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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 30.12.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-12-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19111230021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911123002
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911123002
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-12
- Tag 1911-12-30
-
Monat
1911-12
-
Jahr
1911
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Bezuqt-Prri» st» L*t»«la »»» «»'»«» d»,ch »«In» leüa«, »»» b»«0tt»«r» <t»al «talich k» ya»»„diaai «i VI «»»atl. Vtt. »t»n«ItSdrt V»' »»>»»» 8>I»ai«n » <li>» »«tzmrst»»«» adakdoU 1t VI. «»aatl, !.»«!. »t«N»lt<U>L L»rch »t« V»tt« t«i,«edalb ve»i>chlond» und der d»»t!-«n Kolonie» »l»lt»>iüdrl. i-SU MI- monatl. 1^0 MI. au»fchi P»ftd»ll»Uu»ld 8»»««» In B«lg>«n, Dänemark. d»n Donaullaot»«, IraUin. Lurrmduia. Üti»dirlanb» ütor» wegen Ö^lrrrrim« Unaarn. Ausland, Schweden, EchweU a kvanien. 2n alle« tdrrgen vlaalen nur direkt durch dt» E«I<däN»Ü«ll» de» Blatte» erhältlich. La» U«i»«»««i Ia,»dlan er>che>»t r«al ttgllch. Sonn» «. 8«»»Nag» nur morgen». Ldonnrm»nt»-Lnnahme 2»da»iu,ga8» S, h«t unleren Trägern. Filialen. Spediteorr» »nd Ännahmeftellen. sowie Poitämtern nn» Briefträgern. <rta»«kv«rkaul»pr»l» kl) Abend-Ausgabe. WpMtrTagMllit Handelszeitung. -.1..^^,^^"--^ Amtsblatt des Aales «nd -es Nolizcianites der Stadt Leipzig. 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Dss Wichtigste. * Der Kaiser hat das preußische M i - ni ste r i u m d e s In ne r n mit einem umgehen den Bericht über die Berliner A f y l i st e n- erkrankungen beauftragt. Die Todes fälle nehmen weiter zu. (S. bes. Art.) * Die Pforte teilte ihren Botschaftern mit, daß sie sich einer Friedenskonferenz ge genüber ablehnend verhalte. (S. bes. Art.) * Japan entsendet 700 Mann nach Han - kau zur Verstärkung seiner Truppen. (S. bes. Art.) -In Ecuador sind ernste Wahlun - ruhen ausgebrochen. (S. Pol. Nachr.) * Der vermißte Ballon „Salzburg" ist im Atrersee bei Salzburg aufgefunden w - den. Sein Führer, Oberleutnant Sterner, ist ertrunken. Desterreich-Ilngsrn unü üle suswsriige Politik. Die Verhandlungen des Vereinigten Viereraus schusses der ungarischen Delegation sind für die Be urteilung der auswärtigen Politik in verschiedenen Beziehungen von Wichtigkeit. Sie haben eine be sondere Bedeutung schon dadurch erhalten, daß der neue Kriegsminister der Donaumonarchie, Ritter von Auffenberg, zum ersten Male das Wort ergriff. Was er zur allgemeinen Begründung der Wehrvorlage sagte, zeugt von einem klaren, ziel bewussten, die Tatsachen des geschichtlichen und des wirtschaftlichen Lebens beweiskräftig und schlagfertig beherrschenden Kopfe. Daß Ritter von Auffenberg die Wichtigkeit des Beistandes, Len Deutschland während der bosnischen Krisis Oesterreich- Ungarn geleistet hat, nicht nur mit großer Wärme anerkannte, sondern sich dabei auch einer in Wien gefallenen Wendung Kaiser Wilhelms bediente, darf uns Reichsdeutschen um so angenehmer berühren, als Kriegsminister von Auffenberg der berufene Fachmann ist. um den Wert der militärischen Hilfs bereitschaft Deutschlands richtig einzuschätzen. Ritter non Auffenbergs Ausführungen enthalten zugleich i wertvolles Material für die Zurückweisung von An griffen, die eben jetzt, während des Wahlkampfes, aus dem sozialdemokratischen Lager gegen die deutscbe Neichspolitjk gerichtet werden. Sein Hin weis auf Preußen-Deutschland, das nicht trotz, sondern gerade wegen seiner starken Rüstung politisch und wirtschaftlich zur Weltmacht aufgestiegen sei, wider legt die sozialdemokratischen Klagen über den „Mo loch Militarismus" ebenso wirksam wie seine Fest stellung, daß nach Len Erfahrungen der Geschichte noch nie ein Staat an zu viel, jedoch oft genug eine Macht an zu geringen Militürausgaben unter gegangen wäre. In diesem Zusammenhangs er- sckeint auch der Vergleich, den Kriegsminister von Ausfenberg zwischen den Rüstungsausgaben der Großmächte im Verhältnis zu den gesamten Staats einnahmen zog, als ungemein lehrreich. Während nämlich Italien 21—24 Prozent der gesamten Staatseinnahmen, Rußland 23 Prozent, Frankreich 30 Prozent, England 40 Prozent für Heereserforder- nisse verwendet, gibt Deutschland dafür nur 15 bis 18 Prozent aus. Das sind Zahlen, die unseren sozial demokratischen Antimilitaristen entgegengehalten werden können, wenn sie aus Gründen der Wahl agitation die Belastung Deutschlands mst Rüstungs ausgaben als unerträglich schildern. Zn der Rede des Grafen Aehrenthal lenkt naturgemäß sein Eingehen auf die Marokko- fr a g e an erster Stelle die Aufmerksamkeit auf sich. Es kann im allgemeinen dahin charakterisiert werden, daß es, ohne Englandzu nennen, die von England im letzten Sommer uns gegenüber befolgte Politik zwar nur mittelbar, aber deswegen nicht weniger hell beleuchtet. Wenn Graf Aehrenthal aus der deutschen, sämtlichen Signatarmächten der Algeciras- alte zugostellten Mitteilung vom 30. Juni die Ge wißheit schöpfen konnte, daß Deutschland in Marokko die „wirtschaftlichen Prinzipien, L. i. die wirtschaft liche Gleichberechtigung und die Handelsfreiheit für den Welthandel", dauernd sichern wollte, dann kenn zeichnete er damit die Beschwerde Sir Edward Greys, bis zum 21. Juli nicht gewußt zu haben, welche Absichten Deutschland in Marokko verfolge. Und wenn Graf Aehrenchal erklärt, daß Deutschland von Aybeginn an deutlich die Absicht bekundet habe, die Verhandlungen ohne Herbeiziehung einer ande ren Macht mit Frankreich allein zu Ende zu führen, so kennzeichnet er hierdurch den englischen Ein mischungsversuch auf das markanteste. Graf Aehren- thal hat diese Kennzeichnung noch insofern unter strichen, als er hinzufügte: Deutschland habe jenes Ziel vollkommen erreicht. Von den sonstigen Ausführungen des Grafen Aehrenthal verdient die Zuversicht Beachtung, mit der er auf die Erhaltung des Statusguo am Bal- k a n rechnet. Er berief sich hierbei auf die Haltung Italiens, die Wünsche aller Großmächte und das all gemeine Bestreben, einen Krieg zu vermeiden. Was Graf Aehrenthal im Anschluß hieran über das Fest halten an den Grundlagen der auswärtigen Politik Oesterreich-Ungarns sagte, spricht nicht minder für die Lebensfähigkeit des Dreibundes, als die Aeuße- rung des Delegierten von Berzeviczy, daß auch die jüngsten Ereignisse im Verhältnis der den Dreibund bildenden Staaten zueinander keinerlei Aenderung hervorgerufen hätten. Der Gesamteindruck der Verhandlungen des Delegationsausschusses ist für uns Reichsdeutsche durchaus erfreulich. Was kann üer emklolrene lrsnzöMche Spion verraten? Hauptmann Lux, der aus der Festung Elatz ent flohene französische Spion, hat als Leiter des französischen Spionagedienstes an der deutsch-französischen Grenze sein Hauptaugenmerk darauf gerichtet, die deutsche Luftschiffahrt auszuspionrercn und für Frankreich Pläne eines deutschen Luftschiffes zu beschaffen. Zu diesem Zwecke hatte er im Dezember des vorigen Jahres 1910 der Zeppelinluftschiff-Werft in Friedrichshafen mehrere Besuche abgestattet und auch Versuche gemacht, von Werftarbeitern Zeichnungen und Pläne zu erhalten. Die französischen Lenkluftschiffe sind bekanntlich von sehr schlechter Beschaffenheit und können mit den deutschen Kriegsluftschiffen weder an Gediegenheit der Bauart, noch an Schnelligkeit und Fahrtüchtig keit irgendeinen Vergleich aushalten. Es liegt der französischen Heeresverwaltung bei der großen Be deutung, die die Luftschiffe und besonders die Luft schiffe starren Systems in einem zukünftigen Kriege haben werden, naturgemäß sehr viel daran, ein deutsches starres Luftschiff nachahmen zu können. Es wurden ja bereits in Frankreich mit einem starren Luftschiff „Spieß' derartige Nachahmungs oersuche gemacht, die aber kläglich mißlangen. Es war nun die Aufgabe des Hauptmanns Lux, die her vorragenden Eigenschaften des „Zeppelin" zu be nutzen und durch Ausspionierung von Baucinzel- heiteu der französischen Heeresverwaltung zu der Schaffung eines wirklich geeigneten starren Luft schiffes zu verhelfen. Als Hauptmann Lux in Fried richshafen verhaftet wurde, fand man bei ihm meh rere Skizzen, die immerhin Zeichnungen bedeutende ren Inhalts enthielten. Es erschien anfangs, als ob Hauptmann Lux als Privatmann in Friesrichs- hafcn wäre. Bald aber konnte man feststellen, wel chen gefährlichen Gast die deutsche Lustschiffahrt hatte. Es kam dazu, daß das Preisausschreiben der französischen Heeresverwaltung zur Schaffung eines militärtüchtigrn Luftschiffes ohne Erfolg verlaufen war, trotzdem hundert Entwürfe eingclaufen waren. Die Zeichnungen sind dem Hauptmann natürlich ab genommen worden. Es ist aber die Frage, ob er nicht imstande ist, den französischen Luftschiff ingenieuren geeignete Angaben zu machen, zumal er voraussichtlich während seines Aufenthaltes in der Festung Elatz sich mit den von ihm gemachten Auf zeichnungen auch weiterhin beschäftigt hat. Wenn auch die hauptsächlichsten Vorzüge unserer starren Militärluftschiffe unter allen Umständen geheim ge blieben sind, so sind doch einige Einzelheiten jetzt vielleicbt den Franzosen bekannt. Für den Bau eines französischen Luftschiffes dürften sie aber kaum reichen. * lieber die Flucht des französischen Hauptmanns liegt noch folgende Meldung vor: Glatz, 30. Dezember. Hauptmann Lux erbrach hei seiner Flucht eine festverschlossene Korridortür, durchfeilte das Gitter eines Fensters und zwängte fick hin» durch. An einem Seil, das er sich aus Bett tüchern zusammengedreht hatte, ließ er sich in der Tnntelheit unbemerkt zur Erde hinab. Durch einen angrenzenden Garten gelangte er in die Rc- nakensteiner Straße und begab sich anscheinend nach dem Hauptbahnhof, wenigstens folgte ein Polizei hund seiner Spur Ins dorthin. Lux hatte seine Flucht sorgfältig vorbereitet. Die Klettervarste durch das Fenster machte er in dem Anzug, den er ge- wohnlich trug, für die Flucht durch die Stadt hatte er fick einen anderen Anzug bereitgelegt, den er im Garren anzog. Auf den: Tisd-e seines Wohn zimmers ließ er einen Scheck über 100 M ark zu rück, mit dem Ersuchen, davon den fälligen Betrag für seine Zelbsrdeköstignng zu bezahlen. Lux ist ein kleiner, schmächtiger Mann, der leicht wieder zu erkennen wäre. Tie Beamten des Bahnhofes er innern sich nicht, jemanden gesehen zu baden, der ihm ähnlich sah. Vorläufig fehlt jede Spur von ihm, und da die Festungsbehöroe erst am anderen Morgen merkte, daß Lux über alle Berge ist, wird sein Vorsprung wohl kaum cinzuholcn sei». In der Stadt Glatz macht das Ereignis peinliches Aufsehen, und die Festung-sbchörden werden nicht freundlich kritisiert. Line Reform ürs Ksnzleimelens. Wie man uns schreibt, hat der deutsche Kanzlei« beamtenbund eine Eingabe an den Reichskanzler und das preußische Sraatsministerium um Aufhebung der Abgrenzung der Arbeitsleistung der Kauzlcibcamtcn gemacht, deren Berechtigung auch von amtlichen Stetten anerkannt wird. Da die Verwaltungsreform, die schon auf einigen Gebieten überflüssige Arbeits leistungen erspart hat, noch nicht zum Abschluß ge langt ist, besteht die Möglichkeit, daß auch dem Wunsche der Kanzleibeamtcn hierbei noch Rechnung getragen wird. In der Eingabe wird darauf hiugcwicsen, daß die doppelte Abschätzung der Kauzleiarbeiten, die Führung von Kontrollisten und der tägl'che Nach weis der Arbeitsleistung der Kanzleibeamten, sowie die Nachprüfung durch einen Revisor sehr viel Zeit in Anspruch nehmen, die bester vcrwenoet werden könnte. Bei denjenigen Behörden, wo eine Ab grenzung der Tagesleistung für Kanzleibeamte nicht besteht, sollen die Arbeiten viel schneller erledig« werden, als dort, wo das Pensum mit den zeit raubenden Nebenarbeiten und Kontrollen verbunden ist. Die Kanzleibeamtcn empfinden die jetzige Ent lohnung für Ueberstundenarbeit als eine veraltete, der Würde des Beamten nicht entsprechende Ein richtung. Die für llcberarbeit gezahlten Beträge würden nach ihrer Ansicht bester zur Schaffung neuer Stellen verwendet werden, weil die dauernde lleber- arbeit ein Zeichen dafür ist, daß die Zahl der Ar beitskräfte zu gering bemessen ist. Der Kanzleibeamtenbund bittet also um Lie Be seitigung der Abgrenzung der Tagesarbeit und der damit verbundenen Ueberstundenarbeit. Man würde eine solche Maßnahme mit außerordentlichem Danke begrüßen, da sie geeignet ist, die Dienstfreudipkeit der Beamten zu beleben und ihr Ansehen zu heben. Die Kanzleibeamtcn versichern, daß sie eine Ehre dareinsetzen würden, sich des Vertrauens einer solchen Reform würdig zu erweisen, und sie sind der Uebcr- zeuaung daß der Fortfall der Abgrenzung ihrer Tagesleistung auch der Staatskasse wesentliche Er sparnisse bringen würde. Die Unruhen in Täbris. Ein Telegramm des Reuterschen Bureaus aus Täbris schildert in großer Ausführlichkeit den Ursprung und die Entwicklung der Unruhen in Täbris, die in der Nacht vom 20. Dezember mit dem Zusammenstoß zwischen einer russischen Patrouille und persischen Fidais be gannen. In dem Telegramm heißt es: Der Ausbruch der Feindseligkeiten war für all: eine vollständige Ueoerraschung, auch für die Russen, deren Stellungen im Lager Bagitschemal und im russischen Konsulat zeit weilig gefährdet waren, da alle Verbindung zwischen dem Lager und dem Konsulat mehrere Tage vollständig abgeschnitten war. Nach dem Ein treffen von Verstärkungen und der Beschießung der Zitadelle und verschiedener anderer Teil der Stadt vertrieben indessen die Russen die Fidais aus der Zitadelle und verschiedener anderer Teile der Stadt Beschießung richtete wenig Schaden an, nahm aber den Persern den Mut, die Feindseligkeiten fortzu setzen. Hinsichtlich des Ursprungs der Feind seligkeiten glaubt man, daß die Russen die Absicht gehabt haben, die Fidais zu entwaffnen, in dem sic nur geringen oder gar keinen Widerstand erwarteten Die Verluste auf beiden Seiten sind Mr mm kde. Roman von H. CourthS-Mahler. 23s (Nachdruck verboten.) Sie errötete. „Ich habe nichts einzuwenden, Herr Baron." „O, — dann bin ich aber nicht der Herr Baron, sondern Vetter Götz, liebe Eva. Und damit ich mich gleich als guter Vetter einführe — hier habe ich ihren Hut und Ihre Blumen mit gebracht, die Sie in der Eile vergessen haben." Er löste den mit Blumen gefüllten Hut vom Sattel und überreichte ihr denselben. Sie nahm ihn mit zitternden Händen, stammelte einige Worte des Dankes und wollte schnell an ihm vorübergehen. Er vertrat ihr jedoch wie zufällig den Weg. „Wollen Sie den Hut nicht erst wieder auf setzen, Eva? Ich halte Ihnen die Blumen so lange. Und dann gestatten Sie mir, daß ich Sie bis zum Schlosse begleite. Ich will einen Besuch in Woltershcim machen." Sie wagte nicht zu widersprechen. Er nahm die Blumen aus dem Hute, und'sie stülpte ihn hastig und achtlos auf. Er beobachtete sie dabei. „Er sitzt schief, — ein wenig mehr nach rechts," sagte er lächelnd, mit ganz Vetterhaft vertraulichem Ausdruck. Sie rückte den Hut zurecht und sah ihn fragend an. „So ist eS gut," lobte er. Und dann hob er den halbfertigen Blumenkranz empor. „Wie hübsch Sie daS gemacht haben. Wer soll denn den Kranz tragen?" fragte er unbefangen. Und dabei dachte er, daß diese» zarte, blühende Ge binde sich reizend in Evas kastanienbraunem Haar ausnehmen müßte. „Er ist für Jutta, — ich bringe ihr fast jeden Morgen einen von meinem Spaziergang mit," antwortete sie, neben ihm herschreitend. „O, — und heute habe ich Sie nun gestört, er ist nicht fertig geworden." . „Ich mache ihn zu Hause fertig." M „Sie gehen oft allein in den Wald?" „Ja, — jeden Morgen fast." i kü- „Und fürchten Sie sich nicht?" „Nein. Papa sagt, es würde mir niemand etwas tun." Er dachte, daß es wohl möglich sei, ihr etwas zu tun, wenn sie so ängstliche Augen machte, wie vorhin. Sie trug ihre Blumen nun wieder selbst; und er hatte die Zügel seines Pferdes um den Arm geschlungen. So gingen sie langsam weiter. Immer wieder ließ er seinen Blick prüfend über sie hingleiten. Er konnte es noch immer nicht begreifen, daß dieses liebreizende Mädchen an seiner Seite das kleine Monstrum war, das er vor wenigen Wochen in ihr gesehen hatte. War er blind gewesen? Diese edlen Linien des jugendschönen Mädchenkürpcrs hätten ihm doch in jedem Kleide auffallen müssen. „Wie gefällt es Ihnen in Woltershcim?" fragte er nach einer Weile. Sie sah mit strah lendem Blick zu ihm auf. Er fand, daß sie sehr schöne Augen und feine, liebliche Züge hatte. , „O — wunderschön! Hier ist alles wie in einem Märchen. Das Schloß mit seinen vielen schönen Räumen, der Wald, die Wiesen und Felder, — alles ist mir neu und reizvoll. Und dann — das Beste — ich habe so viel liebe Menschen hier, die zu mir gehören. Papa, Jutta und auch Fritz, — sie sind so lieb und gut zu mir. Ich bin sehr glücklich." Er lächelte verstohlen. Sie war ehrlich, auch in ihrem Entzücken. Tante Helene und Silvie erwähnte sie nicht. Die beiden würden ihr nicht viel Liebe entgegenbringen. „Aber auch die böse Stiefmutter und die böse Stiefschwester sind da, — ganz wie im Märchen," sagte er halb scherzend, halb forschend. Sie blickte erschrocken zu ihm auf. „O, nein — Mama ist gut, — sie hat mir viel schöne Kleider geschenkt und macht mich auf meine Fehler aufmerksam. Auch Silvie tut das. Daß sie mich nicht so lieb haben können wie Papa und Jutta, ist doch erklärlich. Es ist ja schon ein Wunder, daß die beiden es tun. Ich bin ja so schrecklich unwissend und ungeschickt und Habe viele Fehler." Es klang eine aufrichtige Betrübnis über diese Fehler aus ihren Worten. Er sah sie mit einem langen, sinnenden Blick an. Da er nicht antwortete, wurde ihr plötzlich mit Erschrecken klar, daß sic ihm so viel vorschwatzte, was ihn gar nicht interessieren konnte. Wieder stieg die lähmende Angst in ihr empor, die zuerst unter seinem Blick in ihr erwacht war; und sie beeilte ihre Schritte, um möglichst bald aus dem Bereich seiner Augen zu kommen. Er merkte es wohl, gab aber seinen ruhigen Schritt nicht auf und zwang sie so, neben ihm auszuharren. „Also viel Fehler haben Sie?" fragte er nach einer Weile. „Ja, — sehr viele," antwortete sie hastig. „Einige davon kenne ich schon." Sie blickte ihn fragend an. „Ja, ja," sagte er nickend. „Zuerst sind Sie sehr furchtsam und lausen vor einem harm losen Pferd davon. Und dann schlagen Sie immer die Augen nieder, wenn man mit Ihnen spricht. Das darf man nicht. Man muß den Leuten offen und ehrlich ins Gesicht sehen." Sie wurde glüheud rot. „O, — sonst kann ich alle Menschen ruhig ansehen," fuhr es ihr über die Lippen. Es zuckte eigentümlich in seinen Augen. „So, — und gerade mich nicht?" Da wurde ihr erst bewußt, daß sie sich ungeschickt ausgedrückt hatte. Ratlos und ver wirrt sah sie vor sich hin, ohne zu antworten. Und da waren sie zum Glück am Schlosse an gelangt. Silvie und ihre Mutter standen auf der Terrasse und sahen den beiden entgegen. Eva lief die letzten Schritte entschieden wieder flucht ähnlich und begrüßte die beiden Damen. Dann eilte sie, ohne Götz noch einmal anzusehen, ins Haus. „Ich will Papa sagen, daß Besuch da ist," sagte sie hastig und verschwand. Drinnen sagte sie einem Diener, daß er ihrem Vater den Besuch melden solle. Sie selbst eilte auf ihr Zimmer. Jetzt nur um Gottes willen einige Minuten allein sein, um sich zu fassen. Oben in ihrem Zimmer trat sie an Ha- Fenster und beobachtete Götz verstohlen, sich hin ter der Gardine verbergend. Er hatte Silvie und ihre Mutter begrüßt, und saß nun mit ihnen auf der Terrasse. Seine vornehmen, ungezwun genen Bewegungen schienen Eva bewunderns wert. Wie er Mama die Hand küßte, — wie er sich im Sessel zurücklchnte, und wie er dann wieder aufsprang, um seiner Tante ein Tuch um die Schultern zu legen, — das alles sah so aristokratisch auS, so formvollendet und doch nicht steif und zeremoniell. Dann kam der Vater heraus, und die beiden Herren begrüßten sich mit herzlichem Händedruck. Sie nahmen bei den Damen Platz und plauderten. (FoNsetzuag ia der Morgeoaudgade.)
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