Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 12.03.1914
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-03-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140312023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914031202
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914031202
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-03
- Tag 1914-03-12
-
Monat
1914-03
-
Jahr
1914
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Leipzig« Tageblatt. Seite 2. Nr. l2S. Nvenü-Nusyavr- Arbeiter und Arbeiterinnen ihren dauernden Wohnsitz. Die gesamte ätsche Bevölkerung der Ansiedlungsguter und Ansiedlungsgemeinden beträgt ungefähr 151000 Personen. ^ie Denkschrift gibt im einzelnen näheren Ausschluss über die Förderung der Ansiedlung selbständiger deutscher Arbeiter durch Prämien, über die Verwaltung der erworbenen Güter, bis zum Zuständigen Abschluss des Besiedlungs- geschäsis rind über die Vorbereitungen für das kommende Besiedluugsgeschäft, über Melioratio- neu, Beschaffung von Baustoffen für die An siedler und die Hochbauten auf den Ansiedlungs gütern sowie über Viehzucht und Obstbau in hen Ansiedlungen, lieber den Stand des An sied l n na s s o n d s heißt es in der Denk schrift: In der Zeit von 1886 bis Ende 1918 sind ans dem Ausiedlnngsfonds ausgegeben worden '.»1.8 872 000 M., zum Fonds eingenom men worden 292 556 000 M., der Ucberschuß der Ausgaben über die Einnahmen ist mithin 021 ÜI6 000 M. poMileke Uebersietil Nebenwirkungen ües kommen-en Totalisatorgefetzes. Man schreibt uns: Der bald zu erwartende Gesetzentwurf zur Konzcssiouierung der Buchmacher wird gewisse Nebenwirkungen haben, die für die betroffenen streife zwar wenig angenehm sind, aber ganz im Sinne des Gesetzes liegen. Es bestehen näm lich in den Großstädten und ganz besonders in Berlin eine außerordentlich große Zahl von Zi garrengeschäften, die lcdigtic») durch das Buch machen ihre Existenzfähigleit finden, da der Warenumsatz so gering ist, daß kaum die Ge schäftsunkosten gedeckt werden. In den Kreisen des Tabatbandels schützt man die Zahl dieser Geschäfte für Berlin aus einige Tausend. Mit der Konzesjrouieruug von Buchmachern wird ihnen naturgemäß die Möglichkeit genommen, das Burhmacheu ans eigene Rechnung oder für andere sortzusetzen. Man muß daher damit rech nen, daß von düsen Zigarrcngcschäften eine sehr große Zahl wird eiugehen müssen. Dabei ist aber zu berücksichtigen, daß es sich bei dem bisherigen Buchmachen um eineu gesetzlich verbotenen und strasbaren Erwerb gchaudett hat. Die in Vor bereitung befindliche Vortage verfolgt nicht in erster Linie fislalische Zwecke, sondern ihre wich tigste Ausgabe ist die Einschränkung der wilden Buchmachcrei, die auch solche Kreise der Be völkerung zum Wetten verleitet, deren wirtschaft liche Lage dafür durchaus ungeeignet ist. Man erwartet nun in den Kreisen der Zigarrcnhänd- ler teilweise, daß es ihnen möglich sein wird, auch eine Konzession als Buchmacher zu er langen. Daß hiersür Aussicht besteht, darf mau aber bezweifeln. Das Reichsgesetz selbst wird, Ivie auznnehmen ist, die Konzessionsfrage nicht regeln, sondern sie den Landesregierungen über lassen. Und diese dürsten jedenfalls die Kon zessionen für Buchmacher in jedem Ort nur in einer beschräntlen, dem Bedürfnis entsprechenden Zahl erteilen. Dabei wird selbstverständlich auch ans die wirtschaftliche Lage des Antragstellers Rücksicht genommen werden müssen, um eine Sicherheit zu schassen, daß die Auftraggeber auch die Gewinne ans ihren Wcttaufkrägen erhalten. die Sühne für Sie Spucknapfaffäre. Vor dem Oberkriegsgericht des Gardekorps in Ber lin fand am Mittwoch die Berusungsvcrhairdlung in der bekannten, höchst widerwärtigen Spucknapfaffärc statt, die sich in der Kaserne des Königin-Augusta- Regiments abgespielt hatte. Am 26. November v. I. hatte der Sergeant 2tza s k e mit dem Grenadier Krömer ans der Stube einen Auftritt. Im Verlaufe des Streites befahl der Sergeant dem Grenadier n. a. sich niederzulegen, und zwar vor dem Spucknaps. Der Untergebene tat, wie ihm geheißen und tagte sich so, daß der Kops dicht vor Len Spucknapf kam. 'Nun erhielt er vom Sergeanten den Befehl: „Sauf!" Der Grenadier führte auch diesen Be fehl aus und trank aus dem Spucknapf. Er erhob sich dann wieder und spie aus. Ein Einjähriger, vrr gute Name. 21s Roman von Georg Engel. c<.'op>tixl>! löw vv l-rolliloin L- Oo. e>. m. v. N. I.sipLi^.) 8. Im „Gelben Faß" ging es hoch her! Kapitän von Holstein gab hier ein pompöses Sektfrühstück zu Ehren eines sehr kleinen, sehr kahlköpfigen und sehr schwarz gekleideten Herrn, des Geheimen Regiernngsrcus von Buggen- Hagen, Vortragenden Rats nn Mariueministe- rium, welcher eigens aus der Hauptstadt ge kommen war, nm die Holstcinschen Werften in Augenschein zu nehmen und den jungen Besitzer eventuell mit der Bauausführung zweier neuer Kanonenboote zu betrauen. Das machte Aufsehen in der Stadt! So lange der alte Worse noch die Oberleitung ge habt, hatte sich'die Regierung niemals um seine Anlagen gekümmert, und jetzt — der neue Herr tonnte sich kaum iu seinem Besitztum umgesehen haben — da saß bereits der offizielle Vertreter des Reiches bei ihm, eine Art Minister, der sich von ihn« bewirten ließ, von ihm, dem mit schlich tem Abschied entlassenen Offizier. Wie das wirkte? Ein Kleeblatt greiser Stadtväter, das schon seit unzähligen Jahren in der dunkelsten Ecke des „Gelben Fasses" zu tagen gewohnt war — punkt zwölf erschien, mit dem Glockeuschlag eins aufbrach, und während dieser Zeil nicht ein einzig vernehmbares Wort von sich gab, selbst dieses stumme Kleeblatt brach infolge des Er eignisses mit allem Brauch und Herkommen und munkelte, brummte und wisperte, daß die kleinen Weinfere mit stillem Entsetzen in die finstere Ecke starrten, überzeugt, dort hinten begebe sich irgendein greulicher Spuk. „Ein gewaltiger Umschwung, Herr Kollege." „Lehr gewaltig, Herr Kollege." „An dem ganzen Gerede ist auch nichts, meine Herren." " » „Ist nichts, Herr Stadtrat?" der den Vorgang mit angesehen hatte und darüber empört war, meldete das Geschehene dem Vorgesetzten. Das Kriegsgericht erkannte seinerzeit gegen den Sergeanten auf drei Monat« Gefängnis. Der Angeklagte glaubte sich zu streng bestraft und legte Berufung beim Obertriogs- gericht ein. Der Gerichtsherr dagegen legt« Berufung ein, weil ihm das Strafmaß zu gering war und weil gegen den Angeklagten nicht auch auf Degradation erkannt worden war. Da» Oberkriegsgericht des Gardekorps verhandelte am Mittwoch in nichtöffentlicher Sitzung. Nach längerer Sitzung wurde das Urteil öffentlich ver kündet. Es lautete wiederum auf drei Monate Gefängnis und außerdem erkannte das Be rufungsgericht auf D e g r a da t i o n. In der Urteils begründung wurde besonders auf das Unappetitliche der Handlungsweise des Angeklagten hingewiesen. Italien in Kleinasien. Der „Excelsior" beschäftigt sich, wie aus Paris, 12. März, gemeldet wird, in einem längeren Artikel mit den von Italien für die Räumung der von ihm bis jetzt besetzten Inseln geforderten wirtschaftlichen Konzessionen in Kleinasien und sucht nachMweisen, daß, wenn die verlangten Konzessionen erteilt werden, Italien in Kleinasien eine Einflußzone besitzen wird, die die Insel Rhodos und die anderen großen Inseln von ihm abhängig macht und daß Lurch diese Gebiete Italien in der asiatischen Türkei ein zweites Libyen besitzen wird. Nachdem der „Excelsior" sich mit den Schachzügen der italienischen Politik zur Erreichung dieses Zieles eingehend be schäftigt hat, stellt er fest, daß Mar maris einer der besten Punkte ist, der sich zum Bau eines Kriegshafcns verwerten läßt. Außerdem liege Rhodos, das bereits seit zwei Jahren von der italie nischen Kultur durchdrungen ist und italienische Schulen besitzt, direkt vor der Küste der italienischen Einflußzone und cs ist, wie der „Excelsior" meint, leicht einzusehen, daß die jetzt einstweilige Besetzung der Inseln wenigsten in ökonomischer Hinsicht eine dauernde sein wird. Der „Excelsior" schließt mit der Bemerkung, daß hoffentlich England, mit dessen Plänen die italienischen Projekte wenig im Einklang stehe, sich eingehend damit beschäftigen werde. Deutsches Reich. * Nach den Arbeitsdispositionen des Reichstags wird die Beratung des Kolonialetats am heutigen Donnerstag brs zum Mittwoch der nächsten Woche ausgesetzt werden. Der Sonnabend und Montag bleiben sitzungsfrei. Am Freitag dieser Woche und am Dienstag nächster Woche wird die Duellirage zur Beratung gestellt werden. Die Beratung des Kolonial etats soll am Mittwoch nächster Woche fortgesetzt werden. Da das Plenum des Reichstags zurzeit an Stoffmangel leidet, da die Budgetkommission den Militäretat noch nicht beraten hat, so wird voraus sichtlich nach dem Abschluß des Kolonialetats auf einige Tage die Etatsberatung unterbrochen werden, und es werden andere Gesetze, deren erste Lesung noch aussteht, wie die Geweroeordnungsnovelle über Gastwirtschaften und Kinos, zur Beratung gestellt. * Der „Ucberfall" auf die Töchter des Generals Liman o. Sanders. Das türkische Kriogsminist-srium veröffentlicht folgende Note: Einige auswärtige Zeitungen bringen falsche und üderrriebenc Nach richten über Las Erlebnis der Töchter des Marschalls Liman o. Sanders. Die amtliche Untersuchung hat sesrgcstellt, daß es sich um einen gewöhnlichen Diebstahl bandelt. Als die beiden Töchter Li mans, begleitet von Oberstleutnant Perrinct v. Thauvenay am 27. Februar bei Beikos spazie ren gingen, wurden sic von drei Arbeitern einer Militärstiefelfabrik, die sich als Beamte aus gaben, aufgefordert, stehen zu bleiben. Der Oberst leutnant, der kein Türkisch verstand, glaubte, daß man sie in dem Verdacht habe, von den Befestigungen am Bosporus Aufnahmen machen zu wollen, und war eben im Begriff, den Arbeitern die Handtaschen der Damen und den Inhalt seiner Taschen zu zeigen, als die Arbeiter die Portemonnaies an sich rissen und die Flucht ergriffen. Sie wurden sogleich verfolgt und festgenommcn. Natürlich wer den iie ihrem Vergehen entsprechend bestraft werden. Die Nachricht, daß sie erschoßen wurden, ist aber durchaus falsch. * Die Konferenz der industriellen Verbände, die am Mittwoch nachmittag unter dem Vorsitz des Generaldirektors Ball in in Berlin im Hotel „Der junge Herr wird nämlich jetzt seinen Prozeß gegen den Landrat von Parchim ge winnen." „'Was Sie sagen, Herr Stadtrat?" „Und das Gut wird der Landrat auch her ausgeben müssen, erzählte mir gestern der Kreis richter Bremer." „Da ist er ja sozusagen unschuldig." „ES scheint so, Herr Kollege." „Allerdings, der Vater — hm." „Ja, der Vater allerdings —" „Der ist nicht wegzuleugnen," wollte der Stadtrat bemerken, aber da schlug es eins, und das Kleeblatt erhob sich. Der Champagner floß in Strömen, die auf gehäuften Austernschalen schwollen zu kleinen Gebirgen an, und noch immer erwies sich der Kapitän unerschöpflich im Aussinnen neuer Ge nüsse. Mit vollendeter Liebenswürdigkeit machte er den Wirt, sprudelnd von Witz und Humor, hatte er dabei doch ein scharfes Ange für die Be- dürfnisse eines jeden seiner Gäste, denn auch an der anderen Seite der Tafel saßen mehrere Großhändler, bedeutende Industrielle, die sich eine Ehre daraus machten, mit dem Herrn von der Regierung an einem Tische zu speisen. Man las es dem jnngen Gastgeber förmlich vom Gesicht, wieviel ihm an dem definitiven Abschluß dieses großen Geschäfts gelegen sei, denn das empfanden alle, wurde dem Kapitän diese für das Reich wichtige Lieferung über tragen, so gab ihm die Regierung gleichzeitig da durch eine unverblümte Ehrenerklärung, die alles frühere hinfällig machte. Eine gewaltige Spannung hielt die städti schen Teilnehmer dieses Gelages in Atem; allem Pokulieren und Zechen zum Trotz verfolgte man jeden Blick der kahlköpfigen Exzellenz, die mit kalter, nüchterner Gcschäftsrnhe eine Auster nach der anderen ausgabclte. Der Kapitän sprach von allem Möglichen, von närrischen Originalen, die ihm hier in der Stadt ausgefallen, von seinen Reisen, von der merkwürdigen Firma Pilz und Schimmel, nur „Esplanade" über die Begründung einer Organisation für die Förderung der deutschen Welt handelsinteressen beriet, zog sich bis in die späten Abendstunden hin, ohne vorläufig zu einem positiven Ergebnis zu führen. Da in verschiedenen Punkten eine Einigung nicht erzielt werden konnte, wurde dem „B. L." zufolge die Sitzung abends abge brochen. Eine neue Konferenz ist auf heute vor mittag anberaumt worden. * Eine weitere Studienfahrt nach Südamerika. Südamerika wird in diesem Jahre von deutschen Be hörden bevorzugt. Die Deutsche Landwirtschafts gesellschaft wird, wie man uns schreibt, in den Monaten September, Oktober, November eine Stu dienreise nach Südamerika veranstalten, die in der Hauptsache Argentinien zum Ziel hat, dabei aber auch Landesteile der benachbarten Länder, so u. a. Chile, Brasilien. Uraquay und Paraguay berühien sott. Die Gebiete, welche ausgesucht werden sollen, sind in der Hauptsache Rio de Janeiro. San Paulo, die Wald- und Pampagebiete Süd-Bra siliens, ferner die Provinzen Corrcentes, Missimes, der Süden von Paraguay, dann Chaco, Rosario, Cordoba, Mendem, die Kordilleren, Chile, Santiago, Buenos, Aires, Fray Bentos, Uruguay. Nach dem bis jetzt vorliegenden Boranichlag werden sich die Kosten auf etwa 5600 belaufen, doch hängt dies mehr oder weniger von den Ansprüchen ab. die die Reiseteilnehmer stellen. Die Führung der Reise will Prof. Dr. Backhaus übernehmen. * Die württembergische Heeresverwaltung hat sich mit der Einführung gemeinsamer Bestimmungen über den Wafiengebrauch des deutschen Militärs in Fliedenszeiten auf den Vorschlag Preui-ens bereit erklärt, ledoch mit den Ein schränkungen, die die preußischen Bestimmungen bisher in Württemberg haben. An amtlicher Stelle wird ungeachtet diesem Vorbehalte Württem bergs mit der Einführung gleichlautender Bestim mungen für das preußische und c as württemoergische Heer aus der Grundlage eines Kompromisses, der dem preußischen Standpunkte entgegenkommt, gerechnet. * Die Vertreterwahlen zu den württembe» gischen Ortskrankenkassen haben, wie der „Overschwäbische Anzeiger" meldet, im ganzen Lanoe die Allein herrschaft der sozialdemokratischen Kassen- vorsiände beseitigt. Auch in Württemberg be trug der sozialdemokratische Stimmenrückgang (freie Gewerkschaften) nahezu 30 Proz. * lleber di« Besoldung der Volksschullehrer in Hessen ist zwischen den beiden Kammern und der Regierung nun endlich doch noch eine völlige Eini gung erzielt worden Sie erfolgte auf Grund einer Gehaltsskala von elf Klassen, mit einem Anfangs gehalt von 1550 und einem Höchstgehalt von 3600 ^tl. Am Freitag wird die Vorlage vor dem Plenum der Zweiten Kammer zur Verabschiedung kommen. Ausland. Frankreich. * Aus der französischen Kammer. Aus Paris wird telegraphiert: Die Kammer wird heute die Beratung des vom Kriegsminister Nou le ns ein gebrachten Gesetzentwurfs über die Zu sammensetzung der Kaders und der Mann schaftsoerbände der verschiedenen Waffengattungen beginnen. Der Bericht des radikalen Deputierten Tregnier erklärt, daß Liese Vorlage, welche eine höchstmögliche Ausnutzung der auf Grund des Drei- jahrsgesctzcs eingestellten Mannschaften bezweck«, dem Heere die höchst« Fülle der Kraft verleihen solle. Tregnier sprach die Ucberzeugung aus, daß sowohl die Anhänger des dreijährigen Militärdienstes wie die einer kürzeren Dienstzeit dem Gesetzentwurf zu stimmen werd«n, die ersteren, weil sie wißen, daß das Dreijahrsgesetz ohne ein« starke Heeresorganisa- tion und ohne starke Kaders unwirksam wär«, die anderen, weil eine Verringerung der Dienstzeit ohne Verstärkung der Kaders diese im Mobilisicrungsfallc einen Reservistenstrom aufnehmen sollen, als nicht ins Auge gefaßt werden könne. Die Debatte dürfte sich recht lebhaft gestalten, da sich die eifrigsten Gegner und die Anhänger des Dreijahrsgcsetzes wie Jaurös, Lefebvre, Thalamas und Benazet zu Wort gemeldet haben. England. * Gestohlenes Signalbuch. Aus London wird dem „Echo de Paris" gemeldet, daß an Bord eines der in Sherncß stationierten englischen Panzer schiffe vor kurzem ein überaus wichtiges Signalbuch gestohlen und durch ein dem von dem Geschäft erwähnte er keine Silbe, und doch blickte ihn der zugeknöpfte Negiernngsrat manchmal mit einem halben Lächeln an, das deutlich verriet, wie offen alle heimlichen Ge danken des Sprechers vor ihm lügen. Wieder wurde eine neue Scktbatteric auf gefahren, da rasselte es in der geöffneten Tür, klirrend zog Graf Burghaus mit mehreren seiner Offiziere an den gewohnten Stammtisch. Und an der Seite des Obersten schritt der Landrat von Parchim. Als die Herren den fremden Wür denträger wahrnahmem boten sic ihm mit mili tärischer 'Würde ihren Gruß, ohne den daneben sitzenden Kapitän zu bemerken. Den Seemann genierte das nicht. Mit un erschütterlichem Gleichmut handhabte er sein Äusternmesser und hielt den durchdringenden Blick der Exzellenz mit einer Kaltblütigkeit aus, die die anderen in stummes Erstaunen setzte. Die Offiziere machten unterdes ihre Be- stellung. „Jean," rief einer der jüngeren, „Austern, aber keine Holsteiner; die taugen nichts." Das Wort war sicherlich nur zufällig ge fallen, aber plötzlich entstand eine auffällige Stille, mehrere der Kameraden wandten sich und blickten auf den Kapitän, der nun gezwungen den Kopf hob und die Tafelrunde mit einem leisen Lächeln maß. Nur die kahlköpfige Exzellenz rührte sich nicht. Kalt abgemessen wie immer führte sic den Sektkelch znm Munde und fragte dann plötz lich ganz laut, als ob es einer öffentlichen An gelegenheit gelle: „Haben da eine verbundene Hand, Herr Ba ron, rührt wohl noch von der Fohrener Revolte her?" Der Landrat am anderen Tisch, wurde bleich, und auch der Kapitän stockte, bevor er aus weichend zur Antwort gab: „Tie lun dieser Schramme zuviel Ehre an, Exzellenz: ich bin gefallen." Der Regierungsrat starrte immer aufmerk samer den blauen Ringen seiner Zigarre nach und sprach womöglich noch lauter als vorhin: Vonnerstsy, l2. Ltiirr l914. selben äußerlich vollständig gleichendes Buch ersetzt worden sei. Es handle sich zweifellos um eine Spionageaffäre. * Wale» und Schottland verlangen die Selbst verwaltung. Aus London, 12. März, wird draht lich gemeldet: Nach Irland verlangen auch Wales und Schottland die Selb st Verwal tung. Der Kammer ist ein Gesetzentwurf zuge gangen, der der Provinz Wales die Autonomie bewilligen soll. Nach diesem Gesetzentwurf soll Wales «in Parlament erhalten und das Frauenstimmrecht bekommen. Der Gesetz entwurf ist bereits einmal gelesen worden. Mbanlen. * Die Epiroten haben Koritza wieder besetzt. Aus Rom, 12. März, wird telegraphisch gemeldet: Wie der „Tribuna" aus Brindisi gemeldet wird, haben di« Epiroten nach heftigem Kampfe Koritza wieder besetzt. Trotz des blutigen Widerstandes wurden die Albanier zurückgeschlagen. — Das „Echo de Paris" fügt hinzu: Wenn diese Nachricht sich bestätigt, sind schwere Kompli kationen zu befürchten. Serbien. * Eine Verschwörung gegen den König von Serbien. Mch Pester Blättern soll man in Belgrad einer Verschwörung auf die Spur gekommen sein, die den Zweck verfolgte, König Peter zu entthronen, und zwar zugunsten des Kronprinzen Alexander. Nußlanö. * Der hundertste Geburtstag eines Dichters. Aus Petersburg meldet der Draht: In der Duma wurde eine Interpellation einge bracht über das Verbot, den hundertsten Geburtstag des kleinrussischen Dichters Schewtschenko zu feiern- Der erste Teil der Interpellation, der sich auf das Verbot des Ministeriums Les Innern an die Ver waltungen verschiedener Städte bezog, das Andenken Schewtschenkos zu feiern, sowi« aus das Verbot jeder Art von öffentlichen Versammlungen, die dem selben Zwecke dienen sollten, wurde mit 161 Stimmen der Linken und des Zentrums gegen 115 Stimmen angenommen. Der zweite Teil betr. das Verbot von Trauermessen wurde mit 117 Stimmen der Rechten und des Zentrums gegen 1l5 Stimmen bei sieden Stimmenthaltungen abgelehnt. Schewtschenko, der nationalste und freisinnigste kleinrussische Dichter, der am 9. März (25. Februar russischer Kalender) ge boren war, wurde wegen seiner Verherrlichung eines in der Verbannung lebenden Freundes im Jahre 1817 ebenfalls in den Kaukasus verbannt und dann in der Festung Nowo-Petrowsk interniert, bis er durch die Bemühungen der Gräfin Tolstoi und mehrerer einflußreicher Freunde im Jahre 1858 die Freiheit wieder erhielt. Er war schwer leidend ge worden und starb am 10. März (26. Februar) 1861 in Petersburg. Marokko. * Der Eisenbahnbau Tanger—Fez. Nach einem Telegramm aus Madrid teilte der Minister des Aeußern mit, General Marina werde die Verträge über den Eisenbahnbau Tanger —Fez unverzüglich unterzeichnen. Der Minister fügt hinzu, daß der Besuch des Generals Liautey eine Annäherung zwischen ihm und dem spanischen Generalresidenten General Marina be wirkt habe. — Ueber die Zusammenkunft des Generals Liautey mit dem Eeneralrcsidenten in Marokko, General Marina, dem spanischen Ministerpräsidenten und dem Minister des Aeußern wird noch gemeldet, daß diese Unterredung den Zweck habe, verschiedene die französische und di« spanisch marokkanische Zone betreffende Fragen zu regeln, so das Bahnprojekt Tanger—Fez und das internationale Statut von Tanger. In letzterer Angelegenheit stehen Frankreich und Spanien noch immer auf einem ver schiedenen Standpunkt, da die Franzosen nach Ansicht der Madrider Regierung dem Sultan von Tanger einen zu großen Einfluß gewähren wollen. Mehrfach wird auch das Gerücht verzeichnet, daß Liautey und Marina über die Besetzung Tasas und ein etwaiges gemeinsames Vorgehen der französischen und spani schen Streitkräfte verhandeln. — Die offiziöse „Evoca" hält dieses Gerücht jedoch zum mindesten für verfrüht. Mexiko. * Landverteilung an Soldaten in Mexiko. Wie aus Chihuahua telegraphiert wird, hat die M i - litärbehörde beschlossen, die öffentlichen Ländereien, einschließlich der konfiszierten, „So? Glaubte ehrenvolle Wunde im so ziale» Krieg — übrigens sind wir genau über diese Vorgänge orientiert, wenn auch Behörden dergleichen gern verschweigen." Und während er den Kapitän wieder mit einem ganz gleichgültigen Blick maß, sagte er kühl und falt: „Seine Ma jestät haben über Ihre resolute Art des Ein greifens, Herr Baron, herzlich gelacht und wie derholt ihre Befriedigung ausgesprochen: solche Männer fehlen uns — hm, wie wäre cs mit einem Mandat für den Landtag?" Wie ein elektrischer Schlag zuckte cs durch die Trinkstube, am anderen Tisch fuhr der Landrat empört in die Höhe und wurde von dem Oberst nur mit Mühe zurückgehaltcn. Um die Lippen des Kapitäns spielte ein selt sames Lächeln, als er sich nun ablehnend ver beugte. „Ich bin nicht bescheiden genug, um Exzel- lenz zu entgegnen, daß Sie meine Gaben über schätzt hätten," äußerte er unbefangen, doch laut genug, daß sich die Zuhörer am Nebentisch über diese Unverfrorenheit entsetzten, „aber", fuhr er verächtlich fort, „ich bin erst zu kurze Zeit iu dieser Gegend, um allseitiges Vertrauen zu ge nießen, und deshalb —" „Halt," unterbrach ihn die Exzellenz und sah dem Landrat steif ins Gesicht, „öffentliches Vertrauen läßt sich künstlich untergraben, und läßt sich auch wieder erhöhen — das überlassen Sie uns." „Nun denn," gestand Holstein rückhaltlos, „meine Ansichten —" „In Ehren," erwiderte der kahlköpfige Re- gierungsmann und rauchte in kurzen Zügen. „Sprechen Sie, wie Sie zu den Fischern ge sprochen haben; uns liegt daran, die Ansicht des Volkes von einem Gentleman zu hören. Nun, Baron, wie steht's?" Holstein lehnte sich in seinen Stuhl zurück, und während aller Blicke au ihm hingen, legte sich etwas wie mächtig arbeitender Triumph über seine feinen Züge. (Fortsetzung in der MopgenausgaLe.)
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)