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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 17.01.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-01-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140117016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914011701
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914011701
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-01
- Tag 1914-01-17
-
Monat
1914-01
-
Jahr
1914
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Morgen »Musgabe für Lelpxla und voeort» »urch ««f«e LrLaer veAUASpreije: ««» «peitteure »mal »ä,u» u>» tzo». gedraLtr monatlich l.rz m., vierteljährlich r.75 m. Sei Ser chejchäft»st«u«. unser» ZlUole» uaü Nu»gabeN«U»a adgehott: moaatUch IM-, vierteljShrUch Z M. vurch Sie Post: iourrhald vrntschlanü» oa» »er »»»Ischen «oloolea monatlich i^o w„ vierteltährUch 4.»» M.. »»»schlleKllch postdestell-elü. va» Leipziger rogedlott erscheint Werktag» Lmal.Sona-u.Z«t«rtag»1mal. 2» Leipzig, »e« Nachbarorte» »ab Srn Drten mit »iaenrn Zitialen wirb »ie stdenüouogadr »och am fldenü »«» «rschei»»»» iu» ha»» geliefert. Serltner Neüaktio»: I» üen zelte» 17. Zerospr»ch»st»schl»S: Moabit Ur. 447. Nr. 2S. HandelsFeituns ZrrrtsblLtd des Rates und des pollzeuuntes der Stadt Leipzig «ebaktio» unü S»fch«ft»st,lle: )oha«ai»gafs, Ur.«. * Zrrnsprech.stnschluS Nr.i«b«. 14b« »ab 14»44. ISS. Jahrgang , für Inserat« an» Leipzig an- Umgebung bi« /inAeiaenpreije. ispom,,p««lt,eil»r, pf.. »>» n»n»m»„u», m.. von »»»wärt» Z» Pf., «»Name» I.rsM., Zamillra- ».kl»!»« stnzeigrn 41» petitzeil« »irrt» Pf.. Inserat« »oaSehörbe» im amtlichenLeil Sie prtitzell« sa pf. S«schütt»an,eigen mit platzvorschritt <m Preis» erbök». Nadatt noch Larif. Seilagegedühr: Sesamtoufl.SM ba» Lausen» au»schl- Postgebühr- finz«ig«»»fln»abm». ^ohannl»gast»l, bei sämtlichen kilialen »«» Leipziger Logeblatt«» uno alle» stnnoncen.Liepeüitiouea de» Jo» »n» -tuslL»»«». Seschüftastell« für Serlio ». Sie pr. Sran-endurg: vlrektion Walter Zliegrl. »erllo w. >». Margarethenstra-e «. Zernsprech-flnschlukr Lützow »471. Sannadrnü, -en 17. Hsnusr. lSl< Das wichtigste. * Don einem durchgehenden Gespann wurden gestern in Leipzig in der Berliner Straße ein Mann tödlich, zwei andere schwer verletzt. (S. Leipz. Angel.s « * Der Herzog von Braunschweig ist zum offiziellen Besuche des Kaiserpaares in Berlin eingetroffen. Bei der Ealatafel tauschten der Kaiser und Herzog Ernst August herzlich gehaltene Trinksprüche aus. (S. Pol. Hebers, und Letzte Dep.) * Die Gerüchte über einen bevorstehenden Wechsel in hohen Reichsämtern werden halbamtlich als unbegründet hingestellt. (S. bes. Art.) * Im Reichstag wurde der Antrag auf Der» längerung der Frist zur Abgabe der Der« mögenserklärunng für drn Wehrbeitrag einstimmig angenommen. (S. Bericht.) * Der Re ich stag beendete am Freitag die erste Lesung der Vorlage über die Sonntags» ruhe im Handelsgewerbe und verwies den Entwurf an eine besondere Kommission. (S. Bericht.) * Das englische Unterseeboot 7" ist am Freitag bei Plymouth gesunken. (§. bes. Artikel.) * In der Nähe von Barbe ck stieß am Freitag ein Straßenbahnwagen mit dem Köln- Berliner Schnellzug zusammen. Hierbei wurden drei Personenn getötet und fünf schwer ver» letzt. lS. Nachr. v. Tage.) Vas Märchen vom Parteiprogramm. Von Justizrat Dr. Iunck, M. d. R. An der Spitze des jüngst erschienenen Sam melwerkes bespricht Fürst Bülow die „Deutsche Politik". Zuerst die auswärtige, dann die innere. Die beiden Teile sind nicht von gleichem Werte. Der auswärtige Teil zeigt den Meister seiner Kunst. Angesichts der inneren Politik scheint das Auge etwas getrübt gewesen zu sein. Be sonders dort, wo die Parteien des Reichstages „vorgenommen" werden. Man denkt dabei un willkürlich an ein berühmtes Muster. Allein bei den meisten Bezugnahmen auf die Aera Bis marcks fehlt die Hauptsache, nämlich Bismarck selbst: so ungefähr die eigenen Worte Bülows. Drum ist es etwas anderes, wenn Bismarck non der Zerklüftung der Nation durch das Partei wesen spricht: er hat die Parteien besiegt und gemeistert, während sein dritter Nachfolger einer Parteitaktik — die hier gewiß nicht verteidigt werden soll — zum Opfer fiel. Hauptsächlich klagt Fürst Bülow über die „Parteiprogramme". Ihnen ist ein besonderer Abschnitt gewidmet. Es wird von „partei programmatischer Verbissenheit" gesprochen und der schwere Vorwurf erhoben: die Programme würden nicht der Wirklichkeit angepaßt, son dern die Wirklichkeit solle sich nach den Pro grammen richten. Dieser Vorwurf ist nicht ge recht. Was stellt man sich eigentlich unter so einem Parteiprogramm vor? Offenbar ein ganz be stimmtes, greifbares Ting. Bülow spricht von den „Regeln eines zu irgendeinem Zeitpunkte sestgelegten Programms", von dem „Prokrustes- Bett eines Programms", von „Sätzen eines Programms" usw. Also doch wohl etwas Ge- ichriebenes, das die Pedanten da unten in der Volksvertretung bindet? Eine Urkunde, sozu sagen das vornehmste Jnvcntarstück der Frak tionszimmer, an deren Wände zu immerwähren der Nachachtung geheftet, der Arbeitsordnung mi Fabrtksaale vergleichbar! Wie sind derartige Vorstellungen möglich? Aus sechsjähriger Zu gehörigkeit zu einer Partei des Reichstages er innere ich mich nicht, daß mir jemals ein der artiger Parteikodex vorgelegt worden wäre, ge schweige denn, daß er jemals den Ausschlag ge geben hätte. Natürlich ist auch ein ungeschriebenes Pro gramm denkbar. Um Worte soll nicht gestritten werden. Wie es neben dem Texte unserer Gesetze ungeschriebenes Recht gibt. Auch solche Partei satzung könnte schließUch, von Jahr zu Jahr, non Mund zu Mund weitergegeben, eine ähn lich unheilvolle Gewalt ausuben, wie das ge schriebene Parteiprogramm. Auch das trifft nicht zu. Ich kann mich nicht entsinnen, daß bei irgendeiner Entschließung ein ungeschriebener Programmsatz die Entscheidung gegeben hätte, oder daß man ihm zuliebe von dem abgegangen wäre, was sich aus der Natur der Sache oder der politischen Lage ergab. Man mag die Ein flüsse, die auf die Parlamentarier emstürmen, oder denen sie vielleicht unbewußt nachgeben, nennen wie man will: Programmsätze sind es nicht. vir prrußisihea Debatten und -ie Kriseagerichte. o Berlin, IS. Januar. Der seltsamsten Parlamentseröffnung bei Beginn einer neuen Legislaturperiode ist im Lande Preußen die seltsamste Etatsberatung gefolgt. In diesem Dreiklassenhause, in dem man so stolz ist auf die schlichte Sachlichkeit seiner Verhandlungen, ist vom Etat überhaupt nicht di« Rede gewesen. Nicht einmal Damit soll nicht ausgesprochen sein, daß es nicht Parteigrundsätze gäbe. Grundsatzlose Menschen taugen nichts. Gewisse Grundanscyau- ungen bestimmen schließlich die Eigenart der Parteien. Daß es übertrieben ist, von einer liberalen und einer konservativen „Weltanschau ung" zu sprechen, damit hat Fürst Bülow zwei- fellos recht. Wenn gesagt wird: jener lebt in einer anderen Welt, so rst dies eben ein Bud, ein Gleichnis. Gemeint ist fast immer die Staats auffassung. Sie ist es, die verschieden ist, je nach der Stellung, die der einzelne zu den großen Grundfragen .unseres staatlichen Lebens ein nimmt: Monarchie, Regierung, Volksvertretung, Staat und Kirche, Reich und Bundesstaaten, Sozialpolitik usw. Es ist nun wiederum selbst verständlich, daß die einer Partei eigentüm lichen, ihr Wesen bestimmenden Grundfragen bei besonderen Gelegenheiten, z. B- ber Wahlen oder sonstigen politisch wich.igen Ereignissen, zu- sammengesiellt werden, als Erklärungen, Ausrufe usw. Hier erscheint natürlich auch das Wort „Programm". Aber doch nur — von dem. hi storischen Werte abgesehen — im Sinne einer Aufforderung zum Anschlüsse an die Partei und eben nicht — nur darum handelt es sich hier — als ein Satzungsformular, dem sich der Bei tretende unterwürfe, das den bisher freien Mann zum abhängigen machte und ihm vorschriebe, wie er nunmehr in Sachen seines Vaterlandes zu denken habe. Es gehört viel Menschen verachtung dazu, um so etwas zu glauben. Daß es in einem Parlamente überhaupt zur Scheidung in Parteien kommt, ist im menschlichen Wesen begründet. Der Volksoerirelung werden so viel Entschlüsse zugemutet, daß der einzelne gar nicht anders kann, als sich mit Gleich gesinnten zusammenschließen. Wie von selbst er gibt sich eine Arbeitsteilung unter den Partei freunden. Gegenseitiges, durch gute Erfahrungen gestärktes Vertrauen, ein Gemeinschaftsg.fuhl, das man getrost Korpsgeist nennen möge, Dank barkeit gegenüber dem Führer oder sonstigem Parteifreunde, der in schwieriger Lage den rech ten Gedanken, das rechte Wort fand,- kommen hsnzu: rein menschliche Empfindungen, auf denen letzten Endes daZ Geheimnis jeder Koakitivn.be- ruht.' Keinesfalls braucht man, um dies? Er scheinungen zu verstehen, das Märchen vom Parteiprogramm. . Natürlich kann die Abhängigkeit des ein- zelnen von der Gemeinschaft zu groß werden. Mangel an wahrer Selbständigkeit findet man intra wuros ot extra. Auch außerhalb der Parla mente. Ebenso sei zugegeben, daß die Verschie denheit der Grundsätze oft überschätzt und zu wichtig genommen wird . . . Der Glaube, dem hier entgegengetreten werden soll, ist der, daß bei der sogenannten Partei politik vor allem das Parteiprogramm eine un heimliche Rolle spiele. Dieser Glaube ist frei lich weitverbreitet. Er wird von grundsätzlichen Gegnern der Parlamente geradezu gehegt und gepflegt. Biele meinen auch, es sei besonders geistreich, aus der Höhe der Individualität auf die Sklaven des Parteiprogramms herabzu blicken. Eine verständnisvollere und für die Beteiligten weniger schmerzliche Ausfassung von dem Leben und der Arbeit in den Parlamenten, insbesondere im Deutschen Reichstage, ist mög lich und — im Interesse der Zukunft unserer Na tion — auch wünschenswert, einerlei, wie man sonst über die Bedeutung der Vollsveriretung für das Staatsleben denken mag. Uebrigens sagt auch Bismarck in den „Ge danken und Erinnerungen", II, S. 21, daß die Parteien sich weniger durch „Parteiprogramme und Prinzipien" scheiden, als „durch die Per sonen, die als Condottieri an der Spitze einer jeden stehen". Tie Condottieren waren Söldner führer. Bismarck wollte weder die Abgeordneten als Söldner kennzeichnen, noch auch, was die Parteiführer anlangt, etwa darauf anspielen, daß jene an sich prachtvollen Kerle, die Con- dottieren nämlich, dem dienten, der am besten zahlte. Offenbar sand er den Bergkeichnngs- punkt darin: wie von den Condottieren der Krieg, so werde von gewissen Parlamentariern dec po litische Kampf als Handwerk, ja als Kunst, be trieben, wozu sie eine möglichst große Gefolg schaft von Abgeordneten „anzuwerben" suchten. Ein hartes Urteil. Für die Gegenwart und die jetzigen Parteiführer paßt , es wohl nicht mehr. Immerhin ist bemerkenswert: nicht in den „Programmen und Prinzipien" er blickte Bismarck das Uebel des Parteiwescns, sondern in den Führern. Sicher lag auch den Condottieren, diesen Söhnen einer großen ge waltsamen Zeit, nichts ferner als ein „Pro gramm". Auf Bismarck könnte sich also Fürst Bülow kaum berufen. von preußischen Dingen. Oder nur in den Formen der in den letzten Wochen besonders in Schwang ge kommenen Ueberhebung. Man hat das Reich und seine Institutionen getadelt und versichert: nur am preußischen Wesen könnte die deutsche Welt genesen. Dabei war, was man in diesen Tagen von besagtem preußischen We'en sah, nicht eigentlich so erhebend. Wir denken nicht an den lehr interessanten Kölner Polizeiprozeß — der ist zwischen den Kanzlerkämpsen und Zabern leider vielfach unter den Tisch gefallen —. der aus einer dem Herrn Minister des Innern unter stellten Verwaltung beklemmende peinliche Bilder entrollte. Aber dieser Minister selber! Er und seine sämtlichen Herren Kollegen. Ein paar technische Aus künfte waren das einzige, was sich ihren Lippen ent rang. Gestern, während der Angriffe des Herrn von Heydebrand auf den Kanzler, präsentierten sie sich in einer wahrhaft rührenden Hilflosigkeit. Da war auch nicht einer, der das Bedürfnis empfunden und die Fähigkeit besessen hätte, als Sekundant einzuspringen und die Hiebe abzufangen. Bedrückt und niedergeschla gen starrten sie vor sich nieder, oder schauten rückwärts nach der Gardine, ob denn nicht endlich der Retter aus der Not ihnen aus Potsdam wiederkehren möchte. Wir sind so frei, zu behaupten: anderswo, mit den Herren Theobald Ziegelei und Rocthe zu reden, den „verrohten Kleinstaat" Elsaß-Lothringen nicht aus genommen. würde man Herren, die in solcher Situa tion nicht auch einmal auf eigene Hand vorzugehcn wissen, bestenfalls Ressortcheks nennen. Aber Staats minister? Glieder eines Ministeriums, von dem wir immer gehört haben, daß es sich auf dem Kollegial system aufbauc und der Präsident in ihm nur den primus inter pares darstelle? Mit Verlaub, da stimmt etwas nicht. Diese Herren haben keine Selbständigkeit vor dem Kanzler und Ministerpräsidenten (Herr v. Rheinbaben war der letzte, der sie hatte, und wurde darum auch aus, geschifft); sie haben sie auch nicht vor dem Landtage. Preußische Beamte, so hat uns neulich Herr Röchling belehrt, pflegten di« Dinge ausschließlich sachlich, nicht seruimental zu behandeln. Diese Spitzea dec preußi schen Beamtenschaft gediehen in solcher Sachlichkeit gax so weit, daß sie die letzte Etatdcbatte, scheint's, ül? «ine Privatangelegenheit zwischen den hoch- mögendeu Herren Konservativen und dem deutschen Reichskanzler, betrachteten, in dem sie daneben noch ihren Chef verehren. .An sich war die Auffassung ja nicht so falsch. Daß es so war, daß in diesen Tagen die Konservativen den Versuch unternahmen, ihren nicht erst seit heute oder gestern, auch nicht erst seit den Steuergesetzen des letzten Sommers datierenden Streit mit Herrn v. Bethmann vor dem ihnen ge nehmeren Forum der Preußenkammer auszutragen, lenkte — man kann es ruhig schon so ausdrücken — in dieser letzten Woche ja auch Alldeutschlands Blicke auf Preußen und sein Parlament. Aber selbst inder Beziehung hat die Aussprache keine eigentliche Klä- rung gebracht. Kanzler und Konservative haben ein ander die Wahrheit gesagt, und dann hat Herr von Bethmann sie beschworen, einen Strich zu machen unter die Fehde und ihm zu vertrauen. Darauf sind sie im Parlament die Antwort schuldig geblieben. Ihre Presse aber erklärt heute kühl und völlig un gerührt: Vertrauen und Unterstützung wür den sie dem Kanzler nur dann gewähren, wenn er eine gute — versteht sich: in ihrem Sinne gute — Politik mache. Ward seine Stellung darum erschüttert? Steht der Valentini ihm schon vor der Tür? Gute Kenner der Verhältnisse bezweifeln das. Sie verweisen, worauf auch wir schon neulich hier anspielten, auf die wachsende Abneigung des Kaisers gegen neue, ihm unbekannte Männer, und sie deuten an, daß auch schon wegen des Verhältnisses zwischen Vater und Sohn ein Aemterwechsel vermieden würde, der zu nächst doch wie ein Erfolg der Kronprinzenrichtung wirken müßte, zum mindesten unweigerlich so aus gelegt werden würde. Auch in der weichen Schwer mut, mit der gestern der Kanzler sprach, sehen diese Kreise noch kein Anzeichen eines bevorstehenden Ab schiedes. Das sei so Herrn v. Bethmanns Art. Er sei ein Stimmungsmensch und hätte wohl noch unter der Nachwirkung der Potsdamer Unterredung ge standen, in der es ihm vermutlich nicht ganz leicht geworden sei, den Erfolg zu erstreiten. Denn so ge nügsam würden wir nachgerade, daß man schon in der Ankündigung, die preußische Kabinettsorder von 1820 zu revidieren und unter Umständen zu be seitigen, einen Erfolg sieht. , Aber über diese Dinge wird man in den nächsten Tagen sich ausgiebiger am Königsplatz unterhalten. Die wunderlich« Phase, wo man vom Preußenhause aus die Reichspolitik zu bestimmen unternahm, lst einstweilen vorüber. Nun hat der Reichstag wieder das Wort . . . D Berlin, 16. Januar. (Drahtmeld.) Berliner Blätter beschäftigen sich heute abend mit den Krisen gerächten, auf di« wir im vorstehen den Artikel hingewiesen haben. Die „Boss. Ztg", die vor kurzem in einen anderen Verlag übergegangen ist, läßt den Kanzler in Fettdruck bereits seine Ent lassung geaeben haben und erklärt Henn von Tir« pitz zu seinem Nachfolger, indes Herr von Jagow im Auswärtigen Amt durch Herrn Solf ersetzt werde. , Daran mag etwas Wahres sein. Auch uns wird bestätigt, daß Herr von Bethmann mit der Amtsfüh rung des H«rrn von Jagow, der sich in dieser Stelle, nebenbei bemerkt, nie recht wohl gefühlt Haden soll, nicht ganz zufrieden sei, daß er vor allem in ihr die richtige Unterstützung seiner Englandpolitik ver mißt« und sich von Herrn Dr. Solf in diesen Stücken wirksamere Hilfe versehe. Bei der Nachricht über die Kanzlerkrise aber handelt es sich wohl um die Aufwärmung von Gerüchten, die heute nachmittag die in diesem Belang bekanntlich sehr aufnahmefähi gen Wandelgänge des Reichstags durchschwirrten. Wir haben schon oben dargetan, aus welchen inneren Gründen sie uns im Moment unglaubwürdig erschei nen. Zum Ueberfluß wird uns an amtlicher Stelle bestätigt, daß es sich dabei im gan,zen und im einzel nen um Enten handelt. Den hier erwähnten Gerüchten wird durch fol gende Meldung des offiziösen Wolffschen Bureaus entgegengetreten: Berlin, 16. Januar. (W. T.-B.) Die heut« abend von mehreren Blättern verbreiteten Gerüchte von einem bevorstehenden Wechsel auf dem Reichskanzlerposten, im Auswärtigen Amt und im Reichskolonialamt sowie über eine angebliche Erkrankung des Reichskanzlers werden uns an zuständiger Stelle als müßige Erfindungen bezeichnet. vr. Hamm über Jabern. In der „Deutschen Juristenzeitung" nimmt der Oberlandesgerichtspräsident a. D. Wirk!. Geh. Rat Dr. Hamm vom juristischen Standpunkt aus zu den Vorgängen in Zabern das Wort. Er weicht in seinen Darlegungen von denen des Professors Anschütz, der im gleichen Blatte scharf gegen das Militär Stellung genommen hatte, erheblich ab. Ueber das selbst tätige Eingreifen des Militärs sagt er: „Die Frage, ob das Militär, ohne von den Polizeibehörden requiriert zu sein, zu diesen Schrit ten gesetzlich befugt war, dürfte bezüglich der Auf- fcrderung der Menge, die Straßen zu räumen und der gewaltsamen Durchsetzung der Räumung zu bejahen sein. Aber auch das nur insoweit, als es sich um ein Einschreiten der militärischen Wachen und der zu per.en Unterstützung kommandierten Personen handelt. Organisationsgemäß sind -die militärischen Wachen und Posten vor allem auch zur Stillung von Tumulten. Zerstreuung von Aufläufen. Verhinderung eines die öffentliche Sicherheit störenden Unfugs be rufen und verpflichtet. Es liegt auf der Hand, daß. wenn dergleichen vor ihren Augen ohne Zugegensein der Polizei geschieht, meist ein sofortiges Einschreiten erforderlich ist und nicht erst eine Requisition der Polizei abgewartet werden kann. Schreiten die mili tärischen Wachen in solchen Fällen, ohne von den Polizeibehörden requiriert zu sein, ein und ver» treiben das Publikum von den Straßen und Plätzen, so ist das nicht, wie Anschütz meint, ein gesetzwidriges Einmischen der Wachen in Dinge, die sie nichts an. gingen, sondern die Erfüllung einer den Wachen übertragenen Aufgabe und Pflicht. Eine vorläufige Festnahme steht dem Militär — nicht bläß, d.'n militärischen Wachen — wie „jedermann" auf Grund des 8 127 Abs. 1 StPO, gegenüber Perjonen, die bei Ausübung einer straf baren Handlung auf frischer Tat betroffen oder ver folgt werden, zum Zwecke der Strafverfolgung zu, wenn sie der Flucht verdächtig sind oder ihre Per sönlichkeit nicht sofort festgestellt werten tonnte. Hiernach war das Militär befugt, in Zabern die jenigen Personen, die auf den Straßen Beschimpfun gen ausstießcn oder Unfug verübten, vorläufig bis zur Feststellung ihrer Persönlichkeit festzunehmen. Dagegen durfte das Militär Personen, gegen die nichts vvrlag, als daß sie der Aufforderung des Militärs zum Verlassen der Straßen nicht Folge leisteten, nur mit Gewalt forttreiben, nicht aber festnehmcn. Das Nichtbefolgen einer solchen Aufforderung ist nur dann eine aus 8 116 StGB, als Auflauf straf bare Handlung, wenn ein zuständiger Beamter oder zuständiger Befehlshaber der bewaffneten Macht die auf öffentlichen Straßen oder Plätzen ver- sammelte Menschenmenge dreimal dazu aufgefordert hat. Und zuständig ist der Befehlshaber der be waffneten Macht, außer wenn der Belagerungs zustand erklärt ist, nur aus Requisition der Polizei behörde." In dem Fe st halten der festgenomme» nen Personen sieht Ex z. Hamm dann eine schwere Ueberschreitung der gesetz lichen Befugnisse: „Weiterhin aber hat dann m. E. der oberste Mili- tärbefehlshaber seine Befugnisse dadurch über- schritten, daß er die vorläufig feftgenommenen Personen bis zum anderen Tage festhielt. Dies gilt vor allem bezüglich der Personen, die vom Militär zu Unrecht nur deshalb festgenommen worden waren, weil sie der Aufforderung zur Räumung des Platzes nicht Folge leisteten. Ebenso aber auch bezüglich der Personen, die beim Ausrufen von Beleidigungen gegen Militärpersonen auf frischer Tat betroffen oder verfolgt und zur Feststellung ihrer Persönlichkeit mit Recht festgenommen worden waren. Gemäß A 128 StrPO. sind solche Personen von denjenigen, die sie vorläufig festgenommen haben, unverzüglich, sofern sie nicht wieder in Freiheit gesetzt werden, dem Amts richter des Bezirks vorzuführen, in dem die Festnahme erfolgt ist. Diese gesetzliche Vorschrift ist durch vor- erwähnte Kgl. Order vom 20. Januar 1881 den mili- tärischen Wachen besonders eingeschärft worden. In ß 12 dieser Kgl. Order heißt es: „Alle festgenommenen Personen werden nach dem nächsten Wachtgebäud« gebracht und dem Gou verneur bzw. dem Kommandanten oder dem besten Funktion versehenden Offizier gemeldet, der, inso fern die Festgenommenen vom Militär find, weiter über sie disponiert. Sind di« festgenommenen Per.
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