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Sächsische Volkszeitung : 05.07.1931
- Erscheinungsdatum
- 1931-07-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-193107056
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19310705
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19310705
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- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Seite 12: Textverlust
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1931
-
Monat
1931-07
- Tag 1931-07-05
-
Monat
1931-07
-
Jahr
1931
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 05.07.1931
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N««mer 1B> Sächsische Volkszeitung » Juli lV31 Jagdhaus Kuberlusfwck Das deutsche Chequers Nördlich Berlin, hinter Bernau und Eberswalde, mitten ln den grohen uckermärkischen Waldgebieten, liegt Hubertusstock, der Ort, an dem sich am 17. Juli MacDonald.der englisch« Ministerpräsident, und Henderson, England» Außen- Minister, mit unserem Reichskanzler Brilning und dem deut schen Außenminister Dr. Turtiu» treffen und aussprechen werden. Man hätte fllr das „Deutsche Chequers" kaum einen ge eigneteren Ort ausfindig machen können. In der Näh« de» verschwiegenen Werbellinsees, unter den uralten Eichen der Schorfheide, also mitten tn einem der größten und schönsten Naturschuhgebiete, liegt diese, im Schweizerstil gehalten« Jagdhaus, dicht hinter der Försterei Hubertusstock, mit der es von Photographen und anderen Besuchern gerad« in letzter Zeit ost verwechselt worden ist. Hubertusstock ist aus dem Besitz der preußischen Könige in den de, preußischen Staates Uberge- gangen. Ministerpräsident Braun sucht es am Wochenende ebenso gern auf, wie der Landwirtschaftsminister Steiger. Da, Jagdhaus — von einem Jagdschloß kann wirklich keine Rede sein bei den bescheidenen Ausmaßen und der schlichten Ausstattung — hat sich Friedrich Wilhelm IV. 181g bauen lassen. Jugendwo im Rasen erhebt sich wie ein bayerisches Marterl ein Bildstock auf «inem fast versunkenen großen Stein, wahrschein- lich einem Findling, den die Moräne in Eiszeiten hier ange- schwemmt hat; und auf diesem Bildstock ist noch das heute fast verwaschene, in romantischer Manier gehaltene bekannte Bild von dem heiligen Jäger Hubertus zu sehen, wie er kniet vor der Vision des weißen Hirsches. Im Zeichen des deutschen Jagdheiligcn steht das Haus und sein« Umgebung. An seinen Außenwänden hängen Hunderte von Geweihen, alle signiert mit dem Namen oder dem Zeichen der fürstlichen Schätzen, vor allem Wilhelm I. und dem letzten deutschen Kaiser. Hierhin schickte der kaiserliche Hof die jung, verheirateten Prinzen; sie verlebten in Hubertusstock ihre Flitterwochen. Das Innere des Hauses, das nur ein Stockwerk mit wenigen Wohn- und Ausenthaltsräumen hat, ist sehr bescheiden gehalten und wird bestimmt im Gegensatz stehen zu dem englischen Land- schloß in Chequers. Da unser Reichskanzler selbst nichts zur Verfügung hat, um seinen Gästen aus England einen auch nur annähernd ähnlichen Empfang zu bereiten, wie man ihn ihm drüben gegönnt hat — bekanntlich ist in dieser Hinsicht das Deutsche Reich ärmer als der kleinste deutsche Staat —, so nahm die Regierung dankbar das Anerbieten Preußens und seines Ministerpräsidenten entgegen. Hier also, mehr als sechzig Kilometer entfernt vom Lärm und Getriebe der Reichshauptstadt, will man zwanglos die Aussprachen fortsetzen, die man in England mit so gutem Er- folg begonnen hat und von deren glücklichem Ausgang das Gelchick vielleicht Europa? abbänat. Ein einfacher Tagesraum, hie zur halben Höhe getäfelt, darüber geschmückt mit Jagd gobelins, muß die Gäste beherbergen, falls es regnet. Gleich daneben liegt ein Frllhstückszinimer, beides zu ebener Erde; und oben im ersten Stock verteilen sich die Schlaf- und Wohn räume, in denen früher Kaiser und Kaiserinnen und hohen« zollernsche Prinzen, seit 1914 aber niemand und erst seit einigen Jahren die preußischen Minister ihre Erholung suchten. Rian kann wirklich hier einen Begriff davon bekommen, wie an« spruchslos unsere Staatsmänner und wie rvenig berechtigt so mancherlei Legenden sind, die demagogische Schwätzer namentlich in unserem arbeitenden Volk zu verbreiten suche». Ein Land hotel kann kaum komfortabler sein. Und die silbernen Eßbestecke, die laut einiger Hetzblätter hier neulich gestohlen worden sein sollen mit einigen Betten, sind nie hiergewesen. ; Dazu kommt, daß ein großer Teil des Erdgeschosses ein« ausgezeichnet« jagdkundliche Sammlung einnimmt, die den Forststudenten au» Eberswalde seltenes und inter essante, Anschaungomaterial in die nand albt und die ent« flanven «>r durch dl« rangiaykM sorgfältige Sammelarbeik der Forstbeamten dieses seltenen Distriktes, der zu Erimninitz, der Oberförster«» am Nordostrand« des Naturschutzgebietes, ge hört. Hier kam bis vor kurzem noch ein Schwarzstorch vor. den irgend ein Rohling endgültig vertrieben hat, weil er mit einer Stange das Nest der Jungen ausheben wollte. Hier ist auch der Seeadler, wenn auch in seltenen Exemplaren heimisch. Ganz in der Nähe, dicht am Ufer des Werbelinsees, liegt di« Blockhütte de» Reichspräsidenten, das Week endhaus Hindenburgs, das sich schon Ebert hat bauen lasten. Und in den Wäldern, die sich stundenweit, tageweit bis ins Mecklenburgische dehnen, über Angermünde hinaus, gehen heute ab und zu einmal unsere Staatsmänner mit den Förstern Ein Freudenkag Rosenthal, 2. Juli. An« Feste Mariä Heimsuchung, dem Wallsahrtstage der kalholisäzen Wenden, besuchte zur grüßte» Freude der Gläubigen, Exzellenz Bischof Dr. Conrad Grö ber den Gnadenort. Da der Besuch vor der Oessentlichtzeit der erst« an der Roscnthaler Gnadenstülle mar, wurde er zu einein ganz besonderem Ereignis. I» den frühe,, Morgenstun den trasen die Wallsahrerprozessionen, erhebend durch die Fest tracht der Drusch!,en und die starke Beteiligung der Männer, von »ah und fern ein. Mit der Bischossstadt waren fast alle katholischen mendisä)«,, Psarrorte vertreten bis auf diejenigen, die nach alter Gewohnheit an, Feste Mariä Heimsuchung nicht ivallsahren. Zur srohen Begrüßung des hohen Gastes hatte der Ort Fahnen- und Girlauüenschmuck angelegt. Heiler strahlte die Sonne auf die Dorsstraße, aus der die Fesljungsraue,, und Bereineabordnungcn zum Empfang des Obcrhirlen Ausstellung genommen l-atlen. Am Eingang ins Dorf unter in Grün und bunten Lettern prangender Ehrenpsortc versammelten sich die Geistlichen. Kurz vor 9 Uhr lras Se. Exzellenz vor dem Gna- denort ein. Eine Schar von 19 Feslrciteru ivar ihn, bis in den Klvsterivald entgegcngeriiten und H. Scholzc sPiskcnvitz) halte dem Oberhirten mit kurzen Worten begrüßt. B>r Eingang ins Dors entstieg der hohe Gast i» Begleitung des Herrn Ordinariatsrales Dr. Soppa dem Kraftwagen und wurde non Herrn Administrator Pater Romuald, Rosenthal, Herz lich willkommen geheißen. Freude herrscht heule am Wallsahrts- orte «vie dereinst im Hause des Zacharias, Freude über den ersten Besuch des Oberhirten. Richie der Freudcnlag Segen aus die apostolische Arbeit des Bischöfliche» Amtes in reichem Maße ausgießen. — Nach diesen Worte» des Administrators entbot ein Mädchen ins Druschkentracht eine» Gruß in wen bischer Sprache und überreichte dem Begrüßte» eine» Vlumcn- slrauß. Im bunten Zuge an der Spitze die beiden Vereine von Rosenthal, der Militär- und Iutigmäniierverci», wurde der Ober hirte ins Gotteshaus geleitet. Es war bis aus de» letzten Platz voll und durch die Glasmalereien der Fenster, durchslutct von den Sonnenstrahlen >var es ersurchtsvoll und sreuudlich. Kaplan Ziesch, Ralbitz, hielt die Predigt, in der er die Worte des Magnisikat für de» Festgedonken auswertete. Der Predigt schloß sich das Pontifikalamt au. Dem hochwürdigsten Eele- branten assistierten u. a. die Herren Propst Maceck, Erzpriestcr Sauer. Pfarrer Delan. Zcremoniär ivar Ordinariatsrat Dr. Soppa. Während des Amtes sangen die Gläubige» wendische Meß- und Festtagslieder. Aus besonderen Wunsch bestieg Bischof Gröber nach be endetem Gottesdienste die Kanzel, um zu danken, zu mahnen und zu segnen. Drink sprach er für die herzliche Begrüßung und für das Treugelöbnis des Festreiters. Hier fühle er noch katholische Tradition und altes katholisches ivendisä-es Boiks- tum. Er wisse dieses hoch zu schützen. Mit Sorge ersülle es ihn. wen» er ringsum die Gefahren des Unglaubens und der i Sittenlosigkeit sähe. Seine größte Freude werde es sein, wenn aus vie Botwiidjagd, wo früher Vie Markgrafen unv vie Kur* fürsten von Brandenburg gesagt haben, und wo noch davor die ersten Mönche christliche Kultnr mitten in einer Wildnis ansiedelten. Marienwerder, Klosterfelde, erinnern an diese Zeit; Chorin und Lhorinchen liegen nicht weit davon. Und die Türme von Angermünde sprechen ebenso wie die Kloster ruinen ihre lebendige Sprache. Eine geschichtliche Tatsache bleibt, gerade angesichts de« englischen Ministerbesuchs, nicht ohne Reiz. Als Friedrich der Große den Engländern für die zum Siebenjährigen Krieg geliehenen Gelder irgend etwas zurückerstatten wollte, verfiel er aus die uralten herrlichen Eichen der Gegend um den Werbellinsee. Auf dem Wasserweg sind die Stämme bis in die britantschen Häfen gewandert, und aus ihnen baute Eng land seine damaligen Kriegsschiffe. In der Schorsheide aber ist die Eiche danach fast ausgestorben und nur noch vertreten in den Exemplaren, die damals nicht gut genug waren. Oder in jungem Wuchs, den die preußische Forstwirtschaft mit viel Fleiß seit einigen Jahrzehnten wieder anbaut, um einen alten Fehler wieder aut »u macken. bl. vekm. die Gefahren bei den katholische,, wendische» Diözesane» ihren unheilvollen Einfluß nicht geltend machen können, weil noch das Volk gesund, sromm und sittlich denkt und lebt. Ein «olchez Volkstum werde er hoch zu schätze» wissen und «in solches Volk werde sich zu erhallen wissen. Zum Schluß seiner kraftvollen Worte ivandte sich der Lberhirte an die Mutter Gottes von Rosenthal mit der Bitte um Segen sür die Diözese und da schwere bischöfliche Amt. Andachtsvoll empfingen die Wallfahrer den Bischöflichen Segen. Nachdem eine stattliche Zahl von ihnen, trotz der späten Stunde, aus der Hand des Bischoss die hl. Kommunion empfan gen hatte, beendete der sakramental« Segen den feierlichen bischöflichen Gottesdienst. Der Bischos wurde im Zuge aus dem Gotleshause in die Administratur geführt. Hier ivar das Mit. tagessen und nach diesem verließ der hohe Gast Rosenthal, um noch dem nahegelegenen Johann isbad Schmeckwitz einen Besuch abzustatten. — Zu erwähnen ist noch, aaß der Wailsahrts- ort am Feste. Wallfahrer aus St. Georgenthal in Böhmen hatte. Ihr Seelsorger H. Fischer hielt noch in der Mittagsstunde eine hl. Messe sür seine Rosenthalsahrer. So waren die Marien- verehrer aus nah „no fern an die Gnadenställe geeilt. Gott ergeben, lichtersüllt und ausgestattet mit dem Segen des gelieb ten Lberhirte» sind sie wieder »ach Hause zurückgekehrt. Aachener Bischöfliche Verwaltung eröffnet Am 1. Juli Hal der Oberhirt der neuen Diözese Aachen, Dr. Joseph Bogt, die bischöfliche Verwaltung eröffnet, nachdem sür den Bischos eine Wohnung beschosst und dank dem Ent gegenkommen der Stadt ein Verwaltungsgebäude sBoxgraben 17s erworben worden ist. Weihbischos Dr. Slraeter, der seit neun Jahren die Diözese als Visitator bereist und säst alle Pfarr gemeinden besucht hat, wurde von Bischof Dr. Vogt als Gene-- ralvikar bestellt. Am 2. Juli ist zum ersten Male der Kirchliche Anzeiger sür die Diözese Aachen erschienen. Die erste Nummer des Blat tes wird eröffnet durch eine Kundgebung von Bischof Vogt, worin er kurz auf die Bestrebung der durch den am l->. August I!>29 zwischen dem Apostolischen Stuhl und der Preußischen Slaalsregierung abgeschlossenen Vertrag hinweist und dem bis herigen Apostolischen Administrator der Diözese. Herrn Kardi nal und Erzbischof Schulte, sür seine väterliche Liebe und treue Hirtensorge innigen Dank abstallet. In gleicher Weise dankt ec dem Erzbischof Dr. Pogenburg in Münster, von dessen Diözese die Dekanate Dülken, Kempen und Lobberich durch das Kon kordat der Diözese Aachen angegliedert worden sind. Znm Justitiar des Bistums Aachen wurde Rechtsanwalt Dr. Adolf Lohmanns, zum Vorsitzenden des neu errichteten Bischösl-ä>eu Ossiziats Professor Dr. Friedrich Hünermann. Pfarrer an St. Peter in Aachen, ernannt. Das Bistum Aacl«en, das von den Quellen der Ahr bis zum Kempener Lande sich erstreckt, zählt 492 Pfarreien und 47 Rektorate mit insgesamt 944 Geistlichen und 1162 t82 Katho liken. Bischof Dr. Gröber in Rosenthal Lolhringen Das van- von BarrLs und PoinrarL Von Clemens Graf Podrwils. So wenig als andere geschichtliche Giebietseinheiten Frankreichs vermochte Lothringen seine politischen Frei heiten zu bewahren. Aber die Geschichte des selb ständigen Herzogtums hat lange gedauert, bis zum Jahre 1766, als die Gewalt beim Tode des Stanislaus Lecztnski auf Ludwig XV. überging. Zu dieser Ueberlieferung historischer Unabhängigkeit ist seit dem Frankfurter Frieden und der Lostrennung des deutsch gewordenen Reichslandes ein neues lothringisches Bewußtsein franMscher Prägung getreten. Es entsprach den Überzeugungen der Bevölkerung, die feit 1871, teils französisch geblieben, teils zur annektierten Jrredenta ae- worden, ein gemeinsames, politisch begründetes Heimatgesllhl hegte. Auch im übrigen Frankreich umgab man die Lothringer mit einer nationalen Gloriole oder Leidenskrone; ihre Tugen den wurden mit denjenigen des Franzosentums zu einem neuen Ideal, einem wahren Kult, vereinigt. Maurice Barr Ls hat das französisch-lothringische Mythos zwar nicht geschaffen, aber doch in Büchern wie „Oolline inspiröe" oder in den „Bastionen des Ostens" aus dem Zustand ungesormler Volksempsindungen und nationaler Wünsche zn einer These, einer Religion erhoben. Mit der verführenden Schönheit seines Ausdrucks hat er in seinen heimatlichen Schilderungen den Charakter des Voltes nicht nur dargestellt, sondern sittlich gesteigert. Die Werke des Lothringers, der zum geistigen Vater des neueren französischen Nationalismus wurde, haben Lothringen mit Frankreich inner lich vermählt, In seinen beredten, .zarten und mystisch zaube- rischrn Beschreibungen gewinnen die vielfach herben Züge der Lorraine, dieser nord-östlichen Landschaft Frankreichs, ebenso wie der derbe Menschenschlag, der sie bewohnt, für französische Augen eine Anziehungskraft, die ihnen ursprünglich versagt ge blieben war. Gerade das Moseltal um Metz, welches vielen Franzosen hart und fremdartig wie deutsche Gaue erscheint, übergießt Baues in „Colette Vaudoche" mit jener Anmut, die in Wirklichkeit den westlichen, dem Herzen Frankreichs näher liegenden Fortsetzungen der Landschaft zu eigen ist. Offenkundig von politischer Sehnsucht getrieben — das Buch ist 1908 erschienen — unttrlieat Baur« tu diesem Lobaesana oe» Metzer Mädchen«, vas ven preußischen Freier noweist, vem Bestreben, Land unv Leute ihrem Wesen und ihren Merkmalen nach zu sranzöstsieren. Die Tatsache der politischen Gesinnung genügte ihm anscheinend nicht; auch körperlich gestaltet er seine Landsleute um. Aber in den Straßen von Metz findet man den augenfälligen Widerspruch zwischen der breitausladrnden, wuchtigen germanischen Wirk lichkeit und den Wunschgestalten des Dichters. Maurice BarrLs durste sich übrigens nur mütterlicherseits zu den Lothringern rechnen. Der Vater stammle aus der Auvergne. Des Dichters Kopf, sein scharfes, fcmitisäparabisches Profil, seine weichen schwarzen Augen gemahnten an einen orientalischen Märchenprinzen. So wird er uns auf dem Schlosse bei Nancy geschildert, wo er bis zu seinem Tode als Gast und Nachbar verkehrte. In dem Künstler, der von Vaters Seite mit romanischem und viel älterem kulturellen Erbgut beladen war, erreichte die ostfranzösische Außenwelt einen hohen Grad bewußter Würdigung und entsprechend klarer Gestaltung. Als junger Mann muß er den Widerstreit und das Fremde der mütterlichen Heimat verspürt haben, wenn er im Frühwcrk ,.un Komme likre" von der lothringischen Raste sagt, sie sei unsähia, sich zu verwirklichen, oder wenn ihm die Landschaft ernst und ohne Anmut erscheint. Später empsindet er es anders, durchdachter und heimischer. Metz sei eine Stadt, die nicht den Sinnen zu ge fallen sucht, sonder» eine tiefere Anziehungskraft ansllbt. „Eine Stadt fllr die Seele, die alte französische Seele, welche bäurisch und kriegerisch ist." Die Raste, oder wie Varrös sagt, di« „Seele" der Bauern und Soldaten als die französische zn bezeichnen, ist mehr ein Programm als «in historischer Rückblick. Dir Lothringer haben Frankreich beste Truppen und Generale gestellt. Mit ihren streitbar spartanischen Tugenden ergänzten sie das Fran.zosen- tum. Oder wollte man die Gascogner und Marseillaise! An- gehörigr der zähen Soldatenrasse nennen? Unter den lebenden Führern sind General Lqautey und General Mangin sowie der hünenhaft« Kriegsminister Maginot Lothringer. Die Bevölke rung, zähes Vauernvolk gilt als die kriegstüchtigste in Frank- reich. Sie haben den derben, widerstandsfähigen Körper der Soldaten. Sie sind auch blond. Und die Armee genießt ein Ansehen, die Generalität eine gesellschaftliche Stellung, die ihr im übrigen Frankreich nicht so leicht eingcräumt wird. Es grenzt an „preußischen Militarismus". In Nancy liegt das 20. Korps, die Elitetruppe der französischen Armee. Der Kommandierende des Korps bewohnt wie ein Fürst und wie kein anderer General in aanz Frankreich da« motaia aus der Zeit Ludwias XV.. Teil der großartigen Architektur des Sladtinneren, vie Stanislaus Leczinski aussühren ließ. Schlachtfelder geben allenthalben den Orlen ihren berühmten Klang. Im ehenials deutschen Lolhringen stehen, von Büschen verdeckt und sichtlich vernachlässigt, abseits der Straße die Denk male der Schlachten des Siebziger Krieges; auf dec Fahrt von Verdun nach Metz gewahrt man die Monument« von Mars La Tour, Vionville und Gravelotte. Daneben tauchen die Namen des Weltkrieges auf; Pont-s-Mousson mit dem Wallfahrtsort aus dem uneinnehmbaren felsigen Hügel, der die Gegend be herrscht; in der Nachbarschaft der Priesterwald. Und weiter tm Süden, bevor die Straße nach Nancy einbiegt, bietet sich der Ueberblick über die Situation, in welche die bayerischen Truppen l9I4 gerieten, als sie aus dem A*ald von Champenouz die Höhen von Nancy angrissen. Im letzten Augenblick setzt« überraschend das vernichtende Feuer der französischen Infanterie und Artillerie ein. Zu beiden Seiten der Straße der Soldaten friedhof, zur Linken die Franzosen mit weißen Kreuzen, zur Rech ten die Deutschen mit schwarzen. Hier und an den meisten Stellen Lothringens, wo sich »ach dem Kriege Friedhöfe bildeten oder Denkmale enthüllt wurden, hat ein anderer lothringischer Zeitgenosse sich bemüht, mit ein drucksvoller Redekunst die politischen Gefühle einer Lands leute wachzurusen. Poincarö unternahm dies in seinen weltbekannten Sonnlagsreden, deren er besonders wäh rend des Nuhrkampses nicht genug halten konnte. Immer ist er vom reinen Gedanken und von der Feier des Frriedens einen Schritt weiter gegangen, um in geharnisch ten Sätzen die Sittlichkeit des nationalen Widerstandes gegen den sogenannten germanischen Imperialismus hervor zul-eben. Verdun hat ihn zum Ehrenbürger gemacht. Die Totenslälte der Schlachtfelder mit ihren 400 099 Gefallenen, die unheimlich neue Stadt, deren Wiederherstellung wie ein schwächliches Lcbensfcst auf den Trümmern erscheint, übt eine besondere Anziehungskraft auf den Staatsmann aus. Ihm ist der wenig fruchtbare Westen der lothringischen Hügel, das kahle Barrois swie das Land um PoincarLs Heimat, Bar-le Duc, heißt), nicht weniger als das befestigte Höhcngelände von Verdun, welches zum Schlachtfeld vorausbestimmt zu sein scheint, ein ost gesuchter Aufenthalt der Erholung wie der Studien. Auf einer Gedenktafel von Verdun sind die Worte cingcgraben, die Poincar« am l l. September I9l9 an der Citadclle sprach. Es ist bezeichnend, daß er st« n it Stolz und Nachdruck noch in einem kürzlicher. Artikel über Beltun wrederbolt: ..Durch I>rbrbunderte wird v.r Nam« von Verdun
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