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AarmerhSuser in Afrika. Bon Aexauder Zietz, Berlin. Wenn ein unternehmungSfrohes, mutige- junge» Ehe- oaar auf seiner neugekauften Farm in Afrika ankommt, so findet e» kein fix und fertig eingerichtetes HauS vor, da» Klitterwochengäste erwartet, sondern e» haben sich auf dem neuabgesteckten Kolontalland schwarze Arbeiter ein gefunden, die den Brotherrn und seine Hausfrau begrüßen. Freilich ist e» noch ein« Hausfrau ohne Haus, aber di« Schwarzen machen sich rasch an die Arbeit, und ehe die Soun« untergeht, stehen zwei kleine Hütten da, die dem jungen Paar vorläufig al» Heim dienen müssen. Die Bau pfähle sind aus dem nahen Busch geholt worben, die Wände sind mit Zweigen vergittert und mit Schlamm beworfen, der bald trocknet und eine schöne feste Mauer bildet. Zur Dachbedeckung hat man GraS genommen, das dicht neben- und übcretnandergelegt dem Regen keinen Durchlaß ge währt. Aber nur bei der einen Hütte hat man sich die müh selige Dachdeckcrarbeit gemacht, denn sie soll das Schlaf zimmer enthalten. An dem zweiten Bauwerk, das nur ganz niedrige Wände besitzt und ein Dach, welche» malerisch aus Palmen blättern hergestellt ist, befindet sich der Eßraum, der schattig und luftig durch bas grüne Palmendach auch zu einem Faulenzerviertelstündchen einladet, wenn die Arbeit nicht gar ,u bringend ist. Die Fußböden sind durchweg aus der roten Erbe von Ameisenhaufen gestampft, die ein sehr gute» und festes Material dafür abgibt. Diese schnellgebauten und primitiven Hütten sind ver hältnismäßig haltbar und angenehm zu bewohnen, und mancher zieht sie einem Ziegelhause vor. Ist jedoch die :rste Regenzeit vorbei, dann sieht die Schlamm- und Glas hütte schon ziemlich mitgenommen aus, und wird dann meistens durch eine festere Bienenkorbhütte aus Wellblech ersetzt, in der sich bereits richtige Fenster und Türen vor finden und ein Fußboden, zu dem ein Baum auS dem nahen Urwald das Holz hcrgegeben hat. Um ein Ziegelhaus zu errichten, ist es noch nicht an der Zett. ES liegt auch noch keine große Notwendigkeit dafür vor; denn an die eigentliche» Arbeiten in Haus und Hof kann noch nicht gedacht werden. Die Farmcrssrau muß wcthveuld dar ersten zwei oder drei Jahre mit hinaus auf dieHlantagen. Wenn auch die schwere Arbeit von den Ein geborenen geleistet wird, so ist doch ständige Anleitung und z Beaufsichtigung nötig, und die Hausfrau mutz ihren Ehrgeiz noch hintanstellen, in Geflügelzucht, Gartenbau und Milch wirtschaft zu zeigen, was sie kann. Doch wenn auch die Sehnsucht nach dem festen, stein gebauten Haus noch zurückstehen mutz, hin und wieder kom men Tage, an denen das Ziel nähergerückt erscheint. Zwi schen die allgemeinen Arbeitstage wird, wenn es die Ver hältnisse erlauben, ein Ziegeleitag eingeschoben, dann wer den Ziegel für das zukünftige Haus hergestellt. Die Ein geborenen mischen den Lehm und formen die Ziegel, und eine Darre, die während der trockenen Zeit ständig in Be trieb ist, liefert dann die fertigen Bausteine, von denen sich nach und nach ein stattlicher Vorrat ansammelt. Endlich ist dann der große Tag gekommen. Das Haus kann gebaut werben. Die Möglichkeiten des Anwesens surd genügend erforscht, der praktische Farmer weiß jetzt, wo Weideplätze eingezäunt, wo die Plantagen am günstigsten angelegt wer den können, und der Platz für den Mittelpunkt dieses kleinen Königreiches, für das Haus, läßt sich bestimmen. Dann wird das Haus festgemauert in der Erden, aus harten Ziegeln aufgebaut. Was in der Vorstellung, aus dem Zeichenpapier schon fix und fertig war, jetzt wird cs lang- Erlch Günther mutzte immer auf dieses schmale Gesicht blicken, und auch die Augen des Mädchens hingen nun an ihm wie in einem großen, jähen Erstaunen. Zwischen ihnen satz Käthe Gerlach. Aber die beiden jungen Menschenkinder sahen sie gar nicht; sie sahen nur eins das andere. Draußen lag flirrend die herbstlich scharfe Mittags sonne; die Lokomotive pustete und fauchte, Menschen stimmen klangen herein. Auch hier im CoupS, ringsum die beiden, wurde gesprochen. Aber sie sahen es nicht und hörten es nicht. Bor ihnen stieg ein halbvergessenes Bild auf. Da war ein großer, schimmernder Eislaufplatz in Wien; das elektrische Licht flammte, und die rauschende Regimentsmusik spielte. Inmitten all der Masken liefen ein schlanker, junger Student und ein kleines Mädchen. Sie hatte ihre Be gleiterin in dem Gewühl verloren, und er hatte sich ihrer angenommen. Es war schon spät, und das kleine Mädchen war Müde. Noch immer meldete sich niemand um das Kind. Da hatte der Student sich mit ihr in einen Winkel der stillen Garderobe gesetzt, hatte den dunkellockigen Kopf an seine Brust gelegt und die Kleine warm in seinen eigenen Rock gehüllt. So saßen sie lange. Manchmal hob Las Kind die schweren breiten Lider. „Du bist gut," sagte sie mit ihrer weichen Kinder stimme, „sehr gut; und ich habe dick lieb I" Erst später war atemlos und verängstigt die Gouver nante der Kleinen erschienen und hatte sie mit sich ge nommen. Aber beim Abschied stellte sich das Mädchen auf die Zehen und schlang beide Arme um Len Hals Les Studenten. „Ich hab' dich lieb — ich hab' dich lieb!" Fast leidenschaftlich hatte es geklungen, kaum wie rin Wort aus Kindermund. Und noch oft hatte der junge Student zurückgedacht an jene Stunde voll einer seltsamen Poesie. Und jetzt — hier auf dieser kleinen, weltfernen Station — jetzt sah er, zum erstenmal seit jenem Abend wieder, in diese tiefen, dunklen Augen. Denn das war sie — jenes Kind — das war siel Das junge Mädchen erhob sich, noch ein wenig taumelnd. „Ja, ja," sagte sie leise und nur zu Erich gewendet, als wären nur er und sie allein hier, „es ist schon so. Ich habe Sie gleich erkannt. Und ich weiß noch alles. In meinem Kinderleben gab es selten eine Stunde voll solcher tiefen Ruhe. So war es natürlich, daß ich sie nie vergaß!" „Ich auch nicht", sagte Erich. Er hielt ihre Hand in der seinen, und ihr junges, blütenreines Gesicht neigte sich ganz nahe an ihn heran, so daß der Hauch ihres Munde» ihn streifte. Aber sie sprachen nicht mehr, nur ihr« Augen redeten wieder. „Angela!" Die Stimme der Frau klang in das Schweigen, welches die beiden jungen Menschenkinder zu umfangen schien, sanft hinein. „Komm, mein Kind, empfiehl dich! Wir fahren gleich. — Sie meinten, Herr Doktor, ich sollte meine Tochter hier ein wenig ausruhen lassen?" Dies war schon wieder an Hermann Gerlach gerichtet, der sich wohl einstweilen der Dame vorgestellt hatte. «Leider acht .das nicht," .setztL ji.e hinzu, »mein« mm, Stein für Stein, wirklich und wahrhaft. Jede Tür, jede» Fenster entsteht so, wie e» lange vorher bedacht wor den war. Auch Möbel werden gezimmert, sogar sehr kost bare; denn edle Hölzer, besonders Mahagoni, sind reichlich vorhanden. Dann endlich ist der große Festtag da. Das Hau» kann eingewetht oder „angewärmt" werden, wie man auch so treffend sagt. Jeder Arbeiter, auch der kleinste und schwär- zeste HauSboy strahlt vor Freude über den geschaffenen Be sitz. Die gesamte europäische Nachbarschaft des BezirleS wird zu dem frohen Ereignis eingeladen. Jubel und Heiterkeit herrscht dann in den neuen Räumen, man tanzt, man lacht und singt und denkt dann halb wehmütig zurück an die erste Lehm- und Grashütte. Noaen- ima AusststtuiigsNSuser ^Idortplatr LokoVVottivor- uvck OarolrwtrsLs PELr LSixsL kür äis äisrijsLriKS Ssrbst- ULä P^lQtsrlrlsläuLs morzon Sonntag, arn 2V. Soptsrndsr IV25, sins ssksnsvsrto kiiWtellimg Hlo Soüankonstsr sovis äis VssoüLttL- räurns sinä in vollsnäst Lünstlorisokor i 'sVsiss rnit cisn nsusstsn unä rnoüorn- »tsn Lrsoksinnnssn äsr üloäs äs'-Lorisrt rar «evig oeia dielen «Ir Idnen desonNers vortelldstte Ansevete Sn Vsmevdoviektloll, XleMerstoNen, IVSsede, Aussteuer IIIIIIIIIIIMM Tochter hat Verpflichtungen. Sie ist die Geigenvirtuosen Angela Barnim. Der Name ist Ihnen sicher bekannt. Wir müssen schon morgen in Leipzig sein — nächste Woche in Brüssel — dann in Paris —" Die Stimme der Dame klang auch ein wenig un sicher, so, als beherrsche sich die Sprecherin nur noch mit größter Mühe. Aber Doktor Gerlach hatte kein« Zeit mehr, darüber nachzudenken, denn das Abfahrtsignal ertönte schon. Und in den Worten, welche hin- und Herslogen, verklang der tiefe Seufzer, der die Brust Angela Barnims hob. „Im Winter spiele ich in Wien", sagte sie halblaut zu Erich. Und er nickte still. Dann ging auch er, um al» letzter das CoupL zu verlassen. Aber an der Tür wandte er sich noch einmal, und «inen einzigen, kurzen Herzschlag lang trafen sich nochmals die zwei Augenpaare. Dem jungen Manne war es, als höre er auch jetzt wieder jenes letzte Wort aus Kinder mund: „Ich hab' dich lieb — ich hab' dich lieb l" Er stand wie in einem Traum befangen draußen auf dem Perron und sah, wie der Zug erst langsam, dann schneller sich entfernte. An einem Eoupsfenster er schien das zarte Gesicht des Mädchens. An dem anderen lehnte die schlanke, dunkle Gestalt der Frau. Sie hatte eben, als der Zug schon in Bewegung war, den Schleier zurückgeschlagen. Einen Augenblick sah Erich ein tiefblasses, leidenschaft liches Gesicht von einer Schönheit, welche die Anmut der Tochter weit überstrahlte, er sah zwei tränenschwere Augen, welche mit einem Ausdruck tiefster Sehnsucht hinüber blickten nach der Richtung, in welcher Burg Freydeck lag. Aber dies währte nur einen einzigen Moment, denn gleich darauf wich die Gestalt der Frau jählings vom Fenster zurück, und auch die des jungen Mädchens ver schwand. Erich Günther wandte sich schwerfällig um. Da sah er — ganz angelehnt an die Mauer des Gebäudes — den fremden Mann stehen. Er hatte die Brille abgenommen und sah mit einem starren, leeren Blick dem Zuge nach, der schon in der Ferne verschwand. Hatte der Fremde das Wort wirklich heroorge- stoßen? Hatte Erich sich getäuscht Er hätte es selbst kaum zu sagen gewußt. Ein jäher Schwindel faßte ihn, stark brauste das Blut in seinen Ohren, und vor den Augen tanzten ihm rote Flecken. Er spürte, daß eins kalte, kleine Hand nach der seinen faßte, und wie durch einen Nebelschleier sah er Käthe Gerlachs treue Augen. „Komm," sagte sie sanft, „komm, Erich!" > Verwirrt sah er sie an, und säst willenlos ging er mit. Sie blickte still in sein hübsches, offenes Gesicht, in dem sie zu lesen verstand, wie in einem Buche. Und ihr war es, als hätten diese Züge sich in dieser letzten Stunde geschärft, als sei ein neuer Ausdruck hineingekommen. Kötbe Gerlach wußte, was es war. „Das Schicksal hat ihn gestreift!" dachte sie, und bann rang sich ein Gedanke los aus ihrer Seele, heiß »Md inbrünstig, wie ein Gebet: „Gott, o Gott, laß dies Schicksal an ihm vorüber gehen! Laß ihn mir noch! O, laß ihn mir noch!" Unwillkürlich preßten ihre dünnen Finger sich fester um seine Hand, als könne sie i>n dadurch halte». Und dock? hatte das stille, verwachsene Mädchen die sichere Enipsiu- dung, als sei Erich Günther ihr in Liesen kurzen Minu:;n entrückt worden, als könne er ihr nie mehr so nohr kommen, als er es bis jetzt gewesen. Es ging wie ein Krampf Lurch ihren schmächucen Körper. Aber Erich Günther, Ler sonst jede k^-nc Ber- änderung an ihr bemerkt hatte, achtele nichr deraust Ihm war es noch immer, als ob zwei große, Lunlls Kinderaugen ihn anblicktsn. „Angela!" Laut und deutlich sprach er den Namen cor sich hin. Niemand hörte es, als Käthe Gerlach. Und sie senkte ergeben den feinen Kopf. Sie wußte, daß oft kurze Minuten über Len Sang eines Menschenlebens entscheiden, und sie fühlte e-. Laß da kein Widerstand nützte und kein Sträuben. Ls war am stützen Nachmittag desselben Tage-. Dokto» Hermann Gerlach hatte sich säst gar keine Zeir zum Ausruhen gegönnt, sondern war sofort darangegangen, sich einen möglichst klaren Blick über die so seltsam ver wickelten Verhältnisse zu verschaffen. Er hörte, daß die Eerichtskcmmifsion drüben in Max Günthers Fabrik eine Hausdurchsuchung angeordnet habe, daß Julies Leiche genau untersucht worden war und Lis Fundstelle der Toten einer eingehenden Besichtigung unter zogen wurde. Ueber die Resultate aller dieser Maßnahmen war noch gar nichts bekannt. Jetzt, am Frühnachmittag, hatten die Herren eine vertrauliche Besprechung. Gegen Abend wollten sie mit Hermann Gerlach, der als langjähriger Kriminalbeamter von großer Erfahrung bekannt war, Rücksprache nehmen. Aber ehe diese Besprechung stattfand, wollte er noch selbst alles genau untersuchen. Er erbat sich für Küthe, die seit langem seine beste und treueste Genossin bei derartigen Arbeiten war, den Schlüssel zu Julies Mädchenzimmer im Hause ihres Vater- und beauftragte seine Tochter, dort alles genau zu durchforschen; wenn es auch erst abends geschehen konnte, da Küthe jetzt bei Hilda Wentheim bleiben sollte. Sehr gern hätte er sofort mit Hilda Wentheim ge sprochen. Doch Doktor Amberg, welchen man gerufen batte, meinte, ein paar Stunden tiefster Ruhe seien sür sie ab solut notwendig. Max und Georg Günther hatten den langsühriaen Freund im Beisein Daniel Stegmanns, welcher die Fabrik überhaupt kaum mehr verließ, begrüßt. Max Günther halte kurz und sachlich auf alle Fragen Gerlachs geantwortet. Er blieb fest dabei, Georg und Hilda im Park gesehen zu haben, dann in den großen Forst gewandert zu sein, ohne auf die Slunde irgendwie zu achten. Er wollte keinem menschlichen Wesen begegnet sein und beharrte dabei, überhaupt von dem fraglichen Vorfall an der Brücke nichts gesehen und nichts gehört zu haben. Aber Doktor Hermann Gerlach hatte trotz all dieser Bersicherungen still den Kopf geschüttelt und immer wieder dem Freund in das Gesicht gesehen, welches wir in Leid und Schmerz erstarrt schien. Da llappts irgend etwas dc-ch nicht in,dieler.Ausst.gc! (Fortscbuna folgt.)