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Nummer 114 Sächsische Volkszeitung 1». Mat Die Preffelagung in Wien Wien, 1V. Mm. Die Vertreter desReichsverbandesderDeutschen Presse wurden am Sonnabend von, Bundeskanzler empfangen. Das Vorstandsmitglied, Reichstagsabgeordneter Becker, nahm in seinen Dankesworten für den Empfang auf die Angleichungs arbeiten Bezug. Bundeskanzler D r. Ender- gab seiner Freude über das Stattsinden der Tagung in Wien Ausdruck und richtete einen Appel an die Vertreter der Presse, di« Be ziehungen zwischen beiden Staaten noch mehr zu verinnerlichen und die Bemühungen der beiderseitigen Negierungen um die Gesundung der Wirtschaft zu fördern. Nach den Ansprachen wurden di« reichsdeutschen Gäste dem Bundeskanzler vorgestellt. Im Sitzungssaals des niederösterreichischen Landhauses be gannen gestern die Beratungen der Delegierten des Reichsver bandes der Deutschen Presse. Zur feierlichen Eröffnungssitzung waren zahlreiche offizielle Persönlichkeiten erschienen, darunter Bundesminister Dr. Schürfs in Vertretung der Bundesre gierung, der deutsche Gesandte Dr. Rieth, der Präsident des Nationalrates Dr. Renner, der Präsident des Bundesrates Professor Hügel mann. Geheimrat Kahenberger von der Presseabteilung der Neichsregierung, die Rektoren der Wiener Hochschulen und zahlreiche Vertreter journalistischer Körper schaften. Bundesmini st er Dr. Schürfs überbrachte die Grütze der Bundesregierung und betonte in seiner Rede: Wenn es möglich ist. auf dem Gebiete der Rechtsanaleichung so vieles zu leisten, so ist dies in erster Reihe der Schule und der Presse zu verdanken. Auf dem Gebiete der Pressegesetzgebung müssen weitere Reformen angestrebt werden. Es ist dies ein« der wich- tialten Aufaaben der nächsten Zeit, und wir wollen in größter Einheitlichkeit mit dem Deutschen Reiche wie auf anderen Ge bieten so auch hier vorgehen. Der deutsche Gesandte Dr. Rieth, der dem Bund, dem Lande und der Gemeinde Wien für den herzlichen Empfang der reichsdeutschen Journalisten dankte, erklärte es sei unverkenn bar, dah sich die österreichische Presse mit ihren Kollegen aus dem Reiche aufs allerenaste verbunden fühle in den Aufgaben, die die Presse für das Wohl des deutschen Volkes in seiner Gesamtheit zu erfüllen habe. Dies festzustellen, sagte der Ge sandte, ist mir eine Genugtuung in einem Augenblick, in dem unsere Staatenlenker sich anschicken, der schweren, auf dem deut schen Volk lastendeii wirtschaftlichen Not in gemeinsamer ernster Arbeit zu begegnen. So gewinnt die Tagung ihre hohe Be deutung durch sie Tatsache, datz viele namhafte Vertreter der deutschen Presse jetzt Gelegenheit haben mit ihren österreichi- Wn Berufsgenosieil Gedanken auszutauschen wie diele kür die Zukunft des deutschen Volkes unendlich wichtige Aufgabe von der deutschen Presse in Oesterreich und im Deutschen Reiche in beiderseitiger Uebereinstimmung zu behandeln und zu fördern ist. Geheimrat Katzen beiger sprach in Vertretung des Pressechefs der Presseabteilung der Reichsregierung. Reichs präsident von Hindenburg sandte der Tagung ein Telegramm, worin er darauf hinweist, da» der Reichsverband der deutschen Presse zum eilten Male ausserhalb der Reichs grenzen tage, und da» er damit die Tatsache betone, daß die Arbeit der reichsdeutschen Presse dem gesamten Deutsch« hum gilt „Eine neue Religion" Evangelisch« gegen das nationalsozialistische Neuheidentum. Die Nationalsozialisten mögen noch so sehr ihr „deutsches", oder ihr „echtes", oder ihr „positives" Christentum betonen — es hilft ihnen alles nichts: sie sind trotz der geschickten Benen nungen ihrer Weltanschauung durchschaut. Wir sprechen hier nicht von ihrer Politik, wie das auch unsere Bischöfe bei ihrer Verurteilung nationalsozialistischen Glaubens nicht getan haben: die politische Seite sei hier nicht erörtert. Aber wir lehnen hier aufs schärfste ihre neue Religion ab: es ist nichts als Heiden- 1 u m. Das sagt auch der p r o I e st a n t i s ch e Pfarrer Ger hard Richter (Leipzig) in seinem Aufsatz „Die neue Religion" (2. 5,2—57) im Aprilheft der Zeitschrift „Grutz aus Moritzburg — Monatsschrift der Moritzburger Diakonen (35. Jahrgangs". Rich ter behandelt: 1. Das S ü n de n b e w u h t s e i n, 2.Die Gnade, 3 Erlösungstod Jesu, 4. Auferstehungsglaube, 6 S ch ö p f u n g sg l a u b e, Ü. L i e b e s g e s i n n u n g, 7. Ge - Der Freund Schillers Dsn Wilhelm Schutt« Zum Andenken an Christian Gottfried Körner. „Lützows wilde, verwegene Jagd" hat er nicht gedichtet. Das tat sein im Volk berühmterer Sohn Theodor Körner. Der Vater gab uns mehr: Wir Deutsche verdanken ihm Schiller. Ohne Gottfried Körner wäre er umgekommen, verhungert, ver zweifelt tm Selbstmord geendet. „Du ganz allein hast mir das Leben gerettet. Ohne Dich läge ich schon längst auf dem Grunde der Elbe!" Man sollte dieses Geständnis Schillers, das ich in Gustav Partheys Iugenderinnerungen fand, nicht mehr ver schweigen oder verschleiern. Erst dieses furchtbare Wort enthüllt die Not, aus der Schiller durch Körner gerettet worden ist. „Ich kann nicht mehr in Mannheim bleiben — Menschen. Ver hältnisse, Erdreich und Himmel sind mir zuwider." „Was mir vielleicht noch teuer sein könnte" — Schiller meint sein Ver hältnis zu der verheirateten Charlotte Kalb — „davon scheide» mich Konvenienz und Situationen." Er stand allein, verlassen. „O meine Seele dürstet nach neuer Nahrung, nach besseren Men schen, nach Freundschaft, Anhänglichkeit und Liebe." Der einzige, der diesem Aufschrei mit der Hingabe seiner ganzen Persönlichkeit antwortete, war der um drei Jahre ältere Oberkonsitorialrat und Oberappellationsgerichtsrat Körner in Leipzig. Mit Wilhelm von Humboldt gehörte er zu den ganz weni gen, die den lebenden Schiller verstanden haben, ahnten, welche Zukunft in diesem Genius lag. Doch nicht der Kunstkenner, sondern der edelmenschltche Charakter Körners war es, der Schil ler Unterstützung solcherweise anzubieten vermochte, datz dessen charaktervolles Selbstbewuhtsein sie nicht als Almosen zurückwies. Das Leben war ihm wahrhaftig der Güter höchstes nicht. Nie aber wurde einem Genie Hilfe so edel geboten wie Schiller in diesem einzig schönen Briefe: „Wenn ich so reich wäre «nnd Du ganz überzeugt sein könntest, welchs geringes Objekt es für mich wäre, Dich aller Nahrungssorgen aus Dein ganzes Leben zu über« beben, so würde ich es doch nie wagen. Dir eine solche Anerbte- Frankreichs Gegenplan Oas deutsch österreichische Iollunionsprototott „nicht geeignet" KandelsvorleUe fttr Ssterreich Gens, 1«. Mai. Der ,.K o n st r u k t t v p l a n" der französischen Negierung ist heute nachmittag von der französischen Delegation im Wort laut und in einem Auszug veröffentlicht worden. Der Auszug beginnt mit der Bemerkung, datz „die französische Regierung der Ueberzeugung ist, datz das deutsch-österreichische Zollunionsproiokoll, das üblichen internationalen Verpflichtungen widerspricht, nicht ge eignet sei, weder den Beteiligten, noch Europa die Vor teile zu bringen, die dir Urheber des Planes erwarten, und sich veranlatzt sehe, in Eens einen Konstruktivplan vorzulrgen, der dir Möglichkeit beschleunigter und prak tischer Lösungen für dir dringendsten Probleme enthalte." Diese Vorschläge würden nach Ansicht der französischen Re gierung auch der österreichischen und der deutschen Regierung die von der Zollunion erhofften Erleichterungen bringen. Es handle sich insbesondere um folgende Probleme: Verwendung der EetreideUberschüsse der Agrarstaaten Oft- und Mittel europas: Behebung der Absatzkrife der Industrie: Beseitigung des Kapitalmangels und der Kreditschwicrigkeiten namentlich in Mittel- und Osteuropa: weitere Matznahmen zum Wieder aufbau Oesterreichs. Im einzelnen wird zu den vier Punkten bemerkt: Für die Regelung der Eetreidefrage schlägt die französische Regierung ein Präferenz) y st em, das den Exportstaaten gewährt werden soll, vor. Als etwaige Kontrepartie käme ein Vorzugssystcm Jndustriewaren nicht in Frage. Die Vor teile einer solchen Gegenleistung miitztcn allen Staaten, die de» Vorzug der Meistbegünstigung genießen, zugutekommen. Die Regelung dieser Frage würde bedeutend erleichtert, wenn die Agrarländer eine Art Verkaufsorganisation bilden würden, die die Aufgabe haben soll, mit den Einfuhrländern zu verhandeln. Auf der anderen Seite sollten die Industrie länder, die das fragliche Präserenzsystem zu gewähren Hütten, sich zusammentun, um durch gemeinsame Abmachungen die be treffenden Fragen zu regeln. Außerdem tritt die französische Negierung für den weiteren Ausbau internationaler Abmachungen aus in dustriellem und landwirtschaftlichem Gebiete e i n. Die bisherigen Versuche, durch allgemeine Formeln die in ternationalen Handelsschwierigkeiten zu beheben, seien meistens gescheitert. Man hätte aber in der Vergangenheit Erfolge ge habt mit den Versuchen zur Organisierung der Märkte, Regulie rung und Verbesserung der Handelsbeziehungen, wenn man sich auf ein« bestimmte Kategorie beschränkt hätte. Das französische Memorandum meist auf die zahlreich bestehen» den Kartelle hin, die den Beweis lieferten, datz dtesr Me- thode geeignet sei, praktische Ergebnisse herbeizusühren. DI« französische Regierung besiirmorte die Ausdehnung der Kartell« aus andere industrielle Produkte, wie Textilien, Glas. Kohl« usw. und ebenso auf landwirtschaftliche Erzeugnisse, wie Ge treide, Mais. Holz. Es bestehe begründet« Hoffnung, dah di« Organisierung eines europäischen Marktes durch Jndustrt«- abmachungen zum Abbau der Zollschranken führen würde. Was die landwirtschaftlichen Krcditschwierigkeiten anbe« laugt, so wird auf die in Gang befindlichen Verhandlungen zur Schaffung eine» internationalen Agrarkredit-Institutes hingen»iesen und bemerkt, datz die französische Regierung darüber hinaus bereit sei, mit den französischen Banken Uber di« Bedingungen zu verhandeln, zu denen diese an der Finanzierung der Ernt« sich beteiligen könnten. Frank reich sei Überdies bereit, jede Art von Zusammenarbeit des französischen Marktes mit den anderen Märkten zu erleichtern und zwar sowohl bezüglich der lausende» Finanzoperationen, als auch der grotzen Staatokredite. Man sei auch bereit, einem besonderem Büro des Völker bundes oder dem Finanzkomitee die Aufgabe zu übertragen, solche Anleihen vorzubereiten und zu beaufsichtigen. Für die Unterbringung solcher Anleihen sei man zu w e i t e st g e h e n - der Mitarbeit bereit, vorausgesetzt, datz diese Anleihen einen internationalen Charakter hätten. Zu Punkt 4 des Konsiruktivplancs, der sich mit det wirtschaftlichen Lage Oesterreichs besaht, wird fest gestellt, dah diejenigen Staaten, denen gegenüber Oesterreich sich seinerzeit verpflichtet hätte, seine wirtschaftliche Unabhängig keit zu wahren, auch di« Pflicht hätten, zu seiner wirtschaft« lichen Entwicklung beizutragen. Um Oesterreich eine direkte und wirksame Hils« zu gewähren, erwäge man de» Gedanken von besonderen Handel svorteilen zu« gunsten Oesterreichs. Die Hauptkunden dieses Land«« würden ohne Ausnahme ausgcsordert, durch eine gemeinsam« Abmachung Oesterreich Erleichterungen zur Entlastung sein«« Absatzmarktes zu gewähren. Man sei berechtigt zu glauben, datz dieses System der österreichischen Wirtschaft Helsen würde, ohn« die Handelsbeziehungen dritter Staaten zu «rschüttern und datz dieses System Oesterreich die Vorteile bringen würde, die di« Urheber der Zollunion im Auge hatten. Die französische Regie rung sei sich darüber klar, dah ihre Vorschläge Uber di« Be hebung der Schwierigkeiten in den Agrarstaaten zugunsten Oesterreich» eine Abweichung von der Meistbegünstigung»«»«!«! bedeuteten. Es Handl« sich hier aber um eine auhcrordentlich« Lage und die in Aussicht genommenen Matznahmen hätten nu« zeitliche» Charakter, Wissensfreiheit. 8 Gehorsam gegen Gott. Pfar rer Richter zeigt, das; der Wortführer der Nationalsozialisten Rosenberg diese christlichen Höchstwerte abiehnt, das; er weiterhin kämpft 1. gegen dasAlte Testament, 2. gegen Paulus und andere Stellen des Neuen Testaments, die dem nordischen Ideal widersprechen, 3. gegen den Katholizismus, 4. gegen den Pro testantismus, 5. gegen den lebendigen Gott selbst, 6. gegen Christus als Erlöser und Wort Gottes. „Das ist reinstes Ich — bezogenes, also nicht götterfiirchliges Hei de n t u m" (S. 57). An dieser Stelle ist schon manches protestantische Urteil gegen das nationalsozialistische Heidentum milgeteilt worden. Der Erfolg solcher Urteile: Drohung der Nazi mit Kirchenaus tritt (gegenüber Pfarrer Dr. Röseberg von der Erlöserkirche in Leipzig) oder vorsichtiges Hingleiten Uber die Kritik unter gleich zeitiger Hervorhebung (mit Fettdruck, Einrücken und entspre chenden Ueberschrifte») bei solchen Worten, in denen zu Einzel heiten in Aufsanungen des Nationalsozialismus zugeslimmt wurde. Ein Musterbeispiel da>ur in die Behandlung des Be richts über die Tagung der Inneren Mission in Nr. 33 ..Frei- henskamvses'. * Rcligtonspjymoiog'ityrr nougrey, ,7ür den E r st e » Internationalen R e l i p i o n s ps » ck o I o g i l ch e n Kongreß, der am Abend der ^ö. Mai mn einer gesellige» Zusammenkunft der Teilnehmer im Oejterreichischeu Klub zu Wien eingeleitet wird, find, wie das soeben eiichienen« Tagesprogramm zeigt. Referate von 37 Fachgelehrten aus ver schiedenen Ländern angemeldei worden. Die Borträge sind von dem Kongreß-Sekretariat, Wien VII., Zitterhosergane u. auf die Vor- und Nachmittage der ganzen Woche verteilt und für eine eingehend« Aussprache ist Sorge getragen. Außerdem finde» zahlreiche Besichngungen von Instituten, Besuche der psychiatrischen Klinik, des psychollzerapeurischen Ambula toriums usw. sowie Ausflüge in die Umgebung Wiens statt. tung zu machen. Ich weiß, daß Du imstande bist, sobald Du nach Brot arbeite» willst, Dir alle Deine Bedürfnisse zu verschaffen. Aber ein Jahr wenigstens laß mir die Freude. Dich aus der Not wendigkeit des Brotverdienens zu setzen. Was dazu gehört, kann Ich entbehren, ohne im geringsten meine Umstände zu ver schlimmern. Auch kannst Du mir meinetwegen nach ein paar Jahren alles mit Zinsen zurückgeben, wenn Du im Ueberslutz bist." Schillers Antwort klingt stolz: „Für Dein schönes und deles Anerbieten habe ich nur einen einzigen Dank, dieser ist die Freimütigkeit und Freude, womit ich es annehme." Hinter diesen Worten verbirgt sich jedoch nur der feierliche Ernst eines Glückes, das uns Menschen sonst kaum zuteil wird: das Herz eines Men schen gefunden zu haben. Nicht die hohe Geldsumme, es mar die edle Freundschaftsliebe Körners, die Schiller zu neuem Scl-affen ausfliegen ließ: „Durch Dich, teurer Körner, kann ich vielleicht noch werden, was ich je zu werden verzagte . . . Werde ich das, was ich jetzt träume, wer ist glücklicher als Du?" Diese Freundschaft wurde für Schiller geradezu Quellgebiet neuer Dichtung. Das durch Beethovens neunte unsterblich ge wordene „Lied an die Freude", noch mehr der „Don Carlos" wurden geradezu die Hohelieder der Freundschaft in der Welt literatur: Wie Gott das Universum zusammenband durch die Kraft der Anziehung, so hat er an die Anziehung und Verbrüde rung der Geister, an die Liebe die menschliche Vollkommenheit gebunden: sie ist der Sinn der Welt, die letzte Wahrheit der Dinge: sie macht gut und erhebt zu Gott, sie entfaltet sich als Hoffnung auf Rettung selbst von den Schrecke» des Todes. Eugen KUHnemann, der von allen Schiller-Biographen diesen Wende punkt in Schillers Leben und Schassen am feinsten erfaßt, hat Recht: Das ist das Wunder, datz Schiller sich Körner nicht zu einem Idol emporläutern mutzte: Körner war wirklich dieser Edelmensch. Kein sentimental urteilsloser Anbeter Schillers. Sein Geist, in den Wissenschaften wohl zu Hause, aus ernst ge meinten grotzen Reisen europäisch geweitet, vermochte sich fein fühlig in fremde Geistigkeit hinetnzustnden, ohne sich selber zu verlieren, ebenso unabhängig wie uneigennützig zu bleiben. Daher ist denn sein Briefwechsel mit Schiller ein idealer Schlüssel zu diesem uns heut« wieder so nahe kommenden Geniu». Auch Goethe gegenüber hat sich Körner bei aller Ver ehrung das Urteil nicht verbiegen lassen, insonoerheii nicht in dem Punkt, bei dem fast alle Goethe-Biographen ängsiltch wur den. Dewitz, er nahm ihn und Christiane in Schutz von Klatsck>- basen. „Ob die schlimmen Gerüchte von ihm begründet sind", schreibt er an Schiller, das frage sich sehr! „denke dir de» Fall, datz er dem Mädchen gut ist. datz alle Welt auf ne loshackt, datz er ihr in einer kleinen »raoi reine erträgliche Erüren; vernhaf- fe» kann, ohne sie zur grau zu nehmen." Ebenso freimütig aber bleibt Körner dabei: Man verletzt die Sitten nicht un gestraft. Zu rechter Zeit hätte er gewiß eine liebende Gattin gesunden, und wie ganz anders wäre da seine Existenz. Das andere Geschlecht hat eine höhere Bestimmung, als zum Werkzeug der Sinnlichkeit herabgewürdigt zu werden: und für ein ent behrtes häusliches Glück gibt es keinen Ersah. Eoeihe selbst kann das Geschöpf nicht achten, das sich ihm unbedingt hingab. Er kann andern keine Achtung für sie und die ihrigen er zwingen." Erst dies klar sehend, konnte er gas geheime Unglück Goethes recht verstehen: ..Solche Verhältnisse machen den kraft vollsten Niann endlich mürbe. Es ist kein Widerstand da, der durch Kamps zu überwinden ist, sondern eine heimlich nagende Empfindung, deren man sich kaum bewußt ist und die man durch Betäubung zu überwinden sucht." Bedenken wir, daß Theodor Körner, der Freiheitsheld, der Sohn eines so gearteten Vaters war, dann wißen wir — und unserer Jugend muß das wissen —, datz der Sänger von „Leier und Schwert" nur deshalb Lützows wilde Jagd so todverachtcnd reiten konnte, weil er keinem Schwertheldentum frönte, sonder» das Leben einer höheren Idee opfern wollte. Neues au« dem Nachlatz Jean Pauls. — Von der historisch kritischen Gesamtausgabe von Jean Pauls Werken, die Eduard Verend im Auftrage der Preußischen Akademie der Wissen schaften herausgibt, erscheint jetzt im Verlag Herm. Böhlau« Nachfolger in Weimar der zweite Band der zweiten Abteilung, der di« nachgelassenen Schriften au» den Jahren 1783—1761» enthält. Aus dem reichen Inhalt des Bandes, der gut zu znxl Dritteln bisher ungedruckt« Arbeiten baingt. seien hervorg«-,