Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 25.09.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-09-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110925024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911092502
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911092502
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-09
- Tag 1911-09-25
-
Monat
1911-09
-
Jahr
1911
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
et» Interview mit einem französischen Minister, der ihm folgendes sagt«: Ich weih nicht, ob der vorgestrige lag «in historischer Tag war, wie manche Zeitungen sagen, da« ist vielleicht z» viel gesagt. Aber trotzdem können wir sagen, daß di, Verhandlungen in den letzten zehn Tagen einen gewaltigen Fortschritt ge nommen haben, und wir Haven die Ueberzeugung, daß, wenn wir Minister uns beim nächsten Male wieder treffen, mir noch wegen der Kongokompenfation zu verhandeln sein wird. Das heißt, wir glauben, daß Herr von Kiderlen-Wächter und der Deutsch« Kaiser bei der Lektüre unserer Antwort mit uns zufrieden sein und anerkennen werden, das; wir auf ihren kon zilianten Ton ebenso konziliant geantwortet haben. O , Di« Spanier in Marokko. Gibraltar, 25. September. (Eig. Drahtm.) Wie das „Reuterbureau" von glaubwürdiger Seite er» fährt, wurden auf feiten -er Spanier bei -em le'Uten Gefecht auf dem rechten Ufer des Kertflujses am 20. September 1t Offiziere und 70 M ann verwundet. General Aldave bat um neue Ver stärkungen. * Beginn der französisch-spanischen Auseinandersetzung. Paris, 25. September. lEig. Drahtm.) Die fran zösische Presse hatte erklärt, das; man sich, nachdem der Akkord mit Deutschland geschlossen sein werde, mit Spanien a u s e i n a n d e r s e t; e n würde. Der „Matin" hält nach der gestrigen offiziösen Note den Moment für gekommen, um mit diesen Aus einandersetzungen zu beginnen. Er schreibt: „In dem Moment, wo wir zu einem Akkord mit Deutschland kommen, erhebt sich die Frage: Wie werden wir uns zu Spanien verhalten ? Wird ein Teil Marokkos für Spanien reserviert bleiben? Wir antworten daraus: Wir verhandeln mit Deutschland über Marokko, weil wir Marokko haben wollen und brauchen. Aber wir brauchen ganz Ak a r o k k o. Unsere Beziehun gen zu Svanien sind im Augenblicke nicht sehr gut, und man kann nicht leugnen, das; eine gewisse Span nung zwischen uns und Spanien besteht. Natürlich behauptet man in Spanien, das; wir die Schuld haben. Wir glauben dos Gegenteil und er innern an die deutschfreundliche Politik unseres Nach barstaates. Es existiert ein Mißverständnis, das aber verschwinden must: denn cs ist ganz unmöglich, dah Frankreich mit seinem Schwcstervolke Spanien in anderen als freundschaftlichen Beziehungen stehen kann. Wir haben Verpflichtungen gegen Spanien, und Spanien solche gegen uns. Wir möchten aber unter keinen Umständen die Verhandlungen mit Spanien abbrcchen, denn das wäre eine unwürdige Handlung von seiten Frankreichs. Wir werden a!;o weiterverhandeln, und zwar in sehr entgegen kommendem Sinne, und wir hoffen, dast Spanien einsehcn wird, dast die Okkupation von Elksar und Larrasch die Errichtung unseres Protektorats über Marokko etwas beeinträchtigen wird. Wir hoffen be stimmt, dast wir zu einer Verständigung mit Spanien kommen werden." Das französische Blatt deutet hier auf keine Weise an, wie cs sich eine solche Verständigung denkt. Es ist kaum anzunehmen, dast Spanien aus reiner Sympathie für das „Schwestervolk" den Rück zug aus Marokko antritt, ohne irgendwelche Kompen sationen zu erhalten. wertvolle Ratschläge für üle viehliültenüen Lanüwlrte. Geh. Hofrat Professor Dr. Kirchner-Leipzig empfiehlt in einer längeren Abhandlung im Organ des Landeskulturrates für das Königreich Sachsen, der „Sachs. Landw. Zeitschrift", den viehhaltenden Landwirten zur Beschaffung der für den Viehstand nötigen Futtcrmenge vor allen Dingen den Anbau der Winterwicke .Vium välosc und südrt hierzu u. a. folgendes aus: Die Wichtigkeit der Winterwick« liegt darin begründet, daß sie im Spätsommer oder Herbst gesät wird, daß sie cm folgenden Frühjahr den Acker so zeitig verläßt, um darauf zwar nicht alle, aber doch manche Früchte noch mit Erfolg anbauen zu können, und das; sie sehr zeitig im Frühjahre bedeutende Mengen strckstosfreicyen Futters liefert. Diese Eigenschaften dürften der Zottelwicke gerade für das gegenwärtige oder vielmehr für das nächste Jahr gronen Wert verleihen, weil cs besonders wichtig ist, im Jahre 1912 so früh wie möglich und so lange neues Futter zu beschaffen, bis entweder der Klee, soweit er überhaupt vorhanden ist, den ersten Schnitt liefert, oder, wenn er durch die Dürre des Sommers 1911 vernichtet worden ist, bis da« im kommenden Jahre gesäte Futter, Wicken und dergl., die Schnittreife erlangt hat. Freilich ist es jetzt schon etwas spät für die Aussaat der Winterwicke, aber keinesfalls zu spät, und besonders, wenn der Herbst einigermaßen warm werden sollte, kann sie auch jetzt noch mit Erfolg angebaut werden. Auch Ende September ist noch aus Erfolg zu rechnen, be sonders im gegenwärtigen Jahre, cn dem die recht zeitig gesäten Körner infolge Mangels jealicher Feuchtigkeit doch längere Zeit ungekeimt im Boden gelegen und daher vor dem später gefäten Samen kaum einen Vorsprung haben werden. Die Sand wicke wird auf dem Versuchsfelde des Landwirt schaftlichen Instituts der Universität Leipzig in Oberholz seit dem Jahre 189-1 regelmäßig angebaut. Als geeignetste Halmsrucht zur Mischung mit der Sandwickc hat sich der Roggen ge zeigt, weil seine Schnittreife im Frühjahre mit der jenigen -er Can-wicke zusammenfällt, während der Weizen infolge seiner langsamen Entwickelung von der im Frühjahre sehr schnell wachsenden Wicke leicht unterdrückt wird. Eine weitere günstige Eigenschaft der Sandwickc ist die, -ast sic auf den meisten Boden alten gedeiht, so auf Sand, wie es ihr Name sagr, ebenso auch auf lnndigercm Boden, wie dem Acker des Versuchsfeldes, der als schwerer Lehm mit an haltendem Untergründe zu bezeichnen ist. Der Zeit punkt, a» dem mit dem Schnitte des Wicken- und Roggengemisches begonnen werden kann, ist vom Wetter, besonders -er Luftwärme im April und Mai, sowie von -er Bodenart abhängig Während auf leichtem Boden die Rutzung schon im April mög lich ist, hat auf dem bmdigcn Acker der Beginn des Schnittes erst im Mai ftattsinden können, und zwar fnhcstcns am 2. Mai (i. I. 1910), spätestens am 21. Mai (i I. 1896s, durchschnittlich am 14. Mai. Die „Meüenskunügebuny" in Paris. 20 lM organisierte Sozialisten wohnten am Sonn tag in Paris einer Versammlung bei, die sich gegen den Krieg aussprach. Die Polizei, durch Kavallerie unterstützt, war in verstärktem Maste zur Aufrecht erhaltung -er Ordnung aufgeboten. Dabei kam es zu verschiedenen ernsten Zusammenstößen zwischen manifestierenden Arbeitern und Polizisten. Draht lich wird gemeldet: Pari». 25. Sept. lEigene Drahtm.) Anläßlich der gestern auf dein Trocadero-Platz ange- setztcn sozialistischen P rötest Versammlungen hatte der Polizeipräselt von Paris umfassende Vorsichtsmaßregeln getroffen. Die Polizei- mannschasten waren durch drec Eskadrons des 11. Kürajsierrcgiments in Saint-Germain und zwei Eskadrons aus Rambouillet verstärkt worden. Kurz nach Mittag strömten bereits Tausende von Demon stranten dem Parke zu, in dem gegen 1 Uhr unge fähr 10000 Arbeiter versammelt waren. Schon jetzt kam es zu ernsteren Reibereien zwischen den Demonstranten und der Polizei. Ein Polizist wurde am Kopfe schwer verwundet. Erst nachdem ver schiedene Verhaftungen vorgenommen morden waren, wurde die Ruhe einigermaßen wiederhergestellt. Unterdessen waren immer neue Scharen von Arbeitern herzugeströmt. Gegen 3 Uhr war die Menge auf ungefähr 20000 Mann an gewachsen. Flugblätter zirkulierten unter den Hausen, die diese schreiend und lärmend weiter verbreiteten. Dabei ereignete sich vor dem Rothschildhospctal ein neuer Zwischenfall. Verschiedene Sozialisten hatten eine große Menge ihrer Flugblätter unter die Gendarmen geworfen. Diese schritten sofort gegen die Herausforderer ein. Bei dem Zusammenstoß wurde eine größere Anzahl von Personen mehr oder weniger schwer verletzt. Eine Reihe von Verhaftungen mußte vorgenonimen werden. Jn- rwischen war die Menge immer mehr angewachsen, sodaß die Vortragenden um '/,4 Uhr mit ihren ersten Reden begannen, die ruhig angehört wurden. Bis um 5 Uhr abends ereigneten sich weiter keine Unruhen. Um */,5 Uhr wurde den Truppen und Polizeimannschaften, die die Ausgänge des Trocadero- gartens besetzt hielten, vom Poltzeipräfekten der Be fehl erteilt, sich nach den umliegenden Straßen zurückzuziehen, um Zusammenstöße mit den die Versammlungen verlaßenden Manifestanten zu ver hindern. Die Truppen und die Polizeimannschaften waren angewiesen, sich der größten Vorsicht zu be fleißigen, jedoch unnachsichtlich vorzugebcn, falls sich Ansammlungen bildeten, die nicht sofort auf Auf forderung auseinandergingen. ver RusfsU üer Wahlen in Ransüs. Hierzu schreibt die Zentralstelle für Vorbereitung von Handelsverträgen: „Wie Präsident Taft erklärte, bedeutet die Ab lehnung des Rezcprozitätsvertrages für Amerika die Fortdauer der Handelsbeziehungen mit Kanada auf der früheren Basis So einfach, wie es hiernach scheinen könnte, oestaltet sich die Lage aber keines wegs. Wenn die Zollermäßigungen des Neziprontuts- vericages nicht in Kraft treten, findet auch weiterhin auf die amerikanfiche Ausfuhr nach Kanada der kanadischeGeneraltarüAnweudung. d. h. amerikanische Erzeugnisse werden schlechter gestellt, nicht nur a!s englische, sondern bei zahlreichen wichtigen Positionen auch schlechter als französische und Waren anderer in Kanada meistbegünstigter Länder. Damit erhebt sich von neuem dre Frage, ob dem kanadischen Export nach der Union der amerikanische Minimaltarif zugestanden werden kann. ^Schon früher drohte wegen dieser Frage ein zollpolitischer Konflikt zwischen beiden Ländern. Ein vorläufiger Ausgleich wurde aber dadurch erreicht, dan sich Ka nada bereit erklärte, bei 13 Tarifpositioncn seinen Generaltarif zu ermäßigen. Damit wurde eine Formel gesunden. Amerika entgegenzutommen, ohne die an deren Länder zu benachteiligen. Die autonome Her absetzung des kanadischen Generaltarifs bei 13 Po sitionen kam allen Ländern in gleicher Weise zu gute. Wenn Amerika sich mit diesem Zugeständnis be gnügte so ge chah es in -er Erwartung, daß ein um fassender Reziprozitätsvsrtrag baldigst zu stände kommen werde. Diese Voraussetzung ist nun hin fällig geworden, und die Frage von neuem aktuell, ob die Bewilligung des amerikanischen Minimal tariss vereinbar >e n soll mit einer Schlechterstellung des amerikanischen Wettbewerbs nicht nur gegenüber England, sondern auch gegenüber Frankreich und einer Reihe anderer europäischer Länder. Man darf gespannt sein, zu erfahren, wie die neue kanadische Regierung dieser Schwierigkeit begegnen will. In gleicher Weise wie Amerika ist auch Deutschland be nachteiligt, das heute den wichtigsten kanadischen Waren seinen Vertragstarif zugestanden hat, wäh rend deutsche Erzeugnisse in Kanada nach dem Gene raltarif behandelt werden. Man darf wohl er warten, daß die neue kanadische Regierung diesem unbilligen Zustande nunmehr ein Ende macht." pvlMlÄe Nachrichten. Für den Flottenausbau. Kassel, 25. September. (Priv.-Tel.) In der Mitgliederversammlung des P'rovin- z i a l o e r b a n d c s des Deutschen Flotten vereins unterstrich Admiral von Köster noch mals ein« Forderung, die in Nürnberg aus der Ver sammlung des Deutschen Flottenvereins in einer Re solution nieder gelegt wurde. Die Forderung geht dahin, über das bestehende Flottenbauprogramm hinaus den Bau von jährlich einem Panzerkreuzer mehr ins Auge zu fassen. Zur Reichstagsstichwahl in Düffeldorf. Düffeldorf, 25. September. (Eig. DrahtmeÜd.) Die Freisinnige Volkspartei ließ gestern erneut erklären, daß sie in de: Stichwahl am 29. September dem sozialdemokratischen Kandidaten zum Siege zu verhelfen entschlossen sei. Beerdigung Liebermanns von Sonnenberg. Berlin, 25. September. (Privattclegramm.) Der am 17. September verstorbene Reichstagsabgeotdnete Liebermann v. Sonnenberg wurde gestern beerdigt. Zahlreiche Verein«, insbesondere auch der Bund der Landwirte und verschiedene Kriegervereine, hatten Abordnungen zur Leichenfeier entsandt. Namens der politischen Freunde rief der Reichstags abgeordnete Raao dem Verstorbenen Abschiedsworte in das Grab nach. Bewegung der Eisenbahnbeamten in Oesterreich. D. 0. Wien, 25. September. (E. D.) Ernste Sorgen bereiten der Negierung und der Bevölkerung die Vorgänge unter den Eisenbahnbeamten. Man kann nicht sagen, daß in der Behandlung dieser wichtigen Kategorie eine geschickte Hand erwiesen worden wäre. Die Regierung läßt es scheinbar an jeg licher Nachgiebigkeit fehlen und stellt sich im allgemeinen jeglichen Vermittlungsversuchen ablehnend gegenüber. Gestern lehnte es der Leiter des Handels ministeriums ab, eine Deputation der Eisenbahn beamten zu empfangen. Am selben Abend wurde eine große Versammlung aufgelöst, da einzelne Aeusterungen eines Redners von den Regierunqs- Vertretern beanstandet wurden. Die Eisenbahn- beamten haben sich infolgedessen entschlossen, am 1. Oktober die passive Resistenz zu ergreifen. Die Regierung denkt zur Aufrechterhaltung des Verkehrs von militärischem Aufgebot Gebrauch zu machen. Keine neuen Unruhen in Wien. Wien, 25. September. (E. D.) Auch für gestern hatte man in Wien den Ausbruch größerer Un ruhen besuchtet. Die Polizeiucannschaften waren verstärkt, und besonders in der Gegend von Ottakring postiert worden. Auch das Militär war in den Kasernen konsigniert. Doch erwiesen sich die getroffenen Vorsichtsmaßregeln als unnötig. Es kam zu keinerlei Störungen, in ganz Wien herrschte vollständige Ruhe. Die ungarische Opposition gegen den neuen Kricgsmi.iister. Wien, 25. September. lE. D.) Die ungarische Opposition nimmt Anstoß an einige Acußerungen, die der neue Kriegsmrnister Ritter von Auffenbcrg verschiedenen Journalisten anläßlich eines Inter views gegenüber gemacht hat. Die Acußerungen des Kriegsministers enthalten in ihrer Form nichts wesentlich Neues. Es ist längst bekannt, daß die Bestimmung des Wehrgeietzes zur Beschaffung von Unteroffizieren durch Zurückhaltung eines Teils der Mannschaften im dritten Jahre nicht aufrecht erhalten werden kann, da man ohne besondere Mehraufwen- -ung die Unteroffiziere nicht in der erforderlichen Zahl unter der Fuhne halten kann. Die gegen die Äeutzerung des Kriegsministers eingelegten Be schwerden staatsrechtlicher Natur sind nicht von Belang und daher hinfällig. Auffenberg hat ledig lich als Soldat geiprochen, es wird ihm aber emp fohlen, in Zukunft mit seinen Aeußerungen vorsich tiger zu werden. Erfolgreiche Versuche mit llnterseeminen. Paris. 25. September. lE. D.) Einen außer ordentlich geglückten Versuch hat der Torpedo boots-Zerstörer „Cassini" mit Unterseeminen gemacht. In kaum 24 Minuten gelang es ihm in einer Ausdehnung von 600 Metern 10 Minen zu legen. Als nun ein dazu bestimmte» Versuchs- schiff auf eine dieser gelegten Minen stieß, explo dierten alle zehn Minen. Hinrichtung Bagrow». Kiew, 25. September. (Eig. Drahtmeld.) Das Todesurteil au Bagrow ist vollstreckt worden. Vor der Hinrichtung bat Bagrow nm die Erlaubnis, mit dem Rabbiner sprechen zu dürfen, verzichtete aber darauf, als «r hört«, daß das Gc, sprach in Gegenwart des Staatsanwalts ftattsinden müsse. Jliodor kein Freund Stolypins. Petersburg, 25. September. (E. D.) Die Weige rung des Mönches Jliodor, für den verstorbenen Ministerpräsidenten Stolypin Trauermessen abzu halten, hat in ganzRußland großen Staub auf gewirbelt. Der Mönch Jliodor, einer der be kanntesten panslawistischen Agitatoren, gibt jetzt folgende Erklärung über den Grund seiner Weigerung: „Stolypin war nnr weder verwandt noch ein Freund. Er hat sein ganzes Leben nichts Gutes getan." Teuerungsproteste in Galizien. Lemberg, 25. September. (E. D.) Am 1. Oktober werden in Lemberg, Krakau, Stanislau, Pzemyszel und anderen größeren Städten Gali ziens Staatsbeamtcn-Versammlungen gegen die Teuerung und für die anderen Forderungen der Staatsbeamten einberufen werden. Der Eisenbahnerstreik in Irland. London, 25. September. lEig. Drahtm.) Der irländische Generalstreik ist nach Ansicht maß gebender Persönlichkeiten als definitiv erloschen zu betrachten. Die Streikorder wurde nicht befolgt, trotzdem die Streikführer das Gegenteil behaupten. Die Great Northern Railway ist durch den Streik so wenig in Mitleidenschaft gezogen worden, daß sämtliche Züge pünktlich avfuhren und vom Vsül-Mk in Kssensä!. II. Das hoch über dem Eingänge des lieblichen Johannistals gelegene Hotel „Fürstenhof" war der Schauplatz der küiiglerischen Taten des zweiten Bach- Tages, obwohl sich der glänzende, außerordentlich Hobe und sehr geräumige Festjaal nicht eigentlich recht wohl zu einer Kammermusik eignet, voll ends gewiß nicht zu einer „kleinen" ihrer Art, wie das ziemlich gedehnte Programm diese morgendliche Veranstaltung nannte. Wiederum gedachte man neben dem Schutz- und Namenspatron der Neuen Bach-Gesellschaft einiger älterer Kunstapostel. Zwei Madrigale Job. Herm. Scheins (1585—1030) ans den „Diletti Pastorali" eröffneten das Konzert und wurden von dem unter Herrn Professor Earl Thiels stehenden „Berliner Ensemble" mit vielem Wohlklang, seiner Dynamik und reicher rhythmischer Ausgestaltung wieder gegeben. Die Vereinigung vermittelte zum Schluffe noch drei Gesänge Hans Leo Haßlers, die gleich jenen andern den lebhaftesten Beifall fanden. Vom Dach sohne Carl Philipp Emanuel gab es eine (durch Georg Schumann herausgegcbene) Sonate für zwei Violinen und Pianoforte, die sich al» ungemein an regend und gedankenreich erwies, vornehmlich im sehr gesangoollen Largo von bedeutender Wirkung wer und wieder einmal schlagend bewies, daß es eine gewiße, fast nicht an die Zeit gebundene Musik gibt, die nicht altert, sondern einen Ausdrucksmodus findet, der auch nachfolgenden Generationen noch immer wohl anstehcn maq, soweit sich s eben nm das Mi - empfinden des einzelnen handelt. Das Gegenteil schien der Fall bei einer Joh. Seb. Bachschcn Kantate für Sopransolo und Streichorchester mit obligater Oboe. Wohl sang Fran Tilly Lahn« bley-Hinken das so optimistisch gefärbte „Weichet nur, betrübte Schatten" mit steter Steigerung, voll endeter gesanglicher Technik und vollends im Rezi tativ mannigfach schattierter Empfindung. Trotzdem nahm sich das Stück, das auch dem Leipziger Oboe- bläser Herrn Gleiß berg schöne Gelegenheit bot, sich auszuzeichnen, nach mehrerem Anhörcn ziemlich verblaßt, mehreres darin gar gleichförmig und banal au». .Di: zuvor genannte PH. E. Dachsche Sonate fand in den Herren Gustav Havemann und Fritz von Bose (Leipzig) sowie Frau Helene Borne- mann-Ferchland (Lharlottenburg) als sehr tüchtige zweite Geigerin vorzügliche, mit starkem Bei fall bedachte Interpretation. Herr Havemann be stätigte von Grund aus das gestern schon über ihn ge fällt« Urteil. Sein Vortrag der E-Dur-Suite für Solooiottn« bedeutet« für mich einen der Höhepunkte dieser Morgenmusik — so siegreich rang er mit dem alten, gestrengen Johann Sebastian, so vollkommen ließ er dl«, dem Stück eigene Patina ehrwürdigen Alrers vergessen, so lebendig und stark schuf er den Inhalt zu einem persönlichen Erlebnis um. Mit zwei Nummern nahm das unstreitig sehr interessant gestaltete Programm einen unverkennbar lehrhaften Anlauf. Frau Wanda Landowska (Paris), die den Gewandhausbesuchern in Leipzig längst nicht mehr fremd ist, spielte auf einem vor züglichen, von Plenel, Wolff <K Co. in Paris ge- arbeiteten Cembalo Joh. Seb. Bachs bekanntes La- priccio über die Abreise eines Freundes. Don dem aufs minutiöseste ausgefeilten Vortrags ging eine ganz aparte, merkwürdige Wirkung aus, wenn's zu sagen möglich wäre, etwa der Effekt eines aus erwählt musikalischen Puppenheims, ein Stück aller- lntimster Boudoirmusik, so daß das sicherste und un fehlbarste Bild, die untrügliche Vorstellung der Musik. Übung der Bach-Zeit, sich mannigsarben entfaltete und überzeugendes und wirkliches Leben empfing. Und doch — es wirkt das Cembalo allmählich mono ton; das moderne, leider sehr verwöhnte Ohr kann sich nur zu bald an diesem spieldosenähnlichen Timbre vollauf aenug tun und verlangt mehr Klang und Fülle. Lin Lembalo-Abend an Stelle eines Klavier abends wird wohl der nie zu erfüllend« Wunsch «ine» Musikarchäologen bleiben. Um den Unterschied und Gegensatz zwischen d«n beiden Instrumenten recht deutlich vorzuführen, spielte Herr Bruno Hinze- Reinhold (Berlin) unmittelbar danach dasselbe Dachsche Stück sehr klar und bestens übersichtlich, leider nur ein wenig trocken, auf dem großen, klang freudigen Biütbner. So glaube ich, wird man eben -as Pleycl-Wolifsche Cembalo immer mit historisch- aliiubigem Sinne verehren, feinen Blüthner aber als Mensch von heute immer lieber gewinnen. Frau Landowska zeichnete sich und ward zum andern Male vom Publikum ausaezcichnet als Ver treterin der Cembalopartie in I. Seb. Bachs E-Dur- Sonate mit Viola da Gamba, die Herr Christian Döbereiner (München) trefflich spielte. Es war wieder so ein in sich versunkenes, halboergesscnes Musizieren von eigenartiger Anziehungskraft. Fehlten nur noch angemessene Umrahmung und ent sprechendes Kostüm, und mir hätten ein wundersam klingendes Genrebild vor uns gehabt! — Die am Abend an gleicher Stelle abgehaltcne ..Große Kammermusik" war mit Ausnahme von Gorettis Concerto grosso (Nr. 3) nur Sebastian Bach gewidmet. Des Italieners, -cs bekannten För derers der Instrumentalmusik. Konzert ist „Lnttr> pcv >1 Xoln1>7.i<>", also eine meyrsätzigr Weihnachtsmusik, die aber nur im Finalsatz« diesem Charakter bewußt gerecht wird. Im Gewandhause zu Leipzig kam das schöne, nicht geringe melodische Reize aufweisende Werk durch Eugene Psayes Vermittelung zu allge- meinerer Kenntnis. Als Solisten traten darin die Herren Havemann und Döbereiner nebst Frau Bornemann an vielen Stellen bedeutsam hervor. Mit Erstgenanntem bildeten die Herren M. Echwedler, Gleißberg (Leipzig) und L. Werle (Köln) in Seb. Bachs Brandenburgischem Konzert (Nr. 2, F-Dur) ein cxzellendes für Violine, Flöt«, Oboe und Trompete berechnetes Konzertino. Ganz fabelhafte Technik zeigte Herr Werle, dessen Trompete wahrhaft halsbrecherische Läufe bis zum drcigcstrichencn )? u. 6 hinauf bezüglich -er Schnellig keit in Konkurrenz mit der Flöte tadellos ausführt — um so höher anzuschlaaen, als die Trompeten frage eines der heikelsten Probleme in der Bach- Pflege bildet. Die schöne Komposition wurde von dem bereits genannten (Leipziger) Bach-Orchester und Herrn Geh. Rat Kretzschmar aufs vorzüglichste ausgefiihrr: letzterer auss herzlichste gefeiert. Ebenso zeichneten sich die Genannten in Verbindung mit Frau Landowska und Herrn von Bose aus in der Exekution des C-Moll-Konzerts für zwei Klaviere und Streichquintett, das mit größtem Beifall aus genommen und sehr künstlerisch vornehm und geistig regsam geboten ward. Zum anderen Mal« meinte man sich ein halbes Stündchen in einem historischen Seminar zu befinden. Bachs Chromatische Phantasie und Fuge wurde von Frau Landowska auf dem Cembalo, dann von Herrn von Bose auf dem Blüthner gespielt. Beide Künstler spielten und faßten die Sache durchaus individuell und erregten viel In teresse und Beifall mit ihrem schönen Spiel. In dessen fanden sich verschiedene Meinungen dahin zu sammen, einmalige Belehrung des p. t. Publikums sei wohl innerhalb von 7 Stunden völlig hinreichend gewesen. Das Instrumentale wurde durch einige Vokal nummern abgelöst. Herr Richard Fischer (Berlin) sang die Zephir-Arie aus Bachs Aeolus- Kantate, ern Stück, das des Sängers Technik, Muse und Vortragskunst musikalisch kaum mehr recht lohnt, wenn ihm auch starker Beifall erteilt ward. Herr van Eweyk zeigte wieder in der Bachschcn Solo- kandate „Amore traditore" seine hohe Dach-Knust und trefflichen stimmlich:.'» Mittel. Die Komposition zeigt unvergleichlich in'.cressantere Züge auf als die vorgenonute und wirkt insbesondere durch -cn fcin humoristischen Zug, -en die strikte Absage des Lie benden an Cupido in sich birgt. Unmittelbar ver- anüqlicher Art war das von den Damen Cahn- bley-Hinken und Ko en en ausgezeichnet ge sungene geistliche Duett „Wir eilen" sans Bachs 7b. Kirchenkantate), dessen Bässe bewußt komisch wirken ^md die reinen musikalischen Schrittmacher sind. Als ständiger Cembalist sei noch der Name des Herrn Professor Max Seiffert (Berlin) ge bührend hervorgehoben. Vorüber sind wieder einmal die Bach-Tage. Viel Anregungen waren gegeben. Nach den Konzerten fanden zwanglose, zum Meinungsaustausch recht ge- eignete Versammlungen der Festteilnehmer statc. Einige Tage zuvor batte Herr Prof. Dr. Henning (Leipzig) zu Eisenach einen vorbereitenden, mit prak- tischen Darbietungen verbundenen Vortrag gehalten. Wie vorstehende Zeilen ergeben, war überhaupt Leipzig gleichsam nur nach Eisenach gewandert, sein Bach-Fest am Wartberge zu feiern. Denn auch die häufig genannten auswärtigen Solisten errangen sich ja schon lange an der Pleiße das musikaliia,« Bürgerrecht. So soll's auch fcin — Bach und Leipzig gehören zusammen. Lesuitr. Sus Lerliner Western. Mußte das sein? Mußte Gertrud Eyfoldt im Wettbewerb des Deutschen Theaters und -es Königlichen Schauspielhauses um Kleists „Penthesilea" so offen die physischen und seelischen Grenzen ihrer Kunst dartun'? Die Künstlerin scheint sich dieser Grenzen doch bewußt grwesen zu sein; denn sonst brauchte sie in der „Blättern des Deutsche» Theaters" keine «'»piano dcoovoicniinc von sich zu geben. Jawohl, Frau Eysoldt, zu Kleist wollen ist schon ein menschlicher Wert, wie sie schreiben, aber noch kein iistlstlerischcr. Auch ich will zu Kleist; vom Künstler aber erwarte ich, -aß er mich auf mcni.m Pfade böhcr führt, nicht durch sein Mitwottcn, sondern durch sei» Können. Wer da glaubte, an: Sonnadcns in: Deutschen Theater zu Kleist zu koniinen, der hat eine Enttäuschung erlebt, er kam nur Zu Gertrud Eysoldt. Kleist ist eben kein Wedekind, kein Strind- berg, kein Hofmannsthel, lein Wilde, und die Penthesilea ist keine Elektra und keine — Salome. Die Künstlerin, deren Natur den Gestalten dieser Dichter gewachsen ist, mußte als Penthesilea die eigne Natur unterdrücken So bot sie eine Ge walttat des Intellekts, und die kann künstlerisch nie befriedige». Alles nur durch den Verstand filtriert; an Stelle der tünstlerischen Ueberlcgenheit war die Ueberle mng getreten; jeder Naturlaut blieb dieser Penthesilea im Halse stecken. Sie war nicht halb Grazie halb Furie, sondern halb Knabe halb Kobold, nd da die Kräfte dieses Wesens zu einen» Aus bruche großer, barbarischer Leidenschaft nicht aus reichten, so mußten die gewaltigen Motive tiefsten, schamhaften Seelenschmerzes, tödlich verwundeten Stolzes, verschmähter Liebe, unbändigen Haffe» pervers entarten. In der Liebesjzcne mit Achill.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)