Volltext Seite (XML)
Die Kraft der Neugeborenen. Neugeborene Kinder von normaler Konstitution besitzen insbesondere im Unterarm und in den Händen eine ge radezu verblüffende Muskelkraft. Säuglinge, die man wenige Stunden nach ihrer Geburt an einen Stab hängte, konnten ihr eigenes Gewicht durchschnittlich zehn Sekunden lang halten, ehe sie sich fallen liehe», ja bei kräftigeren Kin dern dauerte cS viel länger, ehe sie ihren Halt aufgabcn. Bon hundert Kindern, mit denen Bersuche in der ersten Stunde nach ihrer Geburt veranstaltet wurden, haben 08 sich zehn Sekunden lang scsthaltcn und ihr eigenes Gewicht tragen können,' 10 von 100 dehnten die Kraftprobe sogar bis zu einer halben Minute aus, und 4 von ioo selbst bis zu einer Minute. Im Bcrlaufe von vier Tagen hat die Kraft der Säuglinge erstaunliche Fortschritte gemacht: am vierten Tage können sich von 100 Kindern 08 eine halbe Minute laug an der Stange klammern. Ihren Höhe punkt erreichte die Muskelkraft der Säuglinge am 13. Tage. Ter gröhle Teil der kleinen Menschenkinder konnte sich dann nicht weniger als anderthalb Minuten lang an der Stange schwebend halten, und ein winziger Herkules über traf alle, indem er Minuten sein eigenes Gewicht hielt. Dann lieh er mit der Rechten los, hielt sich aber noch 15 Sekunden lang mit der Linken, ehe er sich auf das bereit gehaltene Tuch hinabgleiten lieh. Eine Musterhausfrau der klastischen Zeit. Johann Heinrich Botz, der uns den deutschen Homer ge schenkt hat, lebt nicht nur als Uebersctzcr der Alten in unserem Schrifttum fort, sondern auch als Schöpfer der Jdnllc des deutschen HauseS, dessen gemütlichen Glanz er besungen. DaS Borbild für seine Dichtung fand er in seinem eigenen Heim, in dem ihm in seinem Eheweib das Muster einer deutschen Hausfrau zur Seite stand. Erne stine Botz, die Schwester des Dichters Bote, hat dieses innige Zusammenleben in ihren „Mitteilungen aus dem Leben von I. H. Voß" warmherzig geschildert und tritt uns daraus alS eine echie deutsche Frau und Mutter entgegen, von der wir wohl mehr hören möchten. Neue Kunde bringen uns nun die bisher ungedrucktcn Briefe, die Ludwig Bäte unter dem Titel „Bossischc HanSidylle" bei Carl Schöne mann in Bremen herausgegcben hat. „Eine treffliche Frau von einer festen und liebenden Seele zugleich, eine Heldin, die für Mann und Kinder alles unternehmen und alles tragen kann," so hat sie Caroline Herder gekennzeichnet, und Goethe erinnerte sich noch im späten Alter ihres hausfraulichen Wirkens, ihrer Blumenlicbe und ihrer unveränderten Heimattreue. Von steten Sorgen umgeben, kämpfend mit des Lebens Notdurft, die Bost zunächst ganz ausznkosten hatte, treubesorgr um den stets kränklichen Garten, an dessen gelehrter Arbeit sie innigen Anteil nahm, die Kinder erziehend, mit Kochen und Backen, Spinnen und Stricken beschäftigt, so sehen wir Ernestine ihre Briefe schreiben, immer wieder unter brochen durch des Hauses Pflichten, und doch atmet in ihnen eine behagliche Herzlichkeit, die diese Frau auch ihrem Heim zu verleihen wußte. „Waffeln essen wir heute abend," schreibt sie da z. B- „Anna klappert mit dem Waffeleisen und hztt mir auch schon einen gebracht, um zu versuchen, ob sie gut sind. Nun will ich den Tisch decken und Obst in meine Körbe legen." Ein andermal beschreibt sie ihr Tage werk, das bereits in nächtlicher Frühe beginnt, mit tausend Dingen auSgcfüllt ist und mit Stricken und Spinnen endet. Wir glauben bei dem wackeren Pfarrer von Grünau, dem Helden von Vossens „Luise", am Tisch zu sitzen, wenn wir hören, wie sic den Kasfectisch deckt, ein paar Blumen auf den Tisch stellt, und wie sie Sann fröhlich Platz nehmen. „Ter Onkel thront im kleinen Sofa, neben welchem ein kleiner Tiich mit drei Käsigen steht, denn Vater und Sohn bringen ihre jungen und alten Vögel mit zu Tisch, die ganz zahm und freundlich sind." Viel Mühe und Plage gibt es mit den Dienstboten, aber sie findet immer wieder eine gute HauSbilfc, die „eine leidenschaftliche Gärtnerin ist, das Plaudern gar nicht liebt, kochen und waschen und plätten kann". Ihr Garten ist ihr Stolz. Sie lügt sich von -em Bruder alle möglichen seltenen Pflanzen schicken, die sie aufzicht und an deren Blühen und Gedeihen sie sich erfreut. Diese tiefe Natürliche führt sie auch zu den Dichtern,' sie liest mit ihrem Manne die alten Dichter und die neuen, beurteilt die Eingänge für den Musen-Almanach, erfreut sich an dem eben erschienenen „Wallenstein" und dichtet auch selbst ganz treffliche Hexameter, so wenn sie etwa Goethe zum „Stahlpunsch" cinlädi: „Ich selber, begafft von der alternden Köchin, / Fertige schnell ein Gericht und die festliche Schale des Punsches, / Roth von der Gluth, und bediene den Gast an der winzigen Tafel, / Froh des genüg samen Sinns, und des anmuthrcicheu Gespräches." Solange sie noch in Eutin in der Nähe von Hamburg sitzen, ist der benachbarte Klovstock der dichterische Haus- geniuS, aber in Jena trercn Schiller und Goethe an seine Stelle, mit denen ein reger Verkehr beginnt. Goethe läßt sich von dem io ganz anders gearteten Voß in der Metrik unterrichten, und Ernestine schreibt: „Goethe ist jetzt oft in Jena und sehr heiter. Jetzt sitzt er gerade mit Voß am Lisch, und sie lesen im Horaz. Goethe ist ein gar an genehmer Mensch, er hat so viel frohe Laune und legt in unserer Wohnstube alle seine Steifheit mit dem Mantel ab, in den er immer eingehüllt ins Zimmer tritt. Auch Schiller war neulich einige Tage ohne seine Frau in Jena und einen Mittag und Abend bei uns. Mit dem fühlt man sich aber viel herzlicher und wohler, ganz so, als ob :r einem angchörc." Oder ein andermal: „Auch mit Goethe haben wir schöne Abende gehabt, seit ich letzt schrieb. Er wird jetzt recht herzlich und offen. Eine gewaltige Freude hatta er daran, dass wir seine Lieder so hoch zu schätzen wußten. Er umarmte Voß mit jugendlichem Feuer, als er ein kräftiges Wort darüber aussprach. Wir haben uns einen herrlichen Abend gemacht. Gestern brachte Fernow, der aus Weimar zurückkam, viel Empfehlungen von Ma dame Stael, sie ließ Voß viel Schönes über Homer sagen, null dabei, daß sic ihn sehen wolle." Als bann ihr ältester Sohn Heinrich als Lehrer ans Weimarer Gnmnasium kommt und von Goethe besonders freundlich ausgenommen wird, werden die Beziehungen noch herzlicher, und so be greifen wir Goethes Kummer, der bei dem Weggang von Voß nach Heidelberg, nachdem man vergeblich versucht hatten ihn für Weimar zu erhalten, aufgeregt sagte: „Schillers Verlust mußte ich ertragen, denn das Schicksal hat ihn mir gebracht: aber die Versetzung nach Heidelberg, bas fällt dem Schicksal nicht zur Last, das haben Menschen vollbracht." Hausfrauenwissen und Hausfranenkönnen. Putzen von Messingtiirschlösscrn. Türschlösser aus Mes sing, die mit Grünspan behaftet sind, reinigt man, indem man sie mit Petroleum und Sand abbürstct, mit einem feuch ten Lappen abwäscht und bann mit einem weichen Tuche ab trocknet. Die Schlösser werden dann wie neu. Keine zersprungenen Zylinder mehr. Um das Zersprin gen der Zylinder zu verhüten, lasse man, ehe man sie in Ge brauch nimmt, von dem Glaser einen Schnitt -er ganzen Länge nach hinein machen. Dadurch wird dem Zerspringen vorgcbeugt. Um Zylinder von dem angesetzten Rußbrschkag zu befreien, reibt man sie mit Butter oder Fett ab. Nr. 1. Mollmantcl. Nr. 2. Regeumantel. Wind- nnd WettermoSt. ES regnet . . . Alle die hübschen Dinge, die der Herbst für die Frauen in Bereitschaft hält, müssen sich unter dicken, warmen oder imprägnierten Mänteln verbergen, und nur wenn es der Sonne gelingt, durch den grauen Wolkenhimmel hinburchzublicken, werden auch die Wettermäntel auseinan dergeschlagen, um einen freundlicheren Anblick zu gewähren. Immerhin ist es gut, so einen echten, rechten Wind- und Wettermantel zu besitzen, wie wir ihn in Nr. 1 bringen. Aus gutem, schwarz-weiß kariertem, dickem Wollstoff ist er ganz weit, mit eingesetzten Acrmeln, auf vier Knöpfe Vorder schluß gearbeitet. Ter Kragen ist hoch und niedrig zu tragen und hat den modernen, kleinen Halsriegcl, den die Regen mäntel jetzt fast alle aufweisen. Eine schwarze Lederkappe umschließt eng den Kopf, so baß man auch von oben gegen den nassen Segen geschützt ist. Nr. 2 zeigt den neuen, fesche», imprägnierten Regenman tel, der heute in allen Farben hcrgestellt wird: mauve, grün, gelb, rot, usw. Er hat die einfache Naglanform mit Gürtel und Aermelscüuallcn nnd wirkt im Verein mit dem passenden, in der Farbe harmonisch abgesiimmten Schirmhütchcn jugend lich und elegant. Damen, die jedoch trotz Wind- und Wettermantel nicht auf den Regenschirm verzichten wollen, wählen diesen im Farbenton des Mantels. Tenn der schwarze Regenschirm hat sich schon seit langem überlebt. Zum blauen Mantel wird ein blauer Schirm mit durchsichtigem Griff, zum braunen ein brauner, zum grünen ein grüner usw., getragen. Renate Ramm. Rosa Tiillkletd. Seidenes Abendkleid. Das jugendliche Abendkleid. Die Naht, die sich von der Achselhöhle bis zur Hüfte mit der Regelmäßigkeit eines Bleifadens hinzog, macht nach und nach einer betonten Linie Platz, indem sie den natürlichen Formen des weiblichen Körpers mehr Einfluß einräumt. Das Problem des Taillensitzes ist nun keine brennende Frage mehr, denn man kann eigentlich gar nicht mehr von einer ausgesprochenen Taillenlinie sprechen. Auf unseren Modellen läßt sich jedenfalls deutlich erkennen, daß sich die Taille einen beträchtlichen Teil nach oben verschoben hat. Dessenungeachtet bleibt Schlankheit die Parole, aber diese Schlankheit garniert sich mit Bandschluppcn, mit Puffs, mit Schleifen, mit horizontalen. Drapierungen und mit Kaskaden und Kräuselungen. DaS eine unserer heutigen Modelle zeigt eine solche Schluppcnkaskadc, die zu beiden Seiten von der Taille des reizenden, rosa Tüllkleides über Spitzenvolants herabricselt. Große rosa Blumen unter brechen in anmutiger Weise diesen samtenen Wasserfall, der die Aera zu einem neuen Stilkleid etnlritet. i Die Herbstsaison bringt uns eine wahre Flut von neuen Stoffen mit eigenartigen Mustern. Stilisierte Blumen, geometrische Figuren, zwei oder drei nebeneinander gestellte Pästrlltöne schaffen eine ganz seltene modische Abwechselung. Unser zweites Modell, das jugendliche Abendkleid, ist aus einer weichen, schwarz-grün-weißen Seide, die fast einem SchuppenpaNzer gleicht. Der schillernde, in denselben Nuancen gehaltene Metallgürtcl, erhöht noch den nixen haften Charakter dieses Kleides. Man beachte auch hier wieder die fast auf ihren normalen Sitz angelangte Taille. Neu für Abendkleider sind auch die SatinerepeS, die, verschiedenseitig, glänzend und matt, eine Fülle neuer Ideen zur Verarbeitung bieten. Lamos zeigen eine Ober fläche, auf der goldene und silberne Motive Relief bilden und auf denen das Metall ein crepiertes Aussehen erhält. Die Frauen sehen in solchen Abendgewänbern wie moderni sierte Märchenprinzessinnen aus. Aeuate Ramm.