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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 22.09.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-09-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110922013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911092201
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911092201
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-09
- Tag 1911-09-22
-
Monat
1911-09
-
Jahr
1911
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politische Umschau * Im Befinden des Prinzregenten von Biyern wird berichtet, daß eine vollständige Lähmung des Ausland. Oesterreich-Anwarn. * Der Wechsel im Kriegsministerium ist bereits vollzogen, doch sind die kaiserlichen Handschreiben an den scheidenden und den neu ernannten Minister Llnweltiung ües Oderbergsmtsgeväuaes tn Breslau Im Beisein des Handelsministers Sydow fand am Donnerstag in Breslau die feierliche Ein weihung des neuen Oberbergamtsgebäu. des am Kaiser-Wilhelm-Platz durch eine Festsitzung statt. Anwesend waren u. a. von den Bergbehörden außer dem Minister Oberberghauptmann Velsen und viele andere hohe Beamt«, Oberpräsident G ii n- ther, die Regierungspräsidenten von Liegnitz und Oppeln, der kommandierende General v. Pritzel, witz, Vertreter der übrigen staatlichen, Provinz, und städtischen Behörden, der Universität, der Tech nischen Hochschule, der Handelskammer sowie der berg- baulichen Körperschaften. Berghauptmann Schweißer eröffnete die Sitzung mit einem herzlichen „Glückauf" und gab dann eine eingehende Uebersicht über Anfänge, Ent- Wickelung und Umfang des Bergbaues, besonders des schlesischen, vom 13. Jahrhundert an bis zur Jetzt- zeit, und über die Förderung, die ihm durch Friedrich dem Großen und seine erfolgreichsten Mitarbeiter Freiherrn v. Heinitz und Freiherrn v. Nedcrn zuteil wurde. Der in den letzten Lebensjahren des Kaisers Wilhelm I. eingeleitete Uebergang von der Kon tinental- zur Weltwirtschaft habe sich unter Kaiser Wilhelm II. glänzend entwickelt. Er schloß mit einem freudig aufgenommenen dreifachen „Glückauf" auf den Kaiser. — Sodann ergriff Handelsminister Sydow das Wort zu einer längeren Rede. Nach, dem noch Oberpräsident Günther die herzlichsten Glückwünsclze der Provinzialbehörden überbracht und Berghauptmann Schmeißer dem Kaiser für sein Bild, das den Festsaal schmückt, und die sonstigen Gnadenbeweise den Dank des Oberbergnmtes aus gedrückt hatten, folgte ein Rundgang durch das neue Gebäude, an den sich ein vom Oberbergamt gebotenes Frühstück schloß. Deutsches Reich. Leipzig, 22. September. * Sächsische Lehrerversammlung 1913 in Chemnitz. Die sächsischen Lehrer werden ihre bevorstehende diesmalige Hauptversammlung bekanntlich während dererstenOktobertage in Leipzig abhalten. Die nächste große Versammlung, voraussichtlich im Herbste 1913, wird dann jedenfalls in unserem Chemnitz stattfinden. Auf eine hierauf abzielende Einladung des Bezirkslehrervereins Chemnitz-Stadt hat nämlich der Vorstand des Sächsischen Lehrervereins in seiner letzten Sitzung beschlossen, der Vertreterversammlung zu empfehlen, dieser Einladung Folge zu leisten. * Mit der Stellung der Frauen zur Teuerung beschäftigte sich der Hauptvorstand des Eewert- vereins der Frauen und Mädchen (H.-D.). Das Vor-ehen der Frauen in Frankreich könne als zweckmäßig nicht anerkannt werden, weil dadurch den Regierungen Veranlassung geboten werde, schärfere Maßregeln zu ungunsten der gesamten Bevölkerung zu ergreifen. Die Forderung der Frauen wurde in folgender Resolution zum Ausdruck ge bracht: „Der Hauptoorstand des Gewerkvereins der deutschen Frauen und Mädchen ersucht die Negierung, schleunigst alle geeigneten Maßnahmen zu treffen, um die zum großen Teil durch die abnormen Wit terungsverhältnisse entstandene Teuerung aller Lebensmittel einigermaßen erträglich zu gestalten, insbesondere durch Ermäßigung der Zölle, teilweise Aufhebung der Einfuhrverbote und Vorzugstarife für Beförderüttg von Lebensmitteln auf Eisenbahnen. Eine weitere Unterernährung der arbeitenden Klassen wird zur Gefahr für die gesamte Nation." * Ter Neue Zentralverband der Maler, Lackierer und Anstreicher (Sitz Leipzig) hatte am Mittwoch abend nach dem Tivoli eine öffentliche Versamm lung einberufen, die sich mit der Stellungnahme zu dem alten Zentralverband befassen sollte. In folge von Differenzen war eine größere Anzahl Mit glieder aus der Organisation ausgeschieden und hatte einen neuen Verband gegründet. Das war hauptsächlich deshalb geschehen, weil der alte Ver band das von der sozialdemokratischen Partei in politischen Fragen geforderte Mitbestimmungsrecht seinen Mitgliedern nicht gewähren wollte. Dem neuen Verband wurden nun lür seine Veröffent lichungen die Partei- und Eewerkschaftszeitungen gesperrt. Um die dort veröffentlichten Unwahrheiten zu brandmarlen, hatte man diese sehr zahlreich be suchte Veriammlung einberufen. Der Referent er zählte denn auch allerlei Interessantes und illu strierte einmal mehr, wie „demokratisch" es in der sozialdemokratischen Partei zugeht. Ueberall herrsche krassester Terrorrsmus denen gegenüber, die nicht gehorchen wollen. Auf das Gezänk selbst einzugehen erübrigt sich, es wurde bis zum Ueberdruß schmutzige Wäsche gewaschen und dann schließlich eine Resolu tion angenommen, in der man dem Vorstand des neuen Verbandes sein vollstes Vertrauen aussprach. rechten Armes eingetreten sei. Die Schmerzen haben sich auch auf die linke Körperleite ausgedehnt. Die Herztätigkeit ist seit einigen Tagen nicht zu friedenstellend. * Der Bundesrat wird, wie wir hören, seine Plenarsitzungen am 6. Oktober wieder aufnehmen. Die Bundesratsausschüsse, die alljährlich bereits einige Zeit vor Beginn der Plenarsitzungen mit ihren Arbeiten beginnen, dürften in diesem Jahre auch erst Anfang Oktober ihre ersten Sitzungen ad- halten. Es findet dies darin seine Erklärung, daß für die Herbsttagung des Reichstags neues Material durch den Bundesrat im wesentlichen nicht vorzu- bererten ist. Ueber die Maßnahme der Reichsregie rung inbezug auf die Linderung der Futternot ist auf schriftlichem Wege zwischen den Bundesregie rungen eine Verständigung erzielt, so daß ein früherer Zusammentritt des Bundesrats aus diesem Grunde nicht notwendig war. * Auszeichnung und Beförderung. Der „Reichs anzeiger" gibt die Verleihung der Brillanten zum Schwarzen Adlerorden an den Eeneraladjutanten v. Pleisen sowie die Ernennung des bisherigen vortragenden Rats im Auswärtigen Amt Wirkt. Geh. Legationsrats Dr. Kriege zum Direktor im Auswärtigen Amt bekannt. * Reise des Obcrpräsidenten Schwarzkopfs nach Posen Der zum Obcrpräsidenten der Provinz Posen ernannte Wirkliche Geheime Rat Schwarzkopif hat eine Reise nach Posen angetreten. Seine Rück kehr nach Berlin dürfte am Sonnabend erfolgen. Die Uebernahme des Oberpräsidiums der Provinz Posen wird voraussichtlich erst Mitte Oktober erfolgen. * Dee Nachfolger des Ministerialdirektors Dr.Thiel. Wie wir erfahren, steht die Ernennung des General kommissions-Präsidenten Brümmer in Düffel dorf zum Ministerialdirektor im Landwirtschaits- ministerium (Domänenverwaltung) als Nachfolger des Ministerialdirektors Dr. Thiel bevor. Präsident Brümmer befindet sich seit dem 30. Mai 1903 in seiner Düsseldorfer Stellung und gilt als ein ebenso tüchtiger wie erfahrener und energischer Beamter. Er wurde am 10. April 1859 geboren und trat, nach dem er sein Jahr als Einjährig-Freiwilliger ab gedient hatte, im Jahre 1882 zunächst als Gerichts referendar in den Staatsdienst. Im Jahre 1886 wurde er als Spezialkommiffar von der General kommission in Düsseldorf übernommen, wurde dann im lolgenden Jahr Regierungsasseffor und im Jahre 1890 als Spezialiommiffar nach Sigmaringen versetzt. Im Jabre 1892 wurde er Regierungsrat und war im Jahre 1898 beim Oberlandeskulturgericht tätig. Am 1. April 1899 wurde Präsident Brümmer als Hilfsarbeiter in das Landwirtschaftsministerium be rufen, und im folgenden Jahre zum Geheimen Re gierungsrat und Vortragenden Rat ernannt. Im Jahre 1903 erfolgte dann seine Berufung auf den Posten, den er zurzeit noch inne hat. * Die Kommissionsberatungen im Reichstage sollen am 10. Oktober beginnen. Bis zu diesem Tage ist bekanntlich der Reichstag am 31. Mai ver tagt worden. Dem Präsidenten wurde aber die Mit teilung gegeben, die nächste Plenarsitzung und die Tagesordnung dafür selbständig fest üstellen. Wie wir bereits in der gestrigen Abendnummer mitteil te», ist die erste Plenarsitzung nach den Ferien auf den 17. Oktober festgesetzt. * Reichspartei und „Post". Die „Post" veröffent licht heute folgende Erklärung: „Die „Post" und die Freikonservative und die Reichspartei. Die „Post" vertritt auch nach ihrem Uebergang in den Besitz der jetzigen Eigentümer im allgemeinen die Anschauungen der Freikonservativen und Reichspartei, ist aber nicht gebunden, jür jede Stellungnahme der Partei einzu treten. Diele ist andererseits für die Artikel der „Post" auch nur insoweit verantwortlich, als Auf sätze und Notizen als solche gekennzeichnet sind für die sie die Verantwortung trägt. Nach gegenseitiger Aufklärung über die bekannten Vorfälle haben weder die Partei noch die Besitzer der „Post" Anlaß, dies Verhältnis zu ändern." * Zum Ausbau unserer afrikanischen Bahnen er fahren wir, daß die Fortführung der Usambarabahn bis zum Viktoriasee und die Verlängerung der Dantalbahn in Ostafrika von Tabara an den Tangang- hafen seitens der zuständigen Stellen im Prinzip beschlossen ist. Wahrscheinlich wird der Etat für 1912 bereits Mittel für die Vorarbeiten auf diesen Strecken fordern. * Vorträge über Alkohol auf Kriegsschiffen. Wie der „Inf." mitgeteilt wird, werden seit kurzer Zeit an Bord der deutschen Kriegsschiffe Vorträge über die Wirkung des Alkohols und besonders über die schlimmen Folgen des Alkoholmißbrauchs gehalten. Die Vorträge finden allwöchentlich statt. Die Mann schaften derjenigen Kriegsschiffe, auf denen sich keine Gelegenheit für derartige Vorträge findet, werden an Land geschickt, wo sie solchen Vorträgen beiwohnen können. Besonders die Seemannshäuser in Kiel und Wilhelmshaven sind aus diesem Gebiete mit Er folg tätig. noch nicht publiziert. Mit dem scheidenden Kriegs minister werden auch eine Reihe wichtiger Per- sonalveränderungen im Kriegsministerium vor fick gehen. Insbesondere sollen verschiedene Ab teilungsoorstände des österreichischen Kriegsmini steriums durch neue Offiziere resp. Beamte ersetzt werden. * Das Nachspiel des Pester Pistolenduells. Im Parlament kam es am Mittwoch wieder zu mehreren lärmenden Szenen. Der Abgeordnete Hegedues wandte sich in scharfer Weise gegen die Opposition, weil der Abgeordnete Sinegij den Direktor des offi ziellen Korrespondenzbureaus. Hofrat Rado, in den Wandelgängen wegen einer der Opposition unange nehmen Mitteilung anrempelte, weshalb zwischen den beiden ein Pistolenduell ausgetragen wurde. Tie Bemerkung Hegedues', daß nur eine blutarme, ernster Arbeit unfähige Opposition, die das Land irreführe, imstande sei, das Eastrecht der Presse zu verletzen, erregte lärmende Tumulte, fand jedoch die volle Z u st i m m u n g der Majorität. Der Vorsitzende ries Hegedues zur Ordnung und drückte die Hoffnung aus, daß keine weiteren Taktlosig keiten die Tätigkeit der Presse stören mögen. * Zu den Wiener Unruhen. Am Donnerstag nachmittag erfolgte unter starker Beteiligung der sozialdemokratischen Verbände das Leichen begängnis des bei den Krawallen am Sonntag durch einen Bajonettstich getöteten Effendrehers Prötzen beiger. Der Trauerzug bewegte sich durch ein Spalier von Tausenden von Menschen vom Hospital nach dem Ottakringer Friedhof. Gegen Ausschreitungen waren umfassende Vorkehrungen getroffen. Nutzer einem großen Polizeiaufgebot waren mehrere Kompanien und Schwadronen im Bezirk Ottakring zusammengezogen. * Die Lebensmittelkrawalle in Königinhos bei Prag. Seit mehreren Tagen finden in Königinhof ziemlich bedeutende Ruhestörungen und Demonstra tionen gegen die Teuerung statt Gelegentlich der Demonstration wurde der Bezirkshauptmann durch einen Steinwurf verletzt, so daß er durch einen aus Königgrätz berufenen Beamten ersetzt werden mußte. Es wurden bisher 80 Verhaftungen vorgenommen. Unter den im Laufe der letzten Tage verwundeten Personen befinden sich auch 10 Soldaten. Das Militär patrouillierte durch die Straßen und duldete keinerlei Ansammlungen. Der Streik der Arbeiterschaft ist allgemein. England. * Die Streiklage in Irland ist bis jetzt unver ändert. Die Verhandlungen haben noch zu keiner Einigung geführt. Die Leiter der Streikbewegung drohen mit dem Generalstreik, wenn ihre Be dingungen nicht erfüllt werden. In vielen Orten werden die Lebensmittel knapp. Die Stadt Dublin soll nur noch für zwei Tage Nahrung haben. Zusammenstöße mit der Polizei sind bisher nicht vorgekommen. Die Regierung hält aber aller orts starkes Militäraufgebot bereit. * Einstellung des Luftpostdienstes in England. Am Mittwochabend ließ der Minister für Post- und Telegraphenwesen bekanntmachen, daß er die Be förderung von Postsachen durch Aeroptane nicht mehr gestatten würde. * Handelsgerichte in England. Um dir Streitig keiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu beseitigen, hatte Premierminister Asquith eine längere Konferenz mit den Chefs einiger großer Handelshäuser sowie einigen Vertretern der Ar- beiterschast, in der über Maßnahmen zur Schaffung eines Handelsgerichtes beraten wurde. Ein Ent wurf wird demnächst von den Behörden ausgearbeilet werden. Schweiz. * Die Ausführungsbestimmungen des deutsch schweizerischen Niederlassungsverträges. Ueber den Vollzug des am 1. Oktober in Kraft tretenden neuen deutsch-schweizerischen Niederlassungsvertrags hat der Bundesrat in einem Rundschreiben an alle Kantone die erforderlichen Weisungen gerichtet. Nach der Meinung des Bundesrats sollen die Kan tone über das Vorleben der deutschen Niederlassungs bewerber eine polizeiliche Auskunft bei den zustän digen deutschen Behörden nur einholen, wenn den Umständen nach eine besondere Veranlassung vor liegt. Italien. * Der Jahrestag der Befreiung Noms. Am Jahrestage der Befreiung Roms durch die italienischen Truppen senden im ganzen Königreiche begeisterte Kundgebungen statt. Alle Städte hatten geflaggt, öffentliche Um züge fanden statt, an den Denkmälern der Helden, die sich um die Unabhängigkeit des Vaterlandes ver dient gemacht haben, wurden Kränze niedergelegt und patriotische Reden gehalten. In Rom trugen die fest lichen Kundgebungen einen besonders großartigen Charakter. Ein ungeheurer Zug, an dem sich die Be- Hörden sowie Vereine und Studenten beteiligten, be gab sich an di« historische Stelle, an der Bresche in die Mauern Roms gelegt worden war. Bürgermeister Nathan verlas dort ein an den König gerichtetes Er- gebenhcitstelegramin sowie die Antwort des Königs und hielt eine Rede, in der er den Tag als ein Fest des Menschenrechtes bezeichnete und erklärte, das Rom vor 1870 wäre in Finsternis und Aberglauben «ingebüllt gewesen.. Mit dem Ruse: Es lebe Italien, es lebe die Freiheit! schloß der Bürgermeister seine Ausführungen. Weitere Reden folgten. — Abend war dle Stadt illuminiert. Literatur. Nich. Wagner. Sämtliche Schriften und Dichtungen, Band 11 und 12. Die soeben im gemeinsamen Der- läge von Breitkopf L Härtel und C. F. W. Siegels Musikalienhandlung (R. Linnemann) in Leipzig er schienenen Heiden Nachtragsbände (Bd. 11 und 12s schließen sich in Satz und sonstiger buchtechnischer Aus» stattung eng an die früheren 10 Bände der „Ge sammelten Schriften und Dichtungen" des Meisters an und runden diese nunmehr zu einer Ausgabe der „Sämtlichen Schriften und Dichtungen" Wagners ab. Besonderes Entgegenkommen des Hauses Wahnfried ermöglichte es den Verlegern, in dem von Hans von Wolzogcn herausgegebenen, die dramatischen Dichtungen, Entwürfe und Skizzen enthaltenden elften Bande u. a. mehrere bisher ungedruckte größere Arbeiten, wie z. B. die vollständigen Operntext- dichtungcn zu dem „Liebesverbot" und zu der „Lustigen Bürenfamilie" sowie den Entwurf zu dem Drama „Friedrich Rotbart" zum überhaupt erstenmal, andere wieder, wie z. B. den Tert zur Oper „Die Feen" in einer nach der Partitur verglichenen, wcsenst lich berichtigten und vervollständigten Fassung darzu bieten. Ter mit großer Umsicht und vielem Sammel- flciße von Prof. Dr. Rich. Sternfeld zusammenge- tragene und herausgegebene zwölfte Band umfaßt alle diejenigen bekannt und zugänglich gewordenen literarischen Arbeiten Wagners, die in den übrigen 11 Bänden noch nicht enthalten sind. Der Band be- ginnt mit Arbeiten aus des Meisters früher Jugend- zeit und reicht bis in die letzten Tage seines Lebens hinein. Das gesamte Material dieses Bandes, das in seiner außerordentlichen Mannigfaltigkeit ein Spiegelbild der bewundernswerten Universalität Wagners gewährt, wird von dem Herausgeber hier in sorgfältigst nachgeprüfter und vielfach non früheren Abdrücken abweichender, berichtigter Fassung dar geboten. Der neue Jahrgang der „Süddeutschen Monats hefte" wird durch das eben erschienene Oktoberheft eröffnet, das eine Fülle von bedeutsamen Beiträgen enthält. Eine Novellette von Arthur Schnitz ler, „Das Tagebuch der Redegonda", führt in mpstisches Gebiet. Ludwig Ganghosers Wiener Erinnerungen werden in dessen Gemeinde dankbare Leser finden. Hugo v. Hofmanns thal äußert sich feinsinnig über das Wesen der Pantomime. Prof. Christoph Schrempf schreibt ein tiefdringendes Schlußwort zum Fall Jatbo. Der Freiburger Historiker Geheimrat Prof, v. Below unterzieht das Promotionswesen unserer Universitäten einer scharfen Kritik. Der Frankfurter Stadtrat und Landtagsabg. Flesch behandelt den englischen Dockarbciterstreik. Dr. Rauschenbergcr bietet neue Ausschlüsse über den Philosophen Philipp Mainländer. Eine Perle der Essanliteratur ist der Aufsatz des Münchner Akademiepräsidenten v. Heigel über Regensburg. Vrielksven. B. 8. B. Ihre Fragen finden Sie in der heutigen Nummer an erster Stelle des lokalen Teiles beant wortet. krrltrttüie Nachrichten. Israelitische Reliftiononemeiade Leipzig: IcstgotteSdicnst heute Freitag abends 6 Uhr mit Predigt: morgen Lonnabend früh 8 Uhr, Predigt Uhr, abends k'/, Uhr und Lonntag 8 Uhr, Predigt Uhr. Motette iu der Thomaskirch«. Lonnabend, den 23. September, nachmittags Ohr. I. S. Rach: Prälndinm und Inge »H-Tur). I. Schicht: »Die mit Tränen säen." I. S. Na ch: Präludium und Fuge tA-Dur). W. Rust: „Kyric." Ni. P. da Palestrina: »SanetuS." Kirchenmusik in der Thoaraskirche. 15. Sonntag nach Trinitatis, d. 2l. September, norm. >?U) Uhr. F. Mendelssohn: Aus dem Oratorium »Elias-, Chöre und Arie. X Verlangen Sie ausdrücklich: 7UMMSW j Sil-onctino-Lenfssucs ^oireLki'-5suceL 0eIiksfe§L-5enf! In Huven vesonders vorteilhaft! Theater. Leipzig, 22. September. Neues Theater. Zum ersten Male: „Der Kardina l." Ein Stück in vier Akten (nach L. N. Parker) von M. Grube und R. Lothar. — Zuweilen wird manches geschaffen, damit das Handwerk wenigstens nicht völlig ruhe. So mag Parkers Schauspiel „Der Kardinal" entstanden sein; ein echtes Kulissenstück, das mit veralteten technischen Mitteln arbeitet, etwas vom romantischen Geiste eines Viktor Hugo in sich hat, das Gute einen erkleck lichen Triumph davontragen läßt und sich halb als Rührstück, halb als dramatisierte Kriminalnovelle darstellt. Die Handlung ist sehr einfach, spielt im Palazzo des Kardinals Giovanni de Midici zu Rom und zieht sich, dank mannigfacher, mehr künstlich als künstlerisch retardierender Momente durch volle vier Akte hin. Im Park der Medici hält der vertriebene Florentiner Andrea Strozzi um die Hand der Tochter des großen Mäzen Bartolomeo Chigi an. Ziemlich höhnisch abgewiesen, überkommt ihn rasende Wut. Er ermordet den Vater der Ange beteten, beichtet, ohne, den Namen seines Opfers zu nennen, die Tat dem Kardinal, der ihn absolviert, und begibt sich in den Krieg. Die Sache wird natür lich bald ruchbar, auf falsche Indizien hin Giuliano, Giovannis Bruder, verhaftet und zum Tode ver urteilt. Der Kardinal mag das Beichtgeheimnis nicht brechen. Giovanni tritt seinen letzten Gang an, Strozzi kommt hinzu und — gesteht sein« Tat. An Stelle der dumpfen Totenglocke ertönt frohes Hockzeitsgeläut. Eewiffe Spannungen ergeben sich hier ganz von selbst, starke, rein äußerliche Effekte treten hinzu, zahlreich verstreute Bibelsprüche geben ein kleines religiöses Relief, einige ziemlich verblaßte Shaks- spearesche Typen werfen einen Schein von H)»mor über die und jene Szene, und das uralte Motto, daß die Braut sich einem Ungeliebten hingeben will, be hufs Rettung des Bräutigams, übt seine Wirkung noch immer aus. Die Rezeptdramatik erinnert leb haft an jene etwa eines Laube und die Gefühls äußerung, ja Vergeudung läßt sich dem Vorbild nach etwa bis zum seligen Raupach zurückführen. Das einzige Gute, bzw. Bedeutende ist der Konflikt, in den der Kardinal mit sich selbst gerät ob der Wah rung jenes Beichtgeheimnisses. Aber erst inmitten des Stückes, am Ende des zweiten Aktes, wird der Held des Ganzen vor diese alles entscheidende Frage gestellt, beginnt die eigentliche bewußte Anteilnahme des Zuschauers, wohingegen viele andere voran gehende und nachfolgende Szenen unsraglich ein Desinteressement ergeben. Die vortreffliche Aufführung der sehr beifällig aufgenommenen Novität vermochte doch die offen baren Schwächen des Stückes nicht zu verdecken. Im Mittelpunkte des Interesses stand der Kardinal des Herrn Max Grube, der mit R. Lothar das Stück bearbeitete und anscheinend speziell für den eigenen Gastspielbedarf zurichtete. Der Hauptsache nach ist der Kardinal ein passiver, weil zum Schweigen ver urteilter Held, von dem der genannte Künstler eine sehr starke rhetorisch-pathetische Wirkung ausgehen ließ. Die Gestalt verleugnete in keinem Zuge ihre Herkunft aus der Stadt des Lebens, aus Florenz. Zu der engeren Kirchenlust gesellt sich die Atmosphäre des Gelehrten- und Mäzenatentums, zu dem Drang nach Schönheit und den Künsten der edelsten Gesellig keit di« Allüren des hohen Kirchenfürsten, und zu florentinischer Anmut und Eleganz der pessimistische Anhauch der Ballata von Lorenzo Magnifico: „I>i äornan non e'd oertorrn." Max Grubes Medizeer hatte Größe und Würde in und an sich, sein Wort Klang und Vollkraft, seine Bewegung Schönheit und Vornehmheit. Aber doch vermochte auch dies« hoch- entwickelte Redekunst keineswegs immer die oft auf- tretende Banalität desTextes zu verheimlichen. Nicht trockene Prosa, sondern volltönende Jamben schienen der Größe dieses Organs willkommen zu sein. Mil dere Herzenstöne schlug der Künstler an. als sich der Kardinal der verewigten Annunziata als des Sterns seiner Jugend erinnert; realistisch und von feinem Humor gesättigt war die Szene, in der der Medizeer und der gerissene Chigi miteinander um gegenseitige Ueberlaffung einer Antike feilschen. Ein kleines Wort, ein geringer Akzent vergegenwärtigte häufig einen großen Schmerz, den eine Handbewegung noch charakterisierte. Es kam wieder einmal zu der Wahr heit des alten Satzes, daß manches Stück ein,zig und allein durch den bedeutenden Darsteller interessiert. Herr Intendant Grube stand nicht vereinzelt. Einen würdigen Eindruck hinterließ Herrn Wal ters gestrenger, aber doch so menschlich fühlender Baglioni, sympathisch wirkte Herrn Hellmuth- Br ä m s Chigi, nicht unbedeutend, wenngleich nicht schroff genug der Strozzi des Herrn Wendt. Der Bel Eiulio Herrn Feldhammers war ein über aus feuriger Liebhaber, die Filiberta der Frau Monnard eine rührende Erscheinung. Für die Clarica de Medici hatte Frl. Nolewska wohl die edle Repräsentation, nicht immer aber die vollwie gende Rhetorik. Als gutmütig staunender sächsischer Abt und wackerer, treuer Glöckner Beppo waren die Herren Demme und Huth vortrefflich am PlaHe. Herr Oberregiffeur Winds gab dem Stücke «ine schöne, den Geist der Renaissance widerspiegelnde szenische Umrahmung. L. 8. Schauspielhaus. Neu ein studiert: Wal lensteins Tod. Es war recht wacker, daß sich Oberregiffeur Ernst Bornstedt nicht hatte verdrießen lassen, auch den dritten Teil der Wallenstein-Dramen, Walllen- str: nsTvd, neu «inzustudieren. Man sah aus der Vorstellung, daß das Schauspielhaus über eine An zahl Kräfte verftrgt, die sehr wohl befähigt sind, Schillersche Dramen gedanklich durchzuarbeiten und auf die Bühn« zu stellen. So waren gestern abend z. B. Alfred Wötzel als Oktavio Piccolomini ganz vorzüglich, und gleiches Lob verdienen Wil li e n b a i n als Jsolani, Ostwaldt als Buttler und Leibest als Oberst Wrangel. Vielleicht war dar stellerisch Leibelt am besten. An Bornstedts Wallenstein war im ersten Akt, besonders in dem großen Prolog: „Wärs möglich ufw." eine kleine Indisposition der Stimme auszusetzen. Auch nahm er den Prolog etwas zu schnell, wodurch manche prächtig: Nuance verloren ging. Erfreulicherweise war diese Jndisponierung vorübergehend und in den dramatijcknm Szenen der folgenden Akte stellte Born stedt «inen imponierenden und überzeugenden Herzog auf die Bühne. Groß waren di« Szenen der Tren nung von Max Piccolomini, dc p Otto Groß voll ausschöpft« und prächtig herausorachte. Aber die Gräfin Terzky! Frl. C h rist o p he rse n — ganz abgesehen von einer gewiß beeinträchtigenden Heiser keit — blieb doch so ziemlich alles schuldig, was man von einer Gräfin Terzky erwarten darf und muß. Es ist unmöglich, daß eine solche Gräfin im ersten Akt einem Wallenstein imponiert, ihn überzeugt, ihn zum Abschluß mit den Schweden zwingt. Und gleich mißlungen war die darstellerische Leistung im Schlußakt nach der Ermordung Wallensteins. Hier fehlt glatt die Größe der Heroine, die uns fortreißt, die uns im Innern gewaltig packen muß. Vielleicht bessert ein tieferes Studium dieser Rolle noch dieses Fehlen an Hineindenken und Ausdruck in di« Gröhe der Gräfin. Die anderen Darsteller wurden ihrer Aufgabe gerecht, ohne M stören, ja, Herr Beder als TerAy und Herr Herrmann als Gordon gaben sogar beachtliche Leistungen. Frl. Martha Tho- mas als Thekla wußte im vierten Akt im Monolog nach der Erzählung des schwedischen Hauptmann« ergreifend« Töne zu finden. Das Zusammenspiel war zu loben, ebenso wie die Regie. Wenn man noch etwas mehr Sorgfalt auf die Ausstattung legen würde und — «ine ander« Gräfin Terzky gefunden hätte — wäre der Erfolg noch entschiedener ge wesen. n. 8.
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