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Taarsgefchichte. D« Reichstag hat auf die erste Berathuug de« sozial» demokratisch« Antrag« auf Außerkraftsetzung des Dictatur- gesetze« von 1871 i« Reichslande viel Zeit verwendet, ob gleich die Antragsteller und die übrigen Befürworter des Antrags alsbald erfahren hatten, daß und warum die elsaß- lothringisch« Landesregierung wie der Reichskanzler diese» Machtmittel noch für unentbehrlich halten. Der ReichRanz- ler hatte deutlich erkennen lassen, daß er dem von der Be völkerung de« Reichslandes getheilten Wunsche, endlich die noch au« der Zeit der französischen Herrschaft stammenden Au«nahmegesrtze beseitigt zu sehen, rncht grundsätzlich ablehnend gegenüber steht; er halte bedauert, daß mit Rück- sicht auf die französische Agitation die Aufhebung de« Ge- setze« jetzt noch nicht möglich sei, und hatte klar darauf hin gewiesen, daß der Zeitpunkt der Aufhebung erst dann ge kommen sei, wenn die französische Agitation davon ablasst, die Bevölkerung von dem Wege ruhiger und gedeihlicher Ent» Wickelung fortzulocken. Wenn trotz dieser so unzweideutigen und bündigen Erklärung die Dabalte noch über einen vollen SitzungStag ausgesponnen wurde, so konnten dabei die Be fürworter de« Antrags nicht von der Hoffnung geleitet sein, den vundesrath für sich zu gewinnen, sondern lediglich von dem Wunsche, Stimmung für sich und ihre Parteien in den Reichslanden zu machen. Es waren Wahlagitations reden, die von dieser Seite gehalten wurden, und Wahl agitationsreden werden es sein, die bei der zweiten Lesung des Antrags von dieser Seite werden gehalten werden. Hierdurch wird man zu der Bermuthung geführt, daß die oppositionellen Parteien, zu denen in diesem Falle auch das Centrum gehört, eine Auflösung des Reichstags für wahr scheinlich halten oder gar auf eine solche hinzuarbeiten suchen. Daß darin für die verbündeten Regierungen kein Anreiz liegt, die Aufhebung des Dictaturgesetzes im Reichslande zu beschleunigen, liegt auf der Hand. Es liegt daher auch im Interesse der reichsländischen Wähler, sich, so ungern sie das thun mögen, bei dem Bescheide des Reichskanzlers zu be ruhigen und von Ultra.nontanen, Protestlern und Sozial demokraten sich nicht in eine Agitatition hineintreibcu zu lassen, welche- d-n französischen Agitatoren Wasser auf die Mühle führen und deshalb die Aushebung des Dictaturge- setzrs in immer weitere Ferne rücken würde. Ucber den Bewilligungs- und „Verbesserung«"-Eifer des Centrums in der Umsturzcommission wird der „B. Börs.- Ztg." von nationalliberaler Seite geschrieben: „DaS Centrum macht sich das Gesetz nach seinem Belieben zurecht, und so gar eimge Conservative fangen an, mit geheimer Bcsorgniß auf den klerikalen Bundesgenossen zu blicken. Jetzt hat das Centrum es durchgesetzt, daß in den Geltungsbericht des § 111s auch die Strafgesetzparagraphen gegen Gottes lästerung, Beschimpfung von RcligionSgeselljchaften, ihren Gebräuchen, Unfug in gottesdienstlichen Gebäuden rc. ausge nommen worden sind. Man muß sich klar machen, was das bedeutet. Die angeführten Delicte werden durch die 88 166 und 167 des Reichsstrafgesetzbuchs hinreichend getroffen. Fortan soll aber auch Derjenige bestraft «erden, der Zu widerhandlungen gegen diese Paragraphen derartig bespricht, daß seine Darstellung „geeignet" erscheint, zur Verübung solcher Vergehen „anzuregen". Beispielsweise haben Ver- urtheilungen von evangelischen Theologen und Redakteuren wegen ihrer Kritik an der Ausstellung des Rockes zu Trier stattgefunden. Wenn nach dem Inkrafttreten der Umsturz vorlage Jemand finden sollte, daß diese verurtheilten Männer einen guten Kampf gekämpft haben, so wird, der kühne Zweifler an der Weisheit der Gerichte auf Grund des 8111s straffällig; denn seine Darstellung wird allerdings „geeignet" sein, zur selben Vcrurtheilung der Rockausstellung „anzuregen". Die ganze Freiheit der wissenschaftlichen Kritik gegenüber den kirchlich-dogmatischen Fragen wird durch 8 111s nicht blos in Frage gestellt, sondern schlechtweg vernichtet werden und zwar nicht etwa darum, weil der Staalsanwalt jeden Uebertretungsfall verfolgen wird (dies kann und wird er allerdings nicht thun), sondern darum, weil über der Kritik selber von vornherein das Damokles schwert der berechtigten Furcht vor Zusammenstößen nut dem sachlichen Paragraphen schweben wrrd. Aber das Centrum will es so; einer seiner Redner hat mit Recht auegesührt, daß der in Königsberg angekündigte Kamps für Religion, Sitte und Ordnung die Aufnahme der Religionsparagraphen in die Vorlage geradezu gebiete, und wer A gesagt hat, muß denn auch wohl B sagen. Das Hübscheste -an der Commissionsberathung war bei dieser Gelegenheit, daß die Sozialdemokraten, natürlich nur „aus Bosheit", eigent lich für den Centrumsantrag stimmen wollten, sie haben es nur darum unterlassen, weil die Mehrheit auch ohne sie feststand. Die Gründe, aus denen Die um Bebel den Centrums-Antrag anzunehmen bereit waren, sollte man sich überall möglichst genau ansehen. Sie sind der beste Beweis dafür, daß die Schärfe dieser Erweiterung des Gesetzes über haupt nicht die Socialdemokratie, sondern lediglich einen Theil der bürgerlichen Parteien treffen wird, und der Abgeordnete v. Hammerstein war in seiner Werse nur consequrni, wenn er betonte, er habe nichts dagegen, daß auch ändere Kreise al« die socraldemokratischen von den neuen Strafbestimmungen getroffen werden; er wünsche keineswegs, daß die Staats anwaltschaft vor den Professoren Halt mache. Dem Chef- redacteur der „Kreuzzettung" mag es schon gelüsten, die Bonner Theologen Grafe und Mcinhold vor den Stansanwalt zu citiren, und wenn das Gesetz durchgeht, dann kann man sich auf noch schönere Dinge gefaßt machen. Es ist selbstveiständ- lich, daß die Nationalliberalen gegen den Centrums. Antrag stimmten. Man stelle sich die weiteren Möglichkeiten der Berathung in der Commission und im Plenum vor und ein Durcheinander ohne Gleichen thut sich als gar nicht einma unwahrscheinlich vor den Blicken auf. Es könnte kommen, daß die Vorlage mit paragraphenweise wechselnden Mehrheiten einzeln durchgeht, daß aber zuletzt da« Ganze doch abgelehnt wird, weil entweder das Centrum oder die Nationalliberalen Anstoß an einzelnen Bestimumngeu nrhnun. Es könnte kommen, daß der conservativ-ultramontane Charakter der Mehrheit derartig hervortritt, daß namentlich die National liberal« die Lust verlieren, diese» Parteien zu einein Triumph« zu verhrlsen. Noch ist man freilich nicht soweit ; die Com- misfion-berathung wird noch ein paar Wochen dauern." Deutsches Reich. Manche Blätter fahren fort die Frag« zu erörtern, ob Fürst Bismarck an den Sitzungen des Staatsraths theiluehmen werde. Vorerst ist aber über diese letzteren selbst noch gar nicht« bekannt. Im Uebrigen haben wohl die „Bert. N. N." recht, wenn ,ie schreiben: Daß Fürst Bismarck bei seinem Alter, seiner Abneigung gegen Reisen und bei der jetzigen Jahreszeit Friedrlchsruh nicht ohne zwingenden Grund verlassen wird, zumal der kommende 1. April voraussichtlich sehr große Ansprüche fan seine Kräfte stellen wird, ist zu selbstverständlich, als daß es noch besonderer Begründung bedürfte. Der Abgeordnete Ahlwardt ist am Donnerstag Abend einstimmig aus der Fraktion der deutsch, sozialen Reform- Partei ausgeschlossen worden. Die Fraktion sah sich zu diesem Vorgehen bestimmt durch das eigenthümliche, mit der Wahr heit im schroffen Widerspruche stehende Verhalten des Abg. Ahlwardt, der es fertig brachte, in Bayern Lieden zu halten, die mit den Grundsätzen der deutsch, sozialen Reformpartei unvereinbar sind, diese Reden sodann vor der Fraktion ver leugnete und auch eine entsprechende, genau gefaßte Erklärung unbedenklich unterschrieb, aber schon am nächsten Tage mit allerhand leeren Ausflüchten abstritt und wirkungslos zu machen suchte. Die Partei wird die Gründe, die sie zu diesem Vorgehen gegen Ahlwardt bestimmte, in einer mit den Erklärungen Ahlwardts belegten ausführlichen Denkschrift darlegrn, die allen Vereinen und Zeitungen der deutsch-sozialen Resormpartei zugehen soll. Eiri am 29. v. M. in München herauSgegebenes Flugblatt, in dem das Ausscheiden AhlwardtS au« der Fraktion auf seinen Widerspruch gegen ein« gegen die bayerischen Parteigenossen gerichtete Erklärung zurückge- sührt wird, stellt die Tharsachen gänzlich unrichtig dar und rührt wahrscheinlich von Ablwardt selbst her. Wie erinnerlich sein dürste, hatte die russische Zollver waltung im vorigen Jahre verlangt, daß die vom Auslande ommenden Schiffer durch Depots oder eine genügende Bürg- chaft dafür Sicherheit leisten sollte», daß ihre Fahrzeuge nicht zum Verkaufe nach Rußland kommen, und daß, falls sie dennoch in Rußland verkauft werden sollten, der entsprechende Zoll nachträglich entrichtet würde. Die deutsche Regierung, die darin mit Recht eine Beschränkung der im Handelsver träge gewährleisteten Freiheit der deutsch-russischen Binnen schifffahrt erblickte, hat zunächst durch ihre Vorstellungen bei der russischen Regierung erreicht, daß der Zeitpunkt des In krafttretens dieser Verordnung bi« zum Schluß der vorjäh rigen Schifffahrt hinausgeschoben wurde. Nach einer an das Auswärtige Amt gelangten Nachricht ist nunmehr in Peters burg entschieden worden, daß diese Verordnung überhaupt nicht in Kraft treten soll. Die Kieler Handelskammer hat dem Staatssekretär im Reichspvstamte eine Eingabe zugehen lassen, worin sie um die Ausdehnung Les allgemeinen Fernsprechdienstes auf die ganze Nacht oder doch wenigstens bis 12 Uhr Nachts bittet. Der „Berliner Börseu-Kurier" versickert, in der Lage zu sein, eine Erklärung für die zögernde Haltung zu geben, welche die preußische Regierung in der Konversionsfrage ein- nimmt. Das Blatt schreibt: „Der neueste Kurs hat, wie man weiß, das Interesse der Landwirthschaft wieder in den Vordergrund gestellt, und schon in der Thronrede, mit wel- ckcr der Landtag eröffnet worden ist, wurde berom, daß es die dringendste Aufgabe der Regierung sei, den schweren Uebelständen, welche aus der ungünstigen Lage der Land wirthschaft erwachsen, nach Möglichkeit zu begegnen. Eine der ersten Maßnahmen unserer Regierung rn dieser Richtung wird nun darin bestehen, daß sie der Landwirlhscha't dir Vortheile des sinkenden Zinsfußes in erster Linie zuwenden will, und zwar dadurch, daß die Konversion der 4- und 3^/,- prozentigen landschaftlichen Pfandbriefe vor der Konversion der preußischen Konsuls in die Wege geleitet werden soll. Durch die Konversion der Pfandbriefe würde den Tarlehns- schuldnern, also den Landw'Nhen, die Möglichkeit zu einer nicht unbedeutenden Herabsetzung der Schuldzinsen geboten werden, so daß der große Dienst, welchen der Staat hiermit den Landwirthen erweist, au? der Hand liegt. Nack ober- fläcklicher Berechnung betragen die Summen, um welche es sich hierbei handelt, etwa 1800 Millionen Mark. Die Ver handlungen weg.« dieser umfassenden KonvertirungSoperation sind mit einzelnen maßgebenden Mitgliedern unserer Finanz- weit bereits eingeleitet und werden wohl in den nächsten Wochen zum Abschluß gelangen. Eist nach der Durchführung dieser Operation wird an die Konversion der 4- und 3'/,- prozentigen preußischen Konsol« herangegangen werden, da den Interessen der Landwirthschaft der Vortritt gelassen wer den soll." Ueber eine Abordnung aus Anhalt, die am 20. Januar in Friedricksrnh war, berichtete dieser Tage ii launiger Weise ber der Abordnung angehörende Stadtbaumeister Engel in Dessau. Es handelt« sich, wie wir seiner Darstellung ent nehmen, um die Entscheidung der Platzfrage für eine dem Fürsten zum 80. Geburtstage zu überreichende Ehrengabe Anhalts, bestehend in einer Hirschgruppe. Die Abordnung wurde zum Frühstück geladen, an dem noch einige Familien mitglieder und Freunde des Hauses theilnahmen. Während der ersten Viertelstunde war der Fürst durch Gesichtsschmerzen etwas in der Unterhaltung beeinträchtigt, wurde aber bann bald recht gesprächig. Während der Tafel reichte der Fürst seiner grauen Ulmer Dogge „Rebekka" Verschiedene«, was das Thier schweifwedelnd annahm, nur gegen Wildschwein«- köpf zeigte sie sich gänzlich abgeneigt, worauf der Fürst lachend bemerkte: „Es ist doch eigenthümlich, daß auch die Hunde ihre, ich will nicht sagen religiösen, aber doch rituellen Be denken in der Auswahl ihre« Futters haben." Im weiteren Verlaus der Unterhaltung war auch von den schönen Jagden in Anhalt die Rede, wobei der Fürst erzählte, daß er in jüngeren Jahren manchmal, hauptsächlich im Ballenstädter Revier, daran Theil genommen habe. Auf die Anfrage au dm Fürsten, ob es sich seiner Zeit für ihn ernstlich einmal um Uebertragung eines Ministerpostens in Bernburg ge handelt habe, gab der Fürst wohl die Möglichkeit zu, daß diese Frcqe erwogen worden sein könne; die Sache sei jedoch vermuthlich dadurch gegenstandslos geworden, daß seine Er nennung zum preußischen Bundestagsgesandten in Frankfurt damals schon beschlossen gewesen sei. Bei Besprechung der den Reich-tag gegenwärtig beschäftigenden Angelegenheiten erwähnte der Fürst den vor acht Tagen empfangenen Besuch seines lieben alten Freundes, de« Reichskanzler« Fürsten zu Hohenlohe, der ihn sehr gefreut habe. Die neuesten Ereig nisse in Frankreich boien dem Fürsten Veranlassung zu Ver gleichen zwischen den beiderseitigen Regierungsformen und nach einigen Aeußerungen über den neuen Präsidenten be merkte er: „Der Mann muß doch eine gute Portion Raketen- say in sich haben." Als dem Fürsten eine Photographie der Ehrengabe vorgelrgt wurde, meinte er nach kurzem Betrachten derselben scherzhaft: „Na, hoffentlich habe ich al« Reichskanzler nicht so hochmüthig ausgesehen wie dieser Hirsch." Al« schließ lich der Kaffee gereicht wurde, erschien für den Fürsten die lange Pfeife und Herr Dr. Chrysander überbrachte die ein gelaufenen Briefe, Drucksachen, Zeitungen u. s. w. Alles eröffnet und wohl geordnet. Das Durchblättern der Eingänge benutzte der Fürst zu vielen begleitenden, zuweilen recht humorvollen Aeußerungen. Mehrere Zusendungen aus Oesterreich befanden sich dabei, darunter auch mit Korn blumen geschmückte Huldigungs-Postkarten „mit Grüßen von den deutschen Ostmärkern". Unter den Zuschriften befand sich ferner eine Beileidsadresse des Vorstandes der konser vativen Fraktion des preußischen Landtages aus Anlaß des Ablebens der Fürstin. Der Fürst las das schreiben vor und knüpfte daran innerlich tief bewegt die Worte: „Ich hätte nie geglaubt, daß meine Frau vor mir sterben würde, sie hätte wohl noch länger bei mir bleiben können." Vom Reichstage. Gestern wurde die erste Lesung, der den Gewerbebetrieb im Um her ziehen be treffenden Novelle zur Gewerbeordnung und des denselben Gegenstand behandelnden Antrages der Abgg. Gröber (Zrr.> und Genossen fortgesetzt. Abg. Strvmbeck (Ztr.) sprach seine Freude darüber aus, daß die Regierung die Initiative zur Regelung dieser Angelegenheit ergriffen habe, und er klärte sich im Namen der Minderheit seiner Partei gegen die strengen Vorschläge des Antrages G. öder, die den Hausir- handel vernichten würden, ohne damit dem Kleingewerbe zu nützen. Abg. Hasse (natlib.) trat insbesondere für den Kolportage-Buchhandel ein, der zum größten Theil nützliche Werke, wie z. B. Konversations-Lexika, vertreibe, während der Verkauf von Schauerromanen nur 1 Prozent des Ver triebe« betrage. Abg. Hitze (Ztr.) vertheidigte den Antrag Gröber, daß die Beschränkungen des Hausirhandel« zum Schutze des seßhaften Gewerbebetriebes nothwendig seien.. Preußischer Handelsminister Freiherr v. Berlepsch führte aus, daß die Beseitigung des Hausirhandels nicht gerecht fertigt sei; der Hausirhandel habe ganz dieselbe Berechtigung,, ivie das seßhafte Gewerbe. Gegen Auswüchse des Gewerbe betriebes im Umherziehen müßten natürlich Bestimmungen getroffen werden. Abg. Schmidt-Berlin (Soz.) wünschte zum Schutze der beim Schauspielgewerbe angestellten Per sonen gegen Ausbeutung durch ihre Prinzipale n»ch schärfere Bestimmungen, als sie die Regierungsvorlage bietet, und sprach sich gegen jede Beschränkung des Hausirhandels aus. Abg. Gräfe (Reformp) bekämpfte den Entwurf, denn wenn jemals der Satz: „Was lange währt, wird gut ', an einem zu sckanden gewoiden sei, so sei es wohl der vorliegende Gesetzentwurf. Namentlich gänzlich unannehmbar seien die Bestimmungen über den Drogenhandel, die zur Vernichtung von einigen tausend Geschäften führen würden. Er bitte die Regierung, sie solle den Handel mit ungefährliche ! Arzneien freigeben, die Drogenhandlungen unter Kömrole steuer, und den Befähigungsnachweis für deren Angestellte einsühren. Für die neuen Bestimmungen über die Konsumvereine werde seine Partei um deswillen eintreten, »eil sie geeignet seien, das mächtige Agitations- und Zugmittel der sozialdemokra tischen Partei, das in den Konsuinvereinen liege, abzuschwächen. An Sonntagen müsse das Hausirgewerbe verboten werden. Die Regierung müsse der Ausbreitung der Fünfzigpfennig- Bazare und der Filialwirthschaft entgegentreten. In ersterer Beziehung empfehle sich eine Umsatzsteuer, in letzerer die Beschränkung der Filialen auf einen Ort. In Bay.rn habe ein Jude Thietz überall seine Filialen und habe sogar in München neben den Justizpalast ein Haus hingesetzt, so daß man da von einem Justizpalast und von einem Jude-T ietz- Palast spreche. (Hroße Heiterkeit.) Die Ausführungen des Ministers von Berlepsch harmonrrten nicht mit Len Sätzen der Thronrede vom Schutze des Schwächeren, wenn er den seßhaften Kaufmann mit dem Hausirer gleichstelle. DaS Mindeste, was man erwarten könne, sei die Annahme des Zentrums-Antrages. Geschehe das nicht, dann solle man lieber noch länger warten. Abg. Meyer (freis. Ver.) be mängelte einzelne Begriffsbezeichnungen der Vorlage und bekämpfte die vorgeschlagenen Beschränkungen des Hausir- handels. Nachdem der Abg. Schwarze (Ztr.) in seinem Schlußwort den Antrag Gröber befürwortet halte, wurde die Regierungsvorlage sammt dem Anträge Gröber einer Kommission von 21 Mitgliedern überwiesen. Frankreich. Gutem Vernehmen nach wird der deutsche Botschafter Gras Münster im besonderen Auftrage als Ver treter de« Kaisers der Leichenfeier für dcn Marschall.Canrobert im Jnvalidendome beiwohnen. Bulgarien. Eine für die jetzige Regierung in Bul garien höchst bezeichnende Nachricht meldet die „Franks. Ztg." aus Belgrad: Der dort beglaubigte Gesandte einer Groß macht (Oesterreich?) habe au« Sofia Berichte erhalten, daß Fürst Ferdinand sich täglich mehr dem zunehmenden Ein-