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Sächsische Volkszeitung : 14.05.1931
- Erscheinungsdatum
- 1931-05-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-193105144
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19310514
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19310514
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1931
-
Monat
1931-05
- Tag 1931-05-14
-
Monat
1931-05
-
Jahr
1931
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 14.05.1931
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Warnung! Das Bischöflich« Ordinariat Bautzen macht die hochwürdi gen Herren Geistlichen aus das Kirchliche Amtsblatt 1927 S. 32 ausmerksam und warnt, dem griechisch-unierten Priester Wladi mir Ian Bodniik Stipendien oder andere Unterstiitzungen zu geben. tn ourn) Auswiung ves Reichstages map meyr zur verav- schicdung gelaugt. Es mutz möglichst bald wieder.eingcbracht werden. Den Schutz der Jugend bezweckt auch das sogenannte Schund- und Schmützgesetz von 192». Dieser Zweck wird aber durch die Epruchpräzis der Priisstellcn nicht gewährleistet. Die Prüfstellen stellen zuerst fest, ob eine Schrift Schund- und Echmutzschrist ist, und wenn oas verneint wird, kommt die Frage der Gefährdung der Jugend nicht mehr zur Erörterung. Wo der Tatbestand der 88 184 und 184a des St. G. B. in Be zug auf «ine einzelne Druckschrift in Verwirklichung tritt, kann er durch Häusuvg von Vüchertiteln und Abbildung gegeben sein uno wäre unter Zuhilfenahme der Eewerbeorduna ein Eingreifen möglich. Wie bei der Epruchpraxis der auf Grund des Schund' und Schmutzgesetzes eingesetzten Prüfstellen wird auch bei der Judikatur der ordentlich«« Gerichte nicht ge« «tilgend berücksichtigt, datz, wenn auch Nacktheit an sich nichts Unsittliche» ist, doch die Auswirkungen aus den Menschen als Ursache moralischer Schadenswirkungen in Frage kommen könne. Gegen die vorgenannten Mißstände wenden sich zwei Eingaben von katholischer und evangeli scher Seite. Außerdem aber hat die interkonfessionelle Arbeitsgemeinschaft für Volksgesunduna, deren Präsident der von allen Richtungen anerkannte Geheimrat Prof. Kahl, der Vorsitzende des Ausschusses für Strafrechtsreform im Reichstag ist, und welcher Arbeitsgemeinschaft 300 Wohl- tahrtsorganisationen der verschiedensten Richtungen ange- schlossen sind, mich in ihrer Mitgliederversammlung vor einigen Tagen ersucht, ihren Standpunkt gegenüber den herr schenden Zuständen hier zum Ausdruck zu bringen. Dr. Job bender führt dann einen an ihn gerichteten Vries eines aus ländischen Univcrsitätsvrosessors im Wortlaut an, der sich in der abfälligsten Weise über die Eindrücke, die er in Berlin von dem öffentlichen Stratzenbild bekommen hat, äutzert. Außerdem führt Dr. Faßbender das Urteil des her vorragenden Medizinproscsfors Geheimrat Abderhalden an, der als Arzt in Verbindung mit seiner Acrzteoraanisation die Gefahren für unsere Volksgesundheit in der schärfsten Weife zum Ausdruck bringt. Dr. Faßbender schließt leine Ausführungen mit der Ver lesung eines Brieses des Ethikers und Pädagogen der Ber liner .Universität Prosessor Spranger, der die heutige Lage in ernsten Morten beklagt. vprrdrn und Umgebung Gteuersorgen der Grundbesitzer Dresden, 13. Mai. Der Ncichsverband Deutscher Geschäfts- und Industrie- Hausbesitzer, Berlin, hielt am Dienstagabend im Kongrehsaale des Städtischen Ausstellungspalastes in Dresden eine ösfcntlici)« Versammlung ab, an der Vertreter der staatlichen und städti schen Behörden, des Reichs- und des Landtags, der sächsischen Slaatsministericn, der Industrie- und Handelskammern, des Sächsischen Hausbesitzerverbandcs und des deutschen Hausbesit zes in der Tschechoslowakei teilnahmen. Der 1. Vorsitzende, Rechtsanwalt Dr. Bayer-Berlin, eröffnete die Versammlung, begrüßte die Ehrengäste und wies dann auf die Lage des Ge schäfts- und Industriehausbesitzes hin. Er sprach sich im übrigen gegen die Zwangswirtschaft aus. Zu fordern sei Vertragssrei- heit, Verhinderung der völligen Vernichtung des Grundbesitzes, Wiedereinsetzung von Treu und Glauben in Handel und Wandet sowie Herbeiführung von tragbaren, aber für den Vermieter ausreichenden Mieten. Der angekiindigte Vortrag von Ministerialrat Dr. Ebel- Berlin über „Soziales Micstrccht" mußte wegen Unabkömmlich keit des Redners aussallen. Dafür sprach Staatsminister a. D. Dr Weber über „Stcuersorgen des bebauten Grundbesitzes". Er legte zunächst die immer näher rückende Gefahr des Ueber- angebots von Wohnräumen dar und bezeichnete es als Ungerech tigkeit, daß der Hausbesitzer trotz lecrstelpmder Räume volle Realsteuern absühren müsse. Scharfe Kritik übte der Redner an der Rechtsprechung des Reichssinanzhofes. durch die eine Neuheranziehung der Geschäfts- und Industriehäuser zur Auf bringungslast und Umsatzsteuer erfolgt sei. Er sprach die Hosf- nung aus, daß die Einheitsbewertung 1931 eine gerechtere An gleichung an die wahren Vermögenswerte herbeisühren und die I Beschlüsse -er Gemein-ekammer (N.) Die Gemeindekammer hat in ihrer letzten Sitzung u. a. folgende Entscheidungen getroffen: In einer Reihe von Fällen mutzten wieder Beschlüsse der Gcmeindcverordncten ans Gewährung allgemeiner S o n de rb e i h i l s e n (besonders Win- telbeihilsen) an Erwerbslose ans Grund eines vom Gemeinde rate erhobenen Einspruchs arifgehoben werden, da ihre Durchführung im Hinblick auf die Finanzlage der Gemeinden einen schweren Nachteil für diese bedeutet Hütte. Aus dem selben Grund« wurde der Beschluß eines Stadtverordneten kollegiums aufgehoben, den Wohlfahrtserwerbslosen, die Pflicht arbeit leisteten, für den September 1930 nachträglich «ine Son- derentschndigung von 1,50 9iM. je Arbeitstag zu geivähren: des gleichen der Beschluß einer Gemeinde, die von dem außer gemeindlichen Elektrizitätswerk zu entrichtende Vertragsabgabe für die Erwerbslosen zu verwenden. Dagegen wurde ein Ge- mcindeverorünetenbeschluß, Krankenkasscnbeiträge für Wohl- fahrlserwerbslose zu zahlen, gebilligt. Entspreck)«nd dem Gutachten des Kreditausschusscs wurde einer Gemeinde die Genehmigung zur Ausnahme eines Dar- lehns für die Erweiterung ihres Wasseriverkes versagt, da die Inangriffnahme eines solchen Projektes durch die aus Bei hilfen ans dem Lastenausgleichsstock angewiesene Gemeinde im gegenwärtigen Zeitpunkte nicht verantwortet werden konnte, auch wenn die Gemeinde nach ihren vorläufige» Berechnungen den Kapilaldienst durch «ine Erhöhung des Wasserzinses decken zu können hoffte. Aus demselben Grunde konnte einer gleich falls aus Staalsbeihilsen angewiesenen Stadt die Aufnahme eines Kredites für die Beschleusung einer Siedlungsstraßc nicht bewilligt werden. Die Gemeindekammer war der Ansicht, daß in einer Notzeit, wie der jetzigen, der Versuch gemacht iverden müßte, mit den vorhandenen Gruben weiter auszukommen. Da gegen wurde einer mittleren Stadt ein langfristiges Darlehen zu dem besonders günstigen Ankauf eines Gebäudes, dessen zweckmäßige Verwendung sicl)ergcstellt schien, erteilt. In drei weiteren Füllen wurde trotz der vom Kreditausschuß geüußcr- ten Bedenken der Ausnahme von Darlehen zugestinnnt, di« Ge meinden bei ihrem Bezirksverband zur Durchführung des Stra ße nbauprogramms ausgenommen hatten, obwohl das Bersahren des Bczirksverbandcs nicht gebilligt weiden konnte. Zivei Gemeinden hatten selbst Darlehen zu 8 und 81- v. H. Zinsen ausgenommen und zu einem verbilligten Zinsfuß au Ge- meindeeinwohncr (Siedler. Turnverein) iveitergcgeben. Tic wurden angewiesen, im Rahmen der vertraglichen Möglich keiten die Zinsverbilligung aufzuhebcn, da ihre Gewährung Irei der angespannten Finanzlage der betreffenden Genieinden ein« schuldhafte Vernachlässigung ihrer Aufgaben bedeute. Die Aste ten für gemeindeeigene Häuser müssen so sestgrseht werden, daß sie den Iahresauswand an Zins-, Tilgungs- und Betriebskosten decken, wo die Finanzlage der Gemeinde einen Zinszuschuß aus allgemeinen Mitteln nicht gestaltet. Zur Festsetzung der ein zelnen Mieten ist der Gemeinderat zuständig. Ein Beschluß der Stadtverordneten, ein geiverbliches Unternehmen grundsätzlich von der Prciseinholung bei Vergebung siüdlischer Arbeiten an- zuschlicßen, ist schon aus sörmlichen Gründen unzulässig, weil die Vergebung städtischer Arbeiten im Vauwesen zur lausenden Verwaltung des Stadlrates gehört, und die Stadtverordneten auch mit Zustimmung des Stadtrates nicht in der Lage sind, diese ihm gesetzlich obliegenden Ausgaben an sich zu ziehen. Erneut wurde sestgestellt, daß Vszirksverbände Deckung ihrer Fehlbeträge nicht durch Anleihen, sondern durch Erhöhung der Vczirksumlage herbeizusühren versuchen müssen. Die K-mein- den sind verpflichtet, die aus sie cnlsallenden Umlagebeträge in ihren .Haushallplan einzustellen. Die Beschwe'de eines wegen Unterschlagung von Gemeindegeldern zu drei Monaten G-käng- nis rechtskräftig verurteilten Bürgermeisters gegen den Beschluß der Gemeindcvcrordncten, daß er aus feinem Amte auszujchci- dcn habe <8 107 Abs. 2 Gcm.-O.) wurde verworfen. Die ortsgcsctzliche Einführung der Lcislungs- Umsatzsteuer für die freien Berufe, stehl nicht nur im Widerspruch mit den Bestimmungen des Sächsischen G-w.-stie- steuergesetzcs, sondern vom 1. April 1931 ab — nach Aush dung des 8 21 des Umsatzstcuergcsctzes — auch in Widerspruch mit dem Reichsrccht <8 2 des Reichssinanzausgleicksgcsetzes). Einem Ortsgesetznachtrag, mit dem die städtischen Körgcrscl>as>cn einer kleinen Stadt Aushebung der Musikinstrumcnlensteuer de schlei fen hatten, wurde entgegen der Stellungnahnie der 'Beschluß- behorde Genehmigung erteilt. Bezirks-Hebammen unterstegcn grundsätzlich der Gewerbesteuer. Der Beschluß eines Gemeindr- verordnetenkollegiums, einer Bezirkshebanunc in einem Ein . !- sallc die Zuschlagssteuer zur Gewerbesteuer zu erlassen, winde nicht als schwerer Nachteil für die (Gemeinde anacsehen. Da gegen wurde der Beschluß eines Gemeindeocrordnetenkollc- giums, sämtliche lohnsteuersrcie Kur-arbeiter von der Bürger- steuer zu befreien, auf den Einspruch des Memeinderales auf gehoben. da die Gemeindekanuncr darin einen schweren Nach teil für die Gemeinde erblickte und der Beschluß in dieser All gemeinheit überdies gesetzwidrig ist. allgemeine Steuermoral stärken werde. — Das Schlußwort sprach der Vorsitzende Tr. Bayer-Berlin. Ausflugsvet-kehr am Himmelfahrtstage Am Feste Christi Himmelfahrt verkehren zum Besuche der Talsperre Malter folgende Züge: Ab Dresden Hbf. 8.48, ab Hainsberg (Sa.) 9.21, an Malter 10.02: ab Malter 18.58, ab Hainsberg (Sa.) 19.38, an Dresden Hbf. 19.58. Die Sächsisch-Böhmische Dampfschissahrt-AKIicngesellschast sührt am Himmelfahrtstage außer den durch Inserat bekannt gegebenen Konzertsahrten von Dresden nach Bad Schandau und zurück, sowie von Dresden nach Meißen—Diesbar—Riesa und zurück bei günstigem Wetter noch folgende Sonderfahrten aus: 10.15 und 13.30 Dresden—Meißen; 15.15 und 17.45 Dres den—Diesbar. Rückfahrt von Meißen 12.15. 1530, 17.40 und 19.50 nach allen Stationen bis Dresden. Zwischen Meißen— Diesbar werden wie alljährlich Sonderverbindungen geboten, und zwar ab Meißen 11.30 Diesbar—Riesa, 17.15, 19.35 nach Diesbar. 20.35 nach Diesbar—Riesa. Rückfahrten von Diesbar 16.05, 18.25 nach allen Stationen bis Dresden, 19.15, 20.30 und 21.25 (20.00 ab Riesa) bis Meißen. — Am Freitag, 15. Mai, ver kehrt der Luxusdampfer „Dresden" 10 Uhr ab Dresden bis Bad Schandau. : Christlich« Gewerkschaften: Freitag, 15. Mai. Kartellvcr- sammlung im Restaurant „Pirnaischer Host', Schreibcrgasse 13. Beginn 20 Uhr. Vortrag der Kollegin Anna Fischer: „Die christlichen Gewerkschaften zur Wirtschaftslage". : 4 Kolibris im Dresdner Zoo. Am Dienstagabend sind im Dresdner Zoo 4 entzückende Kolibris eingetrosscn, die im Warmhaus untergebracht werden. Kolibris iverden äußerst sel ten nach Europa gebracht und halten sich meistens nicht sehr lange. Außer unserem Zoo ist der Hamburger Zoo der einzige in Europa, der diese bezaubernden Vögel Westindicns auswci- sen kann. : Die täglichen Verkehrounsälle. Am Dicnstagnachmistog geriet ans der Eoltacr Straße ein Lastkraftwagen in Brand und wurde vollständig zerstört. Die Ursache ist in einem Vergaser- brand zu suchen. — In der 7. Abendstunde stieß aus der Leube- ner Straße eine Radfahrerin mit einem Motorradfahrer zusam men. Sie erlitt einen Schädelbruch und mußte ins Iohannftod- ter Krankenhaus gebracht werden. : Warnung vor einem Radiobctrüger. In der letzten Zeit wurden Dresdner Geschäftsinhaber von einem Unbekannten ge schädigt. Er rief zunächst fernmündlich an und gab sich als Ge- fchäftsfrcnnd des Geschädigten aus. Nebenbei erklärte er. daß er einen Radioapparat Kausen wolle und daß er zum Abholen des Apparates einen Boten hinschicken würde. Erst später muß» ten die Geschädigten seftstellen. daß sie einem Betrüger in die Hände gefallen waren, sachdienliche Angaben erbittet die Kriminalpolizei. : lieber „Naturschutz und Naturschutzparks in aller Welt* spricht Dr. von Popen an der Hand von Lichtbildern am Frei« lag, 15. Mai. abends 8 Uhr im Deutschen Hygiene-Museum. größte Sorgfalt in der Auswahl der Ttahruna, Schwer verdauliche Speisen sind ganz zu mei» den. Dem Ainde gebe man nur das, was der zarte Organismus widerstandslos aus« nimmt und ihn kräftigt, also vorzugsweise 1 Paket Inhalt ll Stück nur 20 Psg. dum Kongreß für Psychotherapie Vom 14 bis 17. Mai findet in Dresden im An schluß an die Internationale Hygiene-Ausstellung 1931 der 6 allgemeine ärztliche Kongreß für Psycho therapie statt. Die Psychotherapie, die Scelenl-eilkunde, be ruht aus den Erkenntnijsen der modernen Seclenforschung, für die Sigmund Freud bahnbrechend gewirkt hat, der Psycho analyse. Die Psychoanalyse ist Naturwissenschaft; Werte und Ziele auszustellen ist nicht ihre Sache. Nun ist aber gerade da durch, daß Gedanken der Psychoanalyse in weiteste Schichten der menschlichen Kultur eingedrungen find, klar geworden, daß uns allein mit einer Naturwissenschaft der Seele nicht ge dient ist. Die Pädagogik z. B.. die der Psychoanalyse an Er kenntnissen unendlich viel verdankt, kann keinen Schritt tun, ohne Werte und Ziele auszustellen. Auch im alltäglichen „Um gang mit Menschen" kommt es nicht so sehr aus exaktes Er kennen menschlicher Triebrichtungen und Gedanken an, als aus eine gewisse Fähigkeit, die „Gchcimsprachc der Seele" zu er fühlen und zu deuten. Und nun gar der Arzt, der einen im „Lebenskampf" gescheiterten Menschen vor sich hat! Wieviel muß er aus den Bewegungen, aus den gewollten Acußerungen, aus der Mimik des Gesichtes erraten, wie sehr muß er es ver stehen, hinter den ablichtlich und bewußt dargestellten Vorgän gen die wahren Zusammenhänge intuitiv zu erschauen. Und wenn dann alle „fchadhasten Stellen" des Körvers aufgezeigt und alle Stationen seelischen Versagens klargelegt sind, dann beginnt erst die eigentlich aufbauende Psychotherapie, dann mutz die Arbeit des Arztes einsetzen, die im Mittelaller priester liche Seelsorge gewesen ist. Wenn Lebenswcrte durch das Schick sal zerstört worden sind, oder wenn die Fehlsteinstellung aus Schcinwerte zum Scheitern geführt hat, dann ist es Aufgaln- des Arztes, tastend und behutsam Wege zu neuen Zielen und Wer ten zu zeigen, die dem betreffenden Mensci)en Inhalt und Er füllung bedeuten können. Dieser p r i e st c r l i ch e n Ausgabe des Arztes nach zugehen, will sich die „Allgemeine ärztliche Gesellschast für Psychotherapie" nicht enlzicl)«». Darum läßt sic neben der Haupllagung eine Sondcrreil)« von öffentlichen Vorträgen her- laustn, die auszcigen sollen, wie eng verflochten Erkenntnisse der modernen Seelcnsorschung mit philosophischen und religiö sen Ideen sind. Es sprechen am Sonnabend. 16. 'Mai, und am Sonntag, 17. Mai (abends 8 Uhr im großen Saale des Hqgiene.Museums) Professor Paul Tillich (Frankfurt), Dr. August Vetter (St. Georgen), Pater Erich Przywara S. I. ('München) und Ernst v. Hattingberg (Münclien) über Probleme, die einer Zu sammenarbeit von Psychotherapie und Seelsorge neue Wege weisen sollen Die Pfychatherapie verläßt damit keineswegs den Boden der strengen Wissenschaft, aber neben der Vernunft räumt sie der Intuition und der Seelsorge diejenige Bedeutung ein, die ihnen von altersher in der Heilbehandlung der mensch lichen Seele zugekoinmen sind. Denn — die Seele ist kein Reclstmcxempej, sondern ein lebendiger Organismus. dur Psychologie Luthers Den neuen Versuch des Leipziger Privatdozenlen Her mann Wendorf, Luther durch den „Ausbau seiner tsiersönlich- keit" aus irrationaler Religiosität verständlich zu machen, unter zieht Joses Grisar S. I. in den Stimmen der Zeit (Mai 1931. Freiburg. Herder) nach der methodisäien wie nach der sachlichen Seile hin einer gründlichen Kritik. Was Wendorf als ursprüngliches Erlebnis Luthers ansieht, wird durch Quel lenbelege als altes katholisches Erbgut erwiefen, und die Haupt ursache sür diesen auffallenden Mangel eines sonst bedeutenden Werkes findet Grisar in der für die Luthersorfchung so ost ver hängnisvoll gewordenen Spannung zwischen Weltanschauung und Sachlichkeit. „Wendorf sagt mit der ihm eigenen gewinnenden Klarheit, daß seine Arlreit eine ganz bestimmte weltanschauliche Grund lage habe, daß er aber die darin begründeten Gefahren du^ch die besondere Art des Buches und durch erhöhte kritiscl-e Be sonnenheit zu überwinden hasse. Das ist ein treffliches Wort. Der Historiker kann eine Weltanschauung haben und hat das Recht, die daraus entnommenen Maßstäbe an Geschehnisse und Persönlichkeiten zu legen. Nur muß er sich bewußt hüten, Per sönlichkeiten und c-escirehnisso nach dem Wunschbild seiner Welt anschauung zu gestalten. Es braucht hier nicht noch einmal aus geführt zu werden, daß, Wendors stets sein« Ergebnisse sorgsam vorbereitet, das Material sichtet, seine Verwendung begründet. Nur ist er von vornherein mit einem fertigen Lutherbild an seine Wesenssludie über Luther hcrangetreten. Luther ist ihm nicht blaß der religiöse Typ. er ist der Mann ohne Fehl. Daß bei dem Reformator auch andere Triebe als selbstlose und galt« gerichtete mitschivingcn könnten, wird von ihm mit einer Hand bewegung abgetan. Nur einige Beispiele: Selbst von Nichtkathotiken ist er wogen worden, daß die große Seelcnnot Luthers auch in Tun- den mitbegründet sein könnte: das wird von Wendors als „ten denziöse Voreingenommenheit" bezeichnet. Andere Forscher - darunter Kenner des Seelenlebens — sanden Anzeichen sür lnankhaste Zustände. Wendors nennt das „Anwendung pseudo- medizinisch-physiologisä)er Methoden". Bei der Verbrennung der Bannbulle liegt der Gedanke nahe, daß der Wittenberger Professor auch eine Vergeltung für die gerade damals erfolgte Verbrennung seiner Schriften üben wollte. Kurz antwortet unser Verfasser: „Die Annahme derartiger persönliä>er Motive hat bei Luther auszuscheiden". Hier wird nun wenigstens eine Begründung beigefügt, und zwar eine sür Wendarfs Einstellung gegenüber Luther recht bezcicknende: Lutber ha» sich nie eine Bedeutung beigelcat, sondern sich nur als G.-säß Gattes betrach tet. In derselben Richtung liegt cs, wenn der Verfasser Luther zum Ideal des demütigen Mönches macht, der nicht einmal di« Priesterweihe begehrt, zu einem gründlichen Kenner der aristo telischen Psychologie oder gar zu einem unvergleichlichen Theo logen, dem der große Kardinal Caje'an gerade eben gewachsen war. Er bringt cs fertig, die Bemerkung des damals zweiund vierzigjährigen Luthers, daß er „aus Begehren seines lieben Vaters" zur Ehe geschritten sei, als Beweis seines kindlichen Gehorsams zu buchen. Aber geradezu grotesk wird doch diese Einseitigkeit, wenn der ganze furchtbare Kanins gegen Rom mit seinen ungeheuer lichen Anklagen, wenn all die folgenschweren Entschlüsse, die die abendländisäi« Kircl,« auseinanderrlsscn, als Talen eines harmlosen Mannes, der keinen Kamnf suchte, und eines tief religiösen Professors, der nur die göttlickic Wahrheit verteidigen wollte, hingestcllt werden Gewiß man soll das religiöse Motiv, das Luther bei diesen Schritten und Schriften nie verlor, nicht außer acht lasten, aber inan darf auch nicht vc-'k-nnen, daß da neben in steigendem 'Maße ihn auch andere Triebe vorwärts- drängten. Heute wird cs ivohl kaum einen aufgeschlossenen Pro testanten geben, der nicht lies bedauerliche Menschlichkeiten an Luthers Vorgehen sielst und zugibt, daß die Leidenschaften ihn weiter snrtgerissen haben, als nötig und wünschenswert war. Es wäre sür Wendorf nicht unnütz, einmal die protestantischen Stimmen in dem Buch- „Luther in ökumenischer Beleuchtung" nachzulcscn, um zu sehen, wie auch Nichlkalholikcn Luther» Wesen aus diesem Vorgehen beurteilen.*
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