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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-10-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19111026028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911102602
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911102602
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-10
- Tag 1911-10-26
-
Monat
1911-10
-
Jahr
1911
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Be^uqS Preis Abend-Ausgabe Anzeiqen-Preis tür Leiptta und Norotte durch «n(«r« Träger und Soebireure Lmo> täglich in» Pau» gedraäu «i PI. monatl.. !.7u Ml. viettellährt. Lei unlrrn Filialen u. An nahmestellen adqeholl 7S PI. monatl., L.W Ml. oietteljährl. Durch »I» Poft: innerhalb Deunchland» und der deutschen Kolonien vierteliährl. 3.8U Ml., monatl. I^ll Mk. auslchi. PoltbrlieUaeld Kerner in Belgien, Dänemark, den Donauliaaten, Italien. Luzemdurg. Niederlande Nor wegen Lenerreich-Ungarn, Nugland. Schweden, Schweiz u Spanten. 2n allen übrigen Staaten nur direkt durch die Eelchästsstelle des Blattes erhältlich. Da» Leipziger Tageblatt erscheint 2mal täglich. Sonn- u. iZeiettags nur morgen». Abonnements-Annahme 2ohanni»g»ss« 8, bei unseren Trägern. Filialen. Spediteuren und Annahmestellen, sowie Pogämtern und Briefträgern. Etnzelverkausspret» lllPs. MMcr MMN s KS2 l«-cht-,Ichla») s146S2 lNachtanfchluh, Tel.-Änschl.^4k»3 ^?ttNVelS^ettttNg. Tel.-Änschi,^4KSZ Amtsblatt dc?s Nates und des Notiieiamtes der Ltaöt Leipzig. M. 297 Donnerstay, üen 26. Oktober tSU für Inserat« au» Leipzig und Umgebung di« lipallige Priitzrile ÄPf, die Neklame- zeil« I Mk. von auswärts!ii> Pt, Neklamen Ü20 Mk. Inserate von Behörden »m amt lichen Teil di« Pelitzelle bU Pi Teschaflsanzeigen mit Plaboorschriften im Preise erhöht Rabatt nach Taris. Beilagegebühr Gelamt- aujlage ä Mk. o Tausend e^ki. Postgebühr. Teildeilage v^her. Festerteilte Auitrage können ni-b» zurück gezogen werden Für das Erscheinen an bestimmten Tagen und Plagen wird keine iüarantte übernommen. Anzeigen - Annahme 2ol,ann>»galle 8, bei sämiliche» Filialen u. allen Annoncen» Expedittonen des In- und Auslandes. Druck und Perlon oon Fischer L Kürst«» Inhaber Paul Kürste». Redaktion und l?>eschä!t»It«lle: Iohannisgaise 8. Haupt-Filiale Dresden: Ecellrage t, i iTelephon 462l>- ISS. MilrqgW. IRV Unsere heutige Morgenausgabe umfaßt 13 Seiten, die Abendausgabe 8 Seiten, zusammen Leiten. Die Mckt ües Reichstsys. Die „Natl. Korr." schreibt: Zweifellos batte das deutsche Volk in seiner über wiegenden Mehrheit vom Reichstage ein kraft volleres Auftreten in der Maroikofrage er wartet, als die Einbringung einer Anzahl von Interpellationen. Interpellationen treten im Ge wände der Frage an den Reichskanzler auf, und dieser hat es in der Hand, ob und wann er ant worten will. Bedauerlich ist nur, das; der Reichstag durch seine Geschäftsordnung, die ganz ve.aller ist. sich zeldst das Recht verlümmert bat, die Interpella tionen wenigslens seinerseits zu Gehör des deutschen Volkes zu besprechen. Das darf nicht sein, wenn der Reichskanzler — aus Gründen, die gut oder nicht gut sein tonnen — die von ihm geforderte Antwort auf einen späteren Tag oder überhaupt ins Ungewisse verschiebt. So geschah es gegenüber den Marokto- inrerpellationen. Tie Antwort des Kanzlers lautete: „Ja, ave.", mit andern Worten: ich will Rede stehei , aber nicht heute, ich werde bestimmen, wann. Seitdem ist die Erregung im deutschen Volke ge wachsen. Die Zeichen mehren sich, das; auch die sog. Kompensationsvcrhandlungen vor ihrem Ab schlüsse stehen. Das Ge.richt erhält sich, das; nicht nur Teile Kameruns, sondern auch Teile Togos av- getreten werden sollen. Wofür? Für die Ein räumung des Protektorats über Marokko, womit Frankreich mehr erhält, als es forderte, und die Er werbung des französischen Kongogebietes, das aus Hinterland und „Fühlhörnern" bestehen soll? Be reits hat die Deutsche Kolonialgesellschaft mobil gemacht. Auch wenn man damit rechnet, Las; der Kanzler im Reichstage unmittelbar nach der Pause, also am 8. oder 0. November, auf die Inter pellationen antworten will, wird es dann nicht zu spät sein? Wird dann der Reichs ag nicht etwa vor einer Tatsache stehen, die er wohl kritisieren, aber nicht mebr ändern, geschweige denn ab lehnen kann? Staatsrechtlich besteht zum mindesten Ungewißheit, ob die Algeci.asakte, um deren Auf hebung es sich zunächst handelt, in allen ihren Teilen Gesetzeskraft hat. Durch das Neichsge.etz vom 21. Dezember 1906 werden nur einzelne Be stimmungen der Akte ergriffen. Ob letztere selbst, die im Reichsgesetzblatt als Anlage jenes Gesetzes erscheint, nur unter Zustimmung von Bundesrat und Reichstag geändert oder gar aufgehoben werden kann, ist ebenso streitig, wie leider vieles in unserer Reichsverfassung, die an sich wahrhaftig eine be wundernswerte lebendige Schöpfung Bismarcks ist, eben hier und dort die Spuren ihrer stürmischen Geburtsslunde trägt. Nicht einmal das ist sicher — und hierüber kann natürlich die Neichsoer- fassung von 1871 kaum Auskunft geben —, ob die Genehmigung des Reichstages (die Zustimmung des Bundesrats dahingestellt), zur Ab tretung deutschen Schutzgebietes und zur Erwerbung neuen Koloniallandes erfor derlich ist. An sich wird das Deutsche Reich völker rechtlich durch seinen Kaiser vertreten, und dabei soll es bleiben. Aber ob und inwieweit der Reichstag Staatsvcrträge dieser Art genehmigen muß, und was Rechtens ist, wenn er seine Genehmigung ver sagt, darüber bestehen bange Zweifel. Der viclum- strittene Art. 11 der Neichsvcrfanung schafft hierüber keine Klarheit. Jedenfalls ist Schutzgebiet nicht Bundesgebiet. Also kann cs geschehen, daß das ge- amte Marokkoabkommcn zum mindesten in seinen wesentlichen Teilen, namentlich die Weggabe von Teilen Kameruns oder Togos und die Erwerbung des von allen Kolonialkennern abgelehnten Kongo landes, zu Recht besteht, ohne daß der Reichstag ja oder nein sagen konnte. Tie nationallibera le Fraktion des Reichs tags, weit entfernt, die ihr und dem ganzen deutschen Volke nur bruchstückweise bekannten Pläne des Kan'-Iers im voraus schlechthin -u verwerfen hat es für ihre Pflicht erachtet, im Senioren konvent folgenden Initiativantrag anzukündigen: Der Reichstag wolle be.chfießen, den Reichs kanzler um eine Erklärung zu ersuchen: 1. daß das Abkommen über Marokko in allen seinen Teilen nicht zum Abschluß gebracht werden wird, ehe der Reichstag als der berufene Vertreter des deutschen Volkes darüber gehört worden ist, 2. daß ohne Genehmigung des Reichs' tags weder deutsches Schutzgebiet ab getreten noch neues Kolonialland erworben werden soll. Die nationalliberale Partei hat alle Parteien dazu eingeladen, sich dieser Aktion anzuichlicßcn, in der llcberzeugung, daß nur ein entschlossener Wille der Mehrheit des Reichstags zum Ziele führen könne. Kein Mitglied des Seniorenkonvents dritte sich dem Eindrücke entzogen haben, daß ein wichtiger, ent scheidender Augenblick gekommen sei. Allein die Mehrheitsparteien haben ihre Mitwirlung verweigert. Sie decken den Reichskanzler auch hier. Die nationalliberale Partei kann die Mehr heit des Reichstages nicht zwingen, ihrem Antrag zu folgen. Allein der Oeffentlichkeit darf unv soll dieser Vorgang nicht erspart werden. Das deutsche Volk ist mündig. Es ist unmöglich, Kolonialpolitik, die zu den vornehmsten Ausgaben unseres emporstreben den Vaterlandes gehört, zu treiben, ohne innere, tätige Teilnahme des ganzen Volkes. Das hat gerade Bismarck ausgesprochen, als die ersten Schutz gebiete erworben wurden, und er war gewiß nicht bereit, ohne Not kaiserliche Rechte zugunsten der Volksvertretung beschränken zu lassen. Es ist des halb kein unbilliges Verlangen, daß. ehe denn die Würfel fallen, der Reichstag, der der Vertreter des deutschen Volkes zu jein wenigstens berufen ist, seine Stimme erhebt, und nicht erst, wenn es zu spät ist! Der Reichstag soll die Verantwortung mit tragen, wenn es die Ehre, das Ansehen, die Blüte des Vaterlandes gilt. Paris, 26. Oktober. (E. D.) Nach einer an scheinend osfiziösen Mitteilung hat die Regierung beschlossen, das französisch-deutsche Abkommen dem Parlament erst dann zur Ratifizierung vor- zulcgen, wenn die Algecirasmüchte dem sran- zösisch-deutschen Marokkooertrage ihre Zustimmung erteilt haben. Die Revolution in Lhinrr. Die chinesische Nationalversammlung, die, von allen unbeachrei, gegenwärtig tagt, hat zu den inner politischen Wirren noch nicht Stellung genommen. Man scheint ihren Beratungen wenig Bedeutung beizumeßen, da nur lehr wenig Provinzdelegierte cingetroffcn sind. Viele Provinzen haben mit Rück sicht auf den herrschenden Geldmangel gänzlich auf die Entsendung eines Spezialdclcgiertcn verzichtet. Das Volt hat jedes Interesse für die Tätigkeit der Ver sammlung verloren, und die Zeitungen berichten nur sehr periodisch über die Ereignisse im chinesischen Parlament. Selbst die Minister haben es verab säumt, dem Parlament wie sonst wohldurchdachte und vorgearbeitete Gesetzesentwürfe vorzulegcn. Das öffentliche Interesse konzentriert sich auf die Revo lution, von der man mehr erwartet, als von der Nationalversammlung. Das Volk teilt zwar die politische Ansicht der Revolutionäre nicht vollständig, sehnt sich aber, der ewigen Vcrfassungskämpfe müde, nach einer tatsächlichen Verbesserung der gegenwärti gen Verhältnisse. Rian wünscht zwar keinen allge meinen Umsturz, hofft aber, daß die Rebellen einen genügenden Vorteil erzielen werden, um die Regie rung zu einer radikalen Aenderung ihrer Politik zu zwingen. Im einzelnen liegen folgende Nach richten vor: Der chinesische Minister des Auswärtigen aus Berlin zurückberufen. Berlin, 26. Oktober. (Eig. Drahtmcldung.) Der chinesische Minister der auswärtigen Angelegenheiten, Liangtunoycn, der sich gegenwärtig in Ber- l i n aufhält, hat vom Prinzregcntcn die telegraphische Aufforderung erhalten, sich unverzüglich nach Peking Zurückzubegeben. Er wird zu dem Weg in die Heimat, mit Rücksicht auf die erforderliche Eile, die transsibirische Eisenbahn benutzen. Liang- rungyen, der früher Präsident des Waiwoupou war, gilt als einer der fähigsten Diplomaten Chinas. Stürmische Sitzung in der chinesischen National versammlung. Peking, 26. Oktober. (Eig. Drahtmeld.) In der Nationalversammlung kam es heute zu stürmischen Szenen, als das Haus die Ent lassung des Vizepräsidenten des Verkehrsmunsteriums Shenghjuan-huai und die Erhebung der Anklage gegen ihn forderte wegen meiner y.Atung in der Frage der Hukuang-Eisenbahn, die von einem inter nationalen Syndikat gebaut werten soll. Wenn die Regierung diese Forderung nicht bis morgen erfüllt, will die Nationalversammlung sich auflöjen. Zum Bomdcnattcntat in Kanton. Kanton, 26. Oktober. sEig. Drahtmeld.) Durch den gestrigen Bombenanschlag wurden 21 Menschen getütet, 18 verwundet und 7 Häuser beschädigt. Ter Täter selbst, ein Eingeborener aus dem Sunmingdistrikt, wurde tödlich verwundet. Eine Abteilung von 50 Soldaten ist abends nach der Station Schckpa ab gegangen, um die Kanton—Kaulun-Eisenbahn zu be wachen, auf der bereits eine große Anzahl von Chinesen nach Hongkong geflüchtet ist. Die Disziplinlosigkeit im chinesischen Heere. Peking, den 26. Oktober. (Eig. Trahtm.) Chine sische Blätter schildern einen Vorfall, der sich im Truppen lager von Utschang vor Aus bruch der Revolution ereignet hat, und der beweist, welche Disziplinlosigkeit damals schon herrschte. Zahl reiche Artilleristen, die ihre Dienstzeit absol viert hatten, hatten die Erlaubnis erhalten, heim- zukehrcn. Ehe sie den L-asfenrock auszogc», vcr- fammellen sie sich noch einmal in der Kaserne, um mit ihren Kameraden, die unter den Fahnen blieben, den Abschied zu feier n. Sic benahmen sich hierbei, nachdem sie ein gehöriges Quantum ge trunken hatten, äußerst lärmend, johlten und sangen, bis die Offiziere auf die Vorgänge aufmerksam wurden. Einer von ihnen befahl ihnen, sich ruhiger zu verhalten. Aber die Soldaten verweigerten den G e h o r s a in, nahmen ihre Waffen und feuer ten zahlreiche Schüsse auf ihn ab. Glück licherweise waren die Gewehre blind geladen, und der Offizier blieb unverletzt. Als er sich hierauf zurück zog, dauerten die Ausschreitungen fort. Ter Vizc- künig von Vitt-Cheng, der am folgenden Tage von dem Vorfall horte, befahl, die Meuterer ge fangen zu nch m e n. Aber diese waren schon heimgekehrt und anscheinend nicht mehr aus findig zu machen. Tie aktiven Mannschaften, die an dem Vorfall teilgenommcn hatten, blieben unbestraft. Wenige Tage darauf brach die Revo lution aus. Der Krieg um Tripolis. Italien schließt die „offene Tür". General Cancva hat für Tripolis und die Cyrenaika eine Verfügung erlassen, die grundsätz lich bis zur Ausgabe einer anderen Verordnung Terrain verkaufe verbietet, mit Aus nahme besonderer von der Regierung genehmigter Fälle. Dadurch soll die Terrainspckulation verhindert werden, die nach der Landung der italienischen Trup pen eine große Ausdehnung anzunehmen drohte. Bevorstehende Revolution in Konstantinopel? Bukarest, 26. Oktober. (E:g. Drahtmeld.) Nach hier cingetroffenen Meldungen ist die Lage tn Konstantinopel äußerst ernst. Man er wartet hochbeöeutcnöe Ereignisse. Das Regime der Iungtürken sei stark gefährdet. Ocffentlich spricht man von der Notwendigkeit der Absetzung des § n l t a n s. Ernennung türkischer Eeneralstabschcss für Tripolis und die Cyrenaika. Saloniki, 26. Oktober. sEig. Drahtmeld.) Wie hiesige Dlälter melden, ist der bisherige türkische Mil-.tärattachtz in Paris, Ali Fethi Bei, der Majorsrang bekleidet, zum Generalstabschef von Tripolis ernannt worden. Fethi Bei soll bereits in Trivolitanien eingctroffen sein. Enver Bei soll der gleichen Quelle msolge heute, via Aegyp ten reisend, in der Cyrenaika cingetrosfen sein. Er ist zum Eeneralstabschef der Cyrenaika ernannt wor den. Der Oberst Nechat, der interinustfiche Walt von Tripolis, ist zum K o m mandante n der Trup pen von Tripolis und der Cyrenaika er nannt worden. Die Rache des Komitees für Einheit und Fortschritt. Athen, 26. Oktober. (Eig. Drahtmeld.) Nach einer Drahtmcldung aus Saloniki har das Komitee für Einheit und Fortschritt, um sich für die Manifestationen zu rächen, die gegen das Komitee gerichtet waren, Proskriptionslist en ausge- A ksin. Hochgebirgsroman von Adolf Ott. (Nachdruck verboten.) Anna-Marie wunderte sich nicht, daß der Hans am Zaun gestanden hatte, und Hans hielt es iür ganz selbstverständlich, daß zur bestimmten Zeit die Gestalt des Mädels am geöffneten Fenster sichtbar geworden ist. Auf diese Weise sahen sich der Hans und die Anna- Marie fast täglich. Sie wurden auch nie gestört, da sich um diese Zeit der Lenzbauer im Wirtshaus, dl« Knechte und Mägde oben in ihren Betten befanden. Nur einem, dem Kilian, fiel auf, daß sich seln Bruder allabendlich vom Hose entfernte und verhält nismäßig ipät erst wieder heimlehrte. Mißtrauisch, wie der Bauer war, und im Bestreben, dem Hans, wenn es irgend möglich sein konnte, unangenehm zu werden, belauschte er eines Abends diesen auf seinem geheimen Gang. Hütte der Kilian ein Gewehr ge habt, als er sehen mußte, wie der Bruder über den Zaun des Lenzhofes sprang und eine ziemlich lange Lauernde Unterredung am Kammersenster der Anna- Marie hatte, so würde er ihn ohne weiteres Be denken niedergeschossen haben. Persönlich an ihn, der Lektion von neulich gedenkend, getraute er sich nicht. Er gestand sich, trotz der Wut. die ihn gepackt hatte, daß ihn eigentlich die ganze Sache nichts an ging, und der Hans recht hätte, sich jede Einmi'chung rn »eine intimste Privatangelegenheit ernstlichst vom Leib zu halten. Aber so einfach lagen die Dinge gar nicht. Für Kilian handelte es sich darum, ob die Lenzbauern-Tochter in Zukunft ihm oder dem Bruder gehören soll. Er hatte schon einmal bei dem Alten angeklopft, der aber hatte gelacht und gesagt, wenn er seine Toch ter einem Hallodri geben wolle, so wäre ihm der Tanneckhofer dazu eben recht. Das war bitter. Aber der Lcnzhofer war einer, der bezüglich fester Meinung nicht besonders ernst zu nehmen war. Jetzt galt es. dem Hans zuvorgekommen, wenn auch nicht leicht an zunehmen war, daß der stolze Bauer die Hoserbin einem Knecht geben würde. Das wäre vielleicht mög lich, wenn sich sonst gar keiner um das Mädel um- tun würde, was aber bei der Anna-Marie ganz un denkbar war. Der Kilian ließ also nichts oon seinem Zorn mer ken und paßte eine Gelegenheit ab. Diese fand sich auch bald, als der Tannecker den Lenzhofer an einem der nächsten Abende, allein und gelangweilt, im Wirtshaus sitzend antraf. Die schlechte Laune besserte sich, als Kilian ein Kartenspiel vorjchlug, bei dem er es so dirigierte, daß jein Purtner gewinnen mußte. Dabei wurde aus giebig getrunken, zuletzt veranlaßte der Tanneaer den Spielgcnossen noch dazu, Champagner bringen zu laßen, den sie aus Bierseideln tranken. Je mehr sich Kilian zurückhielt, um nüchtern zu bleiben, desto eifriger jprach der Lenzhofer dem feinen, heute für ihn so billigen Getränk zu. Schließlich wurde er ge hörig berauscht, ohne jedoch in einen Zustand zu ge- raten, in dem er gar nicht mehr wußte, was er tat oder sagte. Kilian kam mit aller Vorsicht seinem Ziele näher. Zuerst jprach er von seinem fast schuldenfreien Hof. Tann vom Wald, der zum Besitz gehörte und vorzugsweise aus schlagbarem Holz besianü. Weiter kamen W-«sen und Felder, sowie die Weiderechte an die Reihe und Len Beschluß machte die Aufzählung des V.ehbestanLes. Das breitete der Schlaue alles nach und nach vor seinem Zechfreunde aus wie der Krämer seine Waren, wenn er sie an den Mann bringen will. E>n der artiger Besitz ist etwas, Las einem richtigen Bauer stets Achtung abnötigt. Und als erst der Kclian seine Anpreisungen mit dem Hinweis ,-.--oß, daß er zwar sehr gutes Vieh habe, die Raffe aus dem Lenzhofe aber die schönere und bessere sei, oeaann ihn der andere nach und nach mit fast neidischer, steigender Bewunderung anzusehen. Das war nicht unschwer zu erkennen, als der Bauer auf den Tikch schlug und ausries: „Teifi! Wenn i net der Lenzbauer wär, jo möcht i glei der Tannecker sein." Da lachte dieser, hielt dem Freund das volle Glas zum Anstößen hin und forderte ihn auf, auf das Wohl des schönsten Hofes, des Lenzhofes, zu trinken. Das zog, dafür bekam der Tannecker sogar eine Umarmung und einen saftigen Kuß. Nun war es an der Zeit, das schwere Geschütz aufzufahren. „Weißt, Freundl", sagte der Kilian. „Weißt, mein Hof ist net übel, aber eins Bäuerin braucht iS halt." „Gibt g'nug Madeln, die sich alle Finger abschleck'n täten, wenn s Tanneckerin werden könnten", tröstete der Lenzhofer. Aber der Tannecker schüttelte den Kopf. „Kenn' ich schon, aber diejenigen steh n mir net an." „Wer soll's dann nachher sein?" forschte der Freund. „Oder weißt leicht selber net, wer dir an- steh'n möcht'?" „Na, so weit fchlt's net. Ich müßt schon «ine. Aber, da hängen dem Fuchs die Trauben zu hoch", sagte der K.lian mit einem Mauen Seitenvl ck „Was? Die Trauben hängen dir zhock! Warum net gar! Ein Hallodri bist, aber ein schön's Sach hast beinander. Ich wüßt net, warum du irgendwo umsonst fragen solltest. Kuraschi, Kuraschi fehlt dir halt, alter Spezi! Trink, nachher wird's vielleicht besser." Ueber das Gesicht des Kilian flog ein triumphieren des Leuchten. Jetzt saß ja der alte Fuchs cn der Falle. An der Kuraich sollte cs ihm nicht fehlen. Das übrige wird sich finden, daran zweifelte er nicht. Und so ging er direkt aus das Ziel los, indem er fragte: „Wenn die Sach' so steht, nachher wüßt ich net, warum ich net sagen jollt, daß mir die Anna-Marie vom Lenzhof ganz besonders ansteh'n tat, in allen Stücken, wenn sie mir der Vater zusag'n wollt." „Kreuz Million Teifi!" fluchte der Lenzhofer und schlug dabei mit der Faust auf den Tisch. „Was fallt denn dir ein? Meine Anna-Marie möchtest! Bist übergeschnappt?" Der Tanneckbauer blieb auf diese intime Frage ganz ruhig, aber er entgegnete: „Hast grad selber gesagt, daß mir nur die Kuraschi fehlt, anzufrag'n! ^etzt hab ich die Kuraschi, beruf mich auf mein schön's -ach und — wie du auch g'saat hast — bin ich der Fuchs net, dem di« Traub n z hoch hängen, sondern sie sind mir grad recht, und da denk ich, du wirst auch recht sein, wirst net viel Umstand macken und ja sagen, wenn wir uns gegenseitig die G'scyicht besser ausdeutjcht haben." Der Lcnzbaucr war jetzt wirklich in großer Ver legenheit. Es war richtig, so, wie der andere be hauptete. hatte er gesagt. An seine eigene Tochter hatte er dabei aber nicht gedacht. Kilian ließ ihm nicht Zeit, viel zu überlegen und fuhr fort: „Weißt, Lenzhofer, nachher wird's erst richtig mit der Berg weid' unv dem Viehtrieb auf die Alm. So, wie s ist, war s für jeden nir. Der eine hat s Futter, der andere 's Wasser g'habt. Hat immer Streiterei und Hacklerei abzeben. Gibst mir die Anna-Marie, so werf'n mir die ganze G schicht in «in' Hafen. Nach her hat jeder, was er braucht." Der Lrnzhofer iah interessiert auf. Ueber die Weide-Angelegenheit hatte er sich schon so oft und jo viel geärgert, daß er herzlich froh sein würde, wenn die Lache glatt liefe. Dem alten Tanneckbauern hatte er seinerzeit für das gemeinsame Benutzungsrecht ziemlich viel Geld geboten. Der aber sagte, er lasse sich keine Laus rn den Balg setzen und wenn diese auch von Gold und Silber wäre. Und aus dem Handel wurde nichts, trotzdem er für beide Teile von Vorteil ge- wesen wäre. Der Lenzhoscr war nichts weniger als ein zärt licher Vatcr. Seine Frau war in jungen Jahren gestorben und hatte ihm das einzige kleine Mädl huiterlassen. Ein Mädl! Und er hätte doch jo not wendig einen Hoserbcn und eine Hilfe für die späteren Jahre gebraucht! Da kam es über ihn wie ein nicht versiegender Groll gegen das tote Weib, das ihm jo wenig von dem erfüllt hatte, was er gehoffte. Dieses Grollgejühl übertrug sich auch auf das Verhältnis zu seinem Kinde. Er nahm eine Base ins Haus, die die Wirtschaft führte, die kleine Anna- Marce erzog, und damit glaubt« er seine volle Schul digkeit getan zu haben. Geheiratet hatte er nicht mehr, weil ihm bei seinen Neigungen zu Veränderungen das freie, ungebundene Witwerleben sehr zusagt«. Als die Anna-Marie heranwuchs, begann er hauptsächlich deren vorzügliche Arbeitskraft zu schätzen. Daß man ein Kind auch mit L-ebe behandeln soll, daß dieses auch ein H«rz mit Liebesbcdürfnis hat, oder haben könnte, darauf hatte der Lenzhofbauer ganz vergess n. Er schätzte oen Tanncckbauer als Menschen ziem lich gering, aber dessen gut liegender, großer Hof g«- fiel ihm. Nun wird ihm bei dem Handel um die Tochter eine vorteilbaitc Aussicht gezeigt. Der Bauer be ginnt zu rechnen und schätzt die Arbeit d«s Mädels in Geld. Wenn sich die Sache mit der Weide macht, wie sie ihm angetragen wurde, so ist er in der Lage, soundsoviel Stück Vieh mehr einzustellen. Aus denen hat er den und den Nutzen. Zieht «r davon ab, was ihm die Arbeit des Mädels gilt, so bleibt ihm ein schönes Stück Geld, für das «r sich leicht eine die Tochter ersetzende Arbeitskraft verschaffen kann. (Fortsetzung in der Morgenausgabe.)
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