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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 27.09.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-09-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110927018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911092701
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911092701
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-09
- Tag 1911-09-27
-
Monat
1911-09
-
Jahr
1911
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Seemacht gesechtsunfähtg geworden. Wie muß es bei uns aussehen, wenn wir unsere Flotte nicht ständig vergröbern, um das Ucbergcwtcht über alle Zveltflotten zu haben, wenn uns eine Anliche Katastrophe betreffen sollte, die unsere Marine minderwertig gegenüber unseren Gegnern macht!" In Wien äußert sich die „Neue Freie Presse" in einem längeren Artikel über das schwere Unglück und meint u. a.: Zn der Trauer, die die ganze zivili sierte Welt augenblicklich mit Frankreich nachfühlt, gesellt sich doch unwillkürlich die Frage, ob das furcht bare Unglück, das Hunderte braver Soldaten einem frühen Tode geweiht hat, nicht doch hätte verhütet werden können. Es muß strengste Pflicht der Re gierung sein, untersuchen zu lassen, ob der Befehl der Offiziere, das brennende Kohlenlager innerhalb der „Sibert,- unter Wasser zu sehen, auch pünkrlich und gewissenhaft zur Ausführung gelangt rst. Sollte hier eine Schuld der Matrosen vorlicgen, so muß ferner untersucht werden, ob und wie es dann mög lich gewesen sein kann, das; die Flammen von den brennenden Kohlenräumcn auf die Pulver-Magazine überspringen konnten. Es scheint doch, das; irgendwo etwas nicht so ganz in Ord nung gewesen ist. Hoffen wir vorläufig, das; es bei den 300 Todesfällen bleiben wird, und das; kerner der Schwervcrwundeten seinen toten Kameraden nachfolgen wird. Weitere Beilcidsäußerungen. Ter Prinzregcnt von Bayern sprach dem Präsidenten Falliöres sein wärmstes Beileid an dem beklagenswerten Unfall aus, der die französische Marine durch die Erplosion der „Liberte" betraf. Ter Oberbürgermeister von Berlin Kirschner hat an die Pariser Stadtleitung folgendes Telegramm gesandt: „Bei dem schweren Unfall, den di« französische Flotte durch den Berlust der „Liberte" betroffen, spreche ich namens der Berliner Bevölke rung der Stadt Paris die herzlichste Teilnahme aus. Marokko. Das Interesse für Marokko ist in der Oeffentlich- keit völlig hinter dem für Tripolis zurückgetreten. Spannungsmomente liegen in dem Marokko-Handel freilich auch nicht mehr vor. Der Optimismus über einen raschen Abschluß der Verhandlungen bricht sich immer mehr Bahn, wie auch aus folgenden Draht meldungen zu ersehen ist: Paris. 26. Sept. tEig. Drahtmeld.) Die franzö sische Morgenpresse ist wegen der deutsch-fran- 'ösischen Marokkoverhandlungen von aröbtem Optimismus beseelt und glaubt, das; der deutsch-französische Akkord bereits in den nächsten Tagen vollkommen abgeschlossen sein wird. „Bis heute nach Mitternacht", so schreibt der „Matin", „war noch keine Nachricht des sranwsischen Botschafters in Berlin am Ouai d'Orsay eingctroffen, wie die deutsche Regierung die neuen von Frankreich ge sandten Vorschläge ausgenommen hat. In offiziellen französstchen Kreisen in nach unseren Informationen die Verständigung so gut wie gesichert. Man darf allerdings nicht erstaunt sein, wenn die deutsche Regierung noch eine Beschränkung ge wisser Fragen der französischen Vorschläge machen wird: aber diese wird, wenn auch eine Verzögerung des endgültigen Abschlusses eintrcten wird, kaum eine Meinungsverschiedenheit zwischen beiden Regierungen Hervorrufen." Auch der „Excel- sior" ist der Meinung, das; die neuen französischen Vorschläge von Deutschland fast vollslündig angenom men werden. Der französisch-deutsche Marolkokonflikt, so schreibt das Blatt, ist vollständig erledigt. London, 26. September. (E. D.) In hiesigen offiziellen Kreisen ist man der Meinung, das; Deutsch land der gestern von Frankreich an Herrn v. Kider- len-Wächter gesandten Antwort voll und ganz beistimmen wird. Spanische Forderungen an Frankreich. Madrid. 26. Sept. lE. D.) In hiesigen offi ziellen Kreisen glaubt man, das; die deutsch-franzö sischen Marokkoverhandlungen in diesen Tagen zu einem glücklichen Ende geführt werden. Die „Epoca" erklärt, das; nach der Verständigung Deutsch lands mit Frankreich Spanien an Frankreich heran treten wird, um seine Wünsche in Marokko vorzu tragen. Spanien darf unter keinen Umstän den leer ausgehen. Stäütetay unü Milchnot. Der Vorstand des Deutschen Städtetcxges hat an den Reichskanzler eine Eingabe gerichtet, in der dringend um Masin ahmen zur Be - Hebung der Fleischtcuerung gebeten wird. Der Deutsche Städtetag erinnert daran, das; er wiederholt, zuletzt im Oktober 1910, bei der Reichs regierung dahin vorstellig geworden ist. das; Matz nahmen zur Beseitigung der Fleischieuerung ge troffen werden möchten. Diese Eingaben seien bis her leider ohne Erfolg gewesen. Dabei seien die Preise für Rinder, Kälber und Schafe fortdauernd gestiegen und würden nach Ansicht sachkundiger Kreise eine weitere Steigerung erfahren, nachdem infolge der Maul- und Klauenseuche und des durch die Dürre des Sommers verursachten Futtermangels erhebliche Bestände von Vieh teils vernichtet, teils vorzeitig auf den Markt gebracht worden sind. Ersatz werde günstigstensfalls erst allmählich heranwachsen. Auch die Schweinepreise, die bisher diese Steigerung nicht zeigten, würden voraussichtlich binnen kurzem an ziehen. Bei dieser Sachlage seien rasche Maßnahmen geboten, um eine für alle Volkskreise gefährlich lang andauernde Fleischteuerung hintanzubalten. Als geeignete Wege zu dem Ziele seien bisher angesehen worden einmal: Erleichterung der Einfuhr von leben dem Vieh aus unseren Nachbarländern, des weiteren Ermöglichung der Einfuhr von gefrorenem und gekühltem Fleisch, besonders aus Argen tinien, und endlich Einfuhr von Fleisch aus unseren Kolonien. Die Eingabe begründet und rechtfertigt die Vor schläge dann ausführlich. Dabei wird mitgeteilt, das; der Vorstand des Deutschen Städtetages Sach verständige nach England entsandt habe, um die Frage der Einfuhr gefrorenen und gekühlten Fleisches zu studieren. Dre Sachverständigen haben berichtet,daß Mißstände dort nicht zu beobachten waren, auch sind nach ihrer Ansicht die Schwierig keiten der Untersuchung zu beheben. Am eingehendsten beschäftigt sich die Eingabe mit der wichtigsten Mastregel, der Erleichterung der Vieh einsuhr aus den Nachbarländern, im besonderen aus Holland, Dänemark, Schweden und Norwegen. Da einer solchen Einfuhr die überaus strengen veterinär polizeilichen Anforderungen cntgegenstehen, so hat der Vorstand des Deutschen Städtetagcs, geleitet von der Notwendigkeit vollen veterinärpolizcilichcn Schuhes, durch eine Kommission von Sach verständigen prüfen lassen, welche Vorschriften diesen Schutz nach jeder Richtung zu gewährleisten imstande sind. Tas Ergebnis der eingehenden Er örterungen dieser Kommission werde dem Reichs kanzler übermittelt. Schließlich wird zur Besei tigung der Futternot noch um Aushebung der Einfuhrzölle auf Futtermittel gebeten. Ole Nor öer „Kölner". Trübe Aussichten sind es, die nachstehende Aus führungen im „Neuen Jahrhundert" der Kölner Richtung im Zentrum für die Zukunft eröffnen: „Wie wird es weiter gehen? Die Stellung des Episkopats ist unklar. Wir haben schon kürzlich aus geführt, dast Trier und Breslau wissen, zu wem sie kalten und gegen wen sie arbeiten müssen. Wir wiesen aber auch darauf hin, dast der kluge Politiker Kopp nicht blindlings Vorgehen werde, weil er Mrliner Wünsche kennt und berücksichtigt. . . . Kopp konnte nicht zulassen, dast vor den Reichstagswahlen eine päpstliche Entscheidung lüber die christlichen Ge werkschaften) veranlaßt werde. Im Gegenteil, trotz seiner energischen Opposition hegen die Gewerk schaften, die ihm sozialdemokratisch erscheinen, und seines Widerwillens gegen Kölns „verwaschene Christlichkeit", ist er tätig, Rom von dem bald ge planten Schlag vorerst zurückzuhalten. Ob es ihm gelingt, ist noch nicht ganz sicher zu prophezeien, zu mal da. wie man erst jetzt unzweideutig erfährt, eine wesentliche Instanz versagt. Nunzius Dr. Früh wirt ist nicht, wie man allgemein dis jetzt annahm und infolge seiner klugen Reserve annehmen mußte, Freund der Kölner Richtung. Im Gegenteil, er ist mit Kopp und Korum einhellig in der Ver urteilung des Jntcrkonfessionalis- m u s. Diese Tatsache ist erst allmählich entschleiert worden und gibt den diplomatischen Fähigkeiten des Münchener Nunzius ein gutes Zeugnis. Doch mag bei allem seinem grundsätzlichen Widerspruch Nunzius Frühwirt ein Spielverderber aus eigener Initiative nicht sein. Deshalb tut er nichts, um die Katastrophe zu beschleunigen und läßt Korum und Kopp vorstoßen. Aber anderseits hütet er sich auch, etwas aufzuhalten, was Rom etwa für nächste Zeit plant. So liegt also alles bei Kardinal K o op. Daß der jüngste Bischof Deutschlands, der im Redenhatten sehr eifrige Bischof Faulhaber von Speyer, sich auf einem Kommers gegen das Buch von ?. Weiß aussprach un!d ihm „Pessimismus" vor warf, kann nicht stark in die Wagschale fallen. Bischöfe, die von kirchenpolitischem Gewicht und Ein fluß sind, reden nicht viel und umgekehrt." 9. LvangeMltr-luttrerjlÄe Lanüezlynoüe. f:) Dresden, 26. September. Der -1. öffentlichen Sitzung der evangelisch-lutheri schen Landessynode wohnte wiederum der Präsident des Landeskonsistoriums Dr. Böhme bei. Nach dem Gebet des Obcrhofpredigers DDr. Dibclius erstattete der erste Sekretär Bürgermeister Dr. jur. Seetzen - Wurzen den Vortrag aus der Registrande. Als Referenten zu Wahlprüfungen fungier ten Oberfchlosthauotmann Wirckl. Geh. Rat v. Carlo- witz-Hartitzsch auf Schloß Hayda, Oberamtsrichter Karing-Annabcrg, Stadtrat Braun-Freiberg, Super intendent Richter-Borna und Oberjustizrat Beck- Zittau, worauf sämtliche Wahlen für gül tig erklärt und angenommen wurden. Hierauf ging man zu Punkt 3 der Tagesordnung über, betreffend die Beratung üver den mündlichen Bericht des Ausschusses für den Erlaß Nr. 6, einen Bericht über den Zustand der evangelisch-lutherischen Landeskirche, und zwar über Abschnitt I. Geh. Kirchenrat Prof. IMr. Heinrici besprach in seinem Referats zunächst die formelle Gestaltung des neuen Berichtes, der den letzten Bericht an llebersichtlichkeit bedeutend übertreffe, und erwähnte hierauf den Abschnitt betreffend kirchliche Sitten und die Bemerkungen über die Kunstpflege. Der Be richt zeigte aver auch ganz besonders den Ernst der heutigen Zeit. Es sei darum wohltuend, in welch weiser und weitherziger Weise sich die Kirche bemühe, den berechtigten Wünschen der Zeit Rechnung zu tragen. Die Kirche habe ihre tiefen Wurzeln auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens, in Wissenschaft Kunst usw., kurzum, nichts Menschliches sei ihr fremd. Sie wolle die Kräfte der Ewigkeit zur Geltung bringen und begleite den Mensck-en von der Wiege bis zum Grabe, rege sein Gewissen an und stelle ihm vor, was gut und was böse sei. Die Grundlagen der Kirche seien fest und unerschütterlich. Allerdings habe sich manche Unstimmigkeit in diesem festen Gefüge bemerkbar ge macht. Es gäbe aber immer einen Ausgleich. Wenn die Verhältnisse in der Stadt ungünstig seien, so seien sic wieder auf dem Lande günstig und umge kehrt. Ein trauriges Kapitel seien die Ehescheidungen, ebenso die Austritte aus der Laitdcskirche. Die Konfirmandensrage sei einer eingehenden Behandlung zu unterzieh». In nahem Zusammenhänge hiermit stehe die Frage der Ju gendfürsorge. Die Jugend sei beim Christen tum zu erhalten. Der Kampf um die Weltanschau ung sei zu einem Kampfe für das Christentum ge worden. Es handele sich bei diesem Kampfe um eine Auseinandersetzung mit neuen Idealen. Die heutige Zeit kränkele an einem Irrewerden an den altbewährten Grundlagen unserer Kultur. Schwer wiegend seien hierbei besonders die sozialen Fragen. Es werde nicht nur nach einer Zerstörung der alten Ideale, sondern auch nach einem Ersatz der Grundlagen unserer Kultur durch neue Werte gesucht, welche sich aus den neuen Lebens bedingungen ergeben. Der Redner erörterte hierauf di« Frage der Trennung von Staat und Kirche und wies dann auf die neue Organisation der monistischen Bewegung hin, die unter den Gebildeten einen großen Zulauf habe. Die Monisten meinten, humanistische Bildung, geschichtliche Wissen schaft gehen uns nichts mehr an und alle Beschäfti gung mit der Vergangenheit sei für uns nicht mehr von Bedeutung. Es ist gut, so führte der Redner aus, daß wir wissen, wogegen und wofür wir zu känipfen haben. Aber er könne auch auf erfreu liche Momente des Berichtes Hinweisen. Beson ders aus dem Gebiete der Bekämpfung von Schmutz- und Schundliteratur sei man mit Erfolg tätig ge wesen. Es s«i die Aufgabe der Kirche, die Wahrheit zu suchen in Liebe. Wir wollen das Gemeinsame suchen, und wo wir es nicht finden, mit offenem Visier den Kampf aufnchmen. Ueber Abschnitt I des Berichtes referierte Pfarrer Ende-Planitz. Er wies einleitend darauf hin, daß er in seinem Amte eine gewisse Er fahrung in den kirchlichen Verhältnissen habe, denn gerade in seiner Gemeinde sei im kleinen alles vor handen. Der Referent betonte in seinen Ausführun gen besonders die großen Schwierigkeiten, die denjenigen Katholiken gemacht würden, die zur Landeskirche übertreten wollten. Diesen Punkt betraf auch ein Antrag des Superintcnden- ten K r ö b e r - Pirna. Der Antrag ging dahin, die Landessynod« wolle das Kirchenregiment ersuchen, mit der zuständigen Behörde des Landes in Verbin dung zu treten, um die unfreundlichen Be handlungen, die solchen Personen, die über treten wollen, von den zuständigen Geistlichen ihrer bisherigen Konfession zuteil werden, durch gütliche Vereinbarung zu beseitigen. In der Begrün dung des Antrages wies Superintendent Kröbcr darauf hin, dast durch solche unfreundliche Behandlungen der Uebertrrten- den das Ansehen der Landeskirche stark beeinträchtigt werde. Es sei unnötig, solche Leute, die zu ihr über treten wollen, erst lange Spießruten laufen zu lassen. Bezüglich der Friedhofsfrage habe man der katholi schen Kirche viel Zugeständnisse gemacht. Man habe den katholischen Geistlichen sogar gestattet, die Mit glieder ihrer Kirche auf evangelischen Friedhöfen nach katholischem Ritus zu beerdigen und man könne hoffen, daß auch einmal der evangelischen Kirche in gleicher Weise entgegengekommen wird. Superintendent Kirchenrat Dr. Schmidt- Anaa- berg verbreitete sich über ein« entsprechende Verord nung des Königs. Kultusministeriums. Weiter sprachen noch Oberkirchenrat v. Nobbe - Leisnig und Pfarrer R e i ch e l t - Dresden. Präsident I). Böhme erklärte, daß sich das Kirchenregiment mit dem Antrag einverstanden er klären könne. Weiter sprachen noch die Synodalmit glieder Pfarrer Müller-Leipzig-Neustadt, Obcr- iustizrat Beck-Zittau, Amtshauptmann v. Nostitz- Wallwitz-Leipzia, Geh. Kirchenrat Dr. Har tung-Leipzig, Geh. Kirchenrat Dr. Hoffmann- Chemnitz usw., worauf der Antrag Kröber einstim mig angenommen wurde. Bei der Besprechung des Abschnittes IV, betr. das Verhältnis zu anderen Kirchen und Religions gesellschaften, besprach das Synodalmitglied Stadtrat Slesrna - Buchholz die Verhältnisse in der Erziehung der in gemischten Ehen ge borenen Kinder. Er beantragte, das Kirchen regiment zu ersuchen, das; § 8 des Kirchengesetzes vom Jahre 1836 abgcändert werde, damit in der Erteilung des Religionsunterrichts eine Aenderunz eintrete. Oberjustizrat Beck-Zittau bittet, den Antrag on den Verfassungsausschuß zu überweisen. Oberhofprediger VDr. Dibelius vertritt eie Meinung, daß die Anschauungen inner halb der deutsch-katholischen Gemeinde heutzutage mehr denen der religionslosen Dissi denten anaehören. Ihr Weg führe immer werter weg vom Christentum, so das; die Voraussetzungen des Gesetzes von 1848 bei den Deutschkatholiken heute nicht mehr vorhanden seien. Infolgedessen sei eine Aenderung des bisherigen Verhältnisses der Dearsch- katboliken zu den christlichen Kirchengemeinden ,c:,t wohl nötig. Pfarrer Gräfe-Arnsfeld verweist auf die Bc-rrmnäus-Gnzyklika, die zahlreiche Proteste ausge- löst habe. Auch der König hab« feierlich hiergegen protestiert, wofür ihm die evangelisch« Landeskirct-s ln-rtte noch dankbar sei. Er wünsche, daß das sächsische Kirchenregiment den deutsch-evangelischen Kirchen ausschuß auffordern möchte, daß den Evangelischen auf den katholischen Friedhöfen Deutschlands die selben Vorteile eipgeräumt werden möchten, wie Die Stsüt üer schönen Türme. (Studienfahrt der nordeuropäischen Presse nach Kopenhagen.) Don Wilhelm o. Buttlar. . m. Oeffentlichc Gebäude. Eines der Bauwerke, auf die der Kopenhagener mit Recht stolz sein darf, ist das neue Rathaus. Die einfache Linienführung dieses nordischen Renaissancebaues imponiert dem deutschen Groß städter von Geschmack, dessen Auge gewöhnt ist an überreichen ornamentalen Schmuck an den großen, meist protzigen Trutzburgen großstädtischer Kom munen. 2n Martin Nyrop sanden die Kopenhagener den rechten Architekten, der es verstand, dieses stolze Werk selbstbewußten Bürgcrsinnes zu schaffen. Das „Haus der Bürger", das dem Rathausplatz ein majestätisches Relief verleiht, ist von hehrer Monu mentalität und in allen seinen gleich groß und ein heitlich wirkenden Teilen von reinster Schönheit und Harmonie. Es erinnert mit seinen Mauer zinnen, seiner Muschelschale an die mittel, und norditalienischen Rathäuser des späten Mittel alters. Es würde aber inweit führen, wollte ich eine Beschreibung des Baues geben. Jedenfalls wird jeder mit reiner Freude und Bewunderung diese» Rathaus betrachten und betreten. Da ist es im Innern zunächst die gewaltige Nathaushalle. die uns packt und fesselt. Hier war cs, wo der Ober präsident (Oberbürgermeister) von Kopenhagen, Jonautöres, uns geladenen Preßvertretern einen ebenso schlichten, wie herzlichen Willkommen zuricf. Gerade die Schlichtheit dieser Begrüßung berührte, ebenso wie bei der Audienz beim König, so außerordent lich sympathisch. Und bei dem Rundgang durch die herrlichen Räume fiel uns Norddeutschen besonders eins immer wieder auf: die Behaglichkeit und Wohnlichkeit, mit der selbst die Bureauräume der letzten Schrecber und Aktuare ausgestattet sind. Nichts von der bureautratischcn Kälte solcher Räume wie bet uns; da hängt nicht der Fahrplan einer Zeitung und eine Zinstabelle oder ein Regulativ al» einziger „Wandschmuck", sondern hübsche und ge schmackvoll gerahmte Städteanfichten schmücken die Wände, auf den Schreibtischen sah man viel fach frische Blumen in hübschen Vasen, und selbst kleine Kunstwerle aus der Kopenhagener Porzellanmanufaktur fehlten nicht. Mit vornehmer Pracht ausgestattet sind die Repräsentationsräume, die Sitzungssäle, die Zimmer der Ausschüsse und der vier Bürgermeister, deren zweiter. Jensen, mit Stolz bei einer Taselrede beim Festmahl in Klampenborg sich einen der llnsrigen nannte, denn er war vor «einer Berufung zum Bürgermeister lange Jahre Journalist und Redakteur gewesen, und zwar sozial demokratischer! Das ist uns neu und interessant, genau so wie die 11 weiblichen Stadtverordneten Kopenhagens. Ich möchte nicht unerwähnt lassen die Kunstaieliers und Modelljammlungen. die im Dachgeschoß untergebracht sind. Dort werden z. L. in städtischer Regie herrliche Gobelins gewebt, dort finden sich alte Urkunden ausgestellt, deren Studium uns sicherlich mit der Stadt Kopenhagen noch ver trauter gemacht hätte. Ein Unikum: cs befindet sich dort eine Urkunde, ein Innungsbrief aus dem 17. Jahrhundert, der in deutscher Schrift geschrieben ist. Jetzt verwendet der Däne bekanntlich die latei nischen Buchstaben in Schrift und Druck. Daß man Kopenhagen den Ehrennamen eines nordischen Athen verliehen hat, ist nicht ganz unbe gründet. Unter den öffentlichen Gebäuden, die Kunst sammlungen enthalten, steht die Glyptothek an allererster Stelle. In ihr hat Dr. Carl Jacobsen, der größte Sobn des Landes, der nordischen und französischen Vildnerci eine mit den erlesensten Schätzen erfüllte Heimstätte geschaffen, und wir Journalisten dürfen stolz darauf sein, daß der große Mann, der sonst so zurückhaltend ist, es sich nicht nehmen ließ, uns persönlich durch sein unvergäng liches Werk zu führen. Der ganz« Prachtbau ist rings von einem schim mernden Kranz bronzener Kunstwerke umgeben, darunter Rodins „Bürger von Calais" vor der Hauptfassud«. Der Rückfassadc sind Anlagen mit Rodins „Grüb ler" als Mittelpunkt vorgelegt. Ueber ihrem tempclartiaen Portal ruht eine von bronzenen Rossen flankiert« Pyramide, deren Krönung eine Athena bildet. Das Innere des Museums, zu dessen Betrieb Dr. Carl Jacobsen die Summe von 1 Million Kronen gespendet hat, ist mit verschwenderischer Pracht und feinstem künstlerischen Geschmack ausgestttt«t. In der Abteilung für nordisch« Bildhauerei sind die beiden Repräsentanten der Blütezeit der neueren dänischen Kunst, Bissen und Ierichau reich vertreten. Hier hat man Gelegenheit, dt« Originale der Hauptwerke von Stephan Sinding zu bewundern, groß ist die Zahl der Werke von Constantin Meunier, und hier befindet sich auch Max Klingers Diana. Nur in Paris findet sich eine vollständigere Samm lung französischer Skulptur, die hier durch zahlreiche Meisterwerke von Rodin, Dubois, Falauiere, Merciö, Thapu, Barrias, Dautherin, Delaplanche und anderer vertreten ist. Aus der Haupthalle führen reich mit Stuckarbeiten und Marmor geschmückte Treppen zu dem Renaissance- und Gemäloesaal sowie zu einer Flucht weiterer Säle mit wundervollen Gebilden aus Marmor und Erz empor. Die Verbindung zwischen der modernen Abteilung des Museums und der antiken mit Sälen, von ägyp tischer, griechischer und römischer Unsterblichkeit ge füllt, vermitelt der Palmengarten, zu dem Dr. Carl Jacobsen und seine edle Gemahlin ebenfalls die Mittel gespendet haben. Nur einem hohen künst lerischen Sinn konnte «in« Schöpfung von solch «nt- zückendem poetischen Rett in Gedanken und Ausfüh rung entspringen. Mit seinem leuchtenden Blumen flor. seinem Reichtum an Palmen und tropischen Ge- wächstn mutet er wie ein Farbrntramn aus dem Osten an. Ueber dem leise rauschenden Springquell, dessen Becken südliche Pflanzen und grüne Farn kräuter umkränzen, erhebt sich das herrlich« Werk von Merci«: „dlsq-j» vietis". In den sich auf den Palmengarten erschließenden Loggien leuchten Perlen moderner Skulptur auf. Aus dem Palmengarten führt ein« Marmortreppe durch eine Vorhalle mit vier marmornen Löwen zu dem mit fürstlicher Pracht ausgestattetcn Festsaal in Form eines griechischen Tempels, zwischen dessen 20 lannelierten marmornen Säulen Standbilder rö mischer Kaiser und Kaiserinnen aufragen. Dem von bunten viereckigen Marmortafeln gebildeten Fuß boden ist «ine iostbare Europa-Mosaik eingelassen. Aus dem Kaisersaal führt eine Trevp« zu dem Helbig-Museum mit reichen etrurischen Sammlungen und einer Skulpturensammlung von Palmyra, der größten dieser Art auf Erden. Alle diese von köstlichen Marmorbildern bevölkerten strahlenden Hallen mit Andacht durchschreitend, wird der Tourist Feierstun den durchleben, die unvc.rwischbare Spuren in seiner Seele zurücklassen werden. Von einem einzigen Manne sind die Sammlungen der Glyptothek zufammengetragen, das Lebcnswerk eines einzigen, eines Unsterblichen enthält ein anderes Museum: das Thorwaldsen-Museum. Berthel Thorwaldsen, der unerreichte Meißelführer, hat in dem schlichten Bau auf Slotsholm sein Lebenswerk als Museum der Nachwelt hinterlassen. 80 Statuen, 130 Büsten, 240 Relikts, 3 große Friese haben in den 42 pompejanisch gehaltenen Sälen und Kojen Ausstellung gefunden. Schauend stehen wir vor dem überlebensgroßen Christus, und zarte Saiten werden vor dem Amor- und Psyche-Statuen in uns angeschlagen. Vielleicht wirkten die Säle hübscher, wenn man daraus die Gemäldesammlung Thorwald- sens, die wirklich kaum Bedeutendes enthält, entfernte und die Werke des Meisters allein zu uns sprechen ließen. Vielleicht ließe sich auch der Hofraum stim mungsvoller gestalten und ausstatten, der gleichzeitig das Mausoleum von Dänemarks Phidias ist, wo ein einfacher efeuumsponnener Grabhügel die Stätte »eiat, wo die sterblichen Reste des Sohnes eines ein fachen Bildschnitzers ihre Ruhe fanden. Eines Eeoäuves möchte ich nun noch Erwähnung tun, das nicht der Kunst gewidmet ist, sondern dem Verkehr: der neue Hauptbahnhof Kopenhagens, der im Herbst fertig werden und dem Verkehr übergeben werden soll. Professor Wenk, der Schöpfer dieser großzügigen Anlage, führte uns persönlich, und es war für den Deutschen eine Genugtuung, zu sehen, daß deutsche Bahnhofsanlagen als Muster ge dient hatten. Hauptsächlich hat man den neuen Hamburger Zentralbahnhof als Vor bild genommen. Verkehrstechnisch eine sehr glückliche Lösung scheint es zu sein, daß man zwei völlig voneinander getrennte Hallen schuf für das ankommende und für das abfahrende Publikum. Vom Haupteingang aus die erste Halle dient dem Abfahrtsverkehr, die dahinterliegende dem Lnkunftsverkeht, und die ankommenden Reisen den gehen durch Tunnels unter der Abfahrtshalle hindurch, kommen also gar nicht mit den abführenden Reisenden in Berührung. Die Gepäckfrage ist dabei in außerordentlich geschickter Weise gelöst, doch würde es hier zu weit führen, auf all diese Einzelheiten einzugehen. Mit seinen großen, nicht in Eise» ' l-epktirck« ,. KM IILHD 7 7^'?« Neisearlilcel L MAlFLL LV LsÄernsren 8. 6.
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