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SIS. 2. Beilage zum Messer Tageblatt. Sormaveild, IS. September 1S2S, abends. 78. Jahrg. SonntagSgebanken. IS. Sonntag nach Trinit.: Evangel. Matth. IS, 84: „Wes da- Her» voll ist, de» gehet der Mund über." Vahr« Bildung. Wer ist ein Gebildeter? Der Gescheut«, der über alle- reden kann? Der gesellschaftlich Gewandte, der sich gut benehmen kann? In tieferem Sin» ist doch nur der ein Gebildeter, in dem sich ein edlere-, feinere», tiefere» Wesen herauSgebildet hat. Wo sich äußere Bildung zu de» inneren gesellt, ist «S etwa» besonders Schöne». Wo nur die üußere vorhanden ist, fehlt La» Beste der Bildung, und man merkt e» einem auch bald an, baß ihm wirklich da» Beste fehlt. Umgekehrt habe» einfache Menschen manchmal etwa», wa» ihnen von vornherein den Eindruck eines Gebildeten verleiht. Gerade bei schlichten Christen findet sich da» zu» weilen recht ausgeprägt. Im Grunde ist das nicht merkwürdig. Alle wahre Bil dung im Verkehr mit den Menschen gipfelt schließlich in dem sich Hineindenken in andere, in der zarten Rücksicht nahme, in dem Gerechtigkeitsgefühl. Alle Unbildung da gegen ist im letzten Grunde auf Mangel an Takt und Zart gefühl, auf Eigensucht, auf Einbildung und Rechthaberei zurückzuführen. Ist cs nun nicht gerade das Christentum, das die größten innere» Hindernisse der Bildung, die Eigensucht und Selbstüberschätzung, beseitigt, und das we sentliche der wahren Bildung, Liebe und Rücksichtnahme, verleiht? Wer das hat, hat den Kern der Bildung. Findet sich das äußere dazu, umso besser. Aber lieber den Kern ohne die Schale, wie die Schale ohne den Kern. Es ist gerade so wie bei der ErziehungS kunst. Die Methode ist gewiß etwas Gutes, aber die Hauptsache ist die Liebe. Liebe ohne Methode ist nicht das Vollkommenste, aber der Vollkommenheit kommt sie doch weit näher al» ngiie Liebe. Der Winter kommt. Die Tage werden schon erheblich kürzer, und wenn der Wettergott nicht bald ein freundlicheres Gesicht zeigt, wird man ernstlich daran denken müssen, sich ern warmes Zimmer zu schassen. Mag es auch noch früh erscheinen, schon ernstlich an das Kommen des Winters zu denken, so mahnen uns doch diese herbstlich-winterlichen Tage daran, Vorsorge für den Winter zu treffen. Ist man aus einen raschen Wechsel nicht vorbereitet, so kommt man nicht selten in Verlegenheit. Nock ist es Zeit, ehe man es später unliebsam ge wahr wird, wenn das Zimmer nicht warm wird, den Ofen nachsehen und instand setzen zu lassen. Vielleicht zieht der Ofen nicht richtig, sodaß eine wirtschaftliche Ausnutzung der Feuerung verhindert wird: vielleicht sind in dem Ofen Löcher und Fugen vorhanden, die nach der Heizung die Wärme unausgenutzt entweichen lassen. Eme Vorsorge, die sich meist noch dazu bezahlt macht, ist die, sich rechtzeitig für den Winter mit Feuerung einzudecken. Wenn man auch heute nicht mehr zu befürchten braucht, baß vielleicht, wie während des Krieges, Mangel entsteht, sodaß der einzelne seinen Bedarf nicht decken kann, so lehrt doch die Erfahrung, daß die Preise zur Zeit des Verbrauches in der Regel höher sind als vorher. Für die kalte Jahr-Szett empfiehlt es sich auch, daß die Fenster und Türen dicht schließen, wenn man auch, keine über triebene Angst vor frischer Luft und Zug zu haben braucht. Nötigenfalls tun Fllzstreifen, die man auf die Kanten der Fenster und Türen nagelt, gute Dienste. Die langen Abende und Nächte bedingen, daß man viel bei künstlicher Beleuchtung zu Hause sein oder gar ar beiten muß. Da ist e» denn erforderlich, daß die Licht- quellen in Ordnung sind, sei es nun, daß sie von Petroleum-, Spiritus-, GaS- oder Elektrizitätsbeleuchtung verrühren. Im Winter sind oft die Handwerker so sehr beschäftigt, daß sie Bestellungen und Reparaturen nicht sofort anssuhren können. Weiter tut man gut, schon jetzt an die Kleidung für den Winter zu denken. Selbst derjenige, der sich durch aus nach der neuesten Mode kleiden will und sich bisher wegen der Launenhaftigkeit der Mode Zurückhaltung auf erlegt hat, wird diese nunmehr aufgeben können. Auf jeden Fall aber muß man mit der erforderlichen wär- meren Unterkleidung versorgt sein; denn ein Wechsel der Witterung kann sehr rasch eintreten und Anlaß zu argen Erkältungen geben. Auch hierbei ist eS meist wirtschaft- licher, sich schon jetzt damit zu versehen, da später in folge des Andranges der Käufer in den Geschäften ein plötzliches Anschwellen der Preise für gewisse unbedingt notwendige Bedarfsgegenstände, ebenso wie zum Beispiel für warme Schuhe, Handschuhe usw. nicht zu den Selten heiten gehört. Auch sonst gibt eS in Haus, Wirtschaft und Garten mancherlei, woran man zu denken hat. Sind in den Stal- len, in dem Keller, auf dem HauSboden nicht vielleicht Fenster entzwei? In dem Garten tut man gut, die- lenigen Gartengeräte, die nicht mehr gebraucht werden, für den Winter an einem sicheren Orte unterzubringen, um nicht im Frühjahr die unliebsame Ueberraschung zu erleben, sie nicht mehr oder nicht mehr gebrauchsfähig vorzufinden. DaS sind nur ein paar kleine Fingerzeige, für den Winter vorzusorgen. Wenn sie diesen ober jenen zum Nachdenken veranlassen, haben sie ihren Zweck vollständig erfüllt. Predi. SN die SkMeOrdeniWn demMl? Mit der Bitte um Veröffentlichung geht uns folgender Artikel zu: Die Beamtenspitzenorganisationen sind neuerlich wieder beim Reichsfinanzministerium vorstellig geworden und haben die Forderung auf Angleichung ihrer Bezüge an die Teuerung erhoben. In der Oefsentlichkeit werden diese Vorstöße der Beamten stets einer eingehenden Kritik unter zogen. Wenn auch in den vergangenen Monaten diese Kritik oft zu einem ablehnenden Ergebnis kam, so ist man doch heute im allgemeinen der Ansicht, daß die Erfüllung der Beamtenforderungen nicht nur vom Standpunkt der Beamten aus gerechtfertigt erscheint, sondern daß sie dar über hinaus eine volkswirtschaftliche Notwendigkeit dar stellt. In Kleinhändlerkrcisen z. B. spürt man deutlich, daß die außerordentlich geringen Gehälter, die den Beamten der unteren und mittleren Besoldungsgruppen gezahlt werden, zu einer Einschränkung des Konsums geführt haben, die nicht nur für den Verbraucher, sondern auch für den Erzeuger und Verkäufer sich sehr unangenehm auswirkt. Vielfach ist man sich völlig im Unklaren, wa» dann eigent lich die Beamten der unteren Besoldungsgruppen — und in diesen Gruppen befindet sich doch die große Mehrheit der Beamten — verdienen. Nach der letzten VesoldungSrege- lung beträgt da» jährliche Grundgehalt eine» Beamten der Besoldungsgruppe II mit 4 Dienstjahren 1688.— Mark, dazu kommt in einer mittleren Stadt lOrtSklasse C) ein OrtSzu- schlog von Mark 1SS.60, so daß der Beamte über ein Jahres einkommen von rund 1200 Mark verfügt. Das ist das Einkommen eine» ledigen Beamten. Ein verheirateter Beamter erhält dazu noch einen Frauenzuschlag von monat- lich 12 Mark, und einen Kinberzuschlag für ein Kind im Alter von 6—14 Jahren von 20 Mark. Wenn man die heutige Teuerung in Betracht zieht, dann kann man also verstehen, baß die Bezüge der Beamten besonders in den unteren Gruppen als völlig unzureichend empfunden wer den. Da die Arbeitszeit der Beamten, besonders in den Verkehrsbetrieben, z. Zt. überall längere Durchschnitts schichten alS vor dem Kriege ausweist, so kann man die Er- bitterung verstehen, in der sich heute die bezeichneten Be- amtensamilien befinden, die bei oft 14—16stündigcn täglichen Dienstschichten des Ernährers kaum den allcrnotwcndigsten LebenSmtttelbcdarf decken können. Beamtenselbstmorde häufen sich in der letzten Zeit erschreckend. Zu der langen Arbeitszeit und der überaus geringen Bezahlung kommt aber noch die Erbitterung, die die letzte Besoldungserhöhung im Juni 1924 geschaffen hat. Damals erhielten die unteren Beamten eine Aufbesserung von 17 Prozent ihrer Bezüge, während die oberen Beamten mit einer Aufbesserung von 71 Prozent bedacht wurden. Diese Gehaltsrcgelung wurde als ein aufreizendes Unrecht emp funden. Die Beamtenhaushalte der Beamten in den unte ren Besoldungsgruppen stehen fast durchweg vor Kata strophen, weil unvermutete Ausgaben, durch Krankheils fälle, Stcrbefälle usw. sie in eine geradezu hoffnungslose Verschuldung geführt haben. Seit Juni 1924 haben sich die Lebenshaltungskosten nach den amtlichen Ziffern sehr stark erhöht. Wenn man für die Lebenshaltungskosten in den Jahren 1813—14 die Zahl 189 einsetzt, dann beträgt die amt liche Reichsindexzisfer für die Lebenshaltungskosten für August 1825 148, das bedeutet eine Verteuerung — wohlge merkt nach den amtlichen Zahlen, die von den Verbänden und Hausfrauen als viel zu niedrig bestritten werden — gegen die Vorkriegszeit um 45 Prozent. Seit Juni 1824 sind die Gehälter einmal mir Wirkung vom 1. Dezember 1924 aufgebest'ert worden und zwar uni 12k Prozent für die Gruppen II-vl. Durch die Ausbesse rung wurde aber noch nicht einmal das Fricdensnominal- gehalt, z. B. eines ledigen Beamten der Gruppe III erreich:. So bleiben die Bezüge des erwähnten Bcamren über ein volles Drittel hinter der Teuerung zurück. Es ist allo durchaus berechtigt, daß die Beamten einen Ausgleich ihrer Bezüge an die Teuerung verlangen. Selbst wenn man der PreisfenkungSaktion der Neichsregierung den unwahrichein- lichen Erfolg einer Preissenkung um Ist Prozcni zugcstcht, dann bleibt noch eine gewaltige Differenz zwischen den Be zügen der Beamten und der amtlich festgestellten Teuerung. Es ist unverständlich, wie seinerzeit der Reichstag die außerordentlich bescheidene Forderung der Beamten, die eine Erhöhung um 7^ Prozent vorsah, nblehnen konnre. Wirkt sich aber die Preisienkungsaktion der Regierung nicht aus, dann mutz bas Mißverhältnis zwischen BeamicuSciol- bung und Preisgestaltung Auswirkungen haben, die sich Volks wirtschaftlich noch garnicht übersehen lasten. -O. B. I v. «einig A Kirsche» Original- WIMM Kirsches Original- MWMlW in Originalsäcken oslmnvl MrmdUr H vr. Vnompron» Leikenpulvsr msrks «Is, palest 20 p?g. »suMavrans ttmrevlllscll sneri-snnt d«le vrtzme. ^edtaox rar Xscdabwuogen 1 Das japanische Blutgefäß. Novelle von Max Preis. Der Kunsthändler Martin Kreith war in schönem Ent zücken, wie es vielleicht nur Sammler und Liebhaber sel tener Dinge in fo gesammelter Stärke finden, über ein japanisches Blutgefäß, eine jener schwer zu erlangenden Bronzen, die vor Jahrhunderten im fernen Osten zum Aus- sangen des Opferblutes dienten, gebeugt und streichelte eben mit feinschmeckerischen Fingern die vielsüßige Metallspinne, die wie ein krankes Geschwür auf dem dunkelbraunen Mantel des Gefäßes saß, als ihm der Besuch eines Herrn Hermann Schlett gemeldet wurde. Er brauchte Sekunden des Zurücksindens aus asiatischer Mythik in die leere For menwelt des großstädtischen Geschäftsalltages, bevor er überhaupt begriff. Dann erst haftete der Name in seinem Bewußtsein. Mit einer kleinen Gebärde des Unwillens und auch mit einem schnellen überlegenen Lächeln erfaßte er diesen Namen, den er lange, sehr lange nicht gehört batte. Dann beschick» er den Diener, den Besuch in da» gelbe Zimmer zu führen. Sorgsam schloß Martin Kreith daS japanische Blut- gcsäß in eine Vitrine und beeilte sich nicht eben sonderlich, zu erfahren, welche Wünsche den seltenen Gast zu ihm ge bracht haben könnten. Während er an kostbaren Stichen und Radierungen, die an den Wänden hingen und in den Map- pen nmherlagen, an feinen gotischen Holzftguren, wispern, den Uhren, brokatstarrenden Meßgewändern und an dem delikaten Gitterwerk edelster Spitzen vorbei nach dem gelben Zimmer ging, umrauscht von dem Duft längst ge wesener Lebendigkeit, reisten seine Gedanken um Jahre de» eigenen Lebens zurück. Da war also nun Hermann Schlett zu ihm gekommen! Ihm schien eS, al» mischte sich in den Duft von längst Vergangenem auch ein Hauch von Totem aus seiner eigenen Jugend. Und er mußte daran denken, daß vor bald zwanzig Jahren die beste und tief im Herzen verwurzelte Freundschaft zwischen ihm und Hermann Schlett in die Brüche gegangen war. Da» war um einer Frau willen geschehen. Martin Kreith hatte sie sehr lieb gehabt, und er wäre heute wohl nicht der einsame, weltfremde Sammler und Sonderling, wenn Hermann Schlett damals nicht ihm die mahagonibraune Theodora einfach weg genommen hätte. Ja, weggenommen — La» war Diebstahl, nur Europäer lachen, wenn sie da» Wort vom HerzenSdteb- babl hören, im dunklen Märchen Asten kennt man diesen Diebstahl! Wa» war Theodora für Hermann Schlett? Eine Laune. Ein rasche» Yener. Ein schnell verwirbelnde» Spiel. St« tst verschollen, «ntergegangen tm Alltag. Reiche Möglich keiten verdarben. Martin Kreith dachte weiter nach. WaS hatte er dann noch von Hermann Schlett gehört? Wenig. Und nie Gute». ««MAcklSB. MO vko» Hahnen gerissen, zigeunerte der Freund, der Feind im Leben herum. In Sprüngen ging sein Weg. Und jeder Sprung konnte ein Sturz ins Dunkle, in bas Erlöschen bürgerlicher Existenz sein. Heute, nach fast zwanzig Jahren, ist er wiedcrgekommen. ES ließ sich nicht erahnen, was ihn zu diesem Besuch hätte getrieben haben können. Und nun lächelte Martin Kreith weise. Ein zwanzigjähriges Leben und Vergessen hatte dieses Lächeln geformt, und im Spiegel seiner Seele blen dete daS Verzeihen über das schwankende Phantom Theoborens. Im gelben Zimmer stand Hermann Schlett. Kaum ge altert. Mit fahrigen Stößen Ser unruhigen Arme griff er nach dem eintretenben Jugendfreund, bot ihm, als hätten nie Kampf und Haß zwischen diesen Männern gestanden, die Hand, die Martin Kreith ruhig und ohne jedes Zittern ergriff. ES war noch immer wildes, rücksichtsloses Feuer in Hermann Schletts Augen, nur schien es, als bärge sich hinter seiner Unrast Angst und scheue Eile. Ohne Gewesenes zu berühren, ging er sofort auf den Zweck seines Besuches ein. „Ich bin gekommen, mein lieber Kreith, weil ich etwa» für Dich habe, was Dein Herz höher Hüpfen lassen wird. Ein Stück, woran Du unerhört verdienen wirst. Mir brauchst Du nur so viel zu geben, als ich eben nötig habe, um dieses lästige Land zu verlassen. In Südamerika winkt Schöneres, Besseres alS hier. Sieh Dir mal Lies Wunder werk an, ich hab'S von einem Freund vor Jahren noch billig gekauft, heute erst kann ich den Wert des Stückes er messen. Du sollst eS haben! Nur Du! So etwas will mit Liebe behandelt sein. Und jetzt die Augen auf, Martin. Du siehst eine der schönsten Vasen, die Du je gesehen!" Er löste sorgsam aus Papierschleiern eine Gase von wundervoll keuschen Formen. Auf di« sanfte Wölbung ihres SchwanenletbeS war in morgenrötlichen Taufarben da» Bildnis einer sanft braunen Frau gehaucht. Auf der Stirn dieser Frau stand rot brennend ein perlenrunder Tropfen Blut gemalt. Wieder sah Martin Kreith mit jenem fassungs losen Entzücken auf da» kostbare Stück. Dann aber packt« ihn ein jäheS Erschrecken wie Körperliche- an der Schulter. Wortlos führte er den Besuch in da» gelbe Zimmer. Er mußte jetzt allein mit ihm sein, durfte keinen Zeugen haben. Hermann Schlett folgte ihm, freudig erregt, denn au» der Bewegung des Kunsthändler- schloß er auf einen hohen Preis. Kn gelben Zimmer fchloß Martin Kreith die Äitrine auf» nahm da» japanische Blutgefäß heraus und holte ein Papier vor, da» e» bisher beschwert hatte. Un- gläubig, zögernd zuerst, und bann immer tiefer erkennend, Überla- er da- Papier. Da war also kein Zweifel mehr. Hier im Laufzettel der Polizeidirektion, der an alle Kunsthändler heute morgen gekommen war, stand cs deutlich, daß gestern eines der schönsten, wenn auch wenig bekannten und wenig beachteten Stücke de- Nationalmuseums, die Vase mit dem Frauen» btlbntL dg» «tnrn vlut»troofen auf der Stirne trägt, ge stohlen wurde. Rasch prüfte Martin Kreiths geübies Auge die Dimensionen nach — an der Identität zwischen der gestohlenen Vase und der, die vor ihm stand, war kein Zweifel mehr. Und Hermann Schlett war ebenso ohne Zweifel der Dieb. Er mußte und durfte sich ganz sicher fühlen, denn am heutigen Morgen wurde das Museum für einen Monat gesperrt. Eine Revision war also nicht zu befürchten. Aus dem Schwanenleibe der köstlichen Vase lächelte das Bildnis der braunen Frau: glühte der Blutstropfen. Tas war plötzlich nicht mehr irgendeine Frau — — — Las war mit einem Male Theodora, die nach Marrin Kreith sah und seine Gedanken lenkte. Er fühlte: Hier war eine Rechnung zu begleichen. Diese Vale durste nicht verkauft werden. Wo immer sic Hermann Schlett aubictcu würde, mußte man sie erkennen. Auch Martin Kreith durste sie nicht behalten. Es gab nur einen Weg, um den Jugend freund vor dem Zuchthaus zu bewahren — die Vase mutzte zerstört werden. So, wie einst Theodora zerstört wurde. Hier galt eS schweigen und zerstören. Dann war die alte Rechnung beglichen. Hermann spielte nervös mit dem japanischen Blutgcsäß. Dort, wo das Opferblut der Tiere einst vcrträufclre, lag seine unruhige Hand. Etwas mühsam scherzend drang er in den Freund: „Nun, mein Guter, wieviel Millionen ist Dir das Stück wert? Sonst, bei Gott, gehe ich zur Kon kurrenz!" Da gingen Martin Kreiths Augen wie abschiednchmend tief in daS Frauenbildnt» mit dem Blutstropfen ans der Stirn und seine Hände senkten sich, immer tiefer — ncser und mit einem einzigen schrillen Schrei zcriplittcrlc die Base auf dem Boden. Rasender Zorn schlug in Hermann Schlett hoch. Roh und unbeherrscht schrie er: „Du hast ein Millionenobjekr vernichtet! Du wirst eS mir ersetzen! Auf der Stelle!" Martin Kreith hob die Augen, sah den Freund an uno sagte laut und bestimmt: „Ich werde Dir diese Vase nicht ersetzen, Hermann Schlett!" Der hob, alS könnt« er entflohenes Leben zurückhalien. Scherben auf und zerriß sich daran die Finger, so baß daS alt« Opfergefäß in seiner Linken mit Blut berieselt wurde. „Ah, Du w'.Il mir die Vase nicht ersetzen? Nein, so einfach ist das nicht. Du meinst wohl, unsere alte Rechnung ?" „Ja, unsere alte Rechnung. Nun ist sie beglichen!" Damit hielt ihm Martin Kreith den Laufzettel hin und wandte sich erschüttert ab. Wie er wieder aufbltckte, war Hermann Schlett bereits htnauSgeschlichen. Vor der Vitrine stand bas japanische Blutgefäß und am Rande der Lpserössnung glänzte «in Tropfen MenschcnlU", Die metallene Spinne aber trug einen flüchtige» «uaenhlick lau» Theodoren» LS»«.