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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 27.09.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-09-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110927028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911092702
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911092702
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-09
- Tag 1911-09-27
-
Monat
1911-09
-
Jahr
1911
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kann, ist unser Weg. unser Herz und unseren Charakter zu erweitern. Nichts bringt so große Sorgen, aber auch nichts so große Freuden; und darum greift auch nichts so tief in des Künstlers Seele und des Men schen Willen ein. Halte fest an der Treu«, Bergliot, sie ist des Erlebens Krone! Alles andere, was die Menschen so nennen, ist es nicht, mag es nun ein Priester oder sonst wer behaupten. Allein die Treue ist cs: So erhebt sich denn die Frage: Wem schuldet man sie zumeist? Also auch wem höchste Treue? Dem Vaterlande. In diesem Namen hast du Wahr- beit, hast du alles Gute, so daß deine Treue gegen Menschen nie mit deiner höchsten Schuldigkeit in Streit geraten kann. Erst diese, dann alle anderen." Auf gleicher Höhe des Interesses steht ein Brief vom Januar 1889, worin Biörnson sich über das „Singen mit Eeist" ausspricht. Unter der Hand erweitert sich ihm dieser Brief zu einer Art Philosophie des Kunst studiums überhaupt. „Liebe Bergliot (so schreibt er), dieses „Singen mit Geist" beruht nicht allein darauf, das; einer „Geist", daß er die Fähigkeit poetischer Auslegung von Wort und Musik besitzt, es beruht daraus, day er — oder sie — gearbeitet hat. Solange da» Technische drückt, ist es ungemein schwer, mehr als das Technische zu erreichen; man hat zu mehr nicht Zeit, man heftet sich ganz daran, es „richtig" zu machen; der Rest muß gehen, wie er eben kann. Aber wenn das Technische überwunden ist, so beginnt daraus der „Geist für den aufzuspringen, der den Sinn hat. Dies „gearbeitet haben", ist nun so, daß man in jedem einzelnen Punkte Herr über das Technische geworden ist und den Eeist vor bereitet hat für den Sinn des Stückes; dies ist die Vorbedingung für das „Singen mit Eeist". Der, der eine schreckliche Menge durchstudiert und viel Musik gehört hat, gelangt leichter dazu; schließlich ist das Technische in dem Grade überwunden, daß man vom ersten Augenblicke an allein mit dem Geiste des Stückes beschäftigt ist. Für alle aber kommt es außerdem in der Stunde der Vorführung darauf an, „aufgelegt" zu sein, die Vortragsinspiration aus der augenblicklichen Eesühlskraft heraus zu haben. Der, der ein persönliches Leben führt, der, der ge bildet ist, so daß sein (oder ihr) Verständnis feiner und mannigfaltiger ist, legt natürlich mehr hinein, als einer, der nur alle Kunstgriffe kann und alle Variationen bei hundert anderen Künstlern gehört bat. E» sind die originellen Individuen, die dazu kommen, einen dauernden Eindruck hervorzurufei^ keine anderen. Die reichen Naturen, die, die ihre großen Fähigkeiten in tausend Begebenheiten des Lebens gereift, ihr Herz geschmolzen, ihren Verstand geschärft, ihren Mut durch zahllose Kämpfe ruhig gemacht haben, die gewinnen cs über sich selbst, wo sie auch stehen; sie kommandieren die Aufgelegtheit, wie ihnen gehorsame Geister, denn das will ja nichts anderes bedeuten, als „bei sich selbst zu sein", ohne daß andere uns vor uns selbst verstecken können. Insbesondere, Bergliot. will da» „Singe» ohne Geists nur bedeu ten, daß entweder das Stück so schwer oder dir so neu und ungewohnt war, daß du nicht darein ein dringen kannst, oder du hast nicht genug gearbeitet, oder etwas ist im Augenblicke gegen dich, so daß du nicht alles herausbringeu kannst, was du sonst in das Stück zu legen pflegst." Diese Auszüge werden das große Interesse begreiflich machen, das diese Briefe Björnsons erregen. Es wird auch bereits der Wunsch ausgesprochen, ste auch dem großen Publikum zugäng lich zu machen, und es besteht Aussicht, daß dieser Wunsch in Erfüllung geht. In bezug auf die per- sönlichen Verhältnisse der Aoressatrn dieser Briefe mag zum Schlüsse bemerkt sein, daß Bergliot Björn- son nach ihrer Heimkehr nach Norwegen sich mir Dr. Sigurd Ibsen, dem einzigen Sohne des Dichters der „Nora", verlobte. Das Paar hat seinen Sitz auf Slemdal bei Christiania, und drei Söhne setzen be reits die Dynastie Ibscn-Djörnson fort. öenry ösullaye Der dieser Tage in Paris verstorbene Akademiker und Historiker Henry Houssaye war der Sohn von Arstzne Houssaye, der als eleganter Feuilletonist und flotter Romanschriftsteller während des zweiten Kaiser reichs sehr beliebt war. Houssaye war durch lieber- liescrung Anhänger des napoleonischen Kaisertums, da schon sein Großvater in der großen Armee des Korsen eine höhere Stellung bekleidet hatte. Auch sein Vater gehörte ja zu dem literarischen Kreise des Hofes von St. Cloud. War Arstne Houssaye ein eleganter Weltmann gewesen, so präsentierte sich sein Sohn Henry uon vornherein ganz anders, indem er immer den Eindruck eines ernsten wissenschaftlichen Mannes machte. Sein erstes Wert erschien im Jahre 1867 und hatte den großen griechischen Maler Apelles zum Gegenstände. Es war ein einziges Loblied auf die allmächtige Schönheit der griechischen Kunst, die er in feiner Weise zu erklären und zu analysieren versuchte. Auf einer Studienreise in Griechenland begriffen, wurde er von der Nachricht des Ausbruchs des Krieges zwischen Franlreich und Deutschland erreicht und kehrte eilends zurück, um seiner Dienstpflicht Genüge zu leisten. Als Leutnant bei den Mobilen machte er mit Auszeichnung einen Teil des Krieges mit, und die Erfahrungen, die er in dieser Zeit sammelte, wurde für seine weitere Entwicklung und wissenschaftliche Tätigkeit von entscheidender Bedeu tung. Er hatte für den Krieg, für die Politik, kurz für die Sphäre des Staates Interesse gewonnen und gab für sie das anmutig-friedliche Studiengeknet der Kunst aus. Noch unter den Eindrücken der Belage rung von Paris verfaßte er im Jahre 1876 eine Schrift über die „Erste Belagerung von Paris": es war die durch den römischen General Ladienus im Jahre 52 v. Chr. Damals beschäftigte er sich viel mit den Deutschen und ihren Vorfahren, den alte« Germanen. Wie er über die Deut schen dachte, zeigt KL in der folgenden an die Lektüre des Tacitu» angeknüpften Aeußerung: „Für sie bedeutet Plünderung keine Schande' so wie sie im Jahre 700 nach Gründung Roms waren, so sind sie imJahre 1870 n. Ehr. Die Deutschen, seien sie Germanen, Vandalen, Teutonen oder Preußen, haben immer die Prätention gehabt, die Erneuerer der Völker zu sein, über die pe hergefallen sind, sie nennen sich die bewaffneten Missionäre der Zivili sation." Spricht aus diesem Urteile noch die Bitter- keit der Erfahrungen von 1870, so entrang sich seiner historischen Gewissenhaftigkeit doch auch eine Er kenntnis dessen, was die Größe Deutschlands aus machte. Er verstand die Bedeutung von Persönlich, ketten wie des alten Kaisers, Bismarcks und Moltkes: „Diesen Männern verdankt Deutschland seinen Ehr geiz, seine Siege, seine Vergrößerung. Der Korporal geist, über den sich Heinrich Heine lustig machte, ist nur die unmäßige Ausdehnung des Prinzips der Disziplin, und Disziplin ist die Pflicht!" Man kann sagen, daß Henry Houssaye dies von den Deutschen gelernt hat. und die großen, seinen Ruhm begründen den Geschichtswerke, Vie in den Folgejahren von ihm erschienen, waren in diesem Sinne gehalten, sowohl was die Strenge der Forschung-Method«, al» auch was das sittliche Urteil Houssaves über die Manner und Begebenheiten der Geicyichte angeht. Der alte Bonapartist wandte sich jetzt dem großen Drama der letzten Jahre Napoleons I. zu. Im Jahre 1886 erschien sein berühmtestes und vollen detstes Werk: „1814", das Ferdinand VrunetiSre 1895, bei der Aufnahme Houssayes in die Akademie mit den Worten gefeiert hat: „Es gibt nichts Drama tischeres, Einfacheres, Wahreres, in seiner Einfach, heit Gelehrteres als Ihr 1814." Eine Lobrede, die man zugleich als eine zutreffende Charakteristik der besten Eigenschaften dieses Werkes bezeichnen darf. In den drei Bänden, die Houssaye dann dem Jahre 1815 widmete — der erste behandelt die Zeit von der Rückkehr Napoleons von Elba bis zur Schlacht bei Waterloo, der zweite diese Entscheidungsschlacht, der dritte Napoleons Abdankung und den „weihen Schrecken" — hat Houssaye die Höhe von „1814" nicht mehr erreicht. Er verlor sich in Einzelheiten, er büßte die Uebersicht ein, und sein Urteil verirrte sich zuweilen, so daß dies große Werk mehr den Wert einer reichen Materialsammlung hat. In seinem Nachlaß befindet sich ein Werk über Jena, von dem Bruchstücke bereits veröffentlicht worden sind, Houssaye war in seinem Privatleben ein großer Kunstfreund und Sammler. . „Grmnerzinken". Unter „Zinken" versteht die Gaunersprache jede geheime Verständigung, nicht bloß die schriftliche, son dern auch diejenige vermittels Finger-, Augen- und Gebärdensprache, durch Töne aller Art, Klopse«, Tierstimmeu und dergleichen. La» merkwürdigste« Nr. 268. l05. Jahrgang. Leipziger Tageblatt. Mittwoch. ^7. Sepremver 19N. mau, Italien von den schweren Folgen eines An- griff» zu überzeuge» und hofft noch auf friedliche Beilegung des Konflikt». Di« fremde« Mächte oer- halten sich meist neutral. Das Nähere besagen die nachstehenden Depeschen: Die Bewegung der italienischen Flotte. Rom, 27. September. Es wird gemeldet, daß die italienische Flotte zwischen dem Kanal von Malta und dem Roten Meer kreuze. Die Kriegsschiffe „Bona Napoli" und „Dittorio Emanuel«" find in den Gewässern von Tripolis an gekommen und kreuzen auf hoher See. Der Enthusiasmus in Palermo. Palermo, 27. September. Hier herrscht großer Enthusiasmus. Ein General erklärte, daß in Pa lermo 80000 Mann zur Einschiffung be- reitständcn. Die ganze disponible Wehrmacht be trage einstweilen 80 000 Mann. Das italienische Ultimatum. Rom, 27. September. Die Note, die der ita lienische Botschafter in Konstantinopel der türkischen Regierung überreicht hat, trügt den Charakter eines Ultimatums. Es wird darin betont, daß die Lage der Italiener in Tripolis durch die feindselige Haltung der eingeborenen Bevölke rung unhaltbar geworden sei. Der türkische Botschafter in Rom gab die Erklärung ab, daß die Türkei nicht abgeneigt sei, berechtig ten Wünschen e n t g e g e n z u k o m m e n. Gegenseitige Verständigung könnte wohl zu einem Ausgleich führen; cs bleibt aber noch dahingestellt, ob cs der Türkei gelingen wird, der fanatischen mo hammedanischen Bevölkerung von Tripolis, die die Italiener bedroht, Herr zu werden. Rom, 27. September. Die sozialistischen Abgeordneten und Führer crllären sich gegen jedcStreik- und P r o t e st d e w e g u n g gegen die Tripolisaktion. Sic haben bereits den E i sc n v a h nc r st r e i k abgclehnt. Rifaat Paschas Ansicht. *-arls, 27. Leptemoer. (Eig. Drahlmeld.) Der türkische Botschafter Rifaar Pascha erklärte einem Mitarbeiter des „Temps": Ich kann sagen, daß cs sich nicht bloß um die trivolitanische Frage handelt, denn die Landung in Tripolis würde völker rechtlich sich nicht von der Landung in Smyrna oder Saloniki unterscheiden. Unter diesem Gesichtspunkte müssen die öffentliche Meinung und die Regierungen Europas diese Frage betrachten. Wir fassen nicht allein di« Notwendigkeit des lokalen Widerstandes ins Auge. Wenn aus der Drohung von heute Wirk lichkeit würde, müßte die Türker ihre Existenz als souveräner, unabhängiger Staat gegen diese Methode aus einem anderen Zeitalter verteidigen. Die Stimmung der Pforte. I». O. Konstantinopel, 27. September. (Eigene Drahtmcld.) In den verschiedenen politischen Krei sei der Türkei machen sich bis jetzt ganz verschie dene Stimmungen bezüglich der italienischen Aktion in Tripolis geltend. So ist nach der Mei nung der einen Partei das Vorgehen der italienischen Regierung in der Tripolisaffäre bereits zu weit ge- diel-en, als daß der ganze Zwischenfall auf güt lichem Wege noch beigelegt werden könnte. Das Zu geständnis wirtschaftlicher Garantien an Italien könne heute nicht mehr den Erfolg haben, wie noch vor einem Vietel'jahr. Anderseits greift ver einzelt bei der Pforte ein gewisser Optimismus um sich. Zu diesem Optimismus glauben sich diese Kreise um so eher berechtigt, als der Grohwesir gestern hiesigen Blättermeldungen zufolge der ita lienischen Botschaft mitteilen ließ, daß die Turin bereit sei, Italien weitgehende Zugeständnisse in Tripolis zu machen. Türkische Repressalien gegen Italien. ?. O. Konstantinopel, 27. September. (Eigene Drahtmeld.) Die hiesigen Blätter fahren auch heute darin fortI t a l i e n auf die schweren Folgen aufmerksam zu machen, die ein Handstreich gegen Tripolis für Italien haben könnte Vor allem würden die italienischen Kolonien in Tri poli» und die zahlreichen italienischen Kolonien in Kleinasien darunter zu leiden haben. Diese Kolonien, di« in den drei Städten Saloniki, Smyrna und Konftuntinopel allein einen Eüuoohuerbestand von 40 000 M«nsck)en haben, würden stündig in der größten Gefahr schweben, da die Erregung der Eingeborenen leicht gegen sie zum Ausbruch kommen könnte. Besonders gefahrvoll sei die Lag« der 12 000 Einwohner zählenden italienischen Ko lonie im Wilajcl Adana, dessen aus 175 000 Moham medanern bestehende eingeborene Bevölkerung be sonders italicnseindlich gesinnt sei. Die türkische Regierung l>itte im Falle eines Handstreiches keine Veranlassung, die italienischen Kolonien zu schützen und würde mangels verfügbaren Militärs dazu nicht imstande sein. — Ob, und welchen Einfluß diese türkischen Drohungen auf Italien ausüben werden, wird die Folge zeigen. Die Neutralität der Großmächte. O. Wien, 27. September. (Eig. Drahtmeld.) Nach hlesigen Informationen bat die Türkei disyer leine Gesuche um Intervention an Oester reich oder Deutschland gerichtet. I'. 6. Paris, 27. September. (Eig. Drahtmeld.) Wie der Vertreter der „Preß-Zentrale" an unter richteter Sielle erführt, haben die französische und englische Negierung der Türkei mit geteilt, daß sie sich in der Tripolisaffäre neutral verhalten werden. Die diesbezüglichen Noten sollen bereits bei der Hohen Pforte singet raffen" sein. Inkrnlttreten üer RelHsverMlrerungMünung. Wie dem in Frankfurt a. M. erscheinenden „Zen tralblatt der Neichsverficherung" (Herausgeber Lticr- Somlo, Bonn) von bestinformstrler Seite mitgeteilt wird, ist infolge der Schwierigkeiten, die sich bei dem Entwurf der Ausführungsdejtiinmungen für den Vollzug der Reichsversicherungsordnung teils bei den Reichsbehörden, teils bei Len Laivoesbehörden ergeben haben, der Termin für das Inkraft treten des neuen Gesetzes vom 1. Juli 1912, wie anfangs beabsichtigt, zum 1. Januar 1913 ver schoben worden; die tleberleitung der be stehenden Vorschriften in die neu erforderlichen bean sprucht so viel Zeit, daß «in früherer Zeitpunkt ausgeschlossen erscheint. Das haben auch di« Ar beiten ergeben, die im Anschluß an die Neuregelung der unständigen Arbeiter (Hausgewerbetreibende) notn»endig geworden sind Den jüngst im Reichs- versicherungscnnt in Anwesenheit hervorragender Praktiker des Krankenkajsenwsseus zur Ausarbeitung gelangten Musterstatuten für Krankenkassen ist der i. Januar 1913 als Termin bereits zugrunde gelegt worden. Jur Einberufung ües pceutzttchen Lsnütsys erführt «ine Berliner Parlamentskorrcspondenz: Das Staatsministerium wird rn der nächsten Sitzung einen Beschluß über die Frage fassen ob eine Herbsttaqung des Landtags angebracht sei. Der Be schluß wird dahin voraussichtlich ergehen, den Land tag erst Anfang Januar emzuberufen. Das Material, das dem Landtage zugedacht ist, ist vorläufig noch nicht abgeschlossen, das Wassergesetz liegt noch im Etaatsministerium, die Steuervorlagen können erst im Laufe der nächsten Wochen endgültig fertiggcstcltt werden, der neue Etat läßt sich erst frühestens um den 20. De zember vorlcgen. Man hält es deshalb nicht für vorteilhaft, den Landtag im Herbst einzuberufen, da cs frühestens im Dezember geschehen könnte und die Arbeitslust alsdann durch die Vorbereitungen zur Reichstagswahl beeinträchtigt werden würde. Man ist der Meinung, daß die Etatsbcratungen auch bei einer Einberufung im Dezember in der Hauptsache > erst Ende Januar beginnen könnten und durch «ine I Spätherbfttagung nicht viel gewonnen wird, wie das Beispiel bei der Einberufung zur Beratung der Ent- cignungsvorlage gezeigt hat. Wenn der Landtag durch eine Einberufung im Januar zu sehr belastet werden wird, so kann dem dadurch vorgebeugt werden, daß eine Reihe von Ge setzen vorläufig zurückgcstellt werden, zumal cs ohne dies sehr unwahrscl-einlich sein wird, daß der Landtag das Wassergesetz erledigen wird, selbst wenn er im Dezeml>er zusammentritt. Der Landtag würde im Dezember nur rvenige Tage zusammenbleiben und sich bis zur Erledigung der Reichstagswahlen ver tagen. Daß der Landtag bis kurz vor Weihnachten und vom 10. Januar bis Ende Januar arbeiten würde, ist kaum anzunchmen, wenn im Reiche der Wahlkampf tobt. plllitilche Nachrichten. Kartoffeln für die Berliner Eisenbahner. Berkin» 27. September. (Priv.-Tel.) Auf Ver anlassung der Eisenbahndirektion Berlin soll eine große Anzahl Loren Kartoffeln unter Um gehung der Zwischenhändler direkt von Landwirten bezogen und an die Eiscnbahnbeamten tunlichst billig abgegeben werden. Rücktritt Gegmanns aus dem politischen Leben. I'. E. Wien, 27. September. Der Führer der Christlich-sozialen Partei, Geßmanu, hat als Obmann der Partei im Reichsrat demissio niert. Nachdem Gcßmann, dem nach Luegers Tod die Führung der Christlich-Sozialen ^gefallen war, bereits wenige Tage nach den letzten für seine Partei so vernichtenden Neichsratswahlcn den größten Teil seiner Ehrenämter und Mandate niedergelegt hatte, ist der Verzicht auf die Stellung als Obmann im Reichsrat als der letzte Schritt zu seinem Rücktritt von der politischen Bühne Oesterreichs anzusehen. Gehaltserhöhungen der Staatsbeamten in Oesterreich. Wien, 27. September. (Eig. Drahtmeld.) Im Zusammenhänge mit der von der Regierung vor bereiteten Aktion zur Verbesserung der materiellen Lage der Staatsbeamten und Staatsdiener ist eine gleichzeitige Aktion zugunsten des Personals der öster- reichlschen Staatsbahnen in Betracht genommen. Die sür das Personal in Betracht kommenden Maß nahmen sollen bereits wirksam vom 1. De zember 1912 ab zur Durchführung gelangen Di« Erfolge dieser Aktion müssen davon abhängig ge macht werden, daß die Bediensteten gegenüber der Verwaltung eine streng loyale Haltung bewahren und sich von Schritten jeder Art fernhaltcn, die mit ihrer Dienstpflicht nicht vereinbar sind. Weltfriedenskongreß. D. 6. Bern, 27. September. Das Bureau des Friedenskongresses hat den Termin für den nächsten Weltfriedenskongreß in Rom für den 21. März festgesetzt. Bon den albaaefischen Unruhe«. Wien, 27. September. (Eig. Drahtmeld.) Die „Neue Freie Presse" meldet aus Uesküb: In Prischtlna wurden vorgestern der Polizeichef und 2 Gendarmen von Albanesen erschossen. Die Gendarmen feuerten auf die Täter und verwundeten zehn Unbeteiligte, darunter Frauen und Kinder. Die Basare sind geschlossen. Die Aufregung unter den Albanesen wächst. Von Mitrowitza ist ein Bataillon dorthin abgegangcn. Spanien und Marokko. Tanger, 27. September. (.^Agence Haoas".) Mel dungen der Eingeborenen besagen: die Spanier mußten alle Stellungen am rechten Ufer des Ued Kert räumen. Eine Kolonne sei am Donners tag überfallen und ihre Munition weggenommen worden. Bei Seluan. das am Sonntag die Spa nier geräumt haben sollen, erbeuteten Rif leute angeblich fünf im Stich gelassene Kanonen. Eine Bestätigung dieser Meldung liegt nicht vor. Nus Leipzig und Umgegend. Leipzig, 27. September. Witterungsbericht der Kqk. Sachs. Landeswetterwarte zu Dresden. Voraussage für den 28. September. Keine Witterunasänderung. Pöhlberg: Glänzender Sonnenunter- und -aufgang, Abend- und Morgenrot. Fichtelberg: Glänzender Sonnenunter- und -aufgang, Abend- und Morgenrot, starker langanhal- tendcr Tau. Temperatur des Flutzwaffers. 28. Eeptbr. adds. 8 Uhr 27 Eeptor irüh Uh 27. Scptbr. mllgs.!2Uhr SchwimmanstaltcElstrr) 155" e 15,0 0 15 0 0 Gcrmaniabad (Pleitze) Ecmeindebad 14,0" 0 14,0' 0 14,0° 6 Schönefeld (Parthe) * — * Scin IVjähriges Mcijt«rjubiläum kann am 1. Ok tober Klcmpnermcister Rudolf Wilhelmy, Reuo- nitzer Straße l, Inhaber einer von ihm begründeten und stetig vergrößerten Dlechwarenjabrik, begehen. Der Jubilar gehört seit langen Jahren dem Vor stand des Verbandes Deutscher Klempner- und In stallateur-Innungen an, wie er auch als stellver tretender Obermeister der hiesigen Klempner- und Installateur-Innung mit deren Geschicken eng ver wachsen ist. * Für Treue in der Arbeit. Vom Ministerium des Innern ist dem seit 16. April 1881 in dem Leip ziger Nollsuhrverein Paul Kräh <L Co. in Leipzig beschäftigten Schirrmeister Franz Louis Engel hardt in Leipzig sowie dem seit 22. September 1881 bei Fräulein Antonie und Thekla Bülau in Leipzig bediensteten Dienstmädchen Clara Emma Gehr- hardt in Leipzig je das tragbare Ehrenzeichen für Treue in der Arbeit verliehen worden. * Jubiläum. Der Werlführcr Wilhelm Ernst Lange in L.-Thonberg begeht morgen das Jubi läum 25jähriger Tätigkeit in «der Kisten- und Koffer fabrik von C. A. Zickmantel in Leipzig. * Trauerfeier für Geh. Hofrat Dr. Oskar Kellner. Zu dem Bericht in unserer heutigen Morgenausgabe ist noch folgendes nacbzutragen: Namens des Ver bandes landwirtschaftlicher Versuchsstationen im Deut chen Reiche sprach am Sarge Geh. Regierungs rat Professor Dr. Fresenius-Wiesbaden. Erfühlte u. a. aus: Als hervorragender Mann der Wissen schaft war der Verstorbene eine Zierde unseres Ver bandes. Er war einer der Besten unter uns, ein Ehrenmann vom Scheitel bis zur Sohle. Da sein Gesundheitszustand ihn leider gezwungen hatte, das von ihm so lange und erfolgreich verwaltete Ehrenamt niederzulegen, bestand die Absicht, ihm die Dankbarkeit für alles, was er für den Verband getan, für die vortrefflichen Dienste, die er ihm geleistet hat, durch die Er nennung zum Ehrenvorsitzenden auszudrücken. Es hat nicht sollen sein. Rasch hat der unerbittliche Tod ihn uns geraubt. Sei» Andenken aber, die dank bare Erinnerung an ihn, wird fortleben für alle Zeit. — Namens des von ihm vertretenen Verbandes legte der Redner eine Blumenspende am Sarge nieder. — In der Trauerversammlung, zu der auch der Mi litärverein in L.-Möckern mit Fahnen erschienen war, sah man außer zahlreichen Vertretern des Verbandes landwirtschaftlicher Versuchsstationen im Deutschen Reich u. a. dessen Ehrenmitglieder Geheimrat Pro fessor Dr. N o b be-Tharandt und Geheimrat Professor Dr. Dietrich-Hannover, von den Mitglieder» Pro fessor Dr. Loges-PommriK Geheimrat Professor Dr. Edler-Jena, Professor Dr. Haselhoff-Harles hausen bei Kassel und Professor Dr. von Ehren berg-Göttingen. * Berein für Inner« Misst»«. Nachdem Pastor Max Michael, der Borsdorfer Auftaltsgeistliche, mit dem 23. Juli aus seiner dortigen Arbeit ge schieden, um das Pfarramt in seiner Heimat, Mügeln bet Oschatz^ zu üoernehmen, hat der Vorstand des Vereins für Innere Mission die Versorgung der Borsdorfer Anstalten wieder dem Beretnsdivettor Pastor Grundmann übertragen und für Leipzig nach der am 8. August stattgefundcnen Wahl Pastor Ernst Buddensieg in Lnnsiedel bei Chemnitz en- gestellt. Pastor Buddensieg ist am 18. Juli 1881 rn Greußen (Schwarzburg-Sondershausen) geboren und studierte in Tübingen. Erlange», Greifswald und Halle Theologie. Nach einer Lebrstelkmg am Seminar oer Deutsche» Orieuturisston t» Großnchier st lde trat er im Jahre 1907 in de« Dienst d«r Säch sischen Landeskirche Über. Er hat, zunächst als Hilfs geistlicher, daun als zweiter Geistlicher, in Einsiedel gewirkt, wo er am 24. September die Abschieds predigt hielt. In seine hiesige Arbeit tritt er am Aus Briefen Björmrjerne Sjörnlans. Vor wenigen Tagen hat Frau Bergliot Ibsen, geborene Djörnjon, des Dichters älteste Tochter, an Sen engsten Kreis ihrer und ihres Hauses Freunde «in Buch versandt, das sogleich in allen lite rarischen Kreisen Skandinaviens den größten Anteil erregt hat, und das auch für deutsche Literatur freunde von ungewöhnlichem Interesse jein muß. In diesem Lbrigeirs prächtig ausgcstatteten Bande, der in nur 50 Exemplaren zur Versendung gelangt ist, hat Frau Ibsen eine Anzahl von Briesen ihres Vaters vereinigt, die Lieser zumeist in den Jahren 1887 bis 1890 an sie geschrieben hat. Bergliot Björnson studierte damals bei der berühmten Madame Mar- chesi in Paris Gesarrg; sie trug sich zunächst noch mit dem Plane zur Oper zu gehen. Man darf sagen, daß in diesen Briefen Björnsons an seine Tochter, aus denen skandinavische Blätter Auszüge veröffentlichen, der ganze Björnson steckt, mrd, wie der große Barde im Leben, so üben auch diese brieflichen Auslassungen von ihm einen solchen stürmischen, einen solchen Früh lingszauber auf den Leser aus, daß er sogleich in ihren Bann gezogen wird und von dem Buche nicht mehr loskommcn kann. Welche Frische, welche Lebensfreude schlägt nicht aus diesen Briefen empor. .Hurra für den Frühling in Aulestad (der Hof und Wohnsitz Björsons)!" So lautet das Postskriptum, das Björnson einem dieser Briefe hinzufügt, und mit kindlicher Freude spricht er darin von den Küken, die einen neuen Käfig bekommen haben, und die all gemeinen Lieblinge üer Hofbcwohner find, von der Veranda, die neu angestrichen ist, und von den herr lichen Sonnenuntergängen über dem Fjeld. Auch fehlt cs in der Briefsammlung nicht an Mitteilungen über das Kleinleben auf Aulestad, wofür er bei der in der Fremde weilenden Tochter volles Interesse voraus setzen durfte An literarisä>ett Mitteilungen sind diese Familienbriefe intimster Art begreiflicherweise nicht gerade reich, doch finden sich einige Aeußerungen, die auf die Beziehungen zwischen Björnson und seinen Dichtergenossen Jonas Lie Licht werfen. Er rät Bergliot bei Lies Besuch zu machen, vorausgesetzt, daß diese nicht direkt oder indirekt „Krieg gegen Björnsons" führten; er spricht sich an einer anderen Stelle sehr ungehalten über ein neues Buch von Lie aus, der sein großes Talent wegwerfe und eine Arbeit geschaffen habe, die nur Tageswert habe und auf dem Niveau englischer Blaustrumpfroman« stehe. Aber die schönsten und bedeutendsten Teile des Briefbandes bilden die väterlichen Ratschläge, die Björnson seiner Tocbter gibt und die oft tief in seine eigene Seele blicken lassen. So kommt er am 30. Oktober 1888 auf den Wert der Treue zu sprechen und schreibt darüber die folgende« schönen uvd echt biörnsonschen Zeilen: »Treue «ad alle«, was einen Mensch« dort» üben
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