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Riesaer G Tageblatt und Anzeiger Meblail Md Anzeiger) Tllegramm.Wr.s1, »HI -I 8«»lpr,chst.ll, HAK IN KD 4 KK 4 K «r. L0. der Sönigl. «mtshauptmmmschast Großenhain, des KSnigl. Amtsgerichts «nd des StadtrathS z« Ära 1«6. Mittwoch, 21. IM 1897, AbendS. 5». Za-rz Was Riesaer Tageblatt erschrieU jed« Lag Abend« mit Aufnahme der Sonn» «nd Kesttag«. BierteljShrllchrr Begagsprri» Lei Abholung t» den Expebtttoa« t» Riesa und Strehla oder durch lrSger srell in» Hau» 1 Mart V0 Pfg„ bei AHolung am Schalter der kaiserl. Postanstaltrn 1 Marl 2V Psg., durch den Briestrüger srei tu» Han» 1 Mart öS Psg. Aazrigea-Uaaahatt stk di« Rumm» Ausgabetage« bl« Vormittag 8 Uhr ohne Gewahr. LruS und Verlag vou Sauger 4 Winterlich tu Riesa. — GeMst»stllle »astauteustraß« SS. — Kür dl, Redaetlo» verautworüich: Herman» Schmidt in Riesa. TageSgeschichte Zu der Eingabe de- Bunde- der Landwtrthe an den I Reichskanzler, betreffend ein sofortige- Einfuhrverbot s gegen ausländische- Brodgetreide zunächst für die Dauer von sechs Monaten, mit der Bedingung, daß da- Verbot außer Wirkung tritt, sobald der Pret- für da» in ländische Getreide eine zu bestimmende mäßige Höhe erreicht hat, bemerken die „Hamb. Nachr.": „Die ministeriellen Adressa ten werden zu prüfen haben, ob der Erlag des verlangten Einfuhrverbotes ohne Bruch der Handelsverträge möglich ist, und wenn ja, ob Deutschland den dann zu erwartenden Zoll krieg mit Nutzen für sich führen kann. Wir selbst möchten uns eines UrtheileS in dieser Frage einstweilen noch ent halten. Im Prinzip aber find wir der Ansicht, daß die Re gierung sich der sorgfältigsten Prüfung aller Vorschläge, die von der Landwirthschast selbst au-gehen und die Hebung ihrer Prosperität zum Zweck« haben, nicht entschlagen kann. Da» entgegengesetzte Verhalte» würde mit der von uns voraus gesetzten Tendenz der Regierung, zu jeder Förderung der Landwirthschast, welche die einmal geschloffenen Handelsver träge nur gestatten, bereitwillig witzuwirken, im Widerspruch stehen. Wenn diese Tendenz Glauben finden soll, so darf die Regierung sich der Erörterung von Eingaben, die auf dieses Ziel gerichtet find, nicht entziehen. Ob die jetzige Forderung durchführbar ist oder nicht, lassen wir, wie gesagt, dahin gestellt sein, aber eine Regierung, die der Landwirth- schäft ehrliche Sympathien entgegenbringt, wird allen Vor schlägen, die aus den Kreisen der Landwirthschast stammen und dort Zustimmung finden, auch dann näher zu treten haben, wenn fie ihr prima kaois undurchführbar erscheinen sollten. Wir beabsichtigen nicht, mit diesen Bemerkungen irgendwie Stellung zu der j tzigen Eingabe zu nehmen, wir möchten nur dazu beitragen, daß die Regierung sich jedes auf Verbesserung der Lage der Landwirthschast gerichteten Antrages mit Wohlwollen annimmt und dadurch aus die be- theiligten Interessenten beruhigend ermuthigend einwirkt. Was uns dabei leitet, find lediglich Erwägungen allgemein politischer Natur, die in der Ueberzeugung wurzeln, daß ohne dauerhafte Zufriedenstellung der landwirthschaftlichen Bevöl kerung in Preußen und im Reiche kein Frieden und kein er folgreiches Zusammengehen aller staatserhaltenden Parteien gegen die Sozialdemokratie möglich ist. Es ist eine Eigenthümlichkcit der englischen Poli tik, daß fie zumeist das Licht der Ocffcmlichkeit nicht ver trägt uns daß si« nicht gedeihen kann, als im Verborgenen. Die englische Diplomatie wendet daher seil lange, sobald sie einen Schlag plant, den oft erprobten Kunstgriff an, die Aufmerksamkeit der europäischen Mächte durch Unruhen, die „ganz zufällig" in irgend einem abgelegenen Winkel enlstehen, von dem eigentlichen Feld ihrer Thäligkeit abzulenken. All mählich ist dieser Schachzug nun aber auch den harmlosesten Seelen bekannt geworden und Niemand zweifelt daran, daß außer den neuen Plänen der Herren Rhodes und Jameson gegen die Südafrikanische Republik auch wieder Machenschaften gegen da- portugiesische Ostasrika im Werke find. Die jüngste Meldung Londoner Blätter, daß ein deutsch - portugiesische- Syndikat demnächst eine Charter für die Delagoa-Bai er halten werde, ist nicht- als der Versuch, durch Denunziation Anderer die öffentliche Aufmerksamkeit von dem eigenen Thun und Treiben abzulenken. E- hieß, eine Delagoa - Konferenz werde demnächst in London zusammentreten; fie werde rein privaten Charakter haben, von englischen und portugiesischen Delegirten beschickt werden und eine durchgreifende Regelung der englischen und portugistschen Ostafrika-Interessen an streben. Welcher Art diese Interessen auf englischer Teste find, ist bekannt, und e» kann keinem Zweifel unterliegen, daß in Wahrheit die Spitze der angekündigten Konferenz gegen Deutschland sich kehren würde, da- nun einmal um jeden Preis au- seiner Stellung in der Delagoa-Bai hinauS- mavövrirt werden soll. Da- Manöver wird in diesem Fall aber sicher keinen Erfolg haben, denn gerade in Südafrika ist die englische Politik schon zu oft entlarvt. Deutsches Reich. Der „Reich-anzeiger" veröffent licht eine von dem Leibarzt de» Kaiser» Prof. Dr. Leuthold gezeichnete Mittheilmig, wklche lautet: Die heut« früh von de« Herzog Karl Theodor von Bayern vorgenommene Unter suchung de- Auge» de» Kaiser» hatte ein durchaus befriedigende» Ergrbniß. Da» Sehvermögen ist in keiner Weise gestört; nur bestehen noch leichte Reizerscheinungen, weshalb der Kaiser noch einige Zeit sich Schonung auferlegen muß. Der Kaiser wird die norwegische Reise forlsetzen. Der Herzog Karl Theodor wird die Rückreise demnächst über Göteborg antreten. Der deutsche Lonsul Anton in Kairo ist nach dem „Egypt. Tur." plötzlich zur vorübergehenden Dienstleistung im Aus wärtigen Amte nach Berlin berufen worden und wird Egypten bereit- in der nächsten Woche verlassen. Die Geschäfte de» Consulate» werden in der Zwischenzeit vom Biceconsul RegierungSafsessor Breiter geleitet werden, der zwei Jahre lang auf dem Auswärtigen Amte in Berlin und vorher eben falls zwei Jahre bei der königlichen Regierung in Potsdam beschäftigt war und erst vor kurzem in Kairo eingetroffen ist. Au» Greiz schreibt man: Fortgesetzt kommen in unserem Lande Handlungen vor, die den deutsch-national gesinnten und größeren Theil der Bevölkerung von Reuß ä. L. in berech-, tizte Aufregung versetzen. Wenn man den Ursachen nach spürt, stößt man gewöhnlich auf heuchlerische Liebedienerei auf feiles Kriecher- und Streberthum. Daraus ist e» auch zu erklären, daß gelegentlich der Vorbereitung zum Stif tung-fest eine- Gesangvereins in nahem Dorfe, auf Andringen einiger M tglieder die Kaiserbilder aus dem Saale entfernt werde« mußten. Wie man vermuthet und zu wünschen be rechtigt ist, werden die fürstlichen Behörden diese Angelegen heit untersuchen und im Erweisungsfalle wegen Majestäts beleidigung vorgehen. Den deutschgefinnten Kreisen ist von jener augendienerischen Minderheit schon soviel Aergerniß bereitet, fie find in ihren heiligsten Gefühlen für das theure, große Vaterland so oft gekränkt und verletzt worden, daß Geduld und Toleranz dem Ende zuneigen. Gerade diese kreise haben bei jeder Gelegenheit eine versöhnliche Haltung gezeigt, ihre Achtung vor Gesetz und Landesherr« bethätigt und find bereit gewesen, an der Feier zur Ehrung dc» tapferen Ahnherrn unseres Fürstenhauses, Heinrich VI., kräftig theilzunehmen, welcher vor LOO Jahren die Entscheidung in der heißen Türkenschlacht bei Zrnta, an der Spitze der sächsischen und brandenburgischen Truppen herbeiführte und den erhaltenen schweren Verwundungen erlag. Dieses neueste Vorkommniß dient nicht dazu, zur Theilnahme an einer solchen Festfeier zu reizen. Eine Besteuerung de» Fahrrades plant das bayerische Finanzministerium. Man berechnet für Bayern 50000 Fahrräder und will eine Steuer von 20 M. für Rad und Jahr erheben, was eine jährliche Steuersumme von 1 Mill. Mark ausmachen würde. Damen sollen den doppelten Steuer satz zahlen, während Arbeiter und Geschäftsleute eine Er mäßigung genießen, wenn nicht ganz befreit werden sollen. Die Steuereinnahme soll zur Verbesserung und Erhaltung der Distriktsstraßen verwendet werden, was indirekt wiederum den Radfahrern zu Gute komme. Die Mehrheit der bayeri schen Kammer soll dem Plane geneigt sein. — In Preußen soll an maßgebender Stelle von Neuem erwogen werden, den Zoll auf amerikanische Fahrräder zu erhöhen. Wie kürzlich im Abgeordnetenhause vom Finanzminister erk ärt worden ist, konnte bei einer früheren Besprechung unter den beteiligten Reffortministern eine Einigung nicht erzielt werden. Der jetzige Zoll beträgt 8 Mark für das Rad, während die Ber einigten Staaten einen Zoll von 25 Dollars für das Rad erheben. Nachdem neuerding- in England ein erheblicher Preisrückgang infolge ron Ueberproduktion und Uebereinfuhr billiger amerikanischer Räder zu verzeichnen ist, wird jetzt auch in Deutschland ein erhöhter Import von in England unverkäuflichen Rädern erwartet. Au» den Kreisen der Rad- Industrie wird ein Schutzzoll von 50 Mark für da- Rad al» wünschenswerth bezeichnet. Da« Befinden de« Fürsten Bismarck ist fortgesetzt »in sehr gute». Der Fürst macht täglich Ausfahrten, bei denen er von vielen Freunden erwartet wird. Allgemein fällt da frische und gefunde Aussehen de» Fürsten auf. Graf Herbert Bismarck mit seiner Familie wird zu längerem Uufenthalt in Friedrich-ruh erwartet. Wie de« „Verl. Lokalanz." au- Kassel gemeldet wird, erwartet «an außer der Kaiserin, den jüngeren Prinzen und der Prinzessin auf Schloß Wilhelm-Höhe im August auch den Kaiser, welcher sich später von Wilhelm-Höhe nach Bad Hom burg zum Kaisermanöver beatebt. Der .Jöla. Ztg." zufolge umrd« bei« Besuch des bayerischen Prinzregenten bei der deutschen Kaiserin in Tegernsee verabredet, den geplanten Gegenbesuch in München zu unterlassen, da der Aufenthalt der Kaiserin in Tegernsee knapp bemessen und andererseits die beginnende Jagdzeit den Regenten in diesem Jahre wiederum in'- Gebirge zieht. Die Frankfurter Zeitung schreibt: Auf Ansuchen de» Kasseler Generalkommando» soll gegen den verantwortlichen Redactenr der Frankfurter Zeitung Alexander Giesen da» Foltermittel des Zeugntßzwang» angewandt werden, um den Urheber einer Einsendung zu ermitteln, die Ausschluß über die von den Soldaten verlangten körperlichen Anstrengungen an jenem Unglückstage gab, an welchem der Einjährige Linne mann auf dem Uebung-marsche bei Frankfurt dem Hitzschlage zum Opfer fiel. Er ist ein Ermittelung-verfahren gegen Unbekannt eingeleitet, da» sich darauf stützt, e» seien mili tärische Interna mitgetheilt und al» deren Quelle ein Reserve- Unterofftzier ausdrücklich angegeben. Zur Jllustrirung dessen sei feftgestellt, daß weder eine unrichtige, noch eine irgendwie beleidigende Mittheilung vorliegt, sondern e» hat sich um objektive Berichte unbestreitbarer Thatsachrn gehandelt. Diese Thatsachen waren auch nicht etwa eia militärische» Geheim- niß, sondern einem größeren «reise von Personen bekannt. Und trotzdem geht man hier vor wegen unbefugter Mitthei- lung militärischer Interna, und die Militärbehörde nimmt dabei sogar keinen Anstand, dem Z-itung-redacteur zuzumu hen, daß er ihr den Namen seine- Gewährsmannes unter Bruch der Diskretion pcei-giebt! . . . Wir erheben entschieden Protest gegen diese Auffassung, die in schreiendstem Widerspruch zu dem Grundgedanken der allgemeinen Wehrpflicht steht. Wir haben hier ein Vorgehen gegen die öffentliche Kritik vor un», dazu bestimmt, fie auf Umwegen zu unterdrücken, wo man ihr direkt nicht- anhaben kann, und gegen fie bei der Vertretung der wichtigsten öffentlichen Interessen auf dem Umwege des Zeugnißzwang- mit Strafen oorzugehen, die man sonst von Gesetzes wegen nicht verhängen kann. Frankreich. „Eclair" schreibt, die orientalischen Er eignisse hätten das französisch-russische Bündniß auf die Probe gestellt. Die Gegner beider Länder hätten gehofft, daß die Uneinigkeit, die sie während de- Kriege- und der Friedens verhandlungen hervorgerusen hatten, das Einvernehmen zwischen Frankreich und Rußland, wenn nicht zerstören, so doch in bedeutendem Maße lockern würde. Dank der Vorsicht und der Mäßigung, die man in Petersburg und in Paris gezeigt habe, seien diese Hoffnungen getäuscht worden. Die russischen Blätter stellen Mtt Genugthuung fest, daß die öffentliche Meinung in ihrem Lande wie in Frankreich dem Einver nehmen günstig ist. Das Pariser Blatt führt dann folgende Ausführungen der „Moskauer Zeitung" an: „Der Plan der Reise des Herrn Felix Faure nach Rußland wird auch den letzten Schatten der Schwierigketten verscheuchen, die wegen der orientalischen Ereignisse entstanden waren, und wird der Ausgangspunkt einer wenn möglich noch engeren Verbindung zwischen Frankreich und Rußland sein." Spanien. Briefliche Nachrichten von den Philippinen stellen die dortigen Zustände durchaus nicht so rosig dar, al» sie die amtlichen Drahtmeldungen erscheinen lassen. Mau muß wohl berücksichtigen, daß st« einige Zeit hinter diesen zurückoatiren, aber wenige Wochen werden kaum eine durch greifende Wandlung herbeigeküht haben. Erfreulicher Weise ist daraus zu entnehmen, daß der neue Gouverneur, Prtmo de Rivera durchaus nicht auf den Spuren seine» Vorgänger», des PfaffenknechtS Polavieja, wandelt. Die Beziehungen zwischen der Regierung und den Möach-orden find äußerst gespannt, auch um der grausamen Unterdrück»« .»Politik scheint gebrochen zu sein und rechtswidrig eingezogene Güter find ihre« Eigenthümern, soweit fie noch am Leben find, zurück gegeben worden. Aber die ökonomisch« Lage de» Lande» ist äußerst traurig, der Wechselkurs ist erschreckend gestiegen und neulich angekommene Peso-stück« (---- 4 Mark) werden nur zu «0 v. H. ihre- Nennwerthe- angenommen. Crnsur und schwarze» kabinet walten wie zur schlimmsten Zeit. Man öffnet Briefe und Packete ohne da» mindeste Bedenken, Protest« werben nicht angenommen. Aeußerst streng wird die E-nsur über di« örtliche Presse und Drahtmeldungea gehandhabt, spanisch« Oppofition-blatter wie „Jmparcial" und „Heraldo" verbietet man in den meisten Killen. — Diese Nachrichten mögt« ja thrilweise dem Uebelwollen der Mönche entstammen, «an wird aber doch gut thuu, die optimistischen amtlichen Meldungen, welche vielleicht mir da» Gelingea der am Don- ner»tag aufgelegten Philippinen-Anleihe erleichtern sollen, mit Vorsicht aufzunehmen.