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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 23.02.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-02-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140223019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914022301
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914022301
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-02
- Tag 1914-02-23
-
Monat
1914-02
-
Jahr
1914
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zustehen, d. h. für Streikunterstützung, sind — soweit sie überhaupt beansprucht werden können — verschieden« Grundsätze maßgebend. Genau geregelt ist das in diesen Fälle-n Platz greifende Verfahren nur bei der kleineren Zahl der Organisationen. Soweit ' da» der Fall ist, finden sich Bestimmungen, die die Inanspruchnahme der internationalen Solidarität tunlichst cinschränicn. Bei der Aufbringung finanzieller Unterstützung wird ebentalls verschieden verfahren. Besondere Kassen für diesen 'Zweck finden sich nur bei den internationalen Organi- siattonen, an denen die freien Gewerkschaften der iTextilarbciter. der Steinsetzer und der Kürschner so wie die christliche Gewerkschaft der Textilarbeiter bc- .teiligt sind. Sonst werden die Geldünterstiitzungvn )fast ausnahmslos durch freiwillige Sammlungen auf gebracht. Tin« sofortig« Berichterstattung über den 'Ausdruck) eines Kampfes und alle damit zusammen hängenden Tatumständc wird in den internationalen Vereinbarungen, die überhaupt eine Strcithilfe vor sehen, fast immer gefordert. Neben diesen materiellen Zielen der internatio nalen Begehungen der Arbeite «verbände kommt «in ideeller Zweck insofern in Frage, als fast von allen internationalen Organisationen, die eine Zentralstelle in Gestalt eines Sekretariats besitzen, eine regel mässige Berichterstattung über alle die Arbeitsfrage berühren den Angelegenheiten gefordert wird. Eine typisch: Form der internationalen Organi sation der Arbeiter fest zu umgrenzen, erscheint hier nach angesichts der große» Verschiedenheit in der Ans- bilduug der internationalen Beziehungen nicht mög lich Man kann sagen, das; gegenwärtig nur einig« der grössten der freien Gewerkschaften zu einer feiner ausgebildeten Verbindung mit dem Auslande gelangt find. Bei den Angestelltenverbänden sowie den Ar beitgeberverbänden reicht das bisher vorliegende Material für eine entsprechende Srhluhbetrachtung nicht aus. Deutscher Reich. * Die Generalversammlung des Bundes der Land wirte im Königreich Sachsen findet am Freitag, den 13. März, nachmittags 1 Uhr im Zirkus Earrasani zu Dresden statt. Die Hauplansprachcn haben über nommen die Herren Aus dem Winkel, Logan, und Chefredakteur Dr. Oertel, Berlin. * * Zu der Frage der Anstellung verabschiedet«« Offiziere in Industrie und Handel hat der Ausschuß des Deutschen Handelstages mit folgender Erklärung Stellung genommen: „Der Ausschuß erkennt an daß cs volkswirtschaftlich wünschenswert ist, verab, ichredeten Offizieren Gelegenheit zu geben, ihre brach liegenden Kräfte im nationalen Erwerbsleben zu betätigen Da jedoch für Handel und Industrie bereits ein ausreichendes Angebot von fachmän nischen Arbeitskräften vorhanden ist. das natur gemäß in erster Linie berücksichtigt werden muß, könne» die Aussichten für die verabschiedeten Offi ziere nur sehr gering sein, zumal heute mehr als je Fachbildung für den kaufmännischen Beruf unbedingt erforderlich ist. Der Ausschuß muß cs daher den Mitgliedern des Deut, scheu Handelstages überlassen, ob und inwieweit sie ihre Bestrksangehörigen auf die von den Kriegs- ininislenen und dem Reichsmarineamt eingerichteten Vermittlungsstellen Hinweisen und deren Benutzung empfehlen wollen." § Ein IS. Petitionsverzeichnis ist im Reichs tage ansaegebcn worden. Aus Urchluhcn Zrci- leu wird angeregt die reichsgesetzUchc Einfüh rung eines Svarzwauges für-jugendliche Arbeiter und Verwendung der Beträge für Zwecke der Wohnungsreiorm. Die TerrcsinaeselUcksäst cktii ' Tcltowtanal bittet, im Luftvcrtctzrsgesetz unter allen Unistäntu'n eine Ersatzpilicht für Sach- und .stbrperbeschiidiguug durch Flieger festzu setzen. Zum Eiitw'.ni über die Viederaufnalnue eines Disziplinarverfahrens wird borgeschlagen, auch den nicht etatmäßigen Beamten in selb ständiger Amtsläligtei! die Möglichkeit einer Wiederaufnahme des Disziplinarverfahrens zu srchcrn. Der Verband Deutscher Post- nnd Tcle- graphevarbeiter bittet um Aufbesferung der "Ar- bciterlöhnc, Bezahlung der Woeheufeiertage, Er richtung einer Pcnsionskasse, Ausbau der Ar- beitcrausschüssc nnd Einführung einer Familien versicherung bei den Post-Betriebskrankenkasscn. Aus Poslkreiseu der Ostmark wird der Vorschlag gemacht, die Reich.beamten der Ostmark für den Fortfall der Ostmarkeuzulage dauernd nnd in voller Höbe anderweitig zu entschädigen. * Ein polnischer Gärtnerverein in Erfurt. Mit 1b Mitgliedern wurde in Erfurt ein Verein polnischer Gärtner gebildet. Es ist das der erste polnriche Verein in Erfurt. Deshalb, so bemerkt der „Kuner Poznanskt". werde sich der Verein außer mit beruf lichen auch mit A u f k l ä r u n g s angelegenheiten befassen. Es empfehle sich, daß auch die anderen Polen, die sich in Erfurt aufhalten, an den Ver sammlungen teilnehmen oder sogar als Mitglieder beitreten, ohne daß sie natürlich die reine Facharbeit stören dürfen. Der Hinweis auf die „Aufklärungs arbeit" des neuen Vereins ist eine Offenherzigkeit, die doch wohl schlagend beweist, daß den polnischen Fachvcrcinen die sachliche Aufklärung und Weiter bildung ihrer Mitglieder allenfalls an zweiter Stelle steht. Sie wollen in erster Linie nationale Vereine sein. Ausland. Oesterreich. * Vorbereitungen in Triest. Aus Triest wird gemeldet: Die bevorstehende Ankunft dev Prinzen zu Wied bildet hier das all gemeine Tagesgespräch. Bis zur Stunde wissen auch die offiziellen Stellen noch nicht, an wel chem Tage der Prinz hier eintrcffcn wird. Die Schiffe der österreichisch ungarischen Eskader blei ben noch vier Tage im Hafen. Der italienische Kreuzer „Quarto", dessen Eintreffen bereits an gekündigt und für den der Ankerplatz bereits bestimmt tvar, hat seine Abreise verschoben und toird erst einige Stunden vor der Ankunft des Prinzen hier ankommen. Infolge der Verzöge rung der Ankunft des Prinzen mußten für den Empfang durch die Kriegsschiffe neue Ver fügungen getroffen werden. Der Prinz wird von den Kriegsschiffen mit den Ehren bezeigungen, die einem Monarchen ge bühren, empfangen werden. Er wird sich gleich nach seiner Ankunft cinschisfcn. Die internationale Flotte wird ihn mit Salutschüssen, Flaggengala nnd dreimaligem Hissen der roten albanesischcn Flagge mit dem schwarzen Adler begrüßen. Hier glaubt man nicht, daß der Fürst die Deputation der epirotischen und der in Rumänien lebenden Albanesen empfangen wird, weil der Empfang einen albanisch-irrcdentistischen Charakter an nehmen könnte, und der Prinz wie die Groß mächte jede Kundgebung vermeiden wollen, die in den feierlichen Einzug einen Mißton bringen könnte. Zrankrelch. * Bergarbeiterstrrik in Frankreich. Aus Paris wird gemeldet: Die Bergarbeiter in den Ge bieten von Alais, GarD, Aubin, Aoeyron und die an drr Loire haben, da die Abstimmung im Senat über die Altersversicherung ihren Forderungen nicht ganz entspricht, beschlossen, am Montag in den General ausstand zu treten. Türkei. * Dachemal Bei dementiert. Aus Konstan ¬ tinopel besagt eine Meldung des Wiener k. k. Tel. Corr. Bureau? Da» Preßbureau veröffentlicht ein« offiziöse Note, wonach der Minister der öffent lichen Arbeiten Dachemal Bei überrascht ist von de« drnäd »in blichen Kommentaren gewisser auswärtiger Blätter über angebliche Erklärungen, die er der „Aaence Havas" gegen über gemacht haben soll. Der Minister hat in den letzten Tagen kein Interview gewährt, weder einem Vertreter der „Agence Havas" noch anderen Vertretern der auswärtigen Preße. Indien. * T»r Unruhen iu Indien. Lus Kalkutta w,rd ge neidet: Die fortwährenden Ueberfälle im Punjab und im Nordweston des Landes zeige« die groß: Unsicherheit in der dortigen Gegend. Die Urheber der Ueberfälle sind anscheinend nicht Berg bewohner, sondern innerhalb der Provinzen woh nende P.ittancn, deren Kühnheit grenzenlos ist. Nur die schärsstcu Maßregeln und Bestrafungen der Schul digen lönmn die Ruhe wieder Herstellen. Es be stehen Gerüchie, daß größere Truppenner- lcgi> iigen nach dem Punjab beabsichtigt sind. Mexiko. * Verhaftung eines mexUauischen v«r-»«rk». direktors. Einer Meldung aus Mexiko zufolge ist der Direktor der Lapag-Mine in San Lui» Potösi, Bar tholome o Lott, von den Bundestrmppen unter der Beschuldigung verhaftet worden, den Rebellen Dynamit zu liefern. Lott führt zu seiner Vertei digung an, er habe gefürchtet, daß seine Leute er schossen werden würden, wenn er sich weigerte, das in der Mine verwendete Dynamit herauszugeben. Lott ist gegen Bittgichnft freigelassen worden. Union. * Der Senat der Vereinigt«» Staaten hat, wie aus Washington gemeldet wird, di« Schieds- aerichtsoerträge mit Großbritannien, Japan, Italren, Spanien, Norwegen, Schweden, Portugal und der Schweh ratifiziert. Koloniales. * Förderung der Banmwottkultur in Togo. Unter dem 9. Januar hat der Gouverneur eine Ver ordnung erlasse» über den Handel mit und die Auf bereitung der Baumwolle. Danckch darf Baumwoll saat an Farbige nur von der zuständigen Ver waltung, Behörden oder von den Bezirkslandwirten abgegeben werden. Aufkäufer werden zum Baum wollaufkauf nur mit einem Erlaubnisschein zu gelassen. der von der Bezirksleitung für die Dauer eines Jahres kostenlos ausgestellt wird. Die zu Aussaa zwecken bestimmte Baumwollsaat ist in Säcken mit Herkunftsdezeichnung trocken zu lagern: Unbefugte dürfen keinen Zutritt zu den Lagerräumen erhalten. * 2n SO Tage« nach Togo, Kamerun und zurück. Die Passageabteilung der Woermann - Linie A.-E. und die Deutsch« Ostasrikalinie Haden ein kleines, mit hübschen Bildern illustriertes Heft zusammen- gestellt, das Rat und Auskunft erteilt für jeden, der unsere nächstgelegenen westafrikanijchen Schutzgebiete auffuchen will. Freilich ist bei dieser kurzen Frist die Hauptsache die Seefahrt, deren gesund- hettlrche Wirkung ja allenthalben mehr erkannt wird. Immerhin bietet sich Gelegenheit, in Togo und Kamerun einige Kenntnisse von den Küstenplätzen und schließlich auch von dem näheren Hinterland zu sammeln. Vie Hauptversammlung -es per- kehrsvereins Leipzig e. v. Im Hotel de Russie fand gestern vormittag die gutbesuchte Hauptversammlung des Ber- kehrS-Vererns Leipzig statt, die der Vorsitzende, Professor Dr. Roth, mit Bcgrü- stungslvorten an die Anwesenden eröffnete und besonders Kommerzienrat Becker als Vertre ter der Leipziger Handelskammer, sowie den Vorsitzenden Gontard und den Direktor Schumacher des Bundes der deutsrlnm Ver kehrsvereine willkommen hieß. Dieser dankte für die Worte der Begrüßung im Namen des Bun des und nnes dabei auf das gute Verhältnis zwifäjen Bund, Landesverband und Ortsverein hin. Dann wurde in die Tagesordnung ein getreten und der Geschäftsbericht des Vorstandes erteilt, den wir bereits in unserer Mittwoch- nvifimer auszugsweise Wiedergaben. Aus dem vom Scknrtzmerstcr Eisfelder erstatteten Kassenbericht ist hervprzuhebeu, daß die ser in Einnahme und Ansgstbe mit 37 996,05 Mark abschließt und das Vercinsvermögen 5653,36 Mark beträgt. Auf Antrag der Revi soren wurde unter Dankesworten dem Schatz meister Entlastung erteilt. Der Haus haltplan schließt mit N 871,43 Mark ab und ivurde genehmigt. Die ausscheideuden Vor standsmitglieder sowie die Kassenrcvisoren wur den einstimmig wiedergewählt. Anträge lagen nicht vor. Nach der Verlesung des Geschäftsberichts hatte der Direktor des Statistischen Amtes der Stadt Leipzig, Weigel, einen Vortrag über »Der Verkehr der Großstadt und die Statistik' gehalten, aus dem wir folgendes wicdergeben: Der Vortragende gab zunächst eine Defi nition des Wortes Verkehr, das fast jeder Mensch anders austegt. Er beschränke sich daher aus den Verkehr, soiveit er die räumliche F-ortbcwe- Vas neue VIüÄt. 15s Roman von Erik Lie. Autorisierte Uebersetzung von Mathilde Mann. (Nachdruck verboten.) „Ach, diese .große' Liebe," höhnte Veibvm. „Davon war zu unserer Zeit uicbt so viel Auf sehens gemacin. Das ist heutzutage eine sörm- lcche Krankbcil geworden — eine unselige Kraut- hcit, die rast, die viel Unheil emrirbtet und die Kinder ins Unglück stürzt." „Ja, daß eine" Ebe ohne Liebe unsittlich sein soll — Hai mau je einen solchen Blödsinn gehört!" ries Karsten aus, indem cr die Zi- garrenasche über das Geländer der Veranda knipste. „Dann untre, hol' mich der Kuckuck, jede zweite Ebe vier iin Lande unsittlicb, das will ich euch nur sagen." „Wie du redest, Karsten," sagte die Mutter. „Wie ei» Windbeutel, Jetten!" rief Vciboin empört aus. Es entstand ein langes, peinliches Schwei gen, das scbließlich von Augusta unterbrochen wurde: „Was sär eiu brüuetter Herr ist das eigent lich, Karsten, mit dem. Inger immer herum läuft'?" Die Frage kam ganz unschuldig und zufällig heraus. „Ja, das möchtest du wohl wissen," iächcUe parsteu. „Es ist übrigens ein Jugendfreund von ihr — Ingenieur Bech. Ein famoser Bursche " „Acb so," erwiderte Augusta befriedigt. Sie batte erfahren, was sie zu wissen wünschte. Der alle Vcibom Halle iu Gedanken ver sunken dageftandcn und zu Markussen hinüber gesehen, dessen gestickter Westcnrückcn zwischen den Bäumen hindurchschimmerte. Es berührte ihn so wunderlich, dies mit Gustav. „Wollen wir nicht einmal zu Ernestine sah- ren, Jetten?" schlug cr vor, indem er sich an seine „rau wandte. „Lie sitzt nun ganz alle,» da mit den Kindern —" „Nein, weiß Gott, das wollen wir nicht tun, Äeibom," erwiderte die alte Dame in sehr entschiedenem Lvn. „Ernestine muß uns zu erst von dem unterrichten, was geschehen ist:. Wir sind doch ihre Schwiegereltern, Äeibom. Das ist das Wenigste, was sie uns schuldet. Sic muß sehen, daß sic ihrcn Stolz ciu wenig bcngt —" „Sic hat einen starren Nacken," rief Karsten aus. „Trocken und durch und durch Verstandes mensch, ohne alles Temperament." „Wenn ich offen sein soll," begann Augusta, „so habe ich sie eigentlich nie ansstcycn kön nen. Aber ich glaube, das kommt daher, weil sic cs nicht ertragen kann, daß ich so tüchtig bin, tvie ich bin. Das habe ich von Anfang an gemerkt." „Sage nur ungeniert, was cs ist, Augustp," siel ihr Alfred in die Rede. „Sie ist neidisch ans dich, daö ist die Sache." Das Automobil, das während der ganzen Zeit draußen gestanden und geknurrt und ge wartet hatte, fauchte plötzlich wild auf und er innerte au die Rückfahrt. „Wir müssen ja wieder in die Stadt mit der Neuigkeit," sagte Alfred und näherte fick: der Tür. „Wenn wir weiter etwas erfahren, so wollen wir euch benachrichtigen." „Ich tann es wirklich gar nicht glauben, Vcibom," sagte die alte Dame, indem sie sich erhob. „Jcki hatte mir ja allerlei gedacht. Aber trotzdem —" Nach einer Weile sauste das Automobil mit Alfred, "Augusta nnd Karsten die Allee hinab, während die beiden Alten ans der Veranda stau den und ihm uachsahen. "Als cs hinter den Bäumen verschwand, zog Vcibom seine Fran warm an sich, während seine Augen seucht wurden. Er hatte eiu Bedürfnis, irgendetwas zu sagen, aber die Stimme ver sagte ihm. Nach einer Weile gingen sie beide Hand in Hand in das Gartenziimner. — — "An einer Ecke, auf der Umbiegung des Weges, stieg Karsten ans. Er grüßte mir dem Stork und ging die Straße hinab. Er war zu Mittag eiugeladeu und wollte so schnell wie möglub uack) Hause, um sieh umzuziebeu. Den Teufel auch — er mußte ganz uot- wcudtgerwcise schuell eiu paar tausend Kronen haben. Im Auwmobil hatte cr eiue leise An spielung gemacht — gesagt, es sei sehr wichtig für ihn, daß er noch heute nachmittag eine bestimmte Summe haben müsse. Aber nein, ge rade da, lvo mau auf Hilfe rechnen sollte, bei den Allernächsten, da war mau am weitesten davon entfernt. Alfred war nicht der Mann, der eine halb gezwitscherte Melodie verstehen wollte. Und Augusta — cr sah noch das zu vorkommende Lächeln, das ihre dicken Lippen umspielte — das zur Schau getragene Mitleid und falsche Teilnahme iu dem einen Mund winkel, und Schadenfreude, Neugier und Selbst gefälligkeit in dem andern. Nun, er hatte ja das peinliche Thema auch gleich verlassen — Gott sei Dank! Karsten schwenkte den Stock wie ein Rad zwischen den Fingern und pfiff dazu. Und sich an Gustav zu wenden, war auch nicht ratsam, gerade jetzt — mitten in seiner Palastrevolution. cseinc lange, schlackrigc Gestalt verschwand iu einem Torweg. Langsam stieg cr die Treppen hinauf. Nun, cS würde sieh schon irgendwie ordnen — „Ach, kommst du schon'?" Inger wandte sich auf dem Klavicrsessel um, als cr cintrat. „Will mich nur umziehen," erwiderte er. „Ich muß gleich wieder fori. Kanu von den "Alten da draußen grüßen." „Hast du etwas Neues erfahren?" „Nichts. "Alfred und Augusta waren da. So liebenswürdig wie immer." Karsten ging in das Schlafzimmer und fing au, fick, umzuUeidcu. „Wie haben denn deine Eltern die Neuig keit ausgenommen? Deine Mutter —?" „Ach, du weißt ja, cü ist nicht viel zu der Sache zn sagen," sagte er, in der Türöffnung stehend. „Dumm sind sie ja nicht, und sie haben natürlich in aller Stille ebenso wie wir längst Verdacht geschöpft. Sie haben aber wohl er wartet, daß Gustav oder Ernestine zu ihnen kommen würde." „I". das wäre dock, auch nur natürlich ge wesen," meinte Inger, indem sic zerstreut auf dem Klavier klimperte. „Ach, hilf mir ^ch mal bei diesem Knvpf," gung von Personen, Gütern und Nachrichten unrsasse, also auf das, was man auch mit Trans port- und KommunikationSwesen bezeichne. Die Statistik habe für den Verkehr eine große Be deutung, die aber leider noch vielfach unter schätzt würde. Das Wesen der Statistik und ihre Aufgabe beruhe in der Erforschung und Dar legung der Vorgänge und Erscheinungen un seres gesamten wirtschaftlichen und geistigen Le bens durch planmässige Beobachtung' und zahlen mäßige Feststellung und Gruppierung der massen haften Einzelerscheinungen. Redner wies dann die vielfachen Angriffe auf die Statistik zurück. Die wirkliche Statistik produziere nur wahre Zahlen, und wo es ihn aus irgendwelchen Grün den nicht gelinge, einwandfreie Feststellungen zu treffen, da hebe sie dies ausdrücklich hervor und gerade iu dem Aufdeckcn der Mängel ließe sich meist leicht erkennen, daß wirkliche statistische Arbeit, keine Pseudostatistik, vorliegc. Gerade aber aus dem Gebiete des Verkehrs, der in den letzten Jahrzehnten eine so gewaltige Aus dehnung erfahren habe, sei es unmöglich, genaue statistisch verwertbare Unterlagen zu erhalten, mau sei in vielen Fällen auf Stichproben und auf danach ausgerechnete Schätzungen äuge wiesen. Nack, ausführlichen Darlegungen über die Besprechungen zwischen Verkehr und Statistik ging der Redner dazu über, interessante Er gebnisse statistischer Feststellungen mitznteilen. Wertvolle Angaben über die Bedeutung des Verkehrs im wirtschaftlichen Leben der Groß stadt bieten die Ergebnisse der Berufs- und Betriebszählungen im Jahre 1907. Da mals seien in Leipzig 249038 Erwerbstätige im Hauptberufe ermittelt, zu denen noch 255 988 Angehörige ohne Hauptberuf und häusliche Dienstboten kamen. Davon entfielen auf das Äerkehrsgewerbc 14 592 Erwerbstätige im Hauptber ufe rnit 26 765 Angehörigen und Dienst boten, also etwa 8,1 Prozent der gesamten Be- völkerung. Gewerbebetriebe wurdcm in Leipzig 1907 44 137 mit 217 119 beschäftigten Personen ermittelt. Auf das Verkehrsgcwerbe entfielen davon 819 Betriebe, drei mit mehr als 200, einer mit mehr als 1000 Beschäftigten. Dann ging der Redner zur Statistik des Personen-, Güter- und Nachrichtenverkehrs über. Bei der Reichspost, die den Nachrichtenverkehr vermittelt, seien ziemlich genaue Zahlen zur Verfügung, wenngleich sie zum Teil aus Schätzungen bcruhlcu. Im Jahre 1911 seien bei allen deutschen Post anstalten 5994,3 Mllionen Stück Bricfseuduu- gen, ohne die Briese mit Wertangabe, cingc- gangen. Aus die Postanstalt Leipzig entfielen oavon 133,4 Millionen Stück. Aufgegeben wur den 1911 in Leipzig sogar 176,8 Millionen Stück. Im Jahre 1912 sind diese Zahlen auf 140,1 resp. 197,6 Millionen Stück gestiegen. "Achulich horrende Zahlen weise auch der Telegraphen- und Telephonverkehr auf. Im Jahre 1912 sind in Leidig 1156 000 Telegramme auaekommen und 1034 000 aufgegeben worden, also durch schnittlich täglich 6000 Telegramme abzufertigcn gewesen. Dre Zahl der ermittelten Gespräche betrug 57,9 Millionen, das bedeutet taß^ lich 159 000 Gespräche oder der 16 stündigem Tagesverkehr 10 000 Verbindungen in tuur Stunde. Pakete sind 1912 in Leipzig 5,1 Mil lionen eingcgangen und 10,9 Millionen auf gegeben worden. Der Eisenbahnverkehr gebe leider nur sehr rohe Zahlen. Ter Personen verkehr der Großstadt wird am genauesten statistisch durch die Straßenbahnen und sonstigen Masscnverkehrsmittel erfaßt. Dann ging der Vvrrragende noch auf den Fremdenverkehr ein, der im Jahre 1913 durch die Iba und die großen Veranstaltungen sehr bedeutend war. Zum Schlüsse besprach der Redner noch die Wünsche für die Erweiterung der Statistik, die, soweit möglich, erfüllt wer den würden, leider aber sei das Material oft sehr schwer zu erhalten. Dem Redner wurde lebhafter Beifall zuteil, den der Vorsitzende Professor Dr. Roth nortz in Worte des Dankes kleidete. rief Karsten plötzlich heftig aus. „Diese ver dammten Knopflöcher. Man kann hier ja sein ganzes Leben stehen." „Ja, ihr Männer," lachte Inger und trat an ihn heran. „Was solltet Ihr wohl machen, wenn Ihr uns nicht hättet, um Euch zu helfen." „Du solltest übrigens ein wenig vorsichtiger sein und nicht so viel mit Ingenieur Bech bcr- umlaufen," bemerkte er. „Ich hörte es Augusta an, daß man schon davon redet." Inger lachte laut auf. „Ja, du bist der Rechte, Karsten. Fängst d u jetzt auch au, als Hüter der Moral aufzutrcteu?" „Liebe Inger," erwiderte er. „Du weißt doch, daß du meinetwegen gehen kannst, mit wem du willst. Das ist eS nicht. Aber das Gerede, du — alles Gerede und aller Klatsch, der Skandal erregt. Sieh doch mal Gustav an. Er kam in der Leute Mund, und nun hat er förmlich einen Schandfleck auf unsere Familie gesetzt. In unserer Familie hat bisher nie eine Scheidung stattgefunden!" „Ich finde, Gustavs nnd Erucstmes Ange legenheit ist so rein und klar, daß sie auf einem silbernen Teebrett präsentiert werden könnte," sagte Inger scharf. „Dies ist eiu anständiges Reinemachen. Aber all das andere —" sic sah ihn mit einem vielsagenden Blick au, „alles dies um die Ecken herum, alles dies Verbor gene, das ist das Gemeine, das Niederträchtige!" Sic wandte sich von ihm ab. „Du — du kannst tun, was du willst. Aber wenn ich spazieren gehe und Bech treffe, dann ist das ver kehrt. Ach, das ist das Elend, das Gemeine!" Ihre Stimme bebte. - „Na, na, Inger. So schlimm ist cs ja nicht gemeint," versuchte Karsten zu trösten. „Du weißt doch, daß ich nichl —" „Ach, das ist alles so schmutzig — die ganze Luft ist ja verpestet!" rief Inger aus. „Mau kann kaum mehr darin lebend „So, so, Inger. Du nimmst die Sache auch immer gleich io übertrieben. So, so!" Er schloß sie in die Arme. „Es ist nur solche schreckliche Ungerechtig keit, Karsten. Eine ganz umgekehrte Welt —" (Fortsetzung in der Abendausgabe.)
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