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Vermischt«-. Nstzts Gessrdssungsversuche JftKY'ofS. Brr>l- Mrb Imhof, der vom Oberbaherischen Schwurgericht wegen der Erpressungsversuche am' Kommerzienrat.Ludo- wtci -U gehn Jahren Zuchthaus verurteitt wurde, setzt auch im Gefängnis seine verbrecherische Tätigkeit fort. Die UussichtSbeamien des StrafvollstreckuntzSigefängnisseS Wadelheim, in dem Imhof gegenwärtig tn Hast weilt, entdeckten vor einigen Dagen Briese, die JUchof an Kom merzienrat Ludowiei upd dessen Hausmeister richtete, und die neue Drohungen enthielten. Den „M. Ni N." zufolge hat Imhof die Briefe unter Mißbrauch des Äiechtes, un gehindert mit seinem Verteidiger zu korrespondieren, an die beide,» Adressaten du rchzuschmuggeln versucht. Gestern fand übrigens die Revisionsverhandlung vor dem' Reichs gericht in Leipzig in Sachen Imhof statt. Die Revision wurde verworfen. Der verschwundene Kasfendie'ner. Der Banque du Lommerce in Antwerpen siyd von einem unge- tveuen Beamten 145000 Francs' gestohlen worden. Der vernMtliche Dieb ist ein früherer Unteroffizier Dfc Reycken, den die Bank vertrauensvoll angestellt hat, nachdem er sich etsmtal als ehrlicher Finder bewährt haste. Seit fünf Jahren versah er zur Zufriedenheit feinest Dienst. Am Dienstag erhielt er den Auftrag, statt des erkrank ten ersten Kassierers Mit dem zweiten Kassierer auf der Nationalbank 150000 Francs abzuheben. Nach dstm Em pfang dieser Summe schickte er seinen Kollegen, zum Wech seln Hon fünf Täusenmarkscheinen an einen anderen Schalter — und verschwand. ' Eine Millionenerbschäft mit Hinder nissen. Aus Kurhesscn wird dem „B. D." geschrieben: IN den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts diente Leim kurhessischen Leibgrenadierregiment ein aus.Bisch hausen (Kreis Witzenhausen) stammender Korporal Kon rad Schäfer, der später Leibjäger eineS Mitglieds des englischen WnigShauses wurde, dann in die Dienste des damaligen kaiserlich brasilianischen Gesandten in Lchrdon trat Und mit diesem nach Rio de Janeiro übersiedelte. Dort.heiratete er später die Tochter eines reichen Farhners in Los Puntos. Vor etwa acht Jahren starb Schäfer im Alter von achtzig Jähren kinderlos. Die brasilianische Gesandtschaft in Berlin machte nach jahrelangen Reiter chen die hiesigen Erben Ausfindig und teilte ihnen mit, daß Schäfer sie als Erben Mr seine großen Besitzungen bestellt habe, die einen Wert von etwa 15 bis 20 Mil lionen repräsentieren. Auf eingezogene Erkundigungen hin wurde den Erben jedoch der Bescheid, daß die Besitzung allerdings sehr groß sei, vorwiegend werde Kaffee, Reis und Baumwolle angebaut, doch sei es schwer, die ersordstr- lichen Arbeitskräfte zu erhalten, da in der sumpfigen Niederung die Maleria herrsche; buch seien 200000 Mark bares Kapital zur Instandsetzung erforderlich. Ein Rechts- beistcrnd in Rio de Jäneiro wurde deshalb, da die Erben unter diesen Umständen die Besitzungen nicht selbst be wirtschaften wollen, beauftragt, sie so rasch wie möglich zU jedem annehmbaren Preise zu verkaufen. Die Eroberung der Luft. Der „Times" wird/ aus Newhork telegraphiert: Der „Newyork Herold" ent hält eine Erklärung von Mr. Herring über' seinen ge heimnisvollen Aeroplan, der demnächst in Was hington geprüft werden soll. Einzelheiten werden Noch verschwiegen, doch soll die Hauptsache eine Borrichtung zur automatischen Wahrung des Gleichgewichts sein. Die Maschine ist so gebaut, daß ein Windstoß seine eigene Wrkung schneller berichtigt, als ein Mensch dies tun könnte. Der .Aeroplan ist Erheblich! kleiner als die der Wrights und Farmäns. Die beiden Motoren wiegen un gefähr zwei Zentner, die beiden Propeller sollen eine große UeberraschUng für Aeronauten bieten. — Für den Zeppelin-Fonds sind bei der Mntenänstalt in Stuttgart bis jetzt insgesamt 4368000 M. eingegangen. ' CK. Ein sonderbarer „HauptMann von Köpenick". Eine seltsame Geschichte, die einstweilen be rechtigten Zweifeln begegnet, läßt sich die „Times" von dknrM ehembligen englischen Marineleuknänk, Henry Chamberlain, der vor kurzem Deutschland bereiste, be richten. Chamberlain begegnete einem Trupp deutscher Soldaten in den Reichslanden, mit dem er ein Gespräch begann. „Ganz zufällig, ohne mir dabei etwas zu denken, bemerkte ich, daß das Studium der Schlachtfelder mich als Seeoffizier lebhaft interessiere. Bet dem Wort Offizier sprangen die Leute auf, knöpften sofort ihre Röcke zu und schnallten ihre Waffen um. „Gehen Sie nach Nieder bronn?" fragte ich. „Jawohl," kam die Antwort. „Nach Niederbronn, um den Zug nach Bitches zu nehmen." Als ein harmloser Scherzwort, über dessen Bedeutung man nicht Wester nachdachte, sagte der Engländer: „Ich gehe auch nqch Niederbronn. Ihr seid mein Regiment, ich bin Euer Oberst." Die Mannschaften traten darauf ohne wei tere« an, formierten zwei Glieder und kein Wort wurde mehr gesprochen. „Rechts um" und der Marsch begann. „Ich trug.dabei meinen Schirm wie einen Säbel. Wir marschierten schweigend im Gleichschritt. Nach einer Weik begegnen wir einem einzelnen Soldaten desselben Regi ments, der am Mnldrande lag. Sofort springt er auf, knöpft seinen Rock m, und ohne daß ein Wort gesagt wird, schließt er sw; der Truppe an." Nach einer Weile kamen dem Engländer doch Bedenken, und ohne zu zau dern, verließ er „sein Regiment" unter dem Borwand, er müsse in sein Hotel. „Ich knüpfe an diese Geschichte, an der jedes Mort absolut wahr ist, keine Betrachtungen; die Leser werden daran ermessen, welchen gewaltigen Ein fluß der deutsche Offizier über seine Mannschaft besitzen muß, wenn nur die Erwähnung des Wortes Offizier ge nügt, um die Maschine in Gang zu setzen." CK. Zahlenaberglaube. Mit dem Aberglau ben, nnt dem noch heute die Volksmeinung gewisse Zahlen belegt und sie als glück- oder unglückbringend betrachtet, beschäftigt sich ein interessanter Artikel des FieramoSca. Von altersher umgibt die Tradition die ungeraden Zahlen mit dem Begriff von etwas Voll endetem und Feststehendem, während die geraden Zah len als unvollkommen angesehen werden. Selbst bei den Heiden umgibt die Zahl 3 der Schimmer besonderer Kräfte und er spiegelt sich! wieder in den religiösen Vorstellungen der meisten Naturvölker. Die Zahl 4 da gegen gilt als rein mathematisch und irdisch, denn in sie lassen sich fast alle der Wichtigstzen kosmischen ErelgH nisse dividieren, wie z. B. die Mondphasen, die Himmels richtungen, die Jahreszeiten usw. 7 ist die vollkommene Zahl, denn sie setzt sich zusammen aus der über irdischen 3 und der irdischen 4. Wenn auch der Zahlen aberglaube in gebildeten Kreisen längst verschwunden ist, im! Volks ist er noch heute lebendig und die Sympathien oder Antipathien gegen gewisse Zahlen äußern, sich oft auf eigenartige Weise. In der Vorliebe Mr gewisse Münzeinheiten, in der Bevorzugung gewisser Brief-, marken und in der Abneigung gegen manche Längen- und Hohlmaße läßt sich däs oft beobachten. Im allge meinen stehen die 2, die 3 und die 5 und ihre Produkte M höherer Gunst als andere Zahlen; nur die moham medanischen Völker bilden hierin eine Ausnahme. Die lateinischen Völker haben eine besondere Vorliebe Mr die 2 und die 5, eine Folge des Dezimalsystems, und bei ihnen gilt die 3 im allgemeinen als Luxus. Die Eng länder dagegen ziehen 2 und 3, die Deutschen 3 und 5 vor. Die asiatischen Völkerstämme, auch die Inder, trotz hier dreiteiligen Gottheit, sympathisieren mit der 2 und c hren Produkten, während die Chinesen einen Unter schied machen, sie halten die 2 und die 5 in Geschäfts- stckM, in allen mystischen Dingen aber die 3 für glück kingend. Die 7 dagegen gilt allgemein als Glückszahl st Mitteleuropa, in Skandinavien, in Amerika und, im Orient; in Rußland und in den Meisten slavischen Län dern dagegen wird sie mit Mißtrauen betrachtet. Bon höheren Zahlen gilt bekanntlich die 13 bei allen chrisk lichen Völkern als eine Unglückszahl, sie verkörpert Ber- rat und Tod, dient aber doch bisweilen auch als be sonderer Talisman. In Havai z. B. bedeutet sie eine Glückszahl. . ; ' »vrssinischs Hdttkckvst. Nt wu Mittel, längen d,r italienischen geographischen Gesellschaft wird ein interessanter Bericht veröffentlicht den Lr. Lineal, de Castro über die im Neiche deS NeguS angewandte, Heilmethoden und über den Stand der Aerztekunst i, Abessinien erstattet hat. JU der Regel sind eS erfahren« Eingeborene, die sich mit der Ausübung der -eilkunft beschäftigen und bet ihren Landsleuten zum Teil große Berühmtheit genießen; aber daneben treiben erfindungz. reiche Schlaukvpfe ihr Wesen, die sich ahne Bedenken ,Hakim" nennen^ die Kurpfuscher Abessiniens, die von de, Gläubigkeit der Bevölkerung ei» bequemes Leben führen, Eines ihrer Haupteffekte ist die Ausführung fingierter Operationen, sei es nun die Entfernung der Kugel aus einer Wunde, sei es die Beseitigung der bösen Insekte^ die nach dem Volksglauben ins Ohr kriechen und da» Ohrensummen und die Ohrschmerzen Hervorrufen. Der Hakim legt daun ein Rqhr an die Wunde oder an daß Ohr und nun beginnt er mit aller Anstrengung am anderen Ende des Rohres zu saugen. Die Operation glückt unfehlbar. Nach einer Weile angestrengter Arbeit kann man sehen, wie der eifervolle Chirurg je nach dem Erfordernis des Falles entweder ein Bleistück aus. spuckt oder die schlimmen Insekten, die'im Gehirn der Kranken ihr Quartier aufgeschlagen hatten. Die abessi nische Therapie, auch die mit ehrlicher Absicht geübte, ist außerordentlich kompliziert und hat eigentlich nur eine Kur, die mit dem Stande der medizinischen Wissen schaft verwandt ist: die Bandwurmkur. Daneben aber spielt das Ausbrennen mit glühenden Eisen eine große Rolle, und bei den meisten Krankheiten gipfelt die Kunst der Aerzte in der Anwendung des glühende« Eisens. Gegen Kopfschmerzen geht man gewöhnlich m'i Schröpfen vor, sei es an den Schläfen, sei es im Nacken. Aus die Mahl der Instrumente legen die Heilkünstler dabei kein besonderes Gewicht, sie schneiden mit allem, was ihnen in die Hände kommt, mit Messern, mit Eisen- oder Blechstücken oder mit den Scherben einer zerbro chenen Flasche. Der Kropf, der in gewissen Gegenden des Landes sehr verbreitet ist, wird durch Tätowier- ungen bekämpft. Gegen gastrische Leiden, Mägen- oder Alembeschwerden geht man mit zerlassener Butter vor, von der die Patienten ansehnliche Quantitäten trinken müssen. Sehr oft werden hypertrophische Bildungen des Gaumenzäpschens beobachtet, die dann meistens durch eine Schlinge äuiS seinem Pferdehaar beseitigt werden. Bisweilen bedienen sich die Chirurgen dabei auch eines Metallhakens, mit dem sie das Zäpfchen gegen die Schneide eine« Messers bringen. Um dann mit einem kurzen Schnitt das Glied zu entfernen. Wunden werden mit siedender Butter behandelt, die den Blutsluß hemmt; man; verfügt dabei über Mittel, die die Wirkung der Hitze äUfheben. Mr KUochenbrüchis werden sinnreich; er- dachte Apparate konstruiert, aus Stäben, Bändern und Schlingen. B'ei der vulkanischen Beschaffenheit des Lan« ;e« gibt es außerordentlich viel Thermenquellen; der Abessinier hat großes Zutrauen zu der Wirkung, von Dampfbädern und fast überall bei den Quellen findet Man Kirchen und Unterkunftsräume für die Hcilbedürs- Ligen. Zu gewissen Zeiten des Jähres finden große Pilgerfahrten von Kranken und insbesondere von Aus- ätzigen statt. In Finfinni in der Nähe von Addis Abeba, entspringt eine außerordentlich heiße Quelle, die Meg- nesioi enthält und eine Temperatur von 90 Grad Cel ia« entwickelt. In der Nähe hat der Negus sich ein keines Haus errichten lassen, in dem er alljährlich ein mal ferne „Kur" absolviert. ' Literarisches. Die Stautzorte des dealschen RetchSheerrS mit lrmee-Einteilung und Verzeichnis der Regimenter nach dem Stand« vom 1. Oktober 1V08. Preis 20 Pf. Leipzig, F. A. Verger.