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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 08.10.1911
- Erscheinungsdatum
- 1911-10-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-191110089
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19111008
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19111008
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-10
- Tag 1911-10-08
-
Monat
1911-10
-
Jahr
1911
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Ämtsblatt des Nates und -es Volizeiamtes der Lta-t Leipzig. für Inserate au, Ueipzig und Umgebung die lspaltigePetitjeile 25Ps, dieReklame« »eil« l Mk. von auowart, N Pf, Reklame, l^iv Mk.' Inserat« von Behörden im amt lichen Teil di« Petit.eil« 50 Pf Geschäftsanzeigen mit Platzoorschrist«, im Preise erhöht. Rabatt nach Taris. Beilagegedübr Gesamt auflage 5 Mk. o Tausend erkl. Postgebühr. Teilbeilag« Hoyer. Festerteilte Aufträge können nickt zurück gezogen werden Für dos Erscheinen an bestimmten Tagen und Plätzen wird kein« Garantie übernommen. Anzeigen-Annahme: Johanni»,ässe 8» bei sämtlichen Filialen u. allen Annoncen» Expeditionen des In» und Auslandes. Druck und Verlag von Fischer L Kürst«, Inhaber: Paul Kürst«». Redaktion und Seschäst.steller Iohannisgasse 8. Haupt-Filiale Ir«,d«u: Geestrage ch I (Televhon 4L21b Nr. 279. Sonntag, üeit 8. vlUllder >Sll. los. Mtzrasny. Die vorliegende Ausgabe umsaßt 36 Seilen. Das Wichtigste. * Die diesjährige Generalversammlung des Evangelischen Bundes wurde am Sonn abend in Dortmund eröffnet. * Die deutsch-französischen Unterhandlungen über die Entschädigt! ngsfrage im Kongo sollen in dieser Woche beginnen. (S. bes. Art.) * Die Türkei hat weitere Truppenabtei lungen mobilisiert. Die Italiener haben den syrischen Hafen Sucidije beschossen. lS. bes. Art.) * Auf einem Bankett in Turin hielt Minister präsident Eiolitti eine Rede über die innere und ändere Politik Italiens. (S. Letzte Depeschen.) * In Saloniki hat eine scharfe Boykott bewegung geglen die Italiener einge setzt:. (S. bes. Art.) * Die Regierung der Republik Portugal hat im Zusammenhang mit dem Einfall der Mon archisten mehrere Offiziere verhaften lassen. (S. letzte Tep.) Die Kehr eite. Die ganze deutsche Presse hat bei Ausbruch des Tripoliskonfliktes einmütig in mehr oder minder scharfen formen gegen Italien Stellung genommen; teils aus sehr sentimentalen Erwä gungen, überwiegend aber in der sehr richtigen Erkenntnis, daß der deutschen Politik arge Schmie- rigkeiten aus einem vom Zaun gebrochenen Kon flikt der beiden uns befreundeten und verbündeten Mächte erwachsen — vom Zaun gebrochen durch den Dreibundsgenossen über unseren Kopf hin weg, indessen die Gegner des Dreibundes vor her von dem italienischen Vorhaben verständigt worden waren. Auch wir haben unverhohlen der Ansicht Aus druck gegeben, daß Deutschland aus den fortgesetz ten Unfreundlichkeiten Italiens die Folgerung hätte ziehen sollen, da das Basieren der deut schen Politik auf die Dreibundsfiktion doch schließ lich zur gefährlichen Selbsttäuschung wird, und wir ein außerordentlich lebhaftes Interesse an der militärischen Stärkung der Türkei haben, und nicht an ihrer Schwächung durch das italienische Vorgehen. Auch sind wir der Ansicht, daß die Türkei, durch die österreichische und deutsche Po litik unterstützt, gegen Italien gar nicht wehrlos gewesen wäre. Die deutsche Diplomatie aber hat anders ar gumentiert. Sie hält nun einmal an der Drei bundsfiktion fest und glaubt es immer noch ver meiden zu müssen, Italien in die Arme der Ententmächtc zu treiben, in denen es sich in Wahrheit ja doch längst befindet. Sie meinte weiter, daß die Türkei Tripolis ja doch nicht werde halten können, und daß es nur darauf ankomme, durch Deutschlands freundschaftliche Eingriffe die Amputation möglichst schmerzlos zu gestalten. Nachdem Deutschland einmal offi ziell die bekannte Stellung gegenüber den Krieg führenden eingenommen hat, müssen wir den vollendetenTatsachenRechnung tra gen und sehen, wie wir nun wenigstens in der gegenwärtigen Situation unseren Vorteil nach Möglichkeit wahren oder doch die drohenden Nach teile noch möglichst verringern. Wenn wir die Kehrseite des Bildes betrachten dann haben wir ja in der Tat so gut wie in der Marokkosache nicht nur Frankreich, so auch in der Tripolissache nicht nur Italien Vorwürfe zu machen, sondern in beiden Fällen auch der islamitischen Welt, der wir Freund schaft entgegengebracht, und die auf unser« Freundschaft gebaut, manch ernstes Wort zu sagen. Es hat nicht an deutschen Bemühungen gefehlt, die Hauptkräfte der islamitischen Welt militärisch zu stärken. Durch Jahrzehnte sind deutsche Instruktoren in Marokko tätig gewesen — aber unsere Erwartung, daß die Franzosen sich dereinst an dem militärischen Widerstand Ma rokkos aufreiben würden, ist nicht bestätigt wor den. Auch der Türkei haben wir Bestes von unseren militärischen Kräften geliehen, aber sie hat nicht vermocht, zur rechten Zeit ihre Rüstun gen und Verteidigungsmittcl auf eine solche Höhe zu bringen, daß sie in der Lage gewesen wäre, kurzentschlossen den italienischen Angriff auf Tri polis abzuivehren, obwohl sie mit ihm in Wahr heit dock seit Jahren rechnen mußte. Der Krieg um Tripolis. LlM Lnüe öer ersten Tripoliswoche. Ein alter preußischer Generalstabsoffizier be urteilt in einer Zuschrift an uns die militärische Lage folgendermaßen: „Nach den bisher vorliegenden Nachrichten ist die Beschießung von Tripolis fraglos von Erfolg begleitet gewesen. Die minderwerti gen türkischen Befestigungen sind durch das Feuer der italienischen Schiffsgeschüße zerstört, ihre Ar mierung vernichtet und ihrer Besatzung derartiger Schaden zugefügt worden, daß sie es vorgezogen hat, abzuzichen. Auch die Beschießung der Ltadl und ihrer wichtigsten Gebäude hat den erhofften moralischen Eindruck hcrvorgcbracht. Die Gar nison hat die Stadt verlassen und ist in das Innere des Landes zurückgcwichen, um dort den weiteren Widerstand gegen das Vorgehen der Ita liener zu organisieren. Von den italienischen Kriegsschiffen sind Landungstruppen an die Küste gebracht, die zunächst die Befestigungen besetzt und durch Wachen den Schutz der Konsu late, Regierungsgebäude usw. übernommen ha ben. Die Stärke derartiger von einer Flotte ent sandten Landungstruppen kann immer nur ver hältnismäßig gering sein, da der größte Teil der Matrosen als Schiffsbesatzung zurückbleiben muß. Es ist deshalb auch ausgeschlossen, daß diese Truppen irgendwelche größere Unterneh mungen, über das Stadtwcichbild hinaus, aus- süsiren könnten. Sie dienen ledig ich dem örtlichen Schutz. Der kommandierende Admiral wird sehn süchtigst auf das Eintreffen der ersten Trans portdampfer warten, die seinen schwachen Kräften die sehr erwünschte Verstärkung bringen sollen. Die Einschiffung des italienischen Ex P ed i tio n s k o r p S hat sich vorschriftsmäßig vollzogen. Es sind zur Bildung dieses Korps keine geschlossenen ^ruppenverbände verwendet, sondern die Regimenter sind aus allen Tei-« len des Landes zusammengezogen. So be steht die erste Infanterie-Division aus den Re gimentern Nr. 82 (Rom), 84 (Florenz), 6 (Pa lermo) und 40 (Neapel). Die zweite Infanterie- Division aus den Regimentern Nr. 4 (Catania) und 63 (Salerno), 22 (Pisa) und 68 (Mailand). Jeder Division sind drei Schwadronen (aus Lodi und Piacenza), sowie 6 Fcldbatterien zügcteilt. Zur Verfügung des Generalkommandos stehen die beiden Bersaglieri-Regimenter 8 (Palermo) und 11 (Neapel), ferner die erforderlichen Genie-, Te legraphen- und technischen Truppen. Auch Luft schiffe und Flugzeuge sollen mitgeführt werden, ferner Material und Personal zur Errichtung von Funken-Telegraphen-Stationen. Die Ge samtstärke dieses Korps, das unter den Befehlen des Generals Carlo Caneva steht, beträgt 30 000 Mann. Man hat davon abgesehen, dieses Korps in Sizilien zusammenzuziehen und es dort erst auf die Transportschiffe zu verladen. Die Truppen werden in den Hälen, die ihren Garnisonen zu nächst liegen, eingeschifft, so in Genua, in Specia, in Neapel und in Venedig. Die Transportschiffe fahren dann nach Sizilien, wo sich die Flotte ver sammelt. Man hat dadurch die Möglichkeit, die Ladeeinrichtungen aller italienischen Häfen aus nutzen zu können, wodurch Zeit für das Einschiffen gelvonnen wird. Auch werden so die Ei>nbahnen nicht allzusehr durch Transporte m Einspruch genommen. Die Vereinigung der einzelnen Dampfer ist nicht in Frage gestellt, da keine Angriffe und Unternehmungen türkischer Schiffe zu erwarten sind. Hier zeigt sich wieder der große Vorteil, den bei Besitz der absoluten See herrschaft im Mittelmeer für die Italiener hat. Die Ausschiffung der Truppen in Tripolis wird, nachdem jetzt die Stadt in den Händen der Italiener ist, beinahe friedensmäßig erfolgen können. Bis zum Eintreffen der ersten Staffel können die dort gelandeten italienischen Matrosen alle die Vorkehrungen treffen, die das Ausladen der Truppen, namentlich der Pferde, Fahrzeuge und Geschütze, erleichtern. Hierzu ge hört in erster Linie der Bau von Landungs brücken, die Bereitstellung von Booten, Flößen und Prahmen. Tie Beschießung der an der Küste Al baniens befindlichen türkischen Torpedo- und Kanonenboote ist aus der Zwangslage Italiens erklärlich, das nicht dulden darf, daß sich tür kische Schiffe unbehelligt in den albanischen Häfen aufhaltcn, von wo aus sie Vorstöße in das Adriatische Meer unternehmen und die italienische Schiffahrt lahmlegen können. Vom militärischen Standpunkte aus war der Angriff und die Ver nichtung der dort liegenden türkischen Schiffe vollkommen geboten und gerechtfertigt. Die nächsten Maßnahmen der Ita liener nach der Durchführung des Transportes des Expeditionskorps und seiner Landung in Tri polis müssen die Schaffung einer festen nnd ge sicherten Basis an der afrikanischen Küste sein, die als Stützpunkt für die weiteren Operationen in das Innere des Landes dienen kann. Tripolis ivird zu befestigen und mit modernen Geschützen zu armieren sein. Die Verpflegung muß sicher gestellt und eine Anzahl von Magazinen und Aanitätsanstalten errichtet werden. Namentlich die Wasserversorgung dürfte besondere Schwierig keiten bereiten." Türkische Nachrichten über die Einnahme von Tripolis liegen zwei vor. Beite sollen vom Kriegsministerium ausgehen, aber beide widersprechen sich in wichtigen Einzelheiten. Die erste Meldung lautet: Konstantinopel, 7. Oktober. (Etg. Drahtmeld.) Nach einer hier verbreiteten Depesche des Kriegs ministeriums halten die Türken infolge des Bombardements der Küstenbatterien von Tripolis durch die italienische Flotte am 3. Oktober zwölf Tote und 23 Verwundete. — Einige ita lienische Kriegsschiffe sollen durch die Geschoße der türkischen Batterien beschädigt worden sein. Nach der zweiten Meldung sind außerdem eine Anzahl von Bewohnern der Stadt getötet worden; sie lautet: Infolge des Bombardements sind zahlreiche Wohnstätten zerstört, eine große An zahl der Bewohner, darunter Frauen und Kinder, fanden den Tod. Entweder in folge der Ungeschicklichkeit der italienischen Artille risten, die auf die Forts zielten, aber in die Stadt trafen, oder infolge der Barbarei der Italiener, die zweifellos danach trachteten (?), in den bevölkerten Quartieren Tod zu säen. Bor der Landschlacht bei Tripolis. 8t. London, 7. Oktober. (Eig. Drahtmeld.) Nach ägyptischen Blättern sind große Beduinen trupps aus Lybien nach Tripolis auf- gebrochen, um den Türken Hilfe zu leisten. Ita lien sandte einen Kreuzer nach Fuhia und Port Said, um den türkischen Verkehr durch den Suezkanal zu überwachen. London, 7. Oktober. (Eig. Drahtmeld.) Wie aus Tripolis gemeldet wird, befindet sich 10 Kilo meter südlich der Stadt die türkische Hauptmacht. Im Innern des Landes sollen an geblich nur wenige türkische Abteilungen vorhanden sein. Falls sich diese Nachricht bestätigt, wäre, sobald die italienische Besitzergreifung von Tripolis weiter vorgeschritten ist, eine entscheidende Schlacht in der Nähe der Küße zu erwarten. Wie Turiner Blätter melden, sollen sich vier Militärflieger der italienischen Armee nach Tripolis eingcschifft haben. Sie sollen dort militärische Erkundigungsflüge ausfiihren und die Stellung der Türken im Innern des Landes aus kundschaften. Italien wird also als erste Macht sich die Aviatik im Kriege dienstbar machen, und es wird sich ja dann zeigen, ob die Verwendung der Aero plane im Kriege die Hoffnungen erfüllt, die man auf sie gesetzt hat. Neue türkische Mobilisierungen. Konstantinopel, 7. Oktober. (Eig. Drahtmeld.) Die Hoffnung auf einen baldigen Frieden, die man in offiziellen türkischen Kreisen noch immer gehegt hat. scheinen infolge der lehren Vorgänge au, dem Kriegs chauplatze sich bedeutend gemindert zu haben. Das Kriegsministerium entwickelt eine fieberhafte Tätigkeit, an der es in den letzten Tagen besonders bei der Aufstellung des neuen Kabinetts sehr ge mangelt har, uns hat jetzt wieder die Einbe rufung verschiedener Reserveklassen verfügt. In Rodosto am Marmarameer sind 16 Klassen der Reserve unter die Fahnen berufen worden und bereits nach einem unbekannten Bestim mungsort abgegangen. 20 weitere Rescrvistenklassen sind in A r g y r o k a st r o im Wilajct Janina ein berufen worden. Auch in Durazzo am Adriatischen Meer ist der gleiche Befehl an die Angehörigen von sechs Reserveklassen ergangen. In Albanien soll eine weitere Einberufung von Reservisten nicht statt finden. da man anscheinend von der Zuverlässigkeit der albanesischen Soldaten nicht überzeugt ist und in Albanien einen neuen Aufstand fürchtet. Saloniki, 7. Oktober. (Eig. Drahtmeld.) Von türkischer Seite werden die griechischenRüstun- gen und Vorkehrungen an der Grenze sehr aufmerk sam verfolgt. Sowohl bei Arta als auch bei Por- taria und Porta wurden fri'chc griechische Truppen hcrangezogen. Der griechische Transportdampfer ..Liruri" ist mit einer starken Ladung Munition nach Korprina unterwegs. Der Kriegsminister hat die Korpskommendantcn von Saloniki, M o n a st i r und 1lesküb veranlaßt, lofort Vorsorge für die Be schaffung von Biwak für 2.',0000 Mann auf zwei Monate zu treffen. Srutari bot der Re. gierunq .',000 Freiwillige an und ersucht: um Verabfolgung der nötigen Waffen. Die Regierung dankte für das Anerbie en. Ichnte cs aber ab. Sie ersucht die Mohammedaner. Vertrauen in die Re gierung zu setzen, im Notfälle werde man gewiß ihre Dienste in Anspruch nehmen. Hier ist die Lage un verändert, der Fremdenhaß nimmt aber stetig zu. Diplomatcn-Konfcrenz in London. London, 7. Oktober. (Eig. Drahtmeldung.) Sir Edward Grey hat seine Vortragsreise nach Ber wick, wo er gestern erwartet wurde, wegen der ge spannten diplomatischen Lage bis aus weiteres ver schoben. Er verbrachte den ganzen gestrigen Tag im Auswärtigen Amt, wo er den italienischen Botschafter empfing, der mit ihm längere Zeit konferierte. Der deutsche und französische Botschafter in London sprachen beim türkischen Botschafter vor und hatten mit ihm längere Zeit eine Unterredung. Es heißt, daß die Diplomaten über dis jetzt noch mögliche Lösung des türkisch-italienischen Konfliktes verhandelt haben. Beschießung von Sneidije. » Konstantinopel, 7. Oktober. Einige Blät. ter melden, daß gestern nacht ei» italienischer Kreuzer den kleinen Hafen von Sueidij« im Wilajet Aleppo bombardiert hat, ohne je doch Schaden anzurichten. Der kleine Hafen Sneidije liegt an der syrischen Küste südlich vom Golf von Alcrandien. Aus der Beschießung dieses Ortes geht hervor, daß die Ita liener überallhin Kreuzer entsandt haben, um die türkischen Häfen in Unruhe zu versetzen. Rußlands Neutralitätserklärung. VO? Petersburg, 7. Oktober. lEig. Drahtmeld.) Heute ist ein Ukas über die Wahrung oer Neu tralität Rußlands veröffentlicht worden. Gewiß, wir haben die islamitische Freund schaft gesucht und auch gefunden, und wir würden uns viel versprechen können von dieser Freund schaft, wenn die Türkei militärisch und wirt schaftlich so erstarkte, wie wir es wünschen und wie wir es zu fördern nach Kräften bereit sind. Mer wir haben doch auch das Recht, der Türket vorzuhalten, daß eben nn reine st arkeMacht einen wertvollen Freund bilden kann und auf entsprechende Freundschaftsdienste rechnen darf. Ist sie nicht in der Lage, sich selbst zu helfen, so kann sie nicht ohne weiteres erwarten, daß andere ihre Arbeit verrichten, son dern muß schon dankbar sein, wenn diese anderen ihr nur dazu verhelfen, die Verluste möglichst wenig schmerzhaft zu gestalten. In diesem Sinne müssen wir ihr die einmal von der deutschen Diplomatie eingenommene Stellung zu erklären suchen und zugleich auf sie einwirken, daß sie nun mit verdoppel ter Kraft an ihrem militärischen Er starken arbeite; müssen ihr zugleich aber vor Augen halten, daß England und Frank reich es gewesen sind, die Italien schon vor Jahren Tripolis auf Kosten der Türkei geschenkt haben. Und wenn wir nach vollzogener Tat einer seits nur bedauern können, daß nicht mehr eine beiderseitige türkische Flankenbedrohung der eng lischen Herrschaft in Aegypten stattfindet, so wer den wir anderseits auch der Tatsache ihre gute Seite abzugewinnen suchen müssen, daß künftig die Rivalität der lateinischen Schwestcrnationcn lebhafter werden muß als ihre gegenwärtige Freundschaft, wenn Frankreich nicht mehr wie früher unter dem türkischen Regime in der Lage ist, Tripolis von Süden her anzuknabbern. Die Politik unserer Diplomatie ist darauf gerichtet, den ihr unvermeidbar dünkenden Ver lust von Tripolis für die Türkei auf solchem Wege vor sich gehen zu lassen, daß der soge nannte „Krieg" den militärischen Kräften des tür kischen Stammlandes so gut wie keine Verluste bringe. Darüber hinaus sollte sie ernstlich dar auf bedacht sein, der Türkei doch noch ru einer namhaften italienischen Geldabfindung zn ver helfen, die sie wenigstens zur weiteren Stärkung ihrer militärischen Kräfte in Europa und Vorder- asicn befähigt. Beiden Teilen nützende Freund schaften können eben nur zwischen zwei Starken bestehen. Bereit sein ist alles, auch für die Türkei! I). Die Spionin. Wie wir schon gemeldet Haden, wird am nächsten Donnerstag vor dem Reichsgerichte gegen die fran. zösische Sprachlehrerin Germaine Ma- rie Thirion verhandelt werden, und zwar wird sie beschuldigt, es versucht zu haben, Schriften, Zeichnungen und andere Gegenstände, deren Geheimhaltung im Interesse der Sicherheit des Deutschen Reiches erforderlich ist, in den Be sitz nnd zur Kenntnis der französischen Armeeleitung zu bringen. In Frankreich zen tralisiert sich die militärische Spionage in dem burenu <i« rk-ro-käsriiemc-ut, dem Nachrichtenbureau, das sich in Paris befindet und in Nancy eine Art von Filiale hat. Dieses Bureau, von mehreren sehr befähigten Offizieren geleitet, hat den
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