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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 02.10.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-10-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19111002028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911100202
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911100202
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
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Jahr
1911
-
Monat
1911-10
- Tag 1911-10-02
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Monat
1911-10
-
Jahr
1911
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In Prerxsa sind zwei Bataillone aus Luros ein- getroffen. Es soll ein Kampf mit den Italienern oevorstehen. Berlin, 2. Oktober. (Eig. Drahtmeld.) Aus der hiesigen Kaiserlich Ottomanischen Botschaft sind, wie die „Preß-Ceutrale" erfährt, Nachrichten au» Konstantinopel eingetroffen, denen zufolge starke türkische Iruppenabteilungen aus Prevesa dirigiert worden find, um die Landung der Italiener im Epirus zurückzuweisen. In Saloniki herrscht fieberhafte Tätigkeit und stark« Abteilungen des dritten Korps sollen in den nächsten Tagen bereits der Borhut folgen, nm die al» dänische Küste z« verteidigen. Der Siegestanmel in Turin. Der „Sieg" der Italiener l«ei Prevesa, der sich nach dem eben Festeste Ilten sehr sonderbar ausniinmt, hat die italienische Bevölkerung in starke Begeisterung verseht: Turin, 2. Oktober. sEig. Drahtmeld.) Ter ita lienische Erfolg iur See, der hier am Sonn- abend in den ersten Nachmiltagstunden durch Ertra- blätter bekannt wurde und von dem die Al>enddlättcr große Schilderungen entwarfen, in denen sie von einem „Großen Sieg zur See" sprechen, hat hier einen unbeschreiblichen Siegestaumel hervor gerufen. Zum allgemeinen Jubel trügt viel bei, das; der Oberbefehlshaber der Flotte, der Herzog der Abruzzen, der als Forscher betannr und seines sympathischen Wesens wegen in ganz Italien beson ders beliebt ist. in Turin besonders populär ist, da er den grössten Teil seiner Jugend dort verbrachte und als Bruder des Herzogs vop Turin der Hauptstadt von Piemont bc anders nahe steht. Bereits in den frühen Abendstunden ruhte überall die Arbeit. Das Volk zog mit naNonaftn Ab'eichen geschmückt und Jahnen schwingend durch die Strasten, nwbci fortwäh rend „Evvioa!" gerufen und die G-aribaldi-H inne gesungen wurde. Abends waren all? Ccsös auf d n Boulevards und die Tbuster vollbesetzt. Fortwäh rend wurde die National Hymne verlangt und be geistert unter Fahnen'chw.'nkcn mitge'ungeu. Unzäh lige Huldigungskeneschcu wurden an den H rzng der Abruzzen von der Bevölkerung abge'andt. Die Extra blätter. rvelche schließlich ousgingen, wurd-n mit hohen Preisen bezahlt, um als Neliquie aufgehoben zu werden. In den frühen Morgenstunden des «gestrigen Tages herrschte auf den Boulevardgs noch immer ein be ängstigendes Gedränge, da niemand zu Bett gehen wollte, ehe die Morgenblätter erschienen waren. Friedensvermittlung? Die Zirkularno!« des türkischen Mimsterrats an die Mächte, in der um eine Bermittlung nachgesucht wird, hat den Erfolg gelebt, dast die deutsche Negie rung tatsächlich der dornenvollen Aufgaibe sich zu wid- rncn geneigt zu sein scheint, zwischen Italien und der Türkei eine friedlicku? Verständigung herbeizusührcn. Vor allzu grostem Optimismus in dieser Beziehung must allerdings gewarnt werden, da auch der deutsche Botschafter am Goldenen Horn vor übertriebenen Hoffnungen auf baldige Wiederherstellung des Frie dens selbst gervarnt hat. Da jeder neue Tag neue Komplikationen bringen kann, scheint uns in der Tat eine ruhige, abwartende Stellungnahme gegen« über den Friedensgerüchten am Platze. Telegraphisch wird gemeldet: Konstantinopel, 2. Okt. (Eig. Drahtmcld.) Nus der Regierung nahestehenden Kreisen wird auf das bestimmtest« versichert, das; die Pfort« den tür kischen Botschafter in Berlin, General Osman Nisami Pascha beauftragt hab«, sich bei der deutschen Regierung nochmals wegen einer Intervention zu bemühen. Deutschland wird von der Türkei angegangen, auf Italien einen freundschaftlichen Druck auszuüben, um die Einstel lung der Feindseligkeiten zu erreichen. Konstantinopel, 2. Oktober. (Eig. Drahtmeld.) Während der vori-gen Nacht waren nn Kriegs ministerium die Offiziere des Deneralstabs und Mi nister versammelt, nur über die mikitärksche und poli tische Situation zu beraten. Es wurde beschlossen, an die türkischen Botschafter im Aus land eine Zirkularnote zu richten, in der diese aufgefordert werden sollten, nochmals bei den Mächten wegen einer Bermittlung vorstellig zu wer den. Bis zum gestrigen Abend lagen noch keine Antworten aus den europäischen Hauptstädten vor; doch scheint es, daß der hiesige englische Bot schafter sich zu einer Intenvention bereiierklärt hat, falls der deutsche Botschafter sich ihm an schließe. Weitere Berhand/lungen find imr Gange, um eine Form festzustellen, anter der ge meinsam von Deutschland und England aus eine Intenvention erfolgen könnte. Konstantinopel. L. Oktober. (Eig. Draht meldung.) Der deutsche Botschafter Freiherr v. Marschall überreichte auf der Pforte bei sei nem Besuch Keim Grohrvcsir Borschläge Italien» für Friedeuspräliminari'tu. Details sind zur Stunde noch nicht bekennt. Nach einem Telegraiwm des „D. T." aus Kon stantinopel hatte der deutsche Botschafter, be vor er beim Eroßwesir war, eiwe Audienz beim Sultan im Palais, um die Antwort des Deutschen Kaisers aus das Internen- tion stelegramm des S ältans zu überbringen. Da an informierter diplomatischer Stelle erklärt wird, das; der deutsche Botschafter auf der Pforte sehr pessimistisch und ernst sich geäußert hat, erscheint die Hoffnung auf baldige Beilegung ver früht. Die Depeschen der türkischen Botschafter in Berlin, Paris und Asien lauten äußerst pessimistisch, und erklären, die Botschafter Hütten die Ueberzrngung gewonnen, das; rveitere Verhandlungen direkt durch die Botschafter der Grossmächte in Konstantinopel mit Ausschaltung der türkischen Botschafter bei den Grostmächtcn stattfinden sollen. Eröffnung des türkischen Parlaments. Konstantinopel, 2. Oktober. (Eig. Drahftneld.) Die Kammer tritt heute zu ihrer ersten Sitzung die nach dem Ausbruch des Krieges stuttsiudet, zusam men. Auf der Tagesordnung steht als wichtigster Punkt eine Regierungsvorlage, in der für die kriege rischen Massnahmen gegen Italien ein Kredit ge fordert wird. Das neue Kabinett wird bei dieser Gelegenheit die Vertrauensfrage stellen und sofort demissionieren, falls sie nicht «ine genügende Mehrheit erhält. Die Kammer würde in diesem Falle aufgelöst werden. Mit begreiflicher Spannung blickt man in allen Kreisen des türkischen Volkes dieser Parlamente Sitzung, deren Beschlüsse von so weit tragender Bedeutung sein werden, entgegen, und es herrscht die Meinung vor, Hatz man erst d ie E r ge b- nisse der Verhandlungen der Kammer abwarien müsse, cyc man über irgendmelclfe Gerüchte zur baldigen Beilegung des türkisch-italienischen Kon fliktes ein sicheres Urteil gewinnen könne. Zusammentritt des jungtürkischen Kongresses. Saloniki, 2. Oktober. (Eig. Drahtmeld.) Der jungtürkische Kongreß wurde gestern hier er öffnet. Es sind 50 Delegierte anwesend. Der Generalsekretär Hadschi Adil-Bei wurde zum Vor sitzenden gewählt. Der Kongres; nahm den Reckgm- schaftsbericht über die Tätigkeit des Komitees im abgelausencn Jahre entgegen, wobei die Beziehungen d«s Komitees zur Partei dargelegt wurden. Sodann wurde di« Frage aufgeworfen, ob der Kongress in Anbetracht der Kriegslage überhaupt ab gehalten oder vertagt werden solle. Ein Beschlus; wurde nicht gefasst. Der Kongres; arbeitet hierüber eine Proklamation aus. Der wirtschaftliche Kampf. Konstantinopel. 2. Oktober. (Eig. Drahtmeld.) Obgleich die Kabinettskrise außerordentliche Ver wirrung hervorgerufen hat, die noch ein bis zwei Tage änhalten kann, so ist man doch allgemein der Ansicht, das; die Regierung Italien gegenüber sehr energisch austreten werde, und das; dietürkische Armee bis zum letzten Blutstropfen kämpfen werde. Vorläufig sind drei Punkte be schlossen worden: 1) Ausweisung der italienischen Untertanen aus der Türkei, 2) Boykottder italienischen Kaufleute, 3) Aufhebung der Handelsverträge mit Italien und Kündigung der Kapitulationen. Einberufung italienischer Reserven. I>. O. Innsbruck, 2. Oktober. (Eig. Drahtmeld.) Von den vielen hier lebenden Neichsitalienern, darunter etwa 3000 Arbeiter, sind zwar bis jetzt nur jene einberufen worden, di« dem Jahr gang 1888 angehören, doch wurden die Jahrgänge von 1887 und 1880 verständigt, sich für eine eventuelle Einberufung bereitzuhalten. Rigorose Depeschcnzensur in Italien. i?. 6. Rom, 2. Oktober. (Eig. Drahtmeld.) Die italienische Deposchenvrrwaltuna waltet in der rigo rosesten Weise ihres Amtes. Jede Nachricht über den Kriegsschauplatz wird unter drückt. Selbst Telegramme römischer Blätter, die sie von Privatkorrespondenten erhalten, werden zu- rllckgehalten, so das; die italienische Presse ganz auf die Nachrichten des offiziösen Bureaus an gewiesen sind. Die Negierung hat zwar bekannt gegeben, das; die Kabelverbindungen mit Tripolis unterbrochen sind und ihre Reparatur längere Zeit in Anspruch nehmen wird, doch schenkt man dieser Meldung wenig Klauben, sondern ist vielmehr der Meinung, dast die Telegramme von der Zensur zurück- gehlaten werden. Auch die Telephongespräche mit dem Auslande werden streng überwacht, und sobald das Wort „Tripolis" fällt, werden die Verbindungen sofort unterbrochen. Ein italienisches Kanonenboot gefangen. London, 2. Oktober. (Eig. Drahtmeld.) Einer Depesche aus Konstantinopel zufolge, sollen die tür kischen Torpedobootjägcr das italienische Kanonenboot „Nagara" mit Besatzung ge- sangen genommen haben. Kein deutsches Kriegsschiff fürs Mittelmeer. Die „Kölnische Zeitung" meldet aus Berlin: Die bereits amtlich richtiggestellte Nachricht von der Ent sendung eines deutschen Panzerschiffes nach dem Kriegsschauplatz taucht jetzt in einer neuen Form auf. dast über eine solche Mastregel zwischen den beteiligten Ressorts Verhandlungen staUsünden. Demgegenüber wird von mastgebender Seite erklärt, dast das unrichtig sei, und dast die Sendung eines deutschen Panzerschiffes in das Mittelmeer nicht beabsichtigt sei. Bulgarische Banden für Italien? Sofia, 2. Oktober. (Eig. Drahtmeld.) Mehrere ehemalige Bandenführer organisierten in Maze donien eine Freiwilligenlegion zum Kampfe gegen die Tür ke i. Die Mitglieder zahl beträgt gegenwärtig über hundert. Diese be absichtigen, heute beim italienischen Gesandten vor- zusprechen, um ihre Dienste anzubielen. Mobilmachung der englischen Mittelmeerslotte? London, 2. Oktober. Wie dem „Bur. Reuter" aus Malta gemeldet wird, ist der englische Kreuzer „B a r h a in" der sich auf der Fahrt nach Aranci befand, aus funkentelegraphischen Befehl n a ch M a l t a z u r ü ck g e k e h r t, wo er jetzt Kohlen einnimmt und weitere Befehle abwartet. Wie es heisst, ist das gesamte Geschwader nach Malta be ordert worden. London» 2. Oktober. Dem „Bur. Reuter" wird weiter aus Malta gemeldet: Die Vorbereitungen z u n: Kohlen des Geschwaders werden mit Be schleunigung getroffen. Man glaubt, dast das Geschwader nach Ergänzung seiner Vorräte ohne Verzug in See gehen wird. Die Pforte «nd Griechenland. Athen, 2. Oktober. (Meldung der „Agence d'Athänes".) Der türkische Geschäftsträger begab sich heute morgen zum Minister des Aeustern und erklärte im Auftrage des Grostwesirs Said Pascha, dast Griechenland die Truppen« ü e w e g u n g e n, d i e i n d e r N ä h e d e r G r e n z e stattfänden, nicht mit Misttrauen zu verfolgen ü r a u ch e, da diese Bergungen ihren Grund lediglich in dem Kriegszustände mit Italien hätten. — Drc „Agence d'Arh ncs" bemerkt dazu: Diese Erklärungen erfolgten auf Gerüchte und Inter views über einen von der Türkei angeblich geplanten Ei »fall in Thessalien und das' llltima- j tum, das die Türkei wegen der kretischen Frage an e Griechenland gerichtet haben soll. Sie beweisen die » völlige Grundlosigkeit dieser Verösfent- z lichungen und tun dar, dast die Türkei keineswegs f daran dentt, ihr« Beziehungen zu Griechenland zu ' stören. Marokko. Paris, 2. Oktober. (Eigene Drahtmeldung.) Der „Matin" schreibt: Der Ministerpräsident hat dem Ministerrat bereits für heute vormittag ein berufen, um sofort über die neuenBemerkungen, die Deutschland für die französischen Vorschläge in der Marokkoangelegenheit gemacht hat, zu diskutieren. Der Grund für diese austerordentliche Beschleunigung ist, dast me' rere Minister jetzt zur Beerdigung der Opfer nach Toulon abreisen und der Ministerpräsi dent jede Verzögerung vermeiden will. Eine Vertagung der deutsch-französischen Marokko- Verhandlungen aus Anlast des italienisch-türkiichen Krieges empfiehlt die „Post": „Die Verhältnisse sind heute ganz anders als damals, als die Verhand lungen begonnen wurden. Die kritische politische Lage erfordert die ungeteilte Kraft und Aufmerksam seit unserer Diplomaten für die orientalische Frage. Um für alle Fälle gerüstet zu sein, ist eine Ver ständigung zwischen Regierung und öffentlicher Mei- nung notwendig. Sollte Frankreich eine solche Ent- jchliestung nicht behagen, dann mag es sich bei denen bedanken, die Italien in das tripolitanische Aben teuer gehetzt und die Verschleppungen und Erschwe rungen der marokkanischen Verhandlungen ver schuldet haben." PMtilche Nachrichten. Gegen die Lebeasmittelteueruug. Den Stadtgemeinden Grostberlins ist die Ein ladung des Berliner Magistrats zu einer Konferenz am 4. Oktober wegen Beratung von Mastnahmen gegen die Lebensmittelteuerung zuge- gangen. Oie „Libertü"-Explosion ein Attentat? Paris, 2. Oktober. (Eig. Drahtmeldung.) Der „Matin" bringt heute eine merkwürdige Erklärung, die ihm zwei überlebeiide Matrosen der „Liberte" gegeben haben. Nach ihrer Aussage haben sich zwei Matrosen in dem Pulverraume in verdächtiger Weise beschäftigt und haben die „Liberte" vor ihrer Explosion verlassen. Sie hätten genau gesehen, wie ihre Kameraden an Land fuhren, um so schnell als möglich zu verschwinden. Sie sind der festen UebelZeugung, dast die „LibcrtL"- Katastrophe durch diese beiden Matrosen hervor« gerufen worden ist. Die Behörden haben nach dieser Richtung hin eine Untersuchung angrstellt. Wir haben von Anfang an der Vermutung Aus druck gegeben, dast es sich bei der „Libert6"-Kata- slrophe um eins Art von Sabotage handelt. Rente für die Witwe Stclyplns. Petersburg, 2. Oktober. (Eig. Drahtmeld.) Die russische Regierung hat beschlossen, der Witwe des «rmtidelen Ministerpräsidenten Stolypin eins jährlich« N c n t e v o n 23 000 Rubel auszusctzen. Rußland erkennt die Republik Portugal an. Prtersburg, 2. Oktober. (Eig. Drahtmeld.) Der Kaiser befahl dem russischen Geschäftsträger in Lissa bon, der portlc-giesischen Negierung dekanntzugeben, dast Rußland die Republik Portugal an erkennt. Unruhen in Lissabon. Oporto, 2. Oktober. (Eig. Drahtmeld.) Zwei hundert wegen der letzten Ereignisse Verhaftete wur den nach Lissabon geschickt. — Gegen Abend griffen Manifestanten eine katholische Buch handlung an. Drei Gebäude, die katho lische Vereine und ein Seminar beherbergen, wurden gleichfalls angegriffen, die Möbel zerstört u.cd zum Teil in Brand gesteckt. Aus Leipzig unü llmZsgenö. Leipzig, 2. Oktober. Wetterbericht der Kgl. Sachs. Laudcswetterwarte zu Dresden. Voraussage für den 3. Oktober. Nordwestwind, trübe, kühl, zeitweise Niederschlag Fichtelberg: Schwacher, ununterbrochener Ne bel, schwacheSchneedecke, starker langanhaltender Reif. * Geh. Rat Professor Dr. Hermann Credner ist an seinem 70. Geburtstage, den er am gestrigen Sonntage im engsten Kreise seiner Familie feierte, eine hohe Ebrnnc, zuieil geworden. Von zahlreichen Geologen und Freunden der Geologie ist ein Kapital zusammengebracht, das zur Förderung der Geologie dienen und den Namen Hermann - Crcdner- Stiftung führen soll. Einer der ältesten Schüler des Jubilars, Geheimer Vergrat Professor Dr. F. Wahn sch affe-Berlin, überreichte in der Wohnung Eredners die künstleriich ausgesührte Stiflungs- urtunde, welche folgenden Wortlaut hat: „Sehr geehrter Herr Geheimer Rat! Am heutigen Tage, an dem Sie das schöne Fest Ihres siebzigsten Geburtstages feiern, gedenken Ihrer dis Geologen Deutschlands und des Auslandes, und ganz besonders Ihre früheren Schüler in herzlicher Verehrung und Dankbarkeit. Auf eine lange Lebenszeit voll erfolgreicher Arbeit schauen Sie heute zurück. Lurch Ihr ausgezeichnetes Lehr- Heiteres unü Trübes vom Molt. Von E. Hollstein tSlachbrrick »erboten.) Wo Wein gelesen und Most gewonnen wird, da geht es heiter zu. Denn mit Recht heistt es: „Der edle Most Verscheucht den Frost Und zaubert Frübling hervor." So trank man zu allen Zeiten den frischen Most sogleich in der Kelter; früher trank inan ihn sogar Burschen und Mädchen unter den Füßen weg; denn jahrtausendelang wurden die Trauben zur Wein gewinnung einfach — getreten. Das war weder appetitlich noch wirtschaftlich, denn leichtfüssig« Mäd- ä;en konnten nicht gehörig stampfen, und Knechte, bis cs hätten tun können, wollten es nicht immer. Das menschliche Glied war hier nicht so leistungsfähig wie die Maschine, di« Presse. Das alles hatte schon der kluge Kaiser Karl der Große eingesehen und das Treten der Trauben ausdrücklich untersagt. Dieses Verbot wurde aber nur auf kaiscrlicl^n Gütern be achtet, sonst trat man überall nach wie vor die Trau ben mit nackten Fügen. Das Jahr 1358 war aber un gemein kühl gecvefen. Die Weintrauben reiften nicht aus, und da mustte man sie, wie «ine Chronik be richtet, mit den Schuhen treten. Ucber die Güt« des also gewonnenen Mostes schweigt der Ehronist. Aehn- liches wiederholte sich oft, und die Treterei erhielt sich hier und dort bis in die neuere Zeit. Wir ver stehen nun, warum die Kelter in verschiedenen Gegen den auch Trotter oder Trott genannt wurde. Man trottete aber später die Trauben nickt, sondern be- arbeitete sie mit einer Presse oder Torkel. Beide Wort« stammen aus dem Lateinischen von prarnvr« (drücken) und lornuvro (drehen), wieder. Der ge torkelte Most machte nun seinerseits den Trinker tor keln; aber auch die Trotter torkelten, wenn sie d«s süstcn Mostes voll waren. Da wir einmal in Sprach, crbleitungen geraten sind, so wollen wir gleich über das Wort Most ins Klar« kommen. Es stammt vom Lateinischen rvwftum her. Also nannten die Römer den frisch gepressten und noch gärenden Traubensaft, im Gegensatz zu dem abgeklärten Wein. Sie hatten auch ein Eigenschaftswort, ninimid, d. h. mostig, was etwas ganz Neues bedeutete. So hieß bei ihnen ein ganz neues Buch v>vte-cw lilxv. Ja mostig« Büch«r! Unter den „Neuigkeiten" des Buchhandels gibt es gar viele, die diese Bezeichnung wohl verdienen. Manche Kritiker wollen zwar lnostoi lidiü mit tolle Bücher, unreife Bücher übersctzeir. Warum soll aber in der Mostliteratur auch nicht ein guter Kern stecken'? „Wenn sich der Most auch ganz absurd gebärdet, Es gibt zuletzt doch noch 'n Wein!" Das ist ja der Trost aller auf ihrem Pegasus trottenden und torkelnden verkannten Anfanggenies! Schillers ,,Räuber" . . . Möst, „Wallenstein" . . . . klarer Wein! Und die von der neuen Richtung bauen auf das Wort: „Junger Most zersprengt alte Schläuche." Aus Most wird Wein, sagt der Volks mund. Darauf vertrauen sic. Aber das trifft nicht immer zu. Aus Most wird auch Essig, und der Mast kann „gräuein" und schwarz werden und was La im Faste übrig bleibt, ist reiner Schund. Doch kehren wir vom literarischen unlesbaren zu dem echten süffigen Most. Es steckt ungemein viel in ihm; er ist vielköpfig wie die Hydra. Bisher haben wir nur vom Traubenmost gesprochen, es gibt aber noch einen Apfelmost und Birnenmost, einen Stachel beeren- undErdbeercnmöst, Zwetscken- undJohannis- beercnmost, Himbeeren- und Vrombecrenmost, Prei selbeeren- und Heidelbcerenmost, kurtz Moste über Moste. In manchen Gegenden wird selbst der fertige Obstwein, namentlich der Apfel- und Virnenwein Most genannt. Einst hat der Dichter gesungen: „Nun grün dich Gott, mein edler Most, M«iu frisier Most!" Ja, süsi soll er sein. Je mehr Zucker er enthält, desto bester wird der Wein, denn die Hefe zerlegt eben den Zucker in Alkohol und Kohlensäure. Don allen in Frage kommenden Früchten sind nur die Trauben am süßesten, ihr Gehalt an Zucker beträgt durchschnitt lich 15 Proz. Nächst den Trauben stehen die Kirschen mit 10,2 Proz. Zucker, dann folgen die Birnen mit 8,2 Proz., die Aepfel mit 7,2 Proz., die Stachelbeeren mit 7 Proz., die IHannisbeeren mit 6.4 Proz., die Erdbeeren mit 6,3 Proz. und die Zwetscken mit 6,1 Proz. Zuckerarm sind die Lvaldfriichte wie Heidel beeren mit 5 Proz., Brombeeren mit 4 Proz., Him beeren mit 3,9 Proz. und Preiselbeeren mit 2 Droz. Natürlich sind das Durchschnittszahlen; je nachdem die Sommer warm oder kühl sind, schwankt der Ge halt des Zuckers; in schlechten Jahren schmeckt die Säure durch. Don dieser haben Birnen und Brom beeren zu wenig, Himbeeren, Stachelbeeren und Jo hannisbeeren in der Regel zu viel. Was die Trau ben anbelangt, so ist der Most sehr gut, wenn das Verhältnis von Säur« zu Zucker 1 :29 beträgt. Bel mittlerer Güte sinkt es aber auf 1:18 und bei schlechten Sorten sogar auf 1:10. Kein Wunder, daß unter diesen Umständen der Weinbauer den Most sofort auf den Zuckergehalt unter sucht. Seit Noah, dem mythischen Erfinder des Weines, Lis in die Neuzeit bildeten Zunge und Gau men die einzigen Zuckermesser und sie trafen recht und schlecht das Nichtige. Heute besitzen wir genau ar beitende Säure- und Zuckermester; dem W.inbauer wird dadurch sichere Auskunft gegeben. Er kann danach den Most so lassen wie er ist, oder ihn ver- besft'rn. So wird namentlich am Lbstmost herum- kuriert. Man giesst Wasser zu, um die Säure zu ver dünnen, und setzt Zucker zu. Aus saurem Most gelingt es dann, einen trinkbaren Wein zu erhalten. Ein feiner guter Wein wird aber aus dem verbesserten Most niemals. Di« Welt kann aber Feines allein nicht brauchen, denn Feines ist teuer, und viele begnügen sich mit der Mittelware. Sehr viele haben aber nicht den ge ringsten Weinvcrstand. Für diese Klassen wird gleich bei der Mostbcreftung geflissentlich gesorgt. Die Trauben kommen unter leichten Druck, es fließt der vollste reife Saft ab. Man nimmt ihn für sich und nennt ihn Norwein. Aus diesem Most wird gewiß, wenn Sorte und Reise befriedigen, ein guter edler Wein erhalten werden. Nun torkelt man die Trauben etwas stärker und erhält die zweite Quali tät, den Preßwein, schließlich preßt man noch die Rückstände aus und erhält den Nachwciu oder Trester wein, dessen Güte man sich leicht vorstellen kann. Diese Ausnutzung der Trauben ist uralt. Schon im alten Nom wurde sie grübt und mau bereitete dort den Nachwein, indem man die Trester mit Zstasser über goß und vergären ließ. Lora nannten die Lateiner den so erhaltenen Trank; er wurde auch in Deutschland nach römischem Vorbild fabriziert und hieß hier Liura oder Lura. Sehr treffend nennt man hier und dort in Sachsen Lure einen Kaffee, der noch dünner ist als der berühmt« sächsische ..Dliemchenkaffee". Uebrigens wollen wir der Gerechtigkeit halber nicht unerwähnt lasten, daß der Lauer oder Lcirer, wie dieser Nachwein sonst genannt wird, auch Vcrteidißer und Looredner gefunden hat. Es muß doch unbedingt etwas für die jenigen geschaffen werden, die einen billigen Wein haben wollen. Doch lasten wir nun den Most in seiner großen oder kleinen Güte ins Faß gelangen. Er bringt die Hefe mit sich; den sie setzt sich im Spätsommer und Herbst auf den Hälsen der Beeren fest. Damit die Hese aber lebt und den Zucker zersetzt, muß sie auch Luft erhalten. Sie wird dem Most durch die Porur des Fusses zugefllhrt. Das genügt aber dem tllZcin- erzeuger nicht, darum peitscht er den frischen Most, um in ihn Luftblasen hineinzuschlagen, ja zu diesem Zwecke hat man eine Mostpeitschmaschine ersonnen. Nun gebärdet sich der Most wirklich ackürö. Die Kohlensüureentwicklung wird stürmisch, und manches Faß geht bei unrichtiger Handhabung durch den Gas- druck in Stücke. Junger Most zersprengt alte Schläuche. Dieser ungestüme Most heißt darum Rau scher, Stürmer, Sauser, Suser. Er schmeckt noch süß, hat aber schon eine berauschende Kraft. Bald jedoch legt sich die stürmische Gärung und macht der stillen Platz. Langsam nur bildet sich jetzt die Kohlen säure, der Most wird milchig trüb und er heißt nun Federweiß. Er hat seine Freunde und Liebhaber, und Kenner vermögen aus ihm bereits auf den künf tigen Wein zu schließen. Es ist iedoch noch ein Aber zu beachten. Der Most kann krank werden. Gleich dem Menschenkinde ist auch er Infektionskrankheiten ausgesetzt. Essigbaklerien können ihn befallen und sie verwandeln alsdann den von der Hefe gebildeten Alkohol in Essig. Ein ande rer Pilz, Mycooerma vini, siedelt sich in ihm an, bildet Häute und zebrt.vom Alkohol. Der Most kann zähe werden, den Schimmelgeschmack bekommen. Obstmost wird leicht schwarz, wenn er mit Eisen in Berührung gekommen ist. Darum darf in der Kelterei nur Holz und Glas verwendet werden. Glücklicherweise läßt sich krankgewordener Most noch kurieren, wenn das Leiden rechtzeitig crkannr wurde. Der berühmte Pasteur war auch ein aus gezeichneter Mostdoktor und hat die Krankheiten des Weines in ihrem Wesen erkannt. Aber auch in diesem Falle gilt das Wort: Es ist leichter Krankheiten zu verhüten, als Krankheiten zu heilen. Ein kurierter Most gibt keinen tadellosen, sicheren Wein. Das Er zeugnis bleibt nur zu oft ein Sorgenkind des Wein produzenten und Weinhändlers und ärgert zuletzt den Trinker. Bislang war der Most nur ein Saisontrank, der nach der Weinlese geboten wurde. Nunmehr wird der Most als alkoholfreier Wein in großen Mengen fnl- geboten. Er soll der reine, noch unoergorene Trauben oder Obstsaft jein. Diese Zumutung läßt sich aber
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