brachten Streikende 6inen Zug zur Entgleisung, indem sie große Steinblöcke auf die Schienen gewälzt hatten. Bei der Entgleisung haben mehrere Personen Verletzungen erlitten. Ein großer Trupp zog nachmittags vor das Filial- aebäude der Bank Tredit Lyonais. um es zu st Arme» und auszupk andern. Schnell her-
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