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Sächsische Volkszeitung : 26.02.1931
- Erscheinungsdatum
- 1931-02-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-193102263
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19310226
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19310226
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1931
-
Monat
1931-02
- Tag 1931-02-26
-
Monat
1931-02
-
Jahr
1931
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 26.02.1931
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s.riprig und Umgebung ) Der 8. Berhandlungstog Im Wasfendlebstahloprozeß. Der Dienstag als 8 Verhandlungslag im Leipziger Wasfendiebstahls- prozeß brachte wieder Vernehmungen der Angeklagten zur Sache, wobei allerdings nichts Neues zutage trat: Klagen über die Bernehmungsart des Untersuchungsrichters, Beteuerungen, das; inan nicht gewusst habe, was die ganze Angelegenheit über haupt bedeute, wofür man gearbeitet oder sich mißbrauchen las sen habe und das wesentlichste jeder einzelnen Aussage: die KPD, hat mit diesem Wassendiebstahl nichts zu tun. Der Ange klagte Winkler hat geholfen, die Wafsenkisten sortzuschassen: ihm habe man gesagt, es handele sich um'Hausrat. Erst an derentags habe er aus der Zeitung gelesen, daß Waffe» gestoh len worden seien: der Angeklagte ist so erregt, das; er schließlich zusammenbrach: seinetwegen mußte die Sitzung unterbrochen werden. ) Rückgang der ansteckenden Krankheiten. Im Jahre 1980 sind 1819 Fälle von ansteckenden Krankheiten in Leip zig gemeldet worden, davon 769 Diphtherie und 750 Scharlach: 124 Menschen sind an solchen Krankheiten gestorben: bei 1100 gemeldeten Erkrankungsfällen an Lungen- und Kehlkopftuber kulose sind 552 Todesfälle zu verzeichnen gewesen. Die Ber- glcichsziffern aus dem Jahre 1029 sind: 2809 Fälle mit anstecken den Krankheiten, von denen 167 tödlich verliefen: 1155 Fälle von Lungen und Kehlkopftuberkulose, von denen 710 tödlichen Verlauf nahmen Ein Vergleich mit der Gesamtsterblichkeit in Leipzig ergibt, daß im Jahre 1930 von 8003 Todesfällen 676 — 8,4 v. H. und im Jahre 1929 von 9111 Todesfällen 877 — 9 6 vom Hundert auf ansteckende Krankheiten einschließlich Lungen- und Kehlkopftuberkulose entfallen. s Ein Glühbirnendleb festgenommen. Die Leipziger Kri minalpolizei hat einen Mann festgenommen, der in 17 Fällen Glühbirnen aus Hauscingängcn gestohlen und sie als neu ver kauft hat. Der Festgenommene hatte auch in Berlin „gearbeitet". ^sirmnitr, Iviclisu, PIsuen Oie täglichen Ausschreitungen Plauen. Nach einer nationalsozialistischen Versammlung in Wcißensand am Montagabend trafen am Dorfausgang nach Lengenfeld ctiva zivanzig SA.-Leute mit einem Trupp Kommu nisten zusammen. Es kam zu einer Schlägerei, bei der fünf Personen verletzt wurden. Limbach. Bei Streikunruhcn vor dem Fabrikgebäude der Färberei No sä) er wurden Polizeibeamte von Kommu nisten mit Steinen beworfen. Die Polizei nahm mehrere Per sonen fest. An verschiedenen Stellen der Stadt wurden ein zeln gehende Nationalsozialisten von Kommunisten überfallen und mißhandelt. Mittweida. Am Montag fand im Schiitzenhause eine nat.-soz. Versammlung statt, in der u a. auch Prinz August Wilhelm von Preuße» sprach, der sich zu Hiller und seiner Partei bekannte. Vor der Versammlung wurden auf dem Markt Nationalsozia listen von politisch anders Denkenden angegriffen. Bei der ein setzenden allgemeinen Schlägerei gab es mehrere Schwerverletzte. Die von Chemnitz herangezogcne Polizei stellte die Ruhe wieder her und verhaftete einige Personen. Staatsbürgerlicher Kursus in Reichenbach i. D. Mittwoch, 25. Februar, Frau Spitzncr-Vender (Leipzig): Slnatsl>ürqerfr<v gen für Frauen und Mädchen. — Dienstag, 3 Marz, Pfarrei Kirsch (Reichenbach): Die Verfassung von Weimar. — Freitag. 20. März, Arbcitsrichter Engel (Reichenbach): Das moderne Arbeltsrccht und seine Anwendung. — Freitag. 10. April: Herr' Syndikus Dr. Wenzel (Zwickau): Trust- und Kartellbildung in der deutschen Wirtschaft tz. Wegen Gotteslästerung otrnrtellt. Der Schriftleiter des sozialdemokratischen „Sächsische» VolkMatles", Zwickau. Wal ther Victor, wurde vom hiesigen Schöffengericht ru vier Mona ten Gefängnis verurteilt. Er lgrtte in der Wischlattbeilage der Zeitung einen Artikel abdrucken lassen, in dem nach Auf fassung des Gerichtes eine Beschimpfung kirchlicher Einrichtun gen und eine direkte Gotteslästerung zum Ausdruck kommt. Victor war wegen dieses Artikels schon einmal angeklagt und sreigcsproäxm worden. Das Reichsgericht hat jedoch auf An trag der Staatsanwaltschaft das erst« Instanzurleil aufgehoben. 51ur der I.su5itr k. Zu den Ausschreitungen in Zittau. Stach den bisl>erigen Feststellungen sind ein Unbeteiligter getötet, zwei Gendarmerle- bcamte und zwei städiisä-e Polizeibeamte sowie etiva 25 Demon stranten verletzt worden, darunter einige schwer. In der Neu stadt wurden von der Polizei zwei scharfe Schüsse abgegeben, von denen einer «inen Demonstranten in den Fuß traf. Der Tote lst ein Schlosser namens Kalbae, der Mitglied der SPD. geivesen sein soll. Als mutmaßliä>er Täter wurde von der Polizei «in vielsach vorbestrafter tschechisä-er Staatsangehöri ger namens Kopahl festgenommen, der jedoch di« Tat leugnet. l Bezirkstag In Löbau. Der Bezirkstag der Amtshaupt- mannkämst Löbau genehmigt« die Etatüberschreitung von 240 000 RM. beim Bau des neuen Bezirkskrankenhauses in Ebersbach, das mit einem Kostenausivand von 1.25 Millionen RM. er richtet worden war. Ferner stimmte der Bezirkstag mit Mehr heit der Erhebung einer Notunilage unter den Bezirksgemcin- den zu, nachdem die Regierung ihrerseits einen ZuschiH be willigt hatte. Kurze Nachrichten rvle erst jetzt bekannt wird, ist der deutsch« Dampfer „No los" am vergangenen Sonnabend bei der Insel Skiathos auf eine Klippe ausgelaufen, wobei die Maschinen schwer be schädigt wurden. Der Dampfer, der als verloren gilt, sandte im Verlauf von zwölf Stunden verzweifelte Hillern!« aus. die vom griechischen Bergungsdampfer ..Bellos" ausgcsangen wur den so daß er die Besatzung d«s deutschen Schisses vollzählig r«tt«n konnte. * Im ganz«» Tiroler Alpengebiet gehen ständig n«u« Lawin«n nieder, doch sind Menschenleben nicht mehr zu beklagen gewesen. Die Schneemengen haben jedoch große Ver- wüstnngen aus den Eisenbahnstrecken angerichtet. Der Verkehr aut der Strecke Lienz—Franzensfeste mußte vollständig ein gestellt werden, da ein« sieben Meter hohe Lawine in der Nähe der österreichisch-italienischen Grenze den Bahnkörper vollständig verschüttet hatte. Auch aus Südtirol liegen Nachrichten über starke Schneefälle und Schneeverwehungen vor. * Der Eisenbahn- und Kraslwagcnverkchr, der drei Tage lang weaen d«s starken Schneefalles in den nordspanischen Passen unterbrochen mar. konnte wieder ausgenommen wer den. Bei dem Ort Hülse ( ?) wurde eine Mühle, die von fünf Personen bewohnt war. von einer Lawine verschüttet. Die sünf Personen konnten bisher noch nicht aus kein Schnee herausgegraben werden. Die DIK. marschiert r Konstituierung -es Bezirkes Oberlausih Nachdem der letzt« Gautag des Gaues Freistaat Sachsen di« Schaffung eines Bezirkes Oberlausitz beschlossen und der Hochwürdigste Herr Bischof Dr. Schreiber Ende des vergangenen Jahres einen Bezirkspräses ernannt hatte, sand am Sonntag, den 22. Februar, im Gesellenhaus zu Bautzen die konstituierende Sitzung statt. Zuerst wunde der Vorstand gewählt, der sich wie folgt zusammensetzt: Bezirksvorsitzeuder: Domvikar Dr. Al. Wolfs. Bautzen, An der Pelrikirche 6, Bezirksleiter: Rudolf Büttner. Ofensetzer, 'Bautzen, Goschwitzstraße 25. Bezirks, turnivart: Studienassessor W. Brühl, Bautzen, Katholische Oberschule. Bezirkssportivart: Hans Spitzer, Zittau, Breite Straße 2. Bezirksjugendivart: Karl Sarter, Bautzen, Katho lische Oberschule. Die erste Aufgabe im Bezirke wird sein, ihn nach innen zu festigen und auszubauen. Daher wird in diesem Jahre noch auf eine Bezirksveranstaltung verzichtet. Besonders siel die geringe Zahl der DIK.-Abteilungen in der Lausitz auf. Warum be stehen in Schirgiswalde, Ostritz und Seitenüors keine Iugendkrastabteilungen. Wird dort nicht geturnt und kein Sport getrieben? Oder sind vielleicht die bestehcnden Turnableilungen nicht angeschlossen? Es «vor der dringende Wunsch, -aß Turnabteilunaen einzelner Vereine, die etiva be stehen, sich der DIK. anschließen und sich beim Bezirksleiter anmelden. Nur dann kann der Bezirk die Stärke gewinnen, um der Außenivelt gegenüber wirkungsvoll auflreten zu können. Geklagt wurde auch sehr über die geringe Zahl von Handlmll- und Fußballmannscl-asten und di« damit verbundenen Schwie rigkeiten In Besorgung von Spielen. Deshalb ergeht die herzlicl)« Bitte an die DIK.-Mann- scl)astcn in Dresden, den Bezirk Oberlausitz nicht im Stiche zu lassen. Aber auch im Bezirke selber ist es eine dringende Notivendlgkcit, Hand- und Fnßballmannscl-aften ins Leben zu rufen. — Wir sehen also, eine ganze Reihe von Ausgaben liegt >n diesem Jahre noch vor n»S. Gebe Gott, daß sie zur glück- licl-en Lösung gelangen. Aus dem Bezirk Vogtland Zu der diesmal nach dem neuangeschlossenen Vez.-Vercin Zwickau einberusencn Bezirks-Hauptversammlung am 22. Fe bruar ivaren die DIK.-Mitglie-er aus folgenden Ortsgruppen erschienen: Reichenbach, Auerbach. Lengenfeld und Zwickau sowie liebe Gäste aus Werdau. Nachdem durch Ege n o l s-Zwickau die Sitzung gegen 4 Uhr nachmittags eröffnet worden war, gab Bezirks Leiter Stoppen eine Rückschau aus das ziveitc Jahr der Bezirksarbeit, die im wesentlichen als ein Erfolg zu werten ist, wenn sich auch die wirtschaftlichen Nöte bemerklmr mochten Doch auch in einer so schlechten Zeit wollen wir. so betonte der Berichterstatter, unserem Ziel klar ins Auge sehen und wo es möglich ist größere Opfer als bisher bringen. Recht erfreulich ist es. daß der Bezirk Infolge seiner Rührigkeit seiner Mitglie der und besonders einer bewährten Leitung im Laufe des Be richtsjahres auf 75 Mitglieder angewachsen ist. Nachdem noch das letzte Svortfest in Lengenfeld sowie kleinere Höl)«punkle in der Bezirksorbeit gewürdigt worden ivaren, dankte der Bezirks-Leiter dem hochverdienten Bezirks- Präses Herrn Piorrer Kirsch. Reichenbach, recht herzlich für fe'ne so aufopfernde und unterstützende Mitarbeit im Bezirk, was nut anhaltendem Beisall quittiert wurde. Der folgende Bericht des Bczirks-Sporlivartes Mayer-Reichenbach verriet einiges über die Leistungsfähigkeit des Bezirkes, aus die einzelnen Bezirks-Vereine verteilt. Die Bezirks-Kasse schließt mit einem, der allgemeinen Geldnot entsprechenden Bestand ab Daß die gesamten Anwesenden mit der Arbeit der Bezirks. Leitung vollkommen einverstanden waren, bewies die einstimmige Wiederwahl der gesamten Bezirks-Leitung, die sich nun ivi« folgt zusammensetzt: Bezirks-Präses: Herr Pfarrer Kirsch, Reichenbach; Bezirks-Leiter: Herr Stappcn, Lengenfeld, und zugleich Bezirks-Kassierer; Bezirks Schrift- und Pressewarl: Ernst Metzger, Reichenbach: Bezirks-Spielwart: Martin Mayer. Reichenbach: Bezirks-Sport- und Turnwart: 'Nobel, Zwickau. Dann sprach Pfarrer Kirsch in der ihm eigenen ein drucksvollen Weiseliber Sinn und Zweck der katholischen Sportbewegung. Ganz besonders unterstrich er, daß unser Sport niemals Selbstzweck werden darf, da wir doch durch den Sport nur ein harmonisciies Zusammenwirken von Körper und Geist erziele» wollen. Der katholisck)« Sport ler soll bei allem die Zügel des Ehrgeizes nicht zu weit schießen lassen, da dadurch die Ideale des gesunden und vor allem des kathoNschen Sporles verlassen werden. Darum ist cs auch not wendig, nur solche Iungmänner auszunehmen, die den kaiho- lilchen Stammvereinen angeschlossen sind. Auch die in einer so schweren Zeit gesteckten Ziele zu erreiche», müßte in Anbetrackl der bereits zu verzeichnenden Erfolge, eine Ehrenpflicht sein. — Im weiteren gab Pfarrer Kirsch einen kurzen Rückblick auf tas verflossene Bezirks-Jahr und dankte dem Gelamlvorstand für die geleistete Arbeit. Schließlich gab er seiner Freude Aus, druck über den Anschluß von Zwickau, und wünschte, daß diesem Beispiel noch recht viele Vereine folge» möcklen. — Die Aus führungen fanden starken, ungeleillen Beisall. R i ck a u c r - Werdau gibt nun unter allgemeinem Betz'all den Eintritt non 14 Iugcndkrafllern in den Bezirk Vogtland bekannt. Da die sportliche Betätigung des Bezirkes sich von nun an auch ans Fußball erstrecken soll, wird damit eine Neu-Belebung des gesamten sportlichen Betriebes erhofft. In -er folgenden Aussprache wurde besonders die schnelle und gute Veröffentlichung der DIK.-Berichte von seilen der Säch. fischen Volkszeitung lei end anerkannt und dem Schi isl- wart empfohlen, auch beim Haupt-Organ der DIK. für eine pünktliche und gute Wiedergabe der Berichte aus dem Bezirk bedacht zu sein. Begrüßt wurde cs. daß nunmehr auch im eigenen Bezirk BcvollNiächtiate zur Abnahme der Prüfung sür das deutsche Turn- und Sportabzeichen ernannt werden, lieber die genauen Ermittlungen der Bezirks-Meister im Faust- und Fußball wurde» noch emlge lechnische Fragen geregelt. Da dieses Jahr das Bezirks-Sportfest infolge des Gau. Sportfestes in Dresden aussällt, wird ein Bezirksossenes Verelns-Svorlsest in Zwickan geplant. Ferner wurde angeregt, die Herren Präsides über di« Entwicklung der katholischen Sportsbeivegung jederzeit zu unterrichten und zur finanziellen Stützung etwa noch Visen, stehende Möglichkeiten durch besondere Werbung mobil zu machen. Den rechten 'Abschluß, der sachlich wertvolle» Sitzung bildete der im vergangenen Jahr hergeslellte F i l m st r e i se nt über die Entstehung der DIK. im Vogliande. Möoe diese i» allen Teilen so anregend verlaufene Jahres» hauvtversammluna. der Auftakt zum weiteren und breitere») Durchsetzen dcs DIK.-Gedankens auch im Bezirk Vogtland seln^ Iugendknast-Heil! Deutschland bleibt im Völkerbund Ote außenpolitische Debatte un- -as Völker-un-ssekretariat lVon unserem Vertreter.)) N. Eens, Mitte Febril«. Ein eigentümlicher Zufall wollte, daß der Auswärtige Ausschuß des Reichstages säst genau füns Jahre, nachdem er den Eintritt Deutschlands in den Völkerbund beschloß, einen Antrag auf Austritt aus dem Genfer Bunde ablehnte, und daß der deutsche Außenminister auf den Tag fünf Jahre nach der Ueberreichung des deutschen Ausnahmeantrages in Genf llO. Fe. bruar 1926) tm Reichstag erklärte, daß Deutschland Zwar vor« lausig, aber nicht in jedem FaN und unter allen Umständen bedingungslos im Völkerbund bleiben woNe. Man hat im Genser Völkerbundssekretariat die außenpoli- § tische Debatte im Reichstag naturgemäß hauptsächlich unter dem Gesichtspunkt der deutschen Haltung zum Völkerbund verfolgt, und obwohl man eigentlich erwartet hatte, daß die Austritts anträge abgelehnt würden, hat man die endlich erfolgte Tat sache doch mit einem gewissen Gefühl der Erleichterung begrüßt. Es ist nicht leicht, den Eindruck, den die Berliner außenpoliti sche Aussprache im Genfer Sekretariat hinterlassen hat, eindeu tig zu umschreiben, ohne in die Gesahr der Verallgemeine- , rung von Privatmeinungen zu geraten. Dennoch kann man nach einiger Fühlungnahme seststellen, daß in den politischen Kreisen des Sekretariats besonders zwei Erwägungen in dieser Frage maßgebend sind, von denen die eine zweifellos an der Wirklichkeit vorbeigeht, während die andere ebenso zweifellos richtig ist. Zunächst glaubt man nämlich in Genf, — abgesehen von den deutschen Mitgliedern des Sekretariates, soweit sie die deutschen politischen Verhältnisse genau kennen. — daß unver kennbare Stimmungsänderung in Deutschland, jener vom Präla ten Kaas in seiner außenvolitischen Rede zitierte „neue Geist" der deutschen Außenpolitik, ihre tiefsten Gründe in der schweren. Wirtschaftskrise habe, die unser Volk stärker als andere Völker durchzukiimvsen hat. Mit dieser Ausfassung wird man aber den Dingen, wie sie sind, nicht gerecht; denn es ist sicher, daß die politische Wandlung Deutschlands, die natürlich nicht seit dem 14. September datiert, sondern bei den letzten Neichstagswah- len nur einen Ausdruck in der Form eines „Protestes" sand, eben hauptsächlich politisch«, und nicht nur wirtschaftlich« Gründe hat. Es ist sicher, daß etwa ein Antrag aus Aus tritt aus dem Völkerbunde. — ohne damit von einer Berechtigung im gegenwärtigen Augenblick zu reden, — nicht aus der Unzufriedenheit mit der wirtjchastlichen Lage, sondern aus der Unzufriedenheit mit den positiven Leistungen des Völkerbundes erklärt werden muß. So verfehlt diese Erwägung ist, so richtig ist die andere, deren Spuren man bei manchen Gesprächen feststellen konnte, — daß nämlich mit dem Austritt Deutschlands der Völkerbund seine Struktur so völlig ändern werde, wie es beim Austritt keines anderen Landes der Fall sein würde. Vor Deutschlands Eintritt war der Völkerbund, wie vcr jetzige Staatssekretär v. Bülow in seinem „VBsailler Völkerbund" sagte, „eine Orga nisation der Sieger", und erst als der größte der im Krieg unter legenen Staaten, als das Deutsch« Reich ikm beitrat, begann Genf die eigenen, schon früher erhobenen Universalitätsansprkch« zu rechtfertigen. Würde Deutschland den Bund wieder verlaßen, so würde er mit einem Schlage in die alte Nolle zurücksinkcn, und die Stellung der kleineren und nicht an irgendeine Machtgruppe angelchnten Länder, der sogenannten „Neutralen" würde gleich falls anders werden; denn es bedarf keines Beweises, daß mit dem Ausscheiden einer Großmacht, die sich Zeit ihres Verbleiben» im Bund fllk die eigentlichen Völkerbundsidce für die Ab- r'iNiina. den M>"tierkeitenicknk n»d die Gleickberecktionna aller Völkerbundsmitglieder eingesetzt hatte, auch der Kamps um eben diese Ideale wett schwieriger werden würde, da das Gewicht der „Eegenkrüste" nunmehr stärker waren als jemals vorher Dar übe« hinaus würden aber auch die Rückwirkungen eines solchen Austrittes bei vielen Mitgliedern des Völkerbundes, namentlich in Südamerika, wo'man sowieso schon nicht recht an die Univer salität des Völkerbundes glaubt, außerordentlich stark sein. Und schließlich — eine namentlich bei den Vertretern der Westmächte verbreitete Vorstellung — würde Deutschlands Außenpolitik durch den Austritt aus dem Völkerbund zugleich eine Schwen kung vornehmen, sie würde sich jedenfalls nicht mehr, wie bisher, mit einem großen Teil ihrer Energien nach Westen „orientie ren", da man nicht mit Unrecht tn Deutschlands Verbjeiben im Völkerbund ein Sinnbild dieser außenpolitischen Orientierung sehen durste. Diese tiefgehenden Rückwirkungen verschiedener Art fürchtet man im Genfer Völkcrbundhaus von einem Austritt Deutsch lands, und deshalb ist die Zufriedenheit über die Ablehnung des Austrittsantragcs im Auswärtigen Ausschuß durchaus allgemein. Aber leider hindert die Vorstellung, die neue Richtung der deutschen Außenpolitik sei aus innerpolitischen Rücksichten zu ver. stehen, und die allgemeine politische Situation Deutschlands sei wiederum aus der Wirtschaftskrise zu erklären — an der wirk lichen Erkenntnis der Lage. Man hat das Gefühl, als fehle im Völkerbundsekrctariat noch die Ueberzeugung vom grundsätzlichen Ernst der deutschen Kritik am Völkerbund, die sich in Dr. Curtius stark bedingter Be jahung unseres Verbleibens iin Bunde doch deutlich geäußert har. Denn Deutschlands Bekenntnis zum Völkerbund in seiner heutigen Form — cs ist hier nicht die Rede von der Völker bunds idee — ist ja durchaus nicht hundertprozentig, und deut lich ist in Berlin gesagt worden, daß Abrüstung und Minder heitenschutz die Probcsteine im Völkerbundspiel sind und bleiben. Deutschland bleibt im Genser Bund, aber es erwartet, daß er ihm sein Verbleiben nicht erschwert. Darüber hinaus enthält freilich der Satz von der „völlig unzureichenden Vertretung im Völkerbundsekrctariat" in Curtius' Rede auch ein deutsches Zn- kunstsprogramm, über dessen Bedeutung später noch gesprochen l'ls Do!ks LLIms: LKIoroäoilt
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