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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 26.09.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-09-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110926015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911092601
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911092601
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-09
- Tag 1911-09-26
-
Monat
1911-09
-
Jahr
1911
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meldeten sich beim Namensaufruf 274 Mann, von denen etwa vierzig verwundet waren. Gegen, wärtig ist man mit den Rettungsarbeiten für die noch an Bord Befindlichen beschäftigt. — Nach einer anderen Meldung beläuft sich die Zahl der un. versehrt Geretteten auf 206. 45 Mann wurden ver wundet an Land gebracht. Die Zahl der Toten beträgt dreihundert. Mehrer« Heinere schiffe kenterten nach der dritten Explosion. Auf einem dieser Schiffe befanden sich die Matrosen, die Nachturlaub gehabt hatten. Toulon, 25. September. (Eig. Drahtmeld.) Don der „Liberto" werden ungefähr 350 Mann ver mißt. Etwa 100 Opfer sotten an Bord der anderen Fahrzeuge gezählt worden sein; davon gehören fünf zu den Rettungsmannschaften. An Bord der „De- mocratie" wurden 20 Tote und etwa 50 Verwundet« gezählt. Andere Opfer befinden sich an Bord der „P-ritü" und der „R5publique", die so schwer be schädigt wurde, daß sie schleunigst ins Dock gebracht werden mußte. Augenzeugen erklären, sie hätten n i e so Schreckliches erblickt. Paris, 25. September. sEig. Drahtmeld.) Der Marineminister wurde nachmittags 4,5g Uhr offiziell davon in Kenntnis gesetzt, daß die Zahl der Taten der »Liberty uns auf de« anderen in Mit. leidenschaft gezogenen Schiffen ungefähr dreihun dert beträgt. Die Erzählung eines Geretteten. Einer der geretteten Matrosen erzählte: „Noch kurz nach der ersten Explosion verließ kein Mann das Schiff. Der Stellvertreter des Kommandanten Iaure», ein Bruder des bekannten Deputierten, beruhigte uns. es sei weder fürOffiziere noch Mannschaften Gefahr vorhanden. Immerhin gestattete er, daß die für die Löscharbeit nicht unbe dingt notwendigen Offiziere und Mannschaften sich ans Land begeben konnten. Kaum hatte der letzte von ihnen den festen Boden unter den Füßen, als eine neue furchtbar« Explosion erfolgte, die das Schiff zum Sinken brachte. Man ist noch im unklaren, wie viele von den Matrosen, die Nacht urlaub halten, an Bord des Schiffes zurückgekom- men sind. Fallieres an DelcasfL Rambouillet, 25. Sept. sEig. Drahtm.) Präsident Fallidres telegraphierte an Delcassd: Die Nachrichten, die Sie mir aus Toulon mitteilen, sind furchtbar. Uebermitteln Sie der gesamten Ma rin« mein tiefempfundenes Beileid! Mit Ihnen und ihr beklage ich von Herzen die Folgen des Unglücks, durch das das Vaterland in Trauer versetzt worden ist. Der Kommandant. Marseille, 25. September. (Eig. Dralstmeld.) Der „Petit Marjeillais" meldet: Kapitän zur See Iau- rös war beurlaubt; an seiner Stelle führte Fre gattenkapitän Joubert das Kommando auf der „LibertH". Die Ursache. Marseille, 25. September. fEig. Drahtmeld.) Die Explosion war di« Folge eines Brandes in der Pulverkammer, die Pulver für kleine Kaliber enthielt. Unmittelbar nach der ersten Ex- »lssiou brach eine große Panik aus. Man hörte Rufe: »Rette sich, wer kann'." Ein Teil der Besatzung rettete sich in Booten. Die dritte Explosion war von großer Stärk« und beschädigte all« in der Nachbarschaft liegenden Fahrzeuge. Dazu wird noch gemeldet: Im französischen Marineamt wird erklärt, die Ursache Les Brandes sei zwar unbekannt, aber keinesfalls auf Selostentzündung Les Pulvers zurückzuführcn. Nach einer Mitteilung des französischen Marine ministeriums meldete der Kommandant der „Liberia" in seinem letzten Inspektionsbericht, daß er die Maß nahmen zur Aufbewahrung der Pulver vorräte für vollständig ausreichend be funden habe. Pari», 25. September. sEig. Drahtmeld.) Der deutsche Botschafter begab sich morgens zu dem Minister des Acußern, uin ihm den Ausdruck der Teilnahme an der entsetzlichen Katastrophe der ,.Liberia" zu übermitteln. — Der Marine- Minister äußerte sich mittags Pressevertretern gegenüber über die Katastrophe. Er war sichtlich erschüttert. Sowie er die Nachricht erhielt, erklärte er, erinnerte er sich der Katastrophe der „Jena". Er fragte sich, ob die Zerstörung der .Hibcrtü ebenfal.^, auf die Entzündung von Pulvcrvorräten zurückzuführcn sei. Nachdem er die letzten Berichte der Akte gelesen habe, glaube er nicht, daß die Ursache auf Material und Pulver zurückzuführen sei. Es scheine nicht, daß der Hitze Schuld gegeben werden könne. Man habe in der Pulverkammer einmal 33, ein andermal 32. meist 31 Grad gemessen. Es bleibe nur die Möglichkeit, daß der Brand die Pulver kammer erreichte. Alenn die Erhebungen dies be stätigen, so hoffe er, daß die Katastrophe trotz ihrer Ausdehnung niemand entmutige. Er selber hege nach wie vor volles Vertrauen in die Zukunft der Flotte. Ein Fachmann über die Ursache. * Pari», 25. September. sEig. Drahtmeldung.) Admiral Germenet äußerte sich in einer Unter- reduiia mit einem Journalisten über die Ursache der Katastrophe der „Liberty": Ein Kurzschluß kann unmöglich di« Ursache der Explosion lein, denn die Bauart unserer neuen Kriegsschiffe schließt ein« solche gänzlich aus. Auch S e l b st e n t z ii n - düng des Pulvers ist undenkbar. Wenn seiner- zett die „Jena" aufgeflogen ist, so lag die Schuld an dem Schwarzpulver, das durch explodieren des Weißpulvcr entzündet wurde. An Bord der „Liberte befand sich nur Weiß pulver. Wir kennen die Ursache der Katastrophe nicht, dürfen aber nicht zulassen, daß die Hypothese eines Kurz- schluftes Glauben findet. Nach dem Ministerial erlasse von 1907 ist die Installation der elektrischen Drähte in den Pulverkammern gänzlich umgestaltet. Wenn trotzdem noch einige der alten gefahrvollen Einrichtungen bestanden haben sollten, so wäre der begangene Fehler so schwer, daß ich eine derartig schuldhafte Nachlässigkeit gar nicht annchmen kann. Ueber die Folgen der Katastrophe wird weiter gemeldet: Wer bei der gewaltigen Explosion de» Pulver magazins nicht mit in die Luft geschleudert worden war. versuchte sich durch Schwimmen zu retten. Diele Verwundete von dem in Flammen stehenden Schiff kamen aber im Wasser kläglich um. weil sie w«genihr«rDerletzungenntcht schwim men konnten oder vom Strudel des bald darauf in den Wellen versinkenden Schiffes ergriffen wurden. — Der Verkehr im Hasen von Toulon ruht voll kommen. Infolge der Explosion und durch herum fliegende brennende Schiffsteile haben mehrere Schiffe Beschädigungen erlitten. Auf den Kat-Mauern sammelte sich bald nach der Kata- strophe «ine vieltausendköpfige Menge an. Ver wandt« und Angehörige von Matrosen der Bis zur rühen Ätorgenstunde durchfub, die Unsallftelle des Hafens, um die Uew der Katastrophe sowie die oft schrecklich verstümmelten Opfer au» dem Wasser zu ziehen. Der Eindruck der Touloner Katastrophe in Pari». Paris, 25. September. (Meldung der „Preß- Zentrale".) Im Marineministeiium lag bis zur Mittagsstunde erst eine kurze Meldung üoer dir Ex plosions-Katastrophe der „Liberty" vor. Marine minister DelcassL ist in Begleitung einiger hoher Marineoffiziere sofort nach Toulon abgefahren. Mit dem gleichen Zug eilten Hunderte von Ver wandten der Offiziere und Ncatrosen d« Pan zers nach Toulon, nm hier Gewißheit Uber das Schick sal ihrer Angehörigen zu erfahren. Die Auf regung in Paris über die furchtbare Kata strophe istsebrgroß. Die Nachmittagsblätter ver öffentlichten bereits am Mittag Sonderaus gaben mit den bisher vorliegenden Einzelheiten über das Unglück. Die Zahl der Opfer kann auch von ihnen vorläufig nur schätzungsweise angegeben wer den; die einen beziffern sie auf 150, die anderen auf 500. Das Beileid des Deutschen Kaiser». Paris, 25. September. (Eig. Drahtm.) Kaiser Wilhelm telegraphierte an den Präsioenten Fal- li-res: Es fehlen mir die Worte, um einen Ausdruck für mein tiefes Mitgefühl mit der nationalen Trauer ganz Frankreichs zu finden. Die so furcht bar geprüften Familien werden sich mit dem Be wußtsein trösten können, daß die unglückliche Be satzung der „Liberty" in der Erfüllung ihrer Pflicht gegen das Vaterland gestorben ist. Präsident Fällig res erwiderte: Ich bin tief ergriffen von den bewegten Worten, mit denen Ew. Majestät sicki der Trauer anfchließen. die ganz Frankreich betroffen hat, und dem Zeichen tiefen scymerzlichen Mitgefühls, do» Ew. Majestät die Güte haben, an die unglück lichen Familien zu richten, die durch Las Un glück so furchtbar geprüft sind. Ich bitte Ew. Maje stät den Ausdruck meines lebhaften Dankes cntgegenzunehmen. „Liberte" versuchten genaue Angaben über das Schick- al der Ihrigen zu erfahren, konnten aber bisher einerlei bindenden Bescheid erhalten. Mehrere Per- onen. die vom Kai aus in das Hafenbecken sprangen, um Matro en der „Libertü" zu retten, ertranken. "ren Boote »erlebenden Tripülis. Die türkische Nogierung hat, wie der „Matin" meldet, Italien dahin verständigt, daß. wenn ita lienische Kriegsschiffe im Hafen von Tripolis erschei nen würden, die Pforte die in der Türkei wohnenden 50 000 Italiener sofort aus weisen würde. Außerdem würde dann der ganze italienische Handel in der Türkei boykottiert werden. Italien hat darauf seinem Gegner die Antwort zugehen lasten, daß cs ihm unwerzüglich den Krieg erklären würde, falls er die Ausweisung der in der Türkei lebeirden Italiener roahrmachcn und den Boykott über den italienischen Handel eröffnen sollte. Wie in Rom verlautet, soll das italienische Ge schwader, das bis jetzt vor Syracus lag, nach Tri polis abg-gangen sein. Das Geschwader besteht aus zwei Divisionen, und zwar aus den bei den Kreuzern „Napoli" und „Roma" und den beiden Panzerkreuzern „Pisa" und „Amalfi". Di« zweite Division ist aus den Panzerkreuzern „Garibaldi", „Franzcsco Ferruccio" und „Varese" zusammengesetzt. Außerdem begleitet diese Flo'.te eine große Anzahl von Torpedobooten und Torpedobootzerstörern. Das ganze G-eschwader steht unter dem Kommando des Generals Aubry. An Vor- der Kriegsschiffe be finden sich keine Landungstruppen. Das Geschwader soll nur dem Zwecke dienen, weitere Konflikte in Tripolis zu verhindern und gleichzeitig die Küsten zu bewachen. Eine Bestätigung der Nachricht, daß diese Flotte auf dem Wege nach Tripolis sich befin det, war bisher noch nicht zu erreichen. Erregung im Vatikan. Im Vatikan herrscht über die Vorgänge in Tri polis große Erregung. Der Papst läßt sich täglich über die Ereignisse Bericht erstatten. Er hat die Hoffnung ausgesprochen, daß der Tripoliskonflikt auf gütlichem Wege geregelt werden würde. Deutschlands Intervention in der Tripolisfrage. I>. 0. Konstantinopel, 24. September. (Meldung der „Preß-Eentralc".) Das Gerücht, daß die tür kische Regierung sich an Deutschland gewandt habe, um Schutz gegen einen geplanten Handstreich Italiens in Tripolis zu erbitten, erhält sich mit Hartnäckigkeit. Ein italienisches Schiff, wel ches wach Konstantinopel fuhr, hat in den Darda- nellen auf funkentelegraphrschem Wege den Befehl erhalten, nach Italien zurückzukhren. O. Wien, 25. Saptsmber. (Priv.-Tel.) Die „Wiener Neue Freie Presse" meldet: Die türkische Negierung wird gegenüber den geplanten Schritten Italiens in der Tripolisfrage die diplomatisch« Intervention Deutschlands und Oester. reich-Ungarns anrufen. Di« hierauf bezüg lichen Schritte der Pforte sind bereits im Gange. O. Konstantinopel, 25. September. kPriv.-Tel.) Tine Folge der Tripolisangelegenheit scheint eine Aenderung der Sympathien jungtürkischer Kreise für Deutschland zu sein. Gestern nacht hatte der tripolianische Deputierte Nadschi Bay eine lange Unterredung mit -em Großwesir, dem er di« Versicherung gab, daß die Pforte ihre Pflicht tun werde. Di« tripolitanischen Abgeordneten wollen am Mittwoch zu einer Beratung zusammen- treten. Cie haben Nachricht, daß für den 23. Sep tember «in« italienisch« Aktion zu erwarten sei. Der türkische Botschafter in Paris über die Tripolis- Frage. Der türkisch« Botschafter in Paris Alfred Rustem-Bei bat sich üb-r dir Tripolisfrage fol- gendermas;«n geäußert: Wenn Italien einen Handstreich in Tripolis versucht, so begeht es ein international«» Verbrechen, und «in derartiges Vorgeben würde für Italien mit d«n all«rgefährlichsten Folgen verknüpft sein. Siolitti bei König Victor Emanuel. Ministerpräsident Giolitti hatte in Raccionigi mit König Victor Emanuel ein« längere Unterredung, in der die Tripolisaffär« ein gehend erörtert wurde. Giolitti kehrte dann un mittelbar nach Rom zurück wo ihn sämtliche Mi nister am Bahnhofe erwarteten. Er konferierte dann längere Zeit mit dem Finanzmintster, dem Minister de» Inneren und dem Minister der auswärtigen An» aelegenheiten. Auch hier war der Gegenstand der Beratungen die Lage in Tripoli». Englisches Eingreifen. Die in Tripolis lebenden Engländer haben sich an ihre Regierung mit Ler Bitte gewandt, sie recht zeitig vor etwalaen Uebergriffen in Schutz zu nehmen. Daraufhin hat die englisckx Ne- gierung Italien um die notwendigen Maßnahmen zum Schutze der Engländer ersucht. Die italienische Regierung hat daraufhin die Erklärung abgcgebe»., daß sie die Kriegsschiffe nicht allein zum Zweck der Wahrung italienischer Interessen, sondern überhaupt um alle in Tripolis lebenden Europäer zu schützen, entsendet habe. Panikartige Stimmung. Die „Tribuna" meldet aus Tripolis, daß unter der italienischen Bevölkerung eine Panik ausg.» brachen sei. Man befürchte, daß es bei Ler Landui g der angekündigten türkischen Dampfer, die Wast'ea und Munition, sowie Truppenverstärkungen -ringe l, zwischen Italienern und Türken zu heftigen Unruhen kommen werd«. Der Fanatismus unter den Eil geborenen sei außerordentlich groß. Konstantinopel, 25. September. Meldung der „Preß-Zentrale".) An der ELlataborse kursierten heute Gerüchte von dem Einmarsch der italienischen Truppen in Tripolis. Diese Gerüchte wurden zwar entkräftet, doch riesen sie eine bedeutende Span nung in der türkisch-italienischen Frage hervor. In der hiesigen italienischen Kolonie herrscht eine ko lossale Besorgnis und Aufregung. Diele Italiener haben ihre Familien aus Konstantinopel geschickt. Trotz der Besorgnis im Publikum und aller Kriegsfurcht sind doch kec neern st en Anzeichen für eine Komplikation vorhanden. Der Kriegs minister läßt alle Gerüchte über eine Truppenlandung Italiens in Tripolis dementieren. S Piombino, 25. September. (Eig. Drahtmeld.) Als gestern abend «ine Abteilung Infanterie nach Florenz abging, veranstalteten etwa 300 Personen, darunter mehrere Anarchisten, in der irrigen An nahme, -ie Truppen gingen nach Tripolis ab, eine Kundgebung gegeil die angebliche Ex pedition. Die Gendarmerie wurde mit StKnen beworfen und antwortete mit Revolverschüssen. Drei zehn Gendarmen, darunter ein Leutnant, und fünf Manifestanten wurden verwundet. Von diesen ist einer gestorben. Eine offiziöse Auslastung. Köln, 25. September. (Eig. Drahtmeld.) In einem Artikel der „Kölnischen Zeitung" heißt es u. a.: Die Nordküste von Afrika ist mit Ausnahme von Tripolis Italien unterstellt. Frankreich und England haben die Versicherung gegeben, oaß sie gegen eine italienische Besetzung von Tripolis nichts einzuwenden haben werden, und, falls Tripolis von der Türkei aufgegeben werde oder sonstwie aus deren Besitz ausscheiden mürd«, der italienischen Besitz ergreifung keine Schwierigkeiten in den Weg legen wollten. Da man aber nun einmal Tripolis in Italien als Lebensfrage betrachtet, fühlt sich Italien trotz aller Zusagen noch nicht völlig beruhigt. Seine Besorgnis geht offenbar dahin, daß dre Fran zosen, wenn sie sich in absehbarer Zeit in Marokko häuslich eingerichtet haben, von neuem ihr Augenmerk aus Tripolis richten könnten, um es von dem Hinter land aufzusaugen oder zu erschöpfen, da der ver bleibende Rest keine selbständige Lebens fähigkeit mehr besitzt. Das ist der Anlaß zu dem Vorgehen Italiens. Wenn wir die europäische Lage richtig beurteilen, so glauben wir, daß die Hoff nung auf gütliche Beilegung des entstandenen Zwistes noch nicht avsgeschloßen ist. Es wird natür lich Pflicht der Türkei sein, alles zu vermeiden, was die schon aufs ärgste beunruhigte öffentliche Mei nung Italiens noch mehr ausreizen könnte. Besonderes Mißfallen soll es bei den Italienern gezeigt haben, daß Schiffe mit Material, Munition und Ans- rüstungsgegenständen von der Türkei nach Tripolis abgesandr wurden, weil das nach italienischer Auf fassung eine verstärkte Erregung der Bevölkerung zur Folge haben muß. Nun wird wohl niemand der Türkei als einem selbständigen Staat verbieten wollen, sich Material nach einer ihrer Provinzen zu verfrachten. Angesichts der in diesem Augenblick kritischen Lage wir- sich aber die Türkei wohl selbst sagen, daß auch hier die größt« Vorsicht geboten ist. Zvenn Ruhe und Vorsicht auf beiden Seiten beobachtet wird, darf man die Hoff nung auf di« Vermeidung eines Zusam menstoßes noch nicht ausgeven, zumal da eine friedliche Entwickelung der tripolitaniscknn Ange legenheit im Interessealler Mächte liegt. Auf einen Artikel des „Tanin" in Konstantinopel, in dem ausgeführt wird, daß die Entsendung eines deutschen Kriegsschiffes nach Agadir die unmittelbare Ursache des jetzigen Konfliktes sei, erwidert di« „Kölnische Zeitung": Damit über schreitet der „Tanin" die Grenze einer verständigen Kritik. Denn selbst jedem am Bosporus befindlichen Blatte sollte es bekannt sein, daß Agadir lediglich eine Folge des französischen Zuges nach Fez war. Wenn er sich über das Ausland besckuveren will, soll er sich an eine andere Arreste wenden. Ange- sichts der freundlichen Haltung, die Deut'ch- land immer der Türkei gezeigt hat, ist der Ausfall des „Tanin" sehr deplaciert. Konstantinopel, 25. September. sEia. Drahtm.) In einer offiziellen Note werden die Gerüchte demen tiert, daß die Italiener in Tripolis in Gefahr stehen. Die Regierung ist überzeugt, daß die gegenwärtigen Schwierigkeiten bald ein Ende nehmen und den wirtschaftlichen Interesten Italiens gestatten werden, di« durch die bestehenden Verträge gesicherte Entwick lung fortzuführen. Einstellung des Levantedienstes. * Konstantinopel, 25. September. (Wiener K. K. Tel.-Korr.-Burean.) Nach Auffassung der hiesigen italienischen Botschaft ist die Ein- stellung des Levantedienstes seitens der italieni schen Dampfer nicht einer Requirierung der Dampfer für Truppentransporte zuzuschieben, sondern bilde eine Vorsichtsmaßregel für den Fall eines plötzlichen unerwarteten Abbruchs der diplo matischen Beziehungen zwischen Italien und der Türtei. In diesem Falle könnten die Türken die in türkischen Gewässern befindlichen italienischen Handelsschiffe mit Beschlag belegen. Auch di« Kretenser rühren sich. o. London, 25. September. (Priv.-Tel.) „News" meldet aus Kanea: Das kretisch« Exekutiv- komitee hat am Freitag beschlossen, sobald die türkische Marine nach Trivolis abgefahren ist, die Selb- ständigkeit Kretas zu proklamieren. Das Exekutivkomitee hat alle Ortsgruppen benach richtigt. Die vor Kanea ankernden zwei türkischen Kriegsschiffe haben inzwischen Kanea verlosten, wäh rend zurzeit ein englisches Kriegsschiff vor Kanea liegt. 9. Svsngeltlch»lut1ier1lr1ie Lnnüeslynoüe. (:) Dresden, 25. September. Der heutigen 3. öffentlichen Sitzung wohnten am Regierunastische der Präsident des Lan deskonsistoriums Dr. Böhme, sowie «in« Anzahl Räte de» Konsistoriums bei. Nach dem üblichen Debet des Oberhofprediger, v. Dr. Dibeliu» wurde da» Synodalmitglied Pfarrer Dr. phil. Schnedermann. Leutzich durch den Präsidenten feierlich verpflichtet. Dann teilte der Präsident mit, daß das Synodalmit- alicd Geh. Kirchenrat Sup«rint«ndent Dr. theol. Pank-Leipzig infolge seines morgen stattsindenden 50jährigen Amtsjubiläums um Urlaub gebeten hab«. Die Synode begleit« ihn zu dieser Feier mit den herzlichsten Wünschen. Das Urlaubs gesuch, sowie einige weitere gleich« Gesuche wurden einstimmig genehmigt. Ueber die Konstituierung der Ausschüsse referierte dann d«r Päsident. Zum Vositzenden des Lerfassungsausschufses wurde Landgerichtspräsi dent a. D. Dr. iur. Hartmann- Plauen, zum Vor sitzenden des Verfassungsausschusses U Geheimer Rat L o t i ch i u s - Dresden, zum Vorsitzenden des Peti- tionsausschusses Geh. Hofrat Opitz- Treuen, zum Vorsitzenden des Petitionsausfchustes V Privatmann Dr. phil. Vogel-Dresden und zum Vorsitzenden des Ausschusses kür den Erlaß 6 betreffend den Zu stand der evangelisch-lutherischen Landeskirche Geh. Kirckenrat Professor I). Dr. H« in r i c i-Leipzig ge wählt. Aus der Registrande sind eine Petition des Kirch'envorstandes der Luka»- parochie-Dresd«n um Schutz Ler finanziellen Selbst- ständigkeit der Kirchgemeinden, eine Eingabe des Vorstandes der Chemnitzer Konferenz, enthaltend Vorschläge für den Religionsunterricht in den Volks schulen, lowie einige weitere Petitionen betr. die Nb- ände.ung des Konfirmandenunterrichts, die Festsetzung Les Hohen Neujahrstages usw. bemerkenswert. Ueber Wahlprüfungen referierten die SynodalmitgliederOberjustizratB e ck- Zittau, Oberschloßhauptmann v. C a r l o w i tz - Har- titzsch, Oberamtsrichter K a r t n g - Annaberg, Stadt rat Brau n-Freiberg und Superintendent Richter. Borna. Sämtliche Wahlen wurden für gültig erklärt. Gelegentlich einer sich hierzu entsvinnenden De batte beantragte Synodalmitglied Diakonus ?. Lud wig - Potschappel eine genau« Festlegung der Gültigkeit der Stimmzettel und die Festsetzung der eigentlichen Majorität bei den Wahlen zur Synode. Präsident Dr. Böhme erklärt namens des Kirck>en. regimentes, daß nichtgllltige Stimmzettel bei der Fest- stellung eines Wahlergebnisses nicht zu berücksichtigen feien. Geh. Kirchenrat v. Pank stellt den Antrag, an gesichts der Erklärung des Präsidenten Dr. Böhme über den Antrag Ludwig zur Tagesordnung über zugehen, worauf Synodalmitglied Ludwig seinen An trag zurückzicht. Nächste Sitzung: Dienstag vormittag 10 Uhr. Tagesordnung: Registrande, weitere Mahipriifunaen, Bericht über den 1. Teil d«s Erlasses 6 betr. den Zu stand der evangelisch-lutherischen Landeskirche. Tsgeschrouik. Das rrste Kaurnmnns-Erholungsheim. Die Grundsteinlegung des ersten Erholungsheimes der Deutschen Gesellschaft für Kaufmanns-Erholungs heime fand in feierlichster Weis« am Sonntag, den 24. September, 11 Uhr vormittags in S a l zh a u s e n (Obert-esssn) statt. Für die groß« soziale Bedeutung dieses ersten Baues werktätiger Nächstenliebe sprach die ungeheure Beteiligung, die die Feier von allen Seiten fand. Nach den einleitenden Musikvorträgen d«r Kapelle des Großherzogl. Hessischen Artillerie korps und des Männergesangvereins „Orpheus", Geiß-Nidda, hielt Geb Kommerzienrat Kalle- Biebrich, stellvertr. Vorsitzender der Handelskammer Wiesbaden und des Präsidiums der D. G. f. K.-E. die Begrüßungsansprache, indem er allen denen, die zum Gelingen des Werkes beigetragrn, vor allem der Großherzogl. Hess. Staatsregierung und dein Groß herzog Ernst Ludwig, dem Förderer aller sozialen Be strebungen, herzlichen Dank aussprach. Die Weihe- rede, bei der die Sonne aus regengrauem Gewölk her- vorbrach und ihre Strahlen über die Festversam.m- lug warf, hielt Herr Joseph Baum-Wiesbaden, Vorsitzender des Präsidiums der D. G. f. K.-E. Die Rede machte durch ihren tiefen Inhalt auf alle einen nachhaltigen Eindruck. Hierauf erfolgte dir Verlesung der Stiftungsurkunde durch Assenor Dr. Telgmann - Wiesbaoen. Den Weihcakt vollzog als Vertreter des Großherzogl. Hessischen Staatsministe riums Prooinzialdireltor Dr. Usinger, dem sich Korporationen und die Vertreter der Behörden, der Kaufmannschaft und des Vorstandes der D. G. f. K.-E. mit j« einem Weihespruch anschlossen. B«i dem Fest mahl brachte der Vorsitzende Baum-Wiesbaden das Hoch auf den Kaiser und auf den Eroßherzog von Hessen aus. Kommerzienrat M o l t h a n - Mainz brachte im Namen des Vorstandes der Mainzer Kauf leute dem Kaufmannsstand« die Glückwünsche dar, daß er aus «igener Initiativ« und Kraft es begonnen habe, diese segensreiche Bewegung ins Leben zu ruicn und aus eigenen Mitteln durchzufllhren. Provinzial direktor Dr. Usinger sprach die Glückwünsch« der Negierung und ihren Dank für di« Einladung aus. Er knüpfte hieran die Worte der Freuds, daß das erste Erholungsheim in Heften errichtet worden. Es sei «in gutes Zeugnis für die hessische Regierung, daß sie es verstehr, sozialpolitisch zu denken und zu Han- dein, und auch als erste di« tiefe Bedeutung dieser sozialen Bewegung erkannt habe. Es sprach dann Kommerzienrat Dr. Bamberger im Namen der Handelskammer Mainz, Oberst z. D. Weimer toastet« auf di« Entwicklung des Bades Salzhausen, das durch das neue Heim bedeutend gehoben würde. Bankier A d o l p h - Neustadt sprach im Namen der Handelskammer Frankfurt auf das Präsidium der Gesellschaft. Geh. Obrrforstrat Dr. Walther- Darmstadt brachte in launiger Weise das Hoch auf die Damen aus. Bankasseftor Dr. Telgmann verlas die an d«n Kaiser, den Eroßherzog und an die Mi nister Dr. Braun und v. Homoergk abgesandten Tele gramme. Ein inzwischen vom Eroßherzog eingelaufr- lies Danktelegramm wurde mit Jubel ausgenommen. Der Vizepräsident der 2. hessischen Kammer Land tagsabgeordneter Korell brachte im Namen seiner Kollegen dem Unternehmen das grösste Wohlwollen entgegen. Die würdige Feier hinterließ bei allen Be teiligten einen nachhaltigen Eindruck. Hannover, 25. Sept. (Das erste Denkmal für König Georg V.) von Hannover, zn dessen Aufstellung die königliche Regierung die Genehmi gung erteilt hatte, wurde gestern auf dem Vogel- hilttenbergr in Langenrehm bei Harburg unter An- teilnahme zahlreicher welfischer Vereine und Abord- nrmg«n aus der Provinz enthüllt. Das Denkmal ist ein« M«ter Hobe dreiseitige, au» Findlingen helgestellt« Pyramide. Al» Bronzerelief ist da» Brust, bild des Königs angebracht mit der Inschrift: Georg, König von Hannover. Putbn», 25. September. sVerhängnisvoller Ach'enbruch.) Beim Ausrücken der Putbufter frei willigen Feuerwehr zur Hilfeleistung beim Brande eine» Wohnhauses brach beute morgen die Achse eines Löickwagens. Die Feuerwehrleute wurden herausaeschleudert und teils schwer, teils leicht ver letzt. Her zweite Führer der Wehr, Gastwirt Hintze» erlitt einen Cchädelbruch und war sofort tot.
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