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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 20.10.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-10-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19111020028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911102002
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911102002
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-10
- Tag 1911-10-20
-
Monat
1911-10
-
Jahr
1911
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BezugS-PreiS für Leipzig unü Porott« durch «nl«„ Trauer und EvrVtleur« 2m al täglich in» tzau» gebracht I» P(. monatl.. l.7li Sik. oierteliäbrl. «et unlern Atlialen a. Ln» nahmeitellen adaedoi« 7S Pf. monatig LS Mk. oieNeliähkU Durch di« «eit: innerhalb Deutschland» und der deutschen Kolcnien vierteljährl. S.iiU Mk., monatl. l^tt M». au»schl. Poltdefteliaeld. Ferner in Belgien, Dänemarl. den Donauitaaten, Italien. Luxemburg, Niederlande. Nor wegen. Oesterreich-Ungarn. 'Rußland, Echweden, vchwetz u Spanien. In allen übrigen Staaten nur direkt durch di« Eelchältsiiell« de» Blatte» erhältlich. Da» Leipziger Tageblatt erscheint 2mal täglich. Sonn» u. Feiertag» nur morgen». Abonnement».Annahme. 2»hanni»g»ss« 8. bei unseren Trägern. Filialen, Spediteuren und Annahmestellen, sowie Postämtern und Briesträgern. Etnzelverkausrpret» tO Pf. Abend-Ausgabe. UciMM'TagMM s 14 892 («achtaalchl,») s " ^92 Tel.-Änschl.114 893 Eel.-Änschl.^i4 693 Amtsölatt des Rates und des Rokizeiamtes Ser Ltadt Leipzig. llr. 29 l Freitag, üen 50. vktoder 1911. SSM Anzeigeu-PreiS für Inserat« au» Leipzig und Umgibun, di« lspaltigePetttzeil« SPs-dt«N«klame» zetle I Mk. »on au»wän» 30 Pf^ Neklamen l2V Mk. Inserate o»n Behärden im amt» lichen Teil di« Petitteil, SO Ps E»schäst»anzeig«n mit Pla>oorschtttt«n im Preis« erhöht Rabatt nach Tatts. Betlagegebühr Gesamt» auslag« S Mk. p. Tausend erkl. Postgebühr. Teilbeilage Hoher. Fellertetlt« Austräae können nicht zurück gezogen werden. Für da» Erscheinen an destimmten Tagen und Plätzen wird kein« iSarantt« übernommen. Anzeigen-Annahme: I»ba>ni»g»sse 8, bet sämtlichen Filialen u. allen Annonren- Erpeditionen de» In» und Auslände». Drnck „» Peel»« »»n Fischer L klärste» Inhadrr: Paul Rürfte». Iledattion nnd G«schäst»stell«: Iohannisgass« 8. Haupt»Filiale Dr«»den: Lee,trag« < l lTelephon 4621). tos. Zshrysnn. DE- Unsere heutige Morgenausgabe umfaßt 16 Leiten, die Abendausgabe 8 Seiten, zusammen 24 Leiten. Kanllsnz. Im Januar dieses Jahres hat das Zentrum den süddeutschen Wahlkreis Jmmcnstadt an die National liberalen verloren. Der Ausgang der am Donnerstag erfolgten Ersatzwahl in Konstanz-Stockach macht abermals üen Berlust eines alten Zentrumsbesitzes sehr wahrscheinlich Bei der Wahl hatten Landgerichtsrat Freiherr von Nüpplin (Ztr.) 13 410, Gärtnereibesitzer Schmid (Natl.) 11234 und Buchdrucker Grotzhans (Soz.) 3020 Stimmen erhalten. Es hat also noch eine engere Wahl zwischen dem Kandidaten des Zentrums und der Nationalliberalen stattzusinden. Bei der Wahl im Jahre 1907 wurden für den verstorbenen Zen- trumsabgeorüneten Geheimen Finanzrat Hug 14 327, für den nationalliberalcn Kandidaten 8569 und für Len sozialdemokratischen Kandidaten 2565 Stimmen gezählt. Der Wahlkreis Konstanz, der in den 70er und 80er Jahren von den Nationalliberalen be hauptet wurde, war seit 1890 unumstrittener Besitz des Zentrums, das seit dieser Zeit bis 1907 stets gleich im ersten Wahlgange den Sieg davontrug. Wie bei allen bisherigen Nachwahlen haben auch in diesem Kreise die Ereignisse der letzten Jahre die Stimmung der Wähler völlig verändert. Das Zentrum har 900 Stimmen verloren, die Sozialdemokratie hat einen Gewinn von 500, der nationallibe rale Kandidat sogar einen Gewinn von rund 2700 Stimme,, zu verzeichnen. Die Bedeutung dieses Ergebnisses gewinnt dadurch, daß der Wahl kreis Konstanz zu 91 Proz. katholische Einwohner zählt und daß er vornehmlich ländlichen Charakters ist. Der Wahlkampf wurde von allen beteiligten Par teien mit großem Nachdruck geführt. Führer der beiden liberalen Parteien und Führer des Zentrums, darunter der für besonders zugkräftig geltende Ab geordnete Erzberger, wetteiferten in der Bearbeitung der Wählermasscn mit der Sozialdemokratie. Der Zentrumskandidat Freiherr v. Rüpplin sagte seinen liberalen Gegnern allerlei „Liebenswürdigkeiten" nach, vermochte aber dadurch doch nicht den erwünsch ten Erfolg zu erzielen: die Nationalliberalen ge wannen dreimal mehr Stimmen, als das Zentrum verlor. Bei der Stichwahl, die am 27. Oktober stattfindet, ist zu erwarten, datz die Sozialdemokraten für den nationalliberalen Kandidaten eintreten, um die Niederlage des Zentrums zu besiegeln. An deutungen des „Vorwärts" lassen mit Sicherheit darauf schließen, das; die Sozialdemokratie alles daran setzen wird, um einen Sieg des Zentrums zu ver hindern. Ta für Baden das Grotzblockabkommen maßgebend ist, wird der Zentrumskandidat vermutlich auch unterliegen. Der Krieg um Tripolis. Ern Vertrauensvotum für Said Palcha. Wce wir schon in der heutigen Morgennummer kurz meldeten, hat die zweitägige geheime Kammer sitzung in Konstantinopel mit einem starken Ver trauensvotum für den Grotzwesir Said Pascha geendet. Ueber die Rede des Gro'tzwesirs zur tripolitanischen Frage und über den Ausgang der Sitzung liegt folgende ausführliche Meldung vor: Konstantinopel, 20. Oktober. (Eig. Drahtbericht.) Zur Tripolisfrage erklärte der Grotzwesir vor der Kammer, es gebe zwei Wege: Widerstand oder fr ied l iche Lösung: der eine schlictze den andern nicht aus. Die Regierung arbeite auch diplomatisch. Es sei unzweifelhaft, das; die Ottomanen in den Grenzen des Menschenmöglichen W i d e r st a n d l e i st e n müßten. Auf den Zwischenruf „Bis zur gänzlichen Vernichtung" erwiderte der Grotzwesir, das Ziel sei nicht die Vernichtung, sondern das Fortbestehen. Ueber das Ergebnis der Vermittlungs verhandlungen könne er nichts Bestimmtes lagen, da die Dispositionen zur Vermittlung der Mächte sich während der Verhandlungen je nach den Umständen ändern könnten. Wenn er einsehe. Latz die natio nale Existenz der Türker bedroht sei, werde er bis zum Aeutzcrsten Widerstand leisten. Der Grotzwesir wandte sich sodann gegen die Jsolierungspolrtik. Wie jedes Land, braruie auch die Türkei Allianzen und Ententen. Allianzen mützten aber auf gegenseitigen Vorteilen beruhen. Die Türkei braucht keine Allianzen, die das Land einer Gefahr aussetzen müssen. Solche juchen die Lösung der gegenwärtigen Fragen baldigst zu er möglichen. Der Grotzwesier wies weiter auf die Ge fahren hin, die durch andere Verwickelungen ent stehen könnten. Man sage, datz andere Staaten Vor bereitungen träfen. Italien habe Kriegsschiffe im ganzen Archipel und bis vor den Dardanellen. Die Lage sei äutzerst heikel. — Schließlich erklärte sich der Grotzwesier mit allen Ministern solida risch, beionders mit dem Minister des Aeutzern uno dem Kriegsmiuister. Wenn die Kammer dem Kabi nett kein Vertrauen schenke, werde es anderen, tüchtigeren Männern Platz machen. Die Sitzung wurde darauf unterbrochen. Nach Wiederaufnahme der Sitzung sprach nur noch der Gemäßigt-Liberale Lutfifikri,^egen die Rede und gegen das Programm des Großwesirs polemi sierend. Er erklärte, die Opposition könne einem Kabinett, das unter Nebeneruftüsjcn stehe und das Land aus den gegenwärtigen Schwierigkeiten nicht retten könne, tein Vertrauen schenken. Der Erotz- wesir erwiderte sichtlich erregt, wies die seine per sönliche Würde beleidigenden Ausführungen des Vorredners zurück und widerlegte eingebend die Be hauptung Lutfifikris, datz die Pforte sich begnüge, die Respektierung des Pariser und Berliner Vertrages zu verlangen. Er spielte auf Kiamil Pascha an, der die bosnische Frage durch Geldkompen sationen regelte, wozu auch jetzt einige Mächte rieten. Der Grotzwesir wandte sich nochmals gegen die Ausweisung der Italiener, wodurch man nur der öffentlichen Meinung schmeichele, während die Türlei die Unterstützung der Großmächte brauche. Er appellierte schließlich wärmstens an die Einsicht der Deputierten, in deren Händen die Geschicke des Landes lägen. Die Kammer nahm, wie schon kur; gemeldet wurde, die Tagesordnung des Führers der Jungtürken an, die besagt: „Da der Großwesir erklärte, daß er in der Tripolisfrage seine Be mühungen auf die wirksame Sicherung der natio Der lsische Kunüertmsrklcheln. 17) Roman von Arthur Zapp. (Nachdruck verboten.) Der Richter wandte sich erstaunt und erzürnt an den Sprechenden. „Was fällt Ihnen ein?" „Sie darf nicht schwören", beharrte der junge Mann, vor Aufregung an allen Gliedern bebend. ^Jch lasse es nicht zu, datz sie meinetwegen einen Memerd schwört und um —" Er brach plötzlich ab, während Jngeborg Ruland wie gebrochen au; den hinter ihr stehenden Stuhl sank. Der Untersuchungsrichter sah fragend, betroffen von einem zum andern. „Es ist also nicht wahr, was die Zeugin zu beeiden bereit war? Sie hat Ihnen die Banknoten nicht geschenkt?" „Nein! Das hat sie nicht. Und überhaupt — auch alles andere ist nicht wahr", drängte es sich dem Untersuchungsgefangenen unaufhaltsam über di« Lip pen. „Sie ist nie bei mir gewesen und wir kennen uns überhaupt gar nicht. Wir yaben uns hier zum erstenmal gesehen." Er atmete tief auf, wie von einer schweren Last befreit und wiederholt« dann: „Ich kann nicht zu geben, datz die Dame, um mich zu retten, einen Mein eid auf sich nimmt." Der Untersuchungsrichter war durch diese Erklä» rung. an deren Wahrheit er kaum zweifeln konnte, und die die Ergebnisse der Vernehmungen und Unter, suchungen von langen Wochen in einer Minute über Len Haufen warfen, aufs äußerst« überrascht. „Aber dann begreife ich nicht —" sagt« er ver wirrt, kopfschüttelnd, und sah fragend, ratlos zu dem jungen Mädchen hinüber und von da zu seinem Pro tokollführer und wieder zurück zu der Zeugin. „Was hat Sie denn veranlatzt, sich selbst in so schwerer Welse zu belasten?" Der Gedanke an seinen Sohn fuhr ihm durch den Kops, der so bitter unter dem Verdacht, der auf der von ihm geliebten jungen Dame geruht, und unter ihren Selbstbezichtigungen litt. „Was in aller Welt hat Sie denn veranlatzt, Fräulein Ruland. einen so entehrenden, schimpflichen Verdacht gegen sich heraufzubeschwören. Ihr Idealis mus. Ihr Kunstintcresse kann doch unmöglich so weit gehen, sich selbst, Ihren guten Ruf, Ihre Müdchenehre auszuopfern?" Die Gefragte antwortete nicht. Ihre Entschlossen heit, ihr bestimmtes, energisches Wesen, das sie wäh rend des ersten Teiles des Verhörs bewiesen hatte, verwandelte sich mit einem Male in gänzliche Fas sungslosigkeit. Sie schlug ihre Hände vor das Gesicht und die Kämpfe und die seelischen Martern der letzten Wochen machten sich in einem stürmischen Schluchzen Luft. „Aber, Fräulein Ruland!" begütigte der Unter- suchungsrichter, während er selbst nahe daran war, seine Fassung zu verlieren. Er wußte nicht, was er von dem rätselhaften Gebaren des jungen Mädchens zu halten hatte, und ein kalter Schauder durchrann ihn, wenn er daran dachte, daß sie im Begriff gewesen, sich e-nes so schweren Verbrechens, wie es ein Meineid ist, schuldig zu machen. Oder sollte der Eifer des Malers, lerne Miene des rechtschaffenen Mannes, der «in Unglück, ein Verbrechen verhüten will, nur ge schickt gespielte Komödie gewesen sein? Landgerichts- rat Werder wollte sich eben mit einer eindringlichen Mahnung an den Untersuchungsgefangenen wenden, als plötzlich die Tür aufgerissen wurde und ein Ee- richtsdiener eilig hereinkam. „Was gibt's?" fragte er ärgerlich über die Störung. „Herr Kriminalkommissar Böhme bittet den Herrn Untersuchungsrichter eine wichtige Meldung machen zu dürfen." „In welcher Angelegenheit?" „In Sachen Stangen und Genossen. " „Ah!" Der Richter winkte voll Interesse, und als der Kommissar, dem di« Wichtigkeit und die freudige Genugtuung von dem strahlenden Gesicht leuchtete, eingetreten war, fragte er zunächst: „Handelt es sich um ein« kurze Meldung oder —?" „N«in, Herr Landg«richtsrat", fiel der Polizei beamte «in, „es ist ein langer Bericht, den ich Jhn«n abzustatten habe. Ich habe gestern abend das Falsch- müngernest ausgehoben." Er trat dicht an den Rtchtertisch heran und fügte mit gedämpfter Stimme nalen Ehre, Souveränitätsrechte und Interessen des Reiches richten werde, spricht die Kammer dem Kabinett ihr Vertraue» aus." Aus Tripolis liegen auch heute wieder widerspruchsvolle Nach richten über den Gesundheitszustand der Truppen und über Truppenzujammenstöße vor. Die Erfah rungen der letzten Tage Haden indes gelehrt, das; man den Italien ungünstigen Melduneen doch mehr Glauben schenken darf als den „Siegesdepeschen" aus Rom. * Nom, 19 Oktober. (Eig. Drahtmeld.» Der „Messa"gero" schreibt: 'Nach einer der Negierung vom General Caneva rugegangenen Mitteilung ist der Gesundheitszustand der Truppen ausge zeichnet. In der Nacht zum 18. wurde nördlich vom Bumelianabrunnen eine türkische Patrouille gemeldet, die sich nach kurzem Feuergefecht zurück- zog. Sie lies; einen Toten und mehrere Ver wundete am Platze. Das Kriegsgericht wird heute erstmalig zusammentreten. um über zwei Araber abzuurteilen, die beschuldigt werden, mit dem türkischen Lager in Verbindung gestanden zu haben. * Kon antinopel, 20. Oitober. (Meld, des Wiener k. k. Telegr. Korr.-Vureaus.) Nach einer Mitteilung des Kriegsministeriums fand am 16. Oktober in Tripolis ein dritter Nachtkampf gegen üie Italiener statt, in dem diese «echzig Tote hatten. Mailand, 20. Oktober. lE. D.) Auch der „Cor ners della Sera", der bisher sich nicht genug tun konnte rn rosaroter Ausmalung der gesicherten mili- täriichen Position der italienischen Truppen in Tripolis und in der Cyrenaika, gibt jetzt zu, datz die Situation der Italiener in Bengasi schwieriger geworden wäre. Die Meldungen, datz in Tripolis Cholerasälle auch unter Len Be- satzungsmannschaften ausgebrochen wären, werden zwar von seiren der Regierung dementiert, aber von dem sozialistischen„Avanti"aufrechterhalten, der sich auf briefliche Mitteilungen von Soldaten stützt, die in Tripolis stehen. Bekanntlich hatte die Negierung es fertig gebracht, die vom Kriegsschau platz in dem sizilianischen Augusta angclangte Pop 6 Tage zuriickzuhaltcn. unter dem Vorgeben, die Stellung des Heeres könnte durch diese Briefe ver raten werden. Wie Italien die Zensur handhabt. Rom, 20. Oktober. lE. D.) In Tripolis wird die italienische Zensur in einer Weise gehand habt, die direlt lächerlich wirkt. De Felice, der tripolitanische Korreipondent des „Messaggero", er klärt nämlich, daß jedes Telegramm in Tripolis drei Zensur st eilen passieren müsse. Zunächst erhält cs der Gouverneur zur Durchsicht, hierauf der Militär-Kommandant, und schließlich gibt auch noch der Vorsteher des Telegraphenamtes sein Gutachten ab. Darauf wird der Inhalt der Depeiche nach Rom in das Ministerium des Innern telegraphiert, wo es die letzte und endgültige Zensur erfährt. Die Hebung der „Derna". Paris, 20. Oktober. lE. D.) Der Spezialbericht- ersta.ter des „Matin" in Tripolis telegraphiert: Der türkische Transportdampfer „Derna", den die Italiener mit einer Ladung von Waffen und Muni tion passieren ließen und dann versenkten, ist wieder gehoben worden. Das Schiff wird nach Athen ge hinzu: „Ich glaube, Herr Landgerichtsrat, der arme Teufel da ist an der ganzen Geschichte ebenso un schuldig, wie — wie Sie und ich, Herr Land gerichtsrat." Der Untersuchungsrichter nickte, schon fast über zeugt, und wandte sich an die Zeugin, die sich be mühte, ihre Gemütsbewegung zu beherrschen. „Sie sind einstweilen entlassen, Fräulein Ru land." Und mit einem freundlichen Blick: „Ich danke." Darauf winkte er dem Ecrichtsdiener und trug ihm auf, den Untersuchungsgefangenen abzuführen, ihn aber zu seiner Disposition zu halten. Alsdann ersuchte er den Kriminalkommissar, zu berichten. Der Kriminalbeamte erzählte die Ereig nisse des vergangenen Abends, die eine gründliche Aufhellung des Münzoerbrechens herbeigeführt hatten. Mit gespanntem Interesse hörte ihm der Unter suchungsrichter zu. „Und Sie sind sicher, datz es sich um dieselbe Sorte von Falsifikaten handelt, die zu der Verhaf tung des Malers Stangen geführt hat?" „Um genau dieselbe. Der Ursprungsort befindet sich in der Swinemünder Straße, und der arme junge Künstler hat aller Wahrscheinlichkeit nach nicht das geringste damit zu tun." Im Anschluh an die Meldung fand das Verhör der bereits am frühen Morgen in das Unter suchungsgefängnis überführten am Abend vorher festgenommenen Insassen der Hofwohnung in der Swmemünder Straße Nr. 297 statt. Durch die An gaben des Kellners war es dem Hauptschuldigen, dem Kupferstecher Niemann, unmöglich gemacht, bei seinem Leugnen zu verharren. Er räumte schließlich ein, der Verfertiger der bereits verausgabten und der in seiner Werkstatt beschlagnahmten frischen Hun dertmarkscheine zu sein. Was den in der Falsch- münzerwerkstatt mitverhafteten Ruffen betraf, so war das der Anführer einer in Rußland tätigen Ver- brecherbande. Er hatte durch Niemann die Fünfund- zwanzig-Rubelscheine anfertigen lassen und dem Falschmünzer einen erheblichen Anteil an dem Ge winn zugesichert. Er war auch bereits mit einem Beamten eines großen russischen Bankinstituts in bracht, nachdem es wieder in seetüchtigen Zustand versetzt worden ist. Dattelerntc und Patriotismus. Tripolis, 20. Oktober. lE. D.> Eine große An zahl Araber hat die Waffen niedergelegt und weigert sich, den Türken weiter Heecesfolge zu leisten. Der Grund hierfür ist darin zu suchen, datz im Innern des Landes jetzt die Dattelerntc beginnt, die für die eingeborene Bevölkerung bedeutend wichtiger ist als alle politischen Umwälzungen. Luigi Barzini als Verteidiger des Herrn von Lochow. Mailand 20. Oktober. lE. D.) Herr von Lochow. der gefürchtete deutsche „Spion" in Tripolis, hat einen Verteidiger erhalten, der für ihn Partei er greift, ehe die deutsche Regierung in Rom die „er- lorderlichen Schritte" getan hat, die die „Nordd. Allgem. Ztg." als bevorstehend anlündigt. Der bekannte italienische Journalist Barzini äußert sich in seinem letzten Bericht aus Tripolis üver Lochow folgendermaßen: Lochow dürfte nicht der Spionage oder gemeiner Handlungen verdächtig: werden, da hierfür leine untrüglichen Beweise vorliegen. In ihm müsse man noch immer den ehemaligen Offizier respektieren. Barzini schließt mit der Versiche rung, daß eine Ausweisung Lochows nicht erfolgt sei, was auch gar nicht nötig gewesen wäre, da Herr von Lochow freiwillig das Land ver lassen werde. Bei dieser Schlußfolgerung ist wohl der Wunsch der Baler des Gedankens gewesen. Es ist kaum anzunehmen, datz Herr von Lochow ohne weiteres geneigt ist, nach der erlittenen Behandlung diesen Herzenswunsch der Italiener zu erfüllen. Die Lage in Beirut. Konstantinopel, 20. Okt. (Eig. Drahtmeld.) Aus Beirut wird gemeldet: Die Anwesenheit des französischen Panzerkreuzers wird von den hiesigen 2000 Europäern als große Beruhigung empfunden, wenngleich angesichts der gemäßigten Haltung der eingeborenen Bevölkerung und oant der energischen Maßnahmen der Negierung zu ernsten Befürchtungen einstweilen tein Grund vorhanden ist. Nkan zählt hier 200 Deutsche. Es mutz jedoch be tont werden, datz die Interessen der hiesigen deutschen Großfirmen die der französischen Handelshäuser bei weitem überwiegen. Die Balkankrisis verschärft sich. Rom, 20. Oktober. Die aus Konstantinopel aus gewiesenen Korrespondenten der großen italienischen Blätter telegraphieren jetzt von Sofia und Belgrad aus in seltsamer Uebereinstiminung, daß ein kriegerischer Zusammenstoßzwische» der Türkei und den kleinen Balkan st aalen unabwend bar geworden wäre. Ein Vorstoß gegen Deutschland und den Dreibund. Turin, 20. Oktober. (E. D.) Die „Stampa", die sich dem Ministerpräsidenten Eiolitti ver schrieben hat, bringt heute abermals einen schar fen Angriff auf Deutschland. Die Gedulds« probe Italiens wäre nachgerade erichöpft. Während es zu Beginn des Krieges schien, als ob wenigstens das offizielle Deutschland den italienischen Alliierten nicht ohne Not vor den Kopf stoßen wolle, blase jetzt Verbindung getreten, um durch ihn einen schnellen und umfangreichen Absatz der Falsifikate herbei- zu führen. Das Verhör und die Protokollierung der ver- schicdenen Aussagen nahm lange Zeit in Anspruch, und es war schon in der dritten Nachmittagsstunde, als Landgerichtsrat Werder, abgespannt und er schöpft, den Heimweg antreten konnte. Ihm war ganz wirblig im Kopf. Das Verhör der Studentin und des Malers, die dramatisch bewegten Vorgänge während desselben und nun gleich darauf die plötz lichen unerwarteten Enthüllungen über den wahren Ursprung der Falsifikate — alles das hatte ihn ganz aus dem seelischen Gleichgewicht gebracht. Ja, er konnte es sich nicht mehr verhehlen: er war die ganze letzte Zeit über auf fälschcr Fährte gewesen, er hatte einen, wie es schien, ganz harmlosen, anständigen, völlig schuldlosen jungen Künstler mit Unrecht eines schweren Verbrechens bezichtigt und ihn sehr schmerz lichen seelischen Martern ausgesetzt. Er hatte sich beruflich eine so starke Blöße gegeben, wie noch nie zuvor in seiner amtlichen Tätigkeit. Und dazu kam nun, um ihn vollends fassungslos zu machen und seine seelische Depression noch zu steigern, die An gelegenheit Jngeborg Ruland, die, wie nun zweifel los feststand, auch nicht die leiseste Berührung mit der Falschmünzersache hatte. Wenn die unter so sichtlichem Wahrheitsdrang abgegebene letzt« Erklä rung des Malers auf Tatsachen beruhte, wenn er in der Tat mit Jngeborg Ruland nie in Beziehungen gestanden hatte, welches Geheimnis barg sich dann hinter dem ganz merkwürdigen Benehmen der Studentin? Aus welchen schwerwiegenden, zwingen den Motiven hatte sich die anständige, ehrenhafte junge Dame in einen so schmählichen Verdacht ge bracht, der geeignet war, ihr ganzes Zukunftsglück zu vernichten? Ein Schauder durchrann den mit schmerzendem Kopf, wirr, verstört vor sich Hingrübelnden. Er konnte sich eines quälenden, peinigenden dumpfen Gefühls nicht erwehren. Schwer, at«mbeklemm«nd lag es wi« die Ahnung eines kommenden Unglücks auf ihm. (Fortsetzung in der Morgenausgabe.)
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